OGH 2Ob644/86

OGH2Ob644/8630.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Alfred R***, Autospengler, Mühlleiten 66, vertreten durch Dr. Walter Jaros, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Anneliese R***, Arbeiterin, Groß-Enzersdorf, Prinz Eugen-Straße 12, vertreten durch Dr. Hans Ambros, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 28.Jänner 1986, GZ 5 R 2/86-59, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Gänserndorf vom 21.Oktober 1985, GZ F 2/84-56, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird im Ausspruch über die Abweisung des Antrages des Antragstellers, auch das bücherliche Eigentum an der Liegenschaft EZ 142 KG Mühlleiten in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen, und im Ausspruch über die Einräumung eines Nutzungsrechtes bzw. einer Dienstbarkeit an der Liegenschaft EZ 142 KG Mühlleiten und dem darauf befindlichen Haus für den Antragsteller aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im Ausspruch über die Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung über das vom Antragsteller der Antragsgegnerin zu zahlende Benützungsentgelt (Punkt 1 Abs 2 bis 4 der erstgerichtlichen Entscheidung) wird der angefochtene Beschluß bestätigt.

Im übrigen wird der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Antrag beider Parteien auf Aufteilung des Hausrates (Punkt 2 der erstgerichtlichen Entscheidung) abgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Begründung

Die Parteien haben am 7.5.1982 geheiratet. Ihre kinderlos gebliebene Ehe wurde mit dem seit 24.11.1983 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien aus beiderseitigem gleichteiligem Verschulden geschieden.

Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 142 KG Mühlleiten im Ausmaß von 684 m 2 mit einem Einfamilienhaus, das als Ehewohnung diente. Die Liegenschaft wurde bereits im Jahre 1973 von den damals noch nicht verheirateten Parteien erworben. In den Jahren 1974 bis 1981 errichteten die Parteien das Einfamilienhaus. Auch der gesamte Hausrat wurde in dieser Zeit angeschafft.

Der Antragsteller begehrte die Übertragung des halben Miteigentumsanteiles der Antragsgegnerin an der Liegenschaft auf ihn gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 200.000, jedenfalls aber die Einräumung des Rechtes auf ausschließliche Nutzung der Ehewohnung und des Gartens. Die Mittel zum Kauf der Liegenschaft und zur Errichtung des Hauses seien überwiegend von ihm aufgebracht worden. Er benötige die Wohnung zur Befriedigung seines Wohnungsbedürfnisses.

Die Antragsgegnerin begehrte zunächst eine Ausgleichszahlung von S 850.000 und die Einrichtung der Bauernstube. Die übrige Einrichtung sollte dem Antragsteller verbleiben. Schließlich beantragte auch sie, ihr den Miteigentumsanteil des Antragstellers an der Liegenschaft gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 600.000 zu übertragen. Ihre derzeitige Lebensgemeinschaft sei gefährdet. Nach Auflösung der Lebensgemeinschaft habe sie keine Möglichkeit, in der derzeitigen Wohnung zu verbleiben. Zur Errichtung des Hauses habe sie mehr als der Antragsteller beigetragen.

Das Erstgericht räumte dem Antragsteller das ausschließliche Nutzungsrecht an der Liegenschaft und der darauf befindlichen Ehewohnung (Punkt 1 Abs 1 der erstgerichtlichen Entscheidung) gegen Bezahlung eines wertgesicherten Nutzungsentgeltes von monatlich S 1.750 (Punkt 1 Abs 2 bis 4 der erstgerichtlichen Entscheidung) ein. Es übertrug die bestimmt bezeichneten Hausratsgegenstände in der Bauernstube der Antragsgegnerin, die übrigen Hausratsgegenstände dem Antragsteller in das Alleineigentum (Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses).

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes trugen die Parteien sowie deren Verwandte und Bekannte nach ihrer Leistungsfähigkeit zur Errichtung des Hauses durch Geld- und Arbeitsleistungen bei. Die Anschaffung des Hausrates erfolgte durch die Parteien anteilsmäßig entsprechend ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit. Die Antragsgegnerin verließ die Ehewohnung noch vor der Scheidung der Ehe und wohnt derzeit bei ihrem Lebensgefährten. Der Antragsteller wohnt in der Ehewohnung. Er hat keine andere Wohnmöglichkeit und ist auf die Wohnung angewiesen. Der Wert des Hauses beträgt rund S 1,160.000. Es befindet sich in gutem Zustand. Die Ausstattung der Ehewohnung entspricht gehobenen Ansprüchen. Für ein Mietobjekt wie die ehemalige Ehewohnung der Parteien einschließlich Gartenbenützung ist ein Mietzins von monatlich S 3.500 zu erzielen. Nach der Auffassung des Erstgerichtes sei die Einräumung des Nutzungsrechtes an der Ehewohnung für den Antragsteller und die Übertragung des Alleineigentums am Hausrat - mit Ausnahme der Einrichtung der Bauernstube - gerechtfertigt, weil der Antragsteller auf die Weiterbenützung der Ehewohnung und des bezeichneten Hausrates zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen sei. Letzteres treffe nicht auch auf die Antragsgegnerin zu. Gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhob nur der Antragsteller Rekurs. Er beantragte eine Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung dahin, daß ihm das Alleineigentum an der Liegenschaft samt allen darin befindlichen Fahrnissen gegen eine Ausgleichszahlung von S 200.000 zugewiesen werde. Hilfsweise begehrte er die Einräumung einer verbücherten Servitut hinsichtlich der Ehewohnung und der dazugehörigen Teile der Liegenschaft gegen ein Entgelt von höchstens monatlich S 900 und schließlich hilfsweise noch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Verfahrensergänzung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs teilweise Folge. Es wies den Antrag des Antragstellers, auch das bücherliche Eigentum an der Liegenschaft in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen, ab. Es übernahm den Ausspruch des Erstgerichtes über die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechtes an der Liegenschaft mit der darauf befindlichen Wohnung an den Antragsteller als unangefochten und ergänzte diesen Ausspruch dahin, daß dem Antragsteller die Dienstbarkeit des persönlichen, alleinigen und ausschließlichen Wohnungsrechtes am Haus und die Dienstbarkeit des persönlichen, alleinigen und ausschließlichen Gebrauchsrechtes am Grundstück eingeräumt werde, sodaß diese Dienstbarkeit grundbücherlich einverleibt werden könne. Im Ausspruch über das monatliche Benützungsentgelt und die Aufteilung des Hausrates hob das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung nach Verfahrensergänzung eine neuerliche Entscheidung auf. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Das Rekursgericht lehnte die Rechtsansicht des Antragstellers ab, daß nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG nur solche Sachen nicht der Aufteilung unterlägen, die ein Ehegatte eingebracht habe, nicht jedoch auch Sachen, die von beiden Ehegatten eingebracht worden seien. Zutreffend habe daher das Erstgericht das bücherliche Eigentum an der Liegenschaft nicht in das Verfahren einbezogen. Mangels Anfechtung des erstgerichtlichen Beschlusses durch die Antragsgegnerin sei aber davon auszugehen, daß die Voraussetzungen nach § 82 Abs 2 EheG für die Ehewohnung und den Hausrat gegeben seien und die von der erstgerichtlichen Entscheidung betroffenen Vermögenswerte daher der Aufteilung zu unterziehen seien. Das vom Erstgericht angeordnete bloß obligatorische Nutzungsrecht biete jedoch keine ausreichende Sicherheit für den Antragsteller, sodaß die Begründung eines dinglichen Rechtes gerechtfertigt sei. Zur Entscheidung über den Hausrat und über die Höhe des vom Antragsteller zu leistenden Benützungsentgeltes seien jedoch ergänzende Feststellungen über die beiderseitigen Beiträge zur Anschaffung der Liegenschaft und des Hausrates und zur Errichtung des Hauses sowie über den Wert der den Parteien jeweils zugewiesenen Hausratsgegenstände erforderlich.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sichder Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise stellt die Antragsgegnerin einen Aufhebungsantrag.

Der Antragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zum Teil berechtigt. Die Rechtsmittelwerberin wendet sich gegen die Annahme, daß der Antragsteller auf die Weiterbenützung der Ehewohnung angewiesen sei. Bei dem Einkommen des Antragstellers könne nicht davon ausgegangen werden, daß er nicht in der Lage sei, eine andere Wohnmöglichkeit zu finden, sodaß von einem existenznotwendigen Bedarf nicht gesprochen werden könne.

Dem Hinweis des Rechtsmittelgegners auf die Teilrechtskraft hinsichtlich des ihm eingeräumten Nutzungsrechtes ist entgegenzuhalten, daß der Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft im Außerstreitverfahren dann nicht zur Geltung kommt, wenn der unangefochten gebliebene Teil nur formell, inhaltlich aber nicht selbständig in Rechtskraft erwachsen konnte, weil er in einem untrennbarem Sachzusammenhang mit dem noch überprüfbaren Teil der Entscheidung steht (6 Ob 632/79; vgl. auch MietSlg 32.761). Im Verfahren über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse sind daher Teilregelungen nur insoweit zulässig und der Teilrechtskraft fähig, als diese nicht Ausgleichsmöglichkeiten, die noch bei der Endentscheidung berücksichtigt werden könnten, ausschließen (6 Ob 842/81). Der Sachzusammenhang zwischen den unbekämpft gebliebenen Aussprüchen des Erstgerichtes mit der im Rechtsmittelverfahren noch überprüfbaren Frage der Einräumung eines dinglichen Rechtes an den Antragsteller sowie der Frage der Zuweisung des gesamten Hausrates und die allfälligen Folgen der Lösung dieser Fragen für einen allenfalls zu treffenden Ausgleich schließt indes Teilrechtskraft hier aus. In der Sache selbst hat bereits das Rekursgericht richtig dargelegt, daß der Aufteilung grundsätzlich nur das Vermögen unterliegt, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen haben, zu deren Erwerb sie während der Ehe beigetragen haben. Der Aufteilung unterliegt demnach grundsätzlich nur die eheliche Errungenschaft, nicht auch das Vermögen, das vor der Ehe von den späteren Ehegatten erworben oder geschaffen wurde. Mündet daher eine voreheliche Gemeinschaft in eine Ehe, dann behalten die von den Ehegatten einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung, sei es als Eigentum eines der beiden Ehegatten, sei es als gemeinsames Eigentum, und gehören im Falle der Aufteilung nicht in die Aufteilungsmasse (EvBl 1983/102 ua.). Eine Ausnahme besteht allerdings gemäß § 82 Abs 2 EheG für die Ehewohnung und den Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist. Daß sich die Einschränkung des Abs 2 ungeachtet des Wortlautes "auf dessen Weiterbenützung" auch auf die Ehewohnung bezieht, entspricht der nunmehr herrschenden Rechtsprechung (SZ 54/79; EvBl 1984/82; EvBl 1983/102). In Ansehung des Hausrates wird hiezu die Auffassung vertreten, daß der Begriff des Hausrates in § 82 Abs 2 EheG ein historisches Relikt aus der 6.Durchführungsverordnung zum Ehegesetz sei, die zur Notzeit 1944 in Kraft getreten sei, als selbst Teller und Eßbesteck käuflich nur schwer zu erwerben gewesen seien, wovon heute keine Rede sein könne. In Anbtetracht der Wiederbeschaffbarkeit nahezu aller Gegenstände des Hausrates bestehe für die Ausnahmeregel des § 82 Abs 2 EheG derzeit praktisch keine Anwendungsmöglichkeit (SZ 56/193; SZ 54/79; EvBl 1984/82). Zu dieser Frage braucht aber hier nicht Stellung genommen zu werden, weil eine Einbeziehung von Sachen nach § 82 Abs 2 EheG nur dann in Betracht kommt, wenn ein Ehegatte deren Zuweisung begehrt, weil er auf die Weiterbenützung angewiesen ist (EvBl 1983/102). Trotz Erörterung der Frage der Beschränkung der Aufteilungsmasse nach § 82 EheG durch den Erstrichter (AS 114) wurde von keiner der Parteien auch nur behauptet, auf die Weiterbenützung von Hausrat angewiesen zu sein. Solche Behauptungen liegen von beiden Parteien nur hinsichtlich der Ehewohnung vor. Der Antrag auf Aufteilung des Hausrates ist daher, weil der Hausrat, wie sich im Laufe des Verfahrens ergab, nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegt und das Vorliegen der Voraussetzungen nach der Ausnahmebestimmung des § 82 Abs 2 EheG nicht einmal behauptet wird, abzuweisen.

Zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse ist ein Ehegatte auf die Ehewohnung, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, nur dann angewiesen, wenn die Benützung durch ihn eine existenzielle Frage darstellt (SZ 56/193; SZ 54/79; 7 Ob 647/85; 1 Ob 506/84). Nach der unbekämpft gebliebenen Feststellung des Erstgerichtes hat der Antragsteller, der noch in der Ehewohnung wohnt, keine andere Wohnmöglichkeit. Daraus schloß das Erstgericht, daß der Antragsteller auf die Ehewohnung angewiesen ist. Das Fehlen einer anderen Wohnmöglichkeit erfüllt jedoch für sich allein noch nicht den Tatbestand des § 82 Abs 2 EheG, weil der davon betroffene Ehegatte nach seinem Einkommen und Vermögen unter Bedachtnahme auf seine Sorgepflichten durchaus in der Lage sein kann, sein Wohnungsbedürfnis auf andere Weise als durch Weiterbenützung der Ehewohnung zu befriedigen (vgl. SZ 54/79). Über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und die Sorgepflichten des Antragstellers liegen jedoch keine Feststellungen vor, sodaß sich die Frage, ob die Ehewohnung hier wegen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 82 Abs 2 EheG der Aufteilung unterliegt, noch nicht abschließend beurteilen läßt. Insoweit liegt ein der rechtlichen Beurteilung zuzuordnender Feststellungsmangel vor, der im Rahmen der Rechtsrüge der Antragsgegnerin wahrzunehmen war.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß der Antragsteller nicht in der Lage ist, für sein Wohnungsbedürfnis nicht anders als durch Weiterbenützung der Ehewohnung zu sorgen, bestünden somit gegen die Begründung eines dinglichen Rechtes keine Bedenken (vgl. SZ 53/81).

Demgemäß ist dem Revisionsrekurs teilweise Folge zu geben. Im Umfang der Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung (über den Hausrat) durch das Rekursgericht war im Verfahren über den gemäß § 232 AußStrG für zulässig erklärten Revisionsrekurs auch eine reformatio in peius zulässig (1 Ob 756/83).

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten war vorzubehalten, weil Billigkeitserwägungen erst nach Abschluß des Verfahrens angestellt werden können (SZ 53/48).

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