Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten dieser Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Alleineigentümer einer Liegenschaft, zu welcher ua die Wiesenparzellen 1707/3, 1707/4 und 1726 gehören. Die beiden Beklagten waren bei Klagseinbringung je zur Hälfte Eigentümer der benachbarten Liegenschaft, zu deren Gutsbestand ua die Ackerparzellen 1728 und 1729 gehören. Die Beklagten übergaben ihr gesamtes Anwesen einschließlich dieser Parzellen mit Übergabsvertrag vom 16.April 1986 ihrem Sohn.
Der Kläger begehrte gegenüber den Beklagten
I.) die Feststellung, es bestünden zugunsten der jeweiligen
Eigentümer der Grundstücke 1728 und 1729 ... keine
Dienstbarkeiten a) des Fahrtrechts über das Grundstück des
Klägers 1707/3 ... als dienendes Grundstück sowie b) des
Pflugschwebe- und Pflugwenderechts über den Grundstücken 1707/3,
1707/4 und 1726 ... als dienendes Grundstück,
II.) die Beklagten seien schuldig, alle Handlungen zu unterlassen, die sich als Ausübung der genannten Dienstbarkeiten darstellen. Der Streitwert wurde nach Streitwertbemängelung durch die Beklagten einvernehmlich mit 25.000 S festgesetzt (ON 6 AS 19).
Im Verfahren stellte der Kläger einen mit 50.000 S bewerteten Zwischenantrag auf Feststellung, daß zum Zeitpunkt der Klagseinbringung (1.Februar 1985) ein 1 m breiter Grundstreifen entlang der derzeit vermarkten südlichen Grenze der Grundstücke 1707/3 und 1707/4 sowie ein 50 cm breiter Grundstreifen entlang der derzeit vermarkten westlichen Grundgrenze des Grundstückes 1726 ..., deren Alleineigentümer der Kläger ist, im Alleineigentum des Klägers gestanden sei. Durch die Beackerung der Grundstücke 1728 und 1729 habe sich seit 1953 der Grenzverlauf der klägerischen Grundstücke kontinuierlich verändert, weil die Grundstücke 1728 und 1729 direkt an die Grundstücke des Klägers angrenzten; die Beklagten hätten sohin durch dieses kontinuierliche Wegackern in das Eigentum des Klägers an seinen Grundstücken eingegriffen. Die Eigentumsverhältnisse seien insofern präjudiziell, als sich durch diese kontinuierliche Verschiebung der Grundgrenze auch die Örtlichkeiten veränderten, über denen die Beklagten ihr (behauptetes) Pflugwende- und -ankehrrecht ausübten; diese angebliche Ausübung dieser Handlungen sei nicht über einen Zeitraum von zumindest 30 Jahren über denselben, angeblich dienenden Grundstücken ausgeübt worden.
Das Erstgericht wies in einer einheitlichen Entscheidung mit Beschluß den Zwischenfeststellungsantrag ab, weil der Kläger keinen Beweis für eine Verschiebung der Grenze - welche mit der Kulturgrenze nicht identisch sein müsse - erbracht habe. Im übrigen wies es das Klagebegehren mit Urteil ab.
Die zweite Instanz gab der Berufung des Klägers mit der Maßgabe nicht Folge, daß der Zwischenfeststellungsantrag zurück-(statt ab-)gewiesen werde; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S nicht übersteigt und demgemäß die Revision jedenfalls unzulässig sei. Dem Zwischenfeststellungsantrag fehle die Präjudizialität.
Rechtliche Beurteilung
Der "außerordentliche Revisionsrekurs" (richtig: ordentliche Rekurs) des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt; die "außerordentliche" Revision des Klägers ist nicht zulässig.
Die materielle Verneinung eines in einem Zwischenantrag auf Feststellung gestellten Begehrens führt zur urteilsmäßigen Abweisung, die Verneinung der nach § 236 Abs 1 ZPO geforderten Präjudizialität dagegen zur Zurückweisung mittels Beschlusses (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1083 f). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht die für eine Zurückweisung eines solchen Antrages richtige Beschlußform gewählt, aber inhaltlich den Antrag nicht wegen Präjudizialität abgelehnt, sondern sowohl in seiner Beweiswürdigung als auch in seiner rechtlichen Beurteilung ausgeführt, dem Kläger sei es (auch in diesem Verfahren) nicht gelungen, die Verschiebung der Grenze zwischen den Parzellen 1728 und 1729 einerseits und 1707/3 und 1707/4 andererseits bzw an der Grenze zwischen den Grundstücken 1726 und 1728 nachzuweisen. Es hat daher den Zwischenantrag auf Feststellung meritorisch abgewiesen. Die Form der Entscheidung war demnach unrichtig; sie hätte mit Urteil erfolgen müssen. Die zweite Instanz hat den Zwischenantrag auf Feststellung des Klägers mangels Präjudizialität zurückgewiesen, aber mit ihrer "Maßgabebestätigung" weder das angefochtene Urteil in diesem Umfang bestätigt noch dazu die richtige Beschlußform gewählt. Damit stellt sich die Frage nach der nach § 519 ZPO zu beurteilenden Zulässigkeit der Anfechtung eines solchen berufungsgerichlichen Beschlusses.
Hat das Erstgericht den Zwischenfeststellungssantrag sachlich erledigt und das Berufungsgericht diesen Antrag mangels Präjudizialität zurückgewiesen, so war dagegen vor der WGN 1989 in sinngemäßer Anwendung des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO aF ein Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig (MietSlg 26.505; EvBl 1961/231; SZ 29/2; 5 Ob 45/89, insoweit nicht veröffentlicht in NZ 1990, 308 = WoBl 1990/52; 7 Ob 760/81, insoweit nicht veröffentlich in RdW 1983,8 = HS 12.415, 12.438 ua; Fasching III 136). Jetzt ist nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO idF der WGN 1989 gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluß des Berufungsgerichtes der Rekurs nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückweist. Die Zurückweisung eines Zwischenantrages auf Feststellung durch das Berufungsgericht ist zwar in § 519 Abs 1 Z 1 ZPO nF nicht ausdrücklich genannt. Die Bekämpfung eines solchen berufungsgerichtlichen Beschlusses ist aber, weil der Zwischenfeststellungsantrag als Rechtsschutzantrag verfahrensrechtlich betrachtet einer Klage bzw Klagserweiterung entspricht (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1076), in sinngemäßer Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO idF der WGN 1989 unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO zulässig (4 Ob 505/91, 5 Ob 108/90; für den Fall der Klage oder Berufung 7 Ob 517, 518/91 in einer dieselben Parteien betreffenden Rechtssache; 7 Ob 615/90, insoweit nicht veröffentlicht in JBl 1991, 241 = ecolex 1991, 156 = RdW 1991, 109; vgl auch Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 in ÖJZ 1989, 743 ff, 750 mwN und Fasching, Lehrbuch2 Rz 1085).
Das Berufungsgericht hat den nicht in Geld bestehenden Entscheidungsgegenstand seines Beschlusses nicht bewertet. Dies schadet jedoch nicht, weil entgegen dem von Fasching (Lehrbuch2 Rz 1980 f) vertretenen Standpunkt, wonach bei Prüfung der Voraussetzungen des § 519 ZPO auch die Anfechtungsbeschränkungen des § 528 Abs 2 ZPO berücksichtigt werden müßten (so auch 8 Ob 642/90 - die dort zitierten Entscheidungen 6 Ob 638/90 und 7 Ob 602/90 = NRspr 1990/229 betreffen keine Beschlüsse des Berufungsgerichtes im Berufungsverfahren -, 9 Ob A 100/90 zu § 519 Abs 1 Z 2 ZPO nF), der Rekurs also bei einem 50.000 S nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstand ausgeschlossen wäre, die Anfechtung unabhängig vom Wert des Streitgegenstandes zulässig ist (so 4 Ob 505/91, 1 Ob 612/90 = NRspr 1991/63, 1 Ob 646/90, 2 Ob 33/90, 5 Ob 108/90, 7 Ob 665/90; Petrasch aaO mit Hinweis auf den Bericht des Justizausschusses zur RV; MGA ZPO14 § 519 ZPO Anm 4). Denn hier greift das Berufungsgericht erstmals die Unzulässigkeit der Klage oder der Berufung oder des Zwischenantrages auf Feststellung auf und entscheidet daher funktionell gleichsam als erste Instanz. Fasching (und die beiden ihm folgenden genannten Entscheidungen) beruft sich hier nur auf die Entscheidung SZ 57/5 und eine Literaturstelle (Petrasch in ÖJZ 1985, 301), die sich aber auf die Rechtslage vor der WGN 1989 beziehen. Damals hatte aber § 528 Abs 1 Z 5 ZPO aF - wonach Rekurse über einen 15.000 S nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand oder Teil des Beschwerdegegenstandes unzulässig waren - für alle Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz gegolten. § 528 ZPO idF der WGN 1989 regelt hingegen nur den Revisionsrekurs, also den Rekurs gegen Beschlüsse des Rekursgerichtes; § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist daher auf berufungsgerichtliche Beschlüsse nicht anzuwenden.
Der vom Kläger erhobene Rekurs - die unrichtige Bezeichnung als "außerordentlicher Revisionsrekurs" schadet nicht (§ 84 Abs 2 letzter Satz ZPO) - gegen den im Berufungsurteil enthaltenen Beschluß über die Zurückweisung des Zwischenantrags auf Feststellung ist somit zulässig und in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 521a Abs 1 Z 3 ZPO auch auf das Verfahren über die erstmalige Zurückweisung eines Zwischenantrags auf Feststellung durch die zweite Instanz zweiseitig. Durch die Zustellung der Gleichschrift des Rechtsmittelschriftsatzes des Klägers ON 52 wurde mit dem Tag der Zustellung an den Beklagtenvertreter (8.Jänner 1991) die ungenützt verstrichene vierwöchige Frist des § 521a Abs 1 ZPO zur Erstattung der Rekursbeantwortung eröffnet.
Der Rekurs ist aber nicht berechtigt. Die eine der Voraussetzungen für den Zwischenantrag auf Feststellung bildende Präjudizialität des Rechtsverhältnisses oder Rechtes liegt nur dann vor, wenn die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder zum Teil von dessen Bestehen oder Nichtbestehen abhängt, ohne daß aber das Rechtsverhältnis oder Recht mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch ident wäre. Ungeachtet des Umstands, daß eine Dienstbarkeit nicht erweitert werden darf (§ 484 ABGB), betrifft eine in mäßigen und zumutbaren Grenzen gehaltene Veränderung des Verlaufes eines Servitutsweges die Identität des Rechtsobjektes als solches nicht (SZ 59/50; MietSlg 34.056; SZ 49/33 mit zust Anm von Pfersmann in ÖJZ 1979, 562; Petrasch in Rummel2, § 484 ABGB Rz 5); dieser Grundsatz gilt auch für die Ersitzung eines Wegerechtes (SZ 59/59, SZ 49/33). Gleiches hat für die Ersitzung eines Pflugwende- und Pflugschweberechtes zu gelten, sodaß die vom Kläger behauptete und zum Inhalt seines Zwischenantrages auf Feststellung gemachte Grenzverschiebung keinen Einfluß auf die Tatsache haben kann, daß die Beklagten nach den Feststellungen die Servitut des Fahrtrechts sowie des Pflugwende- und Pflugschweberechtes ersessen haben; dem Zwischenantrag auf Feststellung fehlt damit die Präjudizialität.
Mangels Zulässigkeit des klägerischen Zwischenantrages auf Feststellung ist die Revision unzulässig, weil nach dem unanfechtbaren und bindenden (§ 500 Abs 3 und 4 ZPO; zuletzt 7 Ob 517, 518/91) Bewertungsausspruch der zweiten Instanz der Entscheidungsgegenstand 50.000 S nicht übersteigt (§ 502 Abs 2 ZPO idF der WGN 1989) und der Grundsatz, daß die Streitwerte der Klage und des vom Kläger (oder Beklagten) gestellten Zwischenantrages auf Feststellung zusammenzurechnen sind (MietSlg 24.565; Judikat 65 neu = SZ 29/77; Fasching Erg 101), nicht bei einem unzulässigen Zwischenantrag auf Feststellung gilt (MietSlg 36.817; JBl 1966, 146; JBl 1958, 556; 7 Ob 671, 672/88; Fasching I 343, III 129).
Demgemäß ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kosten seiner Rechtsmittel hat der Kläger selbst zu tragen.
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