OGH 2Ob621/90

OGH2Ob621/9010.4.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. Rudolf L*****, 2. Rudolf L. L*****,

3. Peter A. L*****, 4. Luisette K*****, sämtliche vertreten durch Dr. Anton Eichinger, Dr. Michael Augustin, Rechtsanwälte in Leoben, wider die beklagte Partei ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Klaus Galle, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zahlung von S 2,155.000 und Feststellung (Gesamtstreitwert S 2,225.000), infolge Rekurses sämtlicher Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. Mai 1990, GZ 2 R 264/89-66, womit das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 30. September 1989, GZ 5 Cg 477/87-52, teilweise aufgehoben wurde und infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. Mai 1990, GZ 2 R 264/89-66, womit das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 30. September 1989, GZ 5 Cg 477/87-52, teilweise abgeändert wurde,

I. den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

II. zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Miteigentümer mehrerer Liegenschaften, deren forstwirtschaftlich genutzte Fläche im Ausmaß von rund 605 ha von der "***** M***** Forstverwaltung *****" verwaltet wird. Die Waldflächen liegen im Nahbereich des von der Beklagten betriebenen Hüttenwerkes D*****. Die von diesem Werk ausgehenden Emissionen bzw. Exhalationen, insbesondere Schwefeldioxyd und Staub, allenfalls auch Fluor-Verbindungen, führen zu Immissionen in Form von forstschädlichen Luftverunreinigungen. Zur Abgeltung nachbarrechtlicher Ausgleichs- und/oder Schadenersatzansprüche leistet die Beklagte den Grundeigentümern seit 1959 Entschädigungen. Am 1. Juli 1976/6. Oktober 1976 kam es zu einer Entschädigungsvereinbarung zwischen der beklagten Partei und der M***** Forstverwaltung. Punkt 9 dieser Vereinbarung lautet wie folgt:

"9. Beide Vertragsteile können, soferne eine wesentliche Änderung der bei Vertragsabschluß bestehenden Verhältnisse nachgewiesen wird, frühestens nach zwei Jahren eine Neufestsetzung der in den Ziffern 1.) und 2.) festgelegten Leistungen schriftlich für die Zukunft begehren."

Unter Berufung auf diese Vereinbarung begehren die Kläger zusätzlich zu den Leistungen, die aufgrund der Vereinbarung zu erbringen sind, einen jährlichen Entschädigungsbetrag von S 538.750, sohin für die Jahre 1984 bis 1987 die Zahlung eines Betrages von S 2,155.000. Weiters wird die Feststellung begehrt, daß die Beklagte den Klägern für alle künftigen Schäden aus forstschädlicher Verunreinigung ihrer Waldkulturen hafte, deren Ursachen in schädigenden Einwirkungen aus dem Betrieb des Hüttenwerkes D***** liegen, soweit diese Schäden nicht mit den in der Vereinbarung vom Juli bzw. Oktober 1976 fixierten Ersatzleistungen abgedeckt sind. Die Kläger brachten vor, die Beklagte habe im Herbst 1973 eine Sinteranlage in Betrieb genommen, diese setze Immissionen über einen ca. 100 m hohen Schornstein frei. Die Immissionen dieser Anlage seien in der Vereinbarung von 1976 nicht enthalten gewesen. Insbesondere durch die Immissionen der Sinteranlage, aber auch durch anderweitige Veränderungen bzw. Vermehrungen der Schadstoffausstöße der Hütte D***** hätten sich die Verhältnisse wesentlich geändert. Der erhöhte Schadstoffausstoß rufe einen über die bisherigen Abgeltungen hinausgehenden Schaden im Forst der Kläger hervor. In den Wäldern der Kläger sei ein weiterer Zuwachsverlust von 862 lfm Holz jährlich entstanden, dazu komme die Ertragsminderung bei der Normalnutzung, die einen Zuschlag in der Höhe von 25 % rechtfertige. Durch die seinerzeitigen und gegenwärtigen Luftverunreinigungen werde es auch in Zukunft zum Auftritt von Schäden im Waldbestand der Kläger kommen, sodaß die Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden hätten, soweit diese Schäden nicht durch die mit Vereinbarung vom Juli bzw. Oktober 1976 fixierten Ersatzleistungen abgedeckt seien.

Der Beklagte berief sich ebenfalls auf die Vereinbarung aus dem Jahre 1976, bestritt aber den Eintritt wesentlicher Änderungen; entgegen der Darstellung der Kläger sei gerade aufgrund der Sinteranlage im Jahre 1976 eine neue Vereinbarung über alle tatsächlichen und behaupteten Schäden abgeschlossen worden. Die Entschädigungsvereinbarung nehme darauf Rücksicht, daß nicht sämtliche behaupteten Schäden auf Einflüsse aus dem Bereich der Beklagten zurückzuführen seien.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren hinsichtlich eines Betrages von S 766.170 sowie dem Feststellungsbegehren statt; das Leistungsmehrbegehren auf Zahlung von S 1,388.830 wurde abgewiesen.

Das Erstgericht ging dabei im wesentlichen von folgenden, über den eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt hinausgehenden, Feststellungen aus:

Die Vereinbarung aus dem Jahre 1976 hat neben dem schon zitierten Punkt 9 unter anderem folgenden Inhalt:

"1. Zur Abgeltung aller tatsächlichen und behaupteten Schäden und sonstigen Nachteile, die durch Einwirkungen aller Art bzw. Exhalationen (insbesondere Rauch, Staub, bzw. chemische und mechanische Einflüsse) Ihrer ehemaligen, derzeitigen und künftigen Betriebe, Anlagen, Industrien usw. an den Waldkulturen der ***** M***** Forstverwaltung entstanden sind und noch verursacht werden, bezahlt Ihre Gesellschaft jährlich eine Entschädigung von 89.000 S.

2. Die unentgeltliche Lieferung von monatlich 1.300 kWh Strom, somit insgesamt jährlich 15.600 kWh Strom bleibt hievon unberührt.

3. Die in Ziffer 1. angeführten Wälder bzw. forstwirtschaftlichen Kulturen haben ein Ausmaß von 654 ha.

........

6. Der Betrag von S 89.000 erhöht oder vermindert sich im

gleichen Ausmaß wie der vom Österreichischen Statistischen

Zentralamt verlautbarte Verbraucherpreisindex (Durchschnitt 1966

= 100). ........

7. Die Geltendmachung weiterer Schadenersatzansprüche gleichgültig welcher Art durch die ***** M***** Forstverwaltung bzw. die grundbücherlichen Eigentümer und außerbücherlichen Besitzer ist in diesem Zusammenhang ausgeschlossen."

Die Indexsteigerung führte für das Jahr 1987 zu einem von der Beklagten zu leistenden Entschädigungsbetrag in der Höhe von S 141.037.

Zur Verringerung des Schadstoffausstoßes kam es im Jahre 1978 zur Stillegung des E-Ofens 1, 1979 zur Stillegung der Gießerei, 1981 zur Stillegung des E-Ofens 5, 1982 zur Stillegung des E-Ofens 4, 1983 zur Entstaubung der RE-Umleerstation und 1986 zu einem verminderten Einsatz der alten HD-Kessel. Im Jahre 1974 wurde eine neue Sinteranlage mit einem 115 m hohen Schlot in Betrieb genommen. Man glaubte, mit diesem Schlot eine unschädlichere Abführung der mit schädigenden Substanzen angereicherten Abluft zu erreichen, es wurde aber eine gegenteilige Wirkung erzielt. Die fast direkte Verbindung des Stadtteiles D***** mit dem M*****tal und dem L***** Becken bewirkt eine Neigung zu häufigen und meist lang andauernden Inversionen. Es handelt sich dabei um sehr stabile Schichtungen der Atmosphäre, die vorwiegend im Winter als sogenannte freie Inversionen auftreten; die Inversionsgrenze liegt etwa zwischen 900 und 1000 m Seehöhe. Bei vorwiegend im Sommer vorkommenden Bodeninversionen liegt die niedrigste Temperatur im Bodenbereich. Bei freien Inversionen steigt eine Abluftfahne rasch zur Sperrschicht auf und breitet sich dort aus. Im angrenzenden bewaldeten Gebiet kommt es dann zwangsweise zu Depositionen von staub- bzw. gasförmigen Schadstoffen. Die Höhe des Schlotes der Sinteranlage kommt dieser Emittierung der Abgase in die Inversionszone entgegen.

Nach Abschluß der Vereinbarung im Jahre 1976 bewirkte der 115 m hohe Schlot der Sinteranlage zusätzliche Schäden von bisher 580 bis 850 Höhenmeter auf eine Höhe von 1100 m und darüber. Diese Schäden führten im Jahre 1979 zur abermaligen Aufnahme von Entschädigungsverhandlungen mit der Beklagten. Während mit den übrigen Eigentümern eine Einigung erzielt werden konnte, gelang dies zwischen den Streitteilen nicht.

Im Jahre 1987 hat der Amtssachverständige der Bezirkshauptmannschaft L***** Nadelverfärbungen, Kurznadeligkeit, Kronenverlichtungen durch Nadelverluste bei der Fichte, Tanne und Kiefer bzw. Blattverluste an den Laubhölzern sowie ein vorzeitiges Absterben von Einzelindividuen im Bestand festgestellt. Als Emittenten wurden neben dem Betrieb der Beklagten andere gewerbliche Betriebsanlagen, der Hausbrand und der Verkehr festgehalten. Der Sachverständige gelangte zum Ergebnis, daß die Waldflächen der M***** Forstverwaltung unter langfristiger Einwirkung der forstschädlichen Luftverunreinigungen durch Schwefel und Fluor stünden, es sei zu Zuwachsverlusten gekommen.

Das Erstgericht stellte einen jährlichen Zuwachsverlust der Kläger in der Höhe von S 424.522,43 fest. Dieser erhöht sich durch die im Zusammenhang mit den forstschädlichen Luftverunreinigungen entstandenen Erschwernisse bei der Bewirtschaftung des Waldes um 20 % auf jährlich S 509.426,92 und verringert sich durch andere Emittenten um 30 % auf jährlich S 356.598,84.

Dies ergibt nach der Berechnung des Erstgerichtes für die Jahre 1984 bis 1987 einen Betrag von S 1,069.797, abzüglich der geleisteten Entschädigungsbeträge von S 303.627 verbleibe ein Schadensmehrbetrag von S 766.170.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, eine Gegenüberstellung der gesetzlich festgelegten Werte mit den im Sachverhalt festgestellten zeige, daß die im Wald der Kläger aufgetretenen Schäden von der behördlich genehmigten Anlage der Beklagten zumindest mitverursacht seien. Gemäß § 364 a ABGB sei der Grundbesitzer berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht wurde, die bei der behördlichen Verhandlung nicht berücksichtigt wurden. § 364 a ABGB enthalte einen Fall von Erfolgshaftung, § 1324 ABGB sei unanwendbar. Der Vergütungsanspruch verjähre in drei Jahren; aus der Summierung von Immissionen entstehende Fragen könnten analog dem Schadenersatzrecht behandelt werden. Bereits im Vertrag aus dem Jahre 1976 hätten die Parteien eine Neufestsetzung der Entschädigungsbeträge für den Fall einer wesentlichen Änderung festgelegt. Trotz der Reduktion der Immissionen habe die Schädigung der Bäume seit den Fünfzigerjahren zugenommen, sodaß die Voraussetzungen für eine Neufestsetzung gegeben seien, zumal der 115 m hohe Schlot zu Schadensauftritten in höher gelegenen Waldgebieten geführt habe. Die Schäden in den Wäldern der Kläger seien zwar auch auf andere Immissionen zurückzuführen, doch könnten diese - mangels anderer Beweise - mit höchstens 30 % veranschlagt werden. Der jährliche Schaden betrage S 356.598,84 und damit unter Berücksichtigung der im Zeitraum 1984 bis 1987 geleisteten Entschädigungsbeträge der Gesamtschaden für diese Zeitspanne S 766.170. Da nicht auszuschließen sei, daß auch in Zukunft derartige Schäden auftreten, sei das Feststellungsbegehren berechtigt.

Hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 422.948,50 samt 4 % Zinsen seit 29. Dezember 1987 ist das Urteil in Teilrechtskraft erwachsen.

Aufgrund der Berufung der Beklagten wies das Berufungsgericht das Feststellungsbegehren der Kläger mit Teilurteil ab; es wurde ausgesprochen, der Entscheidungsgegenstand übersteige S 50.000, die Revision sei gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig. Im übrigen (Begehren auf Zahlung von S 1,732.051,50 samt 4 % Zinsen seit 29. Dezember 1987) wurde aufgrund der Berufungen aller Parteien die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur Verhandlung und Urteilsfällung zurückverwiesen; der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht vertrat in rechtlicher Hinsicht die Meinung, zwischen den Streitteilen sei im Jahre 1976 ein Vergleich über die Schadensabfindung in Form einer jährlich wiederkehrenden Leistung abgeschlossen worden. Da dieser Vergleich vereinbarungsgemäß der Umstandsklausel unterliege, könne nicht unter Außerachtlassung der getroffenen Vereinbarung auf die gesetzlichen Schadenersatzbestimmungen zurückgegriffen werden. Die Ausmessung des Schadenersatzanspruches der Kläger hänge von der getroffenen Vereinbarung und nicht von den gesetzlichen Richtlinien ab. Eine Erhöhung der vereinbarten Entschädigungsleistung sei allerdings nur dann möglich, wenn sich die Verhältnisse, also der auf die Waldkulturen der Kläger wirkende Schadstoffausstoß der Hütte D*****, zum Nachteil der Kläger geändert hätten. Es müßten daher die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses den Verhältnissen in den streitgegenständlichen Jahren 1984 bis 1987 gegenübergestellt werden. Diesbezüglich habe aber das Erstgericht den Prozeßeinwendungen der Beklagten nur unzureichend Rechnung getragen und keine ausreichende Beweisgrundlage für eine verläßliche Beurteilung der maßgeblichen Änderung geschaffen. Die Beweiswürdigung des Erstgerichtes sei zu diesem Punkt unvollständig und mangelhaft, doch könne dazu derzeit noch nicht abschließend Stellung genommen werden, da von der Beklagten beantragte Beweise zum Teil noch nicht aufgenommen und vorliegende Beweisergebnisse nicht berücksichtigt worden seien. Das Erstgericht habe sich mit der Aussage des Zeugen Dipl.Ing.K***** nicht auseinandergesetzt und habe ohne nähere Begründung die Einvernahme der Zeugen Dr. S***** und Dipl.Ing. S***** abgelehnt. Außerdem habe es den Parteien keine Gelegenheit gegeben, an der Befundaufnahme durch den Sachverständigen Dipl.Ing.G***** mitzuwirken. Die tatsächliche Vergrößerung der Schadstoffeinwirkungen auf die Wälder der Kläger durch Emissionen des Werkes der Beklagten sei zu prüfen. Die Kläger könnten allerdings nicht zusätzliche Leistungen zu den bereits erbrachten Entschädigungsbeträgen verlangen, vielmehr habe eine gänzliche Neufestsetzung des jährlichen Entschädigungsbetrages zu erfolgen. Die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen, auch der in Geld bewertbare, bisher aber noch nicht bewertete Strombezug, seien abzuziehen.

Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens verneinte das Berufungsgericht das Vorliegen eines rechtlichen Interesses, weil diesbezüglich ohnehin für jedes Jahr ein konkretes Leistungsbegehren erhoben werden könne. Einer allfälligen Verjährung könne dadurch vorgebeugt werden, daß die jährlichen Leistungen rechtzeitig eingeklagt werden. Einer Stattgebung des Feststellungsbegehrens stünde auch der Umstand entgegen, daß keineswegs feststehe, daß der Schaden der Kläger höher wäre, als er im Sinne der getroffenen Vereinbarung bisher ohnehin abgegolten wurde.

Zutreffend sei die Rüge der Kläger, daß das Erstgericht den jährlich ermittelten Entschädigungsbetrag nur verdreifacht habe, obwohl die Entschädigung für vier Jahre (1984 bis 1987) eingeklagt sei.

Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Kläger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung insoweit im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Feststellungsurteiles abzuändern.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben.

Alle Parteien bekämpfen den Aufhebungsbeschluß. Die Kläger beantragen, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß ihrer Berufung Folge gegeben werde, nicht aber der Berufung der Beklagten; hilfsweise wird beantragt, den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur Erneuerung oder Ergänzung des Verfahrens und zur neuen Entscheidung über die Berufungen zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahingehend, daß das Klagebegehren zur Gänze kostenpflichtig abgewiesen werde. Die klagenden Parteien und die beklagte Partei haben Rekursbeantwortung erstattet, und beantragt, dem Rechtsmittel des (der) jeweiligen Gegner keine Folge zu geben.

Der Rekurs der klagenden Parteien ist im Sinne des Eventualbegehrens, der Rekurs der Beklagten im Ergebnis berechtigt.

I. Zur Revision der Kläger:

Die Kläger vertreten in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, es könne auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden, daß weitere Neuanpassungen der von der beklagten Partei zu leistenden Zahlungen notwendig sind. Das Zahlungsbegehren habe seinen Rechtsgrund in der Vereinbarung aus dem Jahre 1976 und gehe lediglich ziffernmäßig über die getroffene Vereinbarung hinaus. Die Kläger hätten ein Bedürfnis nach Klarstellung ihrer Forderung, da sie ansonsten bereits wiederum genötigt wären, eine konkrete Leistungsklage hinsichtlich der der Verjährung ausgesetzten Ansprüche aus dem Jahr 1988 zu stellen. Eine klagsstattgebende Entscheidung über das Feststellungsbegehren könne die Notwendigkeit von jährlichen Leistungsklagen, die zumindest bis zur rechtskräftigen und endgültigen Klärung des im gegenständlichen Verfahren gestellten Leistungsanspruches notwendig werden, hintanhalten. Es sei jedenfalls äußerst unökonomisch, jedes Jahr ein konkretes Leistungsbegehren zu erheben. Ein Feststellungsurteil über den Bestand eines grundsätzlich ziffernmäßig über die seinerzeitige Vereinbarung hinausgehenden Anspruches gehe somit weit über das Leistungsurteil für einzelne Zeitabschnitte hinaus und gebe den Parteien die Möglichkeit, ohne Zeitdruck Verhandlungen über eine Neufestsetzung der Entschädigungsbeträge zu führen. Nach der ständigen Judikatur sei ein Interesse an der Feststellung trotz einer allenfalls möglichen Leistungsklage insbesondere dann zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet sei, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für alle Mal Klarheit zu schaffen und künftige Leistungsprozesse abzuschneiden.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist folgendes zu bedenken:

Voraussetzung für eine Feststellungsklage ist gemäß § 228 ZPO ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechtes. Ein Interesse an der Feststellungsklage ist - sogar trotz möglicher Leistungsklage - zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für alle Mal Klarheit zu schaffen und einen künftigen Leistungsstreit abzuschneiden (JBl 1969, 399; MietSlg 21.804; SZ 42/181; MietSlg 22.610; 8 Ob 504/89 uva). Prozeßökonomischer Zweck der Feststellungsklage ist es, die Rechtslage dort zu klären, wo ein von der Rechtsordnung anerkanntes Bedürfnis zur Klärung streitiger Rechtsbeziehung besteht, sei es um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, sei es, um eine brauchbare Grundlage für weitere Entscheidungen zu schaffen (SZ 56/38, 6 Ob 525/90; 8 Ob 612/90 uva). Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechtes liegt dann vor, wenn infolge des Verhaltens der beklagten Partei eine erhebliche objektive Ungewißheit über den Bestand des Rechtes entstanden ist und diese Ungewißheit durch die Rechtskraftwirkung des Feststellungsurteiles beseitigt werden kann (MietSlg 20.691; GesRZ 1980, 37 ua). Es ist aber dann zu verneinen, wenn das gerichtliche Feststellungserkenntnis weder für das weitere Verhalten, noch für die Rechtssphäre der beiden Parteien sonst von Bedeutung sein kann (GesRZ 1980, 37; 7 Ob 12/89). Eine drohende Verjährung begründet für sich allein kein rechtliches Interesse. Im vorliegenden Fall begehren die Kläger die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden aus forstschädlicher Luftverunreinigung ihrer Waldkulturen, sofern die Ursachen dieser schädigenden Einwirkungen im Betrieb des Hüttenwerkes D***** liegen und diese Schäden nicht mit den in der Vereinbarung aus dem Jahre 1976 fixierten Ersatzleistungen abgedeckt sind. Dieses Recht bzw. Rechtsverhältnis wird von der Beklagten aber nicht bestritten, auch die Beklagte stützt sich auf die Vereinbarung aus dem Jahre 1976, sie bestreitet aber das Vorliegen geänderter tatsächlicher Verhältnisse; also das Vorliegen erhöhter Schäden im geltend gemachten Ausmaß und deren Verursachung durch das Hüttenwerk D*****. Ob und in welchem Umfang sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, kann als Tatfrage nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein (Fasching, Lehr- und Handbuch2, Rz 1094). Eine klagsstattgebende Entscheidung über das von den Klägern geltend gemachte Feststellungsbegehren wäre weder für das weitere Verhalten noch für die Rechtssphäre der Parteien oder sonst von Bedeutung, da die Tatfrage, ob und in welchem Umfang sich die Verhältnisse in Relation zum Zeitpunkte des Vergleichsabschlusses 1976 geändert haben, dadurch ungelöst bliebe. Die Verpflichtung an sich, bei geänderten Verhältnissen weitere Ersatzleistungen erbringen zu müssen, hat die Beklagte nicht bestritten, sodaß das Berufungsgericht zu Recht das Vorliegen eines rechtlichen Interesses verneint hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 392 Abs 2, 52 Abs 2 ZPO.

II. 1.) Zum Rekurs der Kläger:

In dem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß machen die Kläger geltend, es wäre Aufgabe des Berufungsgerichtes gewesen, die aufgezeigten Mängel zu beheben und in der Sache selbst zu urteilen. Hätte das Berufungsgericht Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichtes gehabt, so hätte es diese selbst klären müssen. Das Berufungsgericht habe gegen Bestimmungen des Verfahrensrechtes verstoßen, da es anstelle der Behebung der tatsächlich vorhandenen Mängel im Wege der Erneuerung oder Ergänzung des Verfahrens einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß gefaßt habe.

Diese Ausführungen sind zutreffend. Aus dem Wortlaut des § 496 Abs 3 und aus der Zielsetzung des Gesetzgebers ergibt sich, daß es nicht in das Ermessen des Berufungsgerichtes gestellt ist, ob es eine Verfahrensergänzung selbst vornimmt oder die Rechtssache zum Zwecke der Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverweist. In allen Fällen des § 496 Abs 1 ZPO hat daher das Berufungsgericht die Verpflichtung, die Ergänzung des Verfahrens selbst vorzunehmen, außer es würde das zu ergänzende Verfahren vor dem Berufungsgericht im Vergleich zu einem erstgerichtlichen Ergänzungsverfahren einen erheblichen Mehraufwand an Kosten oder eine Verfahrensverzögerung bewirken (EvBl 1985/129; SZ 58/59;

7 Ob 36/85 uva). Lediglich dann, wenn der Umfang der

Prozeßstoffsammlung und die Weiterungen des Verfahrens noch nicht

abzusehen sind, kann nicht angenommen werden, daß mit der

Ergänzung der Verhandlung durch das Berufungsgericht kein

erheblicher Kostenmehraufwand verbunden wäre (SZ 59/134

= JBl 1987, 189 = EvBl 1987/19; 7 Ob 578/88). Im vorliegenden

Fall sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, daß es zu

unabsehbaren Weiterungen des Verfahrens kommen wird, das

Berufungsgericht hat vielmehr genau aufgezeigt, welche Beweise

noch aufzunehmen sind. Es ist auch der angefochtenen Entscheidung

nicht zu entnehmen, weshalb das Berufungsgericht zur Ansicht

gelangte, ein erstgerichtliches Ergänzungsverfahren würde einen

erheblichen Mehraufwand an Kosten oder eine Verfahrensverzögerung

bewirken. Es war daher insoweit dem Rekurs der klagenden Parteien

Folge zu geben und dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung

aufzutragen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß

das Berufungsgericht im Rahmen der Verfahrensergänzung mit den Streitteilen auch die Frage der Aktivlegitimation der Kläger zu erörtern haben wird (siehe Gamerith in Rummel2, Rz 6 zu § 828 und Rz 5 zu § 848).

Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung machen die Kläger geltend, bei der Berechnung des von der Beklagten zu leistenden Entschädigungsbetrages von den Gutachten der Sachverständigen ausgegangen zu sein. Dementsprechend sei eine Neufestsetzung des Entschädigungsbetrages im Sinne einer zusätzlichen Leistung zu den aufgrund der Vereinbarung aus dem Jahre 1976 bereits bezahlten und auch angenommenen Beträgen begehrt worden. Die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, wonach die von der Beklagten geleisteten Zahlungen von den zuzusprechenden Beträgen in Abzug zu bringen wären, sei daher unrichtig. Diese an sich zutreffenden Ausführungen stehen nicht im zwingenden Gegensatz zur Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes und sind auch nicht geeignet, zu einer für die Kläger günstigen Sachentscheidung des Revisionsgerichtes zu führen. Es ist vielmehr, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat (S 17 der Entscheidungsausfertigung) und von den Klägern auch nicht bestritten wird, der jährliche Entschädigungsbetrag neu festzusetzen und für den eingeklagten Zeitraum der ausständige Betrag zu ermitteln. Von der auf diese Weise gebildeten Summe sind die von der Beklagten erbrachten Geld- und Naturalleistungen abzuziehen.

Weiters vertreten die Kläger die Ansicht, es sei ihnen bereits der Beweis gelungen, daß eine Erhöhung der vereinbarten Entschädigungsleistungen gerechtfertigt sei. Aus den Gutachten der Sachverständigen ergäbe sich, daß eine wesentliche Änderung der Verhältnisse zum Nachteil der Kläger erfolgt sei und ihnen somit ein entsprechender erhöhter Schadenersatzbetrag zustehe. Die Feststellungen im Sinne einer stärkeren Schädigung der Waldflächen der Kläger sowie einer zusätzlichen Schädigung bisher nicht geschädigter Waldflächen seien vollkommen ausreichend, um eine Erhöhung des vereinbarten Entschädigungsbetrages zugesprochen zu erhalten. Diese Ausführungen lassen unberücksichtigt, daß der Oberste Gerichtshof Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist. Wenn die dem Aufhebungsbeschluß zugrunde liegende Rechtsansicht richtig ist, kann der Oberste Gerichtshof nicht überprüfen, ob eine Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (SZ 38/29; EFSlg 41.814, 41.815 ua). Zutreffend ist aber die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß erhöhte Schäden in den Wäldern der Kläger nur dann zu einem Anspruch auf höhere Entschädigungsbeträge führen, wenn diese Schäden ihre Ursache in den Schadstoffausstößen des Unternehmens der Beklagten haben.

Insoweit sich die Kläger mit der Glaubwürdigkeit der Aussage des Zeugen Dipl.Ing.K***** auseinandersetzen und die Notwendigkeit der Anwesenheit der Parteien bei der Befundaufnahme bestreiten, ist ihnen entgegenzuhalten, daß, wie schon oben ausgeführt, Fragen der Beweiswürdigung nicht vor den Obersten Gerichtshof gebracht werden können; auch die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung unterliegt keiner Überprüfung durch das Revisionsgericht.

Auf die von den Klägern aufgeworfene Frage der Beweislastverteilung ist derzeit nicht einzugehen. Die Beweislast regelt die Folgen der Nichterbringung eines Beweises für die Entscheidung (Fasching, LB2, Rz 878), im vorliegenden Fall stehen aber noch Beweise offen.

Es war daher dem Rekurs der Kläger lediglich mit ihrem Eventualantrag Folge zu geben.

II. 2.) Zum Rekurs der beklagten Partei:

Zur Frage der Zulässigkeit des Rekurses verweist die Beklagte auf den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes und führt noch ergänzend aus, es fehle eine Rechtsprechung durch den Obersten Gerichtshof, ob bei Vorliegen eines aufrechten Vertrages, in dem eine Umstandsklausel enthalten ist, für die Anwendung dieser Umstandsklausel die allgemein gesetzlichen Bestimmungen (Schadenersatz und nachbarrechtliche Bestimmungen des ABGB, Forstgesetz) heranzuziehen sind oder ob der Parteiwille bei Vertragsabschluß zu erforschen ist und auf dessen Basis auch die Ausmessung im Sinne der Umstandsklausel vorgenommen werden muß. Die Beklagte vertritt in der Folge in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes die Meinung, die Ausmessung des Schadenersatzanspruches der Kläger hänge von der getroffenen Vereinbarung und nicht von den gesetzlichen Richtlinien ab. Diese Rechtsansicht wird auch von den Klägern vertreten, sie entspricht auch der Lehre (siehe Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 8 a zu § 901) und Rechtsprechung (EFSlg 48.578).

Unter Berufung auf die Vereinbarung aus dem Jahre 1976 führt die beklagte Partei aus, die gerichtliche Geltendmachung eines höheren Entschädigungsbetrages hätte vorausgesetzt, daß die Kläger vor Klagseinbringung schriftlich ein Gesamtbegehren für die Zukunft stellten und dies damit belegten, daß

1.) sie einen höheren Ertragsverlust hatten,

2.) die Beklagte einen höheren oder wirkungsvolleren Schadstoffausstoß hatte und

3.) eine Kausalität zwischen den Punkten 1 und 2 bestehe.

Die Klägerin habe aber nur ein Privatgutachten übermittelt, womit sie ihrer Verpflichtung zu Punkt 1 nachgekommen sei. Es sei weder eine Forderung aufgestellt noch ein Nachweis dafür erbracht worden, daß die Beklagte für die Minderproduktion verantwortlich sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die fehlende schriftliche Einforderung durch die Klage ersetzt wird (vgl. Reischauer in Rummel2, Rz 5 zu § 904). Die Frage, ob ein höherer oder wirkungsvollerer Schadstoffausstoß der Hütte D***** zu vermehrten Schäden in den Wäldern der Kläger geführt hat, soll aber durch den Rechtsstreit geklärt werden.

Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes beruht sohin auf einer richtigen Rechtsansicht, der Rekurs der Beklagten ist daher nur im Ergebnis berechtigt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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