OGH 8Ob504/89

OGH8Ob504/8929.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei St. B*** G***, Linz, Friedhofstraße 1, vertreten durch

Dr. Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Hilde E***, Private, Linz, Am Exerzierfeld 6, vertreten durch Mag. Dr. Adalbert Resch, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 150.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10. Juni 1988, GZ. 6 R 77/88-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 10. Dezember 1987, GZ. 9 Cg 503/86-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird derart abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"I. Zwischen den Streitparteien wird festgestellt:

Die Nutzungsberechtigten an der Familiengrabstelle (Epithaphium) Platz Nr. 151, Sektion 32, des St. B*** Friedhofs in Linz sind verpflichtet, die in der Gebührenordnung für diesen Friedhof festgesetzten Gebühren, ausgenommen jene für das Nutzungsrecht an dieser Familiengrabstelle, zu bezahlen.

II. Das Mehrbegehren des Inhalts, zwischen den Streitparteien werde weiters festgestellt, daß

  1. 1) für das Nutzungsrecht an der Familiengrabstelle (Epithaphium) Platz Nr. 151, Sektion 32, die jeweiligen Bestimmungen der Friedhofsordnung für den St. B*** Friedhof in Linz, derzeit die Friedhofsordnung vom 12. Juni 1989, gelten, und
  2. 2) die Nutzungsberechtigten gemäß § 63 der Friedhofsordnung für den St. B*** Friedhof in Linz vom 12. Juni 1980 verpflichtet seien, alle in der Gebührenordnung für den St. B*** Friedhof in Linz bei sonstigem Verlust der Nutzungsrechte zu bezahlen,

    wird abgewiesen.

III. 1) Die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.600 S anteilig bestimmten Barauslagen (Pauschalgebühren) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

  1. 2) Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Eigentümerin des katholisch-konfessionellen St. B***-Friedhofs in Linz. Der Beklagten steht auf Grund der Grabeinlösungsurkunde vom 31. Dezember 1927 das Nutzungsrecht an der Familiengrabstelle (Epitaph) Nr. 151 Sektion 32 zu. Am 31. Dezember 1927 traf die Klägerin mit der Mutter der Beklagten laut Grabeinlösungsurkunde folgende Vereinbarung:

"Von der gefertigten Verwaltung des St. B***-Gottesacker-Fonds wird hiemit bekundet, daß P.T. Therese F*** ... für die Familiengrabstelle ... Nr. 151/XXXII, im neuangelegten Friedhofteile im Ausmaße von drei m Länge längs der Umfassungsmauer und 3 m Breite samt dem zugehörigen Anteil der Friedhof-Umfassungsmauer den Betrag von 400 Sch (...) an den St. B***-Gottesacker-Fonds am heutigen Tage bar bezahlt hat.

Dafür wird die vorbezeichnete Grabstelle von dem St. B***-Gottesacker-Fonds als Eigentümer des Friedhofs an P.T. Therese F*** ... für sich, ihre Familienmitglieder und Nachkommen ausschließlich als Familien-Begräbnisplatz nach Maßgabe der Bestimmungen der bestehenden Friedhofordnung zur Benützung überlassen.

Das Eigentumsrecht auf die Grabstelle und Friedhofsmauer bleibt dem Gottesacker-Fonds gewahrt."

Nach § 30 eines der Grabeinlösungsurkunde beigeschlossenen Auszugs aus der damaligen Friedhofsordnung (folgend: FriedhofsO) können Familiengrabstellen vom Gottesackerfonds zu Linz zur weiteren Verfügung eingezogen werden, wenn a) die Erhaltung der Familiengrabstätte samt dem zugewiesenen Anteil der Friedhofsumfangmauer soweit vernachlässigt wird, daß diese dem Verfall preisgegeben sind, b) der letzte Inhaber verstorben ist und nach dessen Verwesung keine Familienmitglieder mehr vorhanden sind und c) der Friedhof aufgelassen wird.

Für den St. B*** Friedhof in Linz wurde am 12. Juni 1980 eine durch das bischöfliche Ordinariat der Diözesanfinanzkammer Linz kirchenaufsichtsbehördlich und vom Magistrat der Stadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, gemeindebehördlich genehmigte Friedhofsordnung (folgend FriedhofsO 1980) erlassen, deren hier maßgebliche Bestimmungen lauten:

§ 45. Nutzungsrechte werden durch Bezahlung der vorgeschriebenen Grabeinlösungsgebühren erworben. Dadurch erhält der Berechtigte nur ein Benützungsrecht der Grabstätte nach Maßgabe der Friedhofsordnung. ...

§ 46. Nutzungsberechtigte von Familiengrabstätten sind zur Beilegung verstorbener Angehöriger soweit und solange befugt ... als sie ... den Verpflichtungen im Sinne der Friedhofsgebührenordnung rechtzeitig nachkommen.

§ 51. Nutzungsrechte erlöschen: ...

  1. 3. durch Nichtzahlung der Nachlöse (Grabeinlösegebühr);
  2. 4. durch Nichtzahlung der Gebühr für die Benützung der

    allgemeinen Friedhofseinrichtungen; ...

§ 53. In den Fällen des § 51 Abs 3 und 4 (...) erlischt das Nutzungsrecht, wenn die Bezahlung der Gebühr nach den Bestimmungen der Friedhofsgebührenordnung nicht binnen einem Monat nach Eintritt der Fälligkeit erfolgt.

§ 63. Die Gebühren für die Grabnutzungsrechte, die Gebühren für die Benutzung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen im Zusammenhang mit der Ausübung der Nutzungsrechte an Grabstätten, die Beerdigungsgebühren und sonstige den Friedhof betreffende Gebühren sind in der jeweils geltenden Friedhofsgebührenordnung festgelegt.

§ 64. Die Friedhofsgebührenordnung wird vom Friedhofsträger festgesetzt und bedarf zu seiner (gemeint: ihrer) Rechtswirksamkeit der kirchenaufsichtsbehördlichen Genehmigung durch die Diözesanfinanzkammer.

§ 65. Die Gebühren für die Nutzungsrechte an Grabstätten und die Gebühren für die Benützung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen im Zusammenhang mit der Ausübung von Nutzungsrechten an Grabstätten sind regelmäßig im voraus auf 5 oder 10 Jahre zu entrichten. ...

§ 66. Die vom Friedhofseigentümer mit Zustimmung der kirchlichen Aufsichtsbehörde vorgeschriebenen Friedhofsgebühren können gerichtlich geltend gemacht werden.

§ 69. Streitigkeiten über Grabrechte sind, soweit sie nicht sanitätspolizeiliche Belange betreffen, privatrechtlicher Natur, daher vor den ordentlichen Gerichten auszutragen.

§ 74. Mit Inkrafttreten dieser Friedhofsordnung treten alle vorangegangenen Friedhofsordnungen für den St. B***-Friedhof außer Kraft.

In der ab 1. Jänner 1982 für den St. B*** Friedhof in Linz gültigen, von der Diözesanfinanzkammer kirchenaufsichtsbehördlich genehmigten Friedhofsgebührenordnung werden die Grabeinlösungsgebühren für die Dauer von 10 Jahren festgelegt, die in Gebühren für a) Nutzungsrechte an Grabstätten und b) die Benützung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Nutzungsrechtes (Benützung der Wasserversorgungsanlage, Wasserverbrauch, Wegeerhaltung, Mistabtransport, Instandhaltung und Pflege der allgemeinen Friedhofsanlagen, Friedhofsbänke, Toiletteanlagen etc) unterteilt werden. Hinsichtlich der Familiengräber wird für das Nutzungsrecht ein Betrag von 1.800 S und als Gebühr für die Benützung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen ein Betrag von 4.500 S für den genannten Zeitraum festgelegt. Die Beklagte bezahlte am 19. Mai 1981 die ihr 1980 vorgeschriebenen Gebühren für die Benützung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen für die Dauer von fünf Jahren in Höhe von 2.050 S.

Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Feststellung, daß

1) für das Nutzungsrecht an der genannten Familiengrabstelle die jeweiligen Bestimmungen der Friedhofsordnung für den St. B*** Friedhof in Linz, derzeit die FriedhofsO 1980, gelten;

2) die Benützungsberechtigten gemäß § 63 der FriedhofsO 1980 für den St. B*** Friedhof in Linz verpflichtet sind, die in der Gebührenordnung für diesen Friedhof festgesetzte Gebühren bei sonstigem Verlust der Nutzungsrechte zu bezahlen.

Vorgetragen wird dazu im wesentlichen, daß eine FriedhofsO nach Maßgabe gesetzlicher Änderungen und auch wirtschaftlicher Veränderungen modifiziert werden könne. Die gegenständliche Familiengrabstelle sei daher nach Maßgabe der FriedhofsO in der jeweils geltenden Fassung überlassen worden. Das in der Grabeinlösungsurkunde angeführte Entgelt beziehe sich nur auf die Einräumung eines Sondernutzungsrechtes an einer bestimmten Grabstätte. Darin liege aber kein Verzicht auf die Einhebung eines Betrages für die Kosten der Erhaltung und von Gebühren zur Ausübung des Sondernutzungsrechtes. Für die Änderung der FriedhofsO seien wichtige Gründe maßgebend gewesen, die die Aufkündigung eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigen würden. Der Bedarf an Bestattungen von Bürgern der Stadt Linz habe sehr rasch zugenommen, so daß eine Erweiterung des Friedhofsareals erforderlich gewesen sei; die Betriebskosten (Sach- und Personalaufwand) des Friedhofes hätten sich vervielfacht; schließlich sei es erforderlich gewesen, eine Gleichstellung mit jenen Nutzungsberechtigten herbeizuführen, die schon immer nach Ablauf einer bestimmten Zeit eine neue Grabeinlöse zahlen mußten. Infolge der Vervielfachung der Bevölkerung der Stadt Linz sei auch aus Platzgründen eine Beschränkung der Nutzungsrechte erforderlich. Deshalb sei 1980 eine neue FriedhofsO erlassen worden.

Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren und wendet im wesentlichen ein, daß zumindest Punkt 2) des Feststellungsbegehrens nicht zulässig sei, weil bezüglich der offenen Gebühren bereits ein Leistungsbegehren gestellt werden könne. Auf das Rechtsverhältnis der Streitteile sei bei der gegebenen Textierung ausschließlich die 1927 geltende FriedhofsO anzuwenden. Unabhängig davon, daß die Klägerin bestehende Friedhofsordnungen nicht einseitig verändern könne, könnte eine derartige Änderung allenfalls nur die Höhe der Gebühren betreffen. Die Frage, wer, wie lange und unter welchen Bedingungen die Grabstätte benützen dürfe, sei durch den in der Grabeinlösungsurkunde eindeutig dokumentierten Vertrag ausdrücklich und zweifelsfrei dargestellt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im wesentlichen noch fest: Der Grabeinlösungsurkunde sei ein Auszug (§§ 23 bis 30) aus der in diesem Jahr geltenden FriedhofsO beigeschlossen gewesen. Diese Bestimmungen seien mit den §§ 23 bis 30 der FriedhofsO 1913 identisch. Es könne nicht mehr festgestellt werden, ob 1927 die FriedhofsO 1913 in Geltung gewesen sei, ob 1927 eine Friedhofsgebührenordnung bestanden und ob die Beklagte ihre Zahlung vom 19. Mai 1981 ausdrücklich als Spende gewidmet habe. Rechtlich kam die Erstrichterin im wesentlichen zum Ergebnis, daß die Rechtsbeziehungen der Streitteile nach §§ 30, 34 O.ö. LandesbestattungsG iVm Art. 15 StGG privatrechtlicher Natur seien und der FriedhofsO gleiche Bedeutung wie etwa einer privaten Hausordnung zukomme. Die am 31. Dezember 1927 abgeschlossene Vereinbarung habe ein Dauerschuldverhältnis im Rahmen der "bestehenden" FriedhofsO begründet, die ähnlich wie allgemeine Geschäftsbedingungen (folgend AGB) als Vertragsgrundlage betrachtet werden müßten. Mangels Möglichkeit der Zuordnung des der Grabeinlösungsurkunde beigeschlossenen Auszuges zu einer bestimmten FriedhofsO könne weder geklärt werden, welche FriedhofsO auf die Vereinbarung der Klägerin mit der Mutter der Beklagten Anwendung finde, noch, ob diese FriedhofsO Gebühren für die Benützung der Grabstelle und des Friedhofes vorgesehen habe. Die Identität der §§ 23 bis 30 mit den der FriedhofsO 1913 lasse dabei annehmen, daß auch die übrigen Bestimmungen den in der FriedhofsO 1913 genannten Inhalt aufgewiesen hätten. Es sei daher anzunehmen, daß der dem Vertrag zugrunde gelegten FriedhofsO der Hinweis auf eine bestehende Friedhofgebührenordnung - wie dies bei der FriedhofsO 1980 der Fall sei - nicht enthalten gewesen sei. Zwar habe sich die Beklagte im Rahmen des bestehenden Dauerschuldverhältnisses den von ihrem Vertragspartner einseitig geänderten AGB nicht ausdrücklich unterworfen, doch gestatte § 34 O.ö. LeichenbestattungsG den Friedhofsinhabern, durch einseitig zu erlassende Friedhofsordnungen, die den Privatrechtsverträgen zugrunde gelegten AGB einseitig zu verändern.

Das Berufungsgericht verwarf die in der Berufung der Beklagten

geltend gemachte Nichtigkeit, wies aber in Abänderung der

angefochtenen Entscheidung das Klagebegehren ab. Es sprach aus, daß

der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S

übersteige, und erachtete die Revision als zulässig. Es stellte nach

teilweiser Beweiswiederholung fest, daß die Grabeinlösungsurkunde

richtig den Satz aufweise: "... nach Maßgabe der bestehenden

Friedhofordnung zur Benützung überlassen ...", und folgerte

rechtlich:

Der nach der Verkehrssitte auszulegende Satz aus der

Grabeinlösungsurkunde vom 31. Dezember 1927: "... nach Maßgabe der

bestehenden Friedhofordnung zur Benützung überlassen ...", ergebe, daß Grundlage des Vertrages die zu diesem Zeitpunkt geltende FriedhofsO gewesen sei. Bei historischer Betrachtung der rechtlichen Grundlagen des Friedhofswesens (ReichssanitätsG vom 30. April 1870, RGBl. Nr. 68, samt Verordnung der k.k. Statthalterei in Oesterreich ob der Enns vom 12. November 1888, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns 1888 Nr. 22) käme man zu dem Ergebnis, daß das Recht auf Benutzung einer Grabstätte ein dingliches Nutzungsrecht privatrechtlicher Natur sei - so die herrschende Rechtsprechung und Lehre -, daher eine FriedhofsO eine von der Behörde genehmigte Vertragsschablone bzw. AGB auf privatrechtlicher Basis darstelle und demnach die Voraussetzungen für eine einseitige Änderung der AGB durch die Klägerin (Zustimmung oder "Vorwegunterwerfung" des Vertragspartners) nicht vorlägen. Mit der Bezahlung der Benützungsgebühr für sonstige Friedhofsanlagen für die Zeit von 1980 bis 1984 habe die Beklagte höchstens die bezügliche Zahlungspflicht anerkannt, sich aber nach ihrer ausdrücklich abgegebenen Erklärung der FriedhofsO 1980 nicht unterworfen. Ein allgemeiner Satz, daß alle Geschäfte unter der "clausula rebus sic stantibus" stünden, existiere nicht. Die Erhöhung der Totengräberkosten könne keinen Einfluß auf das Nutzungsrecht der Beklagten haben, weil diese Kosten anläßlich der Beerdigungen den Hinterbliebenen in Rechnung zu stellen seien. Für die Sanierung der Friedhofsmauer treffe die Beklagte ohnedies aus dem Vertrag vom 31. Dezember 1927 eine Instandhaltungspflicht. Ob die behaupteten geänderten Verhältnisse einen wichtigen Grund für eine "Änderungskündigung" des Vertragsverhältnisses darstellten, könne unerörtert bleiben, weil das Klagebegehren lediglich auf Feststellung der Geltung der FriedhofsO 1980 gerichtet sei. Aus der deutschen Judikatur sei für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil dort das Verhältnis zwischen den Friedhofserhaltern und Friedhofsbenutzern als öffentlich-rechtliches qualifziert werde und den Anstaltsordnungen (Friedhofsordnungen) die Qualität objektiven Rechts (Verordnung) eingeräumt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist teilweise berechtigt. Das Leichenbestattungs- und Friedhofswesen ist gemäß Art. 15 Abs 1 B-VG Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Zu unterscheiden sind Kommunal- oder Gemeindefriedhöfe und konfessionelle Friedhöfe (Pree, Österr. Staatskirchenrecht 140). Die Vorinstanzen haben zutreffend und in den Rechtsmittelschriften unbekämpft die Rechtsbeziehungen der klagenden Stiftung mit der beklagten Nutzungsberechtigten bezüglich der hier betroffenen Familiengrabstätte auf dem konfessionellen Friedhof der Klägerin in Linz in Übereinstimmung mit Art. 15 StGG, wonach jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgemeinschaft ihre "inneren Angelegenheiten" selbständig ordnet und verwaltet, als solche privatrechtlicher Natur beurteilt (JBl. 1988, 62; SZ 47/135 = ZAS 1976/15 mit krit.Anm. von Gampl; SZ 47/40; auch JBl. 1962, 315; Pree aaO, 141). Dies ergibt sich im übrigen schon aus § 34 Abs 3 letzter Satz O.ö. LeichenbestattungsG, LGBl. 1961/6 idF LGBl. 1974/36 und 1983/48, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen den Inhabern und Benützern der Friedhöfe unbeschadet der Bestimmungen des Art. 15 des StGG und des Art. 12 des Gesetzes RGBl. Nr. 49/1868, durch den die interkonfessionellen Verhältnisse der Staatsbürger in den darin angegebenen Beziehungen geregelt würden, privatrechtlicher Natur seien. Abgabenrechtliche Vorschriften würden dadurch nicht berührt. Die von der Klägerin nach Art. 15 StGG zulässigerweise erlassenen Friedhofsordnungen sind - wie unbestritten ist - keine Verordnungen iS des Art. 139 B-VG, sondern haben den Charakter einer "privaten Hausordnung", somit von allgemeinen Geschäftsbedingungen (VfSlg. 7801/1976 zur FriedhofsO für den katholischen Friedhof Eferding; Spielbüchler in Rummel2, § 288 ABGB Rz 4 mwN; Pree aaO, 141; Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsrechts2 761 f.). Zwischen den Parteien ist im Revisionsverfahren strittig, ob eine sachgerechte Vertragsauslegung der in der Grabeinlösungsurkunde enthaltenen Wendung: "... nach Maßgabe der Bestimmungen der bestehenden Friedhofordnung zur Benützung überlassen ...", zur Anwendung der jeweiligen oder der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden FriedhofsO führt und gegebenenfalls, ob die Beklagte nachträgliche Änderungen der FriedhofsO durch die Klägerin akzeptieren muß oder sich mit Erfolg darauf berufen kann, daß die 1927 bestehende FriedhofsO als AGB nicht einseitig abgeändert werden dürfe.

Da die damaligen Vertragspartner nicht mehr vernommen werden konnten, ist unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zweckes sowie unter Heranziehung der Verkehrssitte zu prüfen, welche Lösung der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Hier führt bereits die nach § 914 ABGB primär anzuwendende Wortauslegung, die am Anfang des Interpretationsvorganges zu stehen hat, zum Ziel. AGB, die ihrem Wesen nach nicht speziell für den einzelnen konkreten Fall konzipiert werden, sondern einer Vielzahl von Verträgen als Gestaltungsmodell dienen, um Inhalt des Individualvertrages zu werden, sind so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises erschließen. Waren sie, wie im vorliegenden Fall, nicht (auch) Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen - und für diese Annahme fehlt hier jeder Anhaltspunkt -, so sind ihre Bestimmungen objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut, das heißt unter Verzicht auf außerhalb des Textes liegende Umstände auszulegen (WBl. 1987, 241; EvBl 1982/94 ua.). Die maßgebliche Wendung in der Grabeinlösungsurkunde: "nach Maßgabe der bestehenden Friedhofordnung zur Benützung überlassen", kann in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen nur so gedeutet werden, daß die im Zeitpunkt der Vertragserrichtung im Jahre 1927 bestehende FriedhofsO - das heißt im vorliegenden Verfahren lediglich die der Grabeinlösungsurkunde angehefteten §§ 23 bis 30, weil ja nicht festgestellt werden konnte, welche FriedhofsO im übrigen galt - die maßgeblichen AGB sein sollten und nicht die jeweils gültige Friedhofsordnung. Eine solche Vertragsabsicht, wie sie die Klägerin nun für sich beansprucht, hätte im Text durch das Wort "jeweils" - wie es sich jetzt in § 63 der FriedhofsO 1980 findet - oder einen ähnlichen Passus zum Ausdruck gebracht werden müssen. Auch ein Hinweis im Vertragstext, daß sich bei Änderungen der FriedhofsO die beiderseitigen Rechte und Pflichten der Parteien ändern können, hätte ausgereicht. Die Klägerin hat jedoch nicht einmal behauptet, daß die im Jahre 1927 geltende FriedhofsO derartiges vorsah.

Bereits aus dem allgemeinen Vertragsrecht folgt der Grundsatz unveränderter vertraglicher Bindung, der hier zur Fortgeltung der "alten" AGB für den bestehenden Vertrag führt. Bei Dauerschuldverhältnissen können vertragsbestimmende AGB ohne besondere gesetzliche Regelung nur mit Zustimmung des Vertragspartners geändert werden, denn es unterliegt das Wirksamwerden jeder Änderung solcher AGB den gleichen Grundsätzen wie der Vertragsschluß selbst (Ulmer-Brandner-Hensen, AGB-Gesetz5, § 2d AGBG Rz 64). Änderungen der AGB berühren also bereits geschlossene Verträge nur, wenn ihm der Vertragspartner vorweg zugestimmt hat und wenn er auch wußte, bei welchen Bestimmungen mit Änderungen zu rechnen ist (EvBl 1982/87 zu Allgemeinen Versicherungsbedingungen; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 59 mwN; Apathy in Schwimann, § 864 a ABGB Rz 6; vgl. auch Koziol-Welser, Grundriß8

I 106 f.). Eine Einbeziehung der neuen AGB kann somit bewirkt werden durch a) eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien oder

  1. b) die Ausübung eines vertraglichen Änderungsvorbehaltes oder
  2. c) einen direkten behördlichen oder gesetzlichen Eingriff (Wolf-Horn-Lindacher, AGB-Gesetz2 § 23 dAGBG Rz 457 mwN). Im vorliegenden Fall kann von einer ausdrücklichen Vereinbarung der Anwendung der FriedhofsO 1980 durch die Streitteile keine Rede sein. Die Revisionsbehauptung, daß die Klägerin die FriedhofsO 1980 beim Friedhofseingang angeschlagen habe, verstößt gegen das Neuerungsverbot im Revisionsverfahren und muß schon deshalb unbeachtet bleiben. Es braucht daher auch nicht untersucht zu werden, ob schon im bloßen Schweigen zu geänderten AGB eine Abänderungsabrede von AGB gesehen werden kann (vgl. Wolf-Horn-Lindacher aaO, Rz 458, der das verneint). Von einem zulässigen (EvBl 1982/87) und für die Anpassung von Dauerschuldverhältnissen gebräuchlichen (Wolf-Horn-Lindacher aaO, Rz 459) vertraglichen Änderungsvorbehalt kann in Anbetracht der oben dargestellten Auslegung der Grabeinlösungsurkunde vom 31. Dezember 1927 gleichfalls nicht gesprochen werden. Die Klägerin hat nicht einmal behauptet, geschweige denn unter Beweis gestellt, daß die 1927 geltende FriedhofsO einen ausdrücklichen Änderungsvorbehalt aufgewiesen hätte. Zu prüfen bleibt, ob auf Grund eines gesetzlichen Eingriffs - jegliche Hinweise für einen behördlichen Eingriff fehlen - die neuen AGB der FriedhofsO 1980 dem bestehenden Vertrag nun zugrunde zu legen sind. Die Regelung des § 34 Abs 1 und 2 O.ö. LeichenbestattungsG bietet dafür keinen ausreichenden Anhaltspunkt. Es wurde dort nur allgemein normiert, daß für jeden Friedhof vom Inhaber eine FriedhofsO zu erstellen sei. Die Klägerin konnte davon wohl nicht betroffen sein, weil sie ja bereits seit zumindest 1913 immer wieder Friedhofsordnungen erlassen hatte und auch ein zeitlicher Bezug zwischen dem Landesgesetz aus 1961 und der 1980 erlassenen FriedhofsO fehlt. Nach Art. II Abs 2 der Novelle 1983 zum O.ö. LandesbestattungsG, LGBl. 1983/48 - zeitlich somit nach der FriedhofsO 1980 -, sind die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes wirksamen Friedhofsordnungen innerhalb eines Jahres insoweit abzuändern, als sie diesem Gesetz nicht entsprechen. Bis zu ihrer Anpassung an die Bestimmung dieses Gesetzes gelten solche Friedhofsordnungen jedoch sinngemäß als privatrechtliche Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen den Inhabern und den Benützern der Friedhöfe weiter. Durch diese Übergangsregelung wurden für das Land Oberösterreich die Rechtsbeziehungen zwischen Inhabern und Benutzern von Friedhöfen, die bis dahin öffentlich-rechtlicher Natur waren (vgl. dazu Pree aaO, 140), auf eine nun privatrechtliche Grundlage gestellt, aber keineswegs eine generelle Ermächtigung ausgesprochen, alte privatrechtliche Friedhofsordnungen (AGB) ohne das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen einseitig abzuändern. Der Revisionshinweis auf das FinanzausgleichsG übersieht, daß hier ein Privatrechtsverhältnis zu beurteilen ist. Zwischen den Streitteilen gelten somit die der Grabeinlösungsurkunde angeschlossenen §§ 23 bis 30 einer FriedhofsO. Diese Bedingungen konnte die Klägerin durch abweichende Bedingungen der FriedhofsO 1980 nicht einseitig abändern. Anders verhält es sich jedoch mit der Friedhofsgebührenordnung; ob im Jahre 1927 eine solche schon bestand, steht nicht fest. Die Klägerin konnte jedenfalls in Ausführung von § 34 des O.ö. LeichenbestattungsG eine solche Friedhofsgebührenordnung erlassen. Die ab 1. Jänner 1982 in Geltung stehende Friedhofsgebührenordnung (Beilage D) unterscheidet (Punkt 1) zwischen Gebühren für das "Nutzungsrecht an Grabstätten" und (Punkt 2) Gebühren "für die Benützung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Nutzungsrechtes (Benützung der Wasserversorgungsanlage, Wasserverbrauch, Wegeerhaltung, Mistabtransport, Instandhaltung und Pflege der allgemeinen Friedhofsanlagen, Friedhofsbänke, Toilettanlagen etc)". Für die Grabnutzung selbst durfte die Klägerin der Beklagten gegenüber keine Gebühren vorschreiben, weil hiefür im Jahre 1927 die Grabeinlösungsgebühr entrichtet wurde und weitere Zahlungen dafür nicht vorgesehen waren. Für das Nutzungsrecht selbst schrieb die Klägerin der Beklagten auch keine Gebühren vor. Für die übrigen Gebühren gilt, daß die Klägerin der Beklagten solche Gebühren für fünf Jahre (1980 bis 1984) vorgeschrieben hat und diese von der Beklagten bezahlt wurden. Das Prozeßvorbringen der Beklagten, diese Zahlung wäre eine Spende von ihr gewesen, blieb unbewiesen. Damit hat aber die Beklagte anerkannt, daß sie die ihr vorgeschriebenen allgemeinen Gebühren (Punkt 2) von Beilage D) entsprechend der jeweiligen Friedhofsgebührenordnung zu leisten hat. Denn die Zahlung durch die Beklagte aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers (Klägerin) konnte iS des § 863 ABGB nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte die Schuld anerkenne (SZ 58/95 mwN). Es bedarf daher hier keiner weiteren Untersuchung, ob § 63 FriedhofsO 1980 auch für die Beklagte gilt und ob die Beklagte an Regelungen der FriedhofsO 1980, die mit der Grabeinlösungsurkunde und den dort beigehefteten §§ 23 bis 30 einer FriedhofsO nicht im Widerspruch stehen, gebunden ist.

    Mit der Feststellungsklage begehrt der Kläger die urteilsmäßige Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses. Eine solche Klage soll (zumeist) vorbeugenden Rechtsschutz gewähren und ist nur zulässig, wenn ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Es entspricht herrschender Lehre und Rechtsprechung, daß die Feststellungsklage nur subsidiär zulässig ist, wenn keine anderen oder nur wesentlich unökonomischere Mittel zur Rechtsverfolgung zur Verfügung stehen. Die Möglichkeit einer Leistungsklage schließt demnach die Feststellungsklage aus, sofern durch den Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch ausgeschöpft wird. Ist der gesamte Leistungsanspruch aus einem streitigen Rechtsverhältnis fällig, ist die Feststellungsklage unzulässig, weil mit der Leistungsklage das strittige Rechtsverhältnis endgültig bereinigt wird; sind andererseits noch nicht alle Ansprüche fällig, ist die Feststellung des gesamten zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses als zulässig zu erachten. Die Möglichkeit, zu einem in Zukunft liegenden Zeitpunkt eine Leistungsklage zu erheben, hindert somit die Einbringung einer Feststellungsklage nicht, wenn nur ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Rechtes besteht (SZ 58/175 = JBl. 1986, 794 mwN). Nach der Rechtsprechung ist ein Interesse an einer Feststellungsklage schon dann gegeben, wenn durch die Klarstellung der Rechtsverhältnisse künftige Streitigkeiten vermieden werden können. Die Feststellungsklage dient nicht nur dem Ausschluß der Gefahr der Verjährung, sondern auch der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten und der Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde nach (SZ 56/38 mwN). Nach diesen allgemeinen Grundsätzen hat die Klägerin ein rechtliches Interesse iS des § 228 ZPO auf Feststellung der Verpflichtung der - dies bestreitenden - Beklagten auf Leistung der in der jeweiligen Friedhofsgebührenordnung enthaltenen Gebühren mit Ausnahme der für die Grabnutzung selbst. Durch eine Leistungsklage könnte die Klägerin nur die bis 1989 fälligen Gebühren einklagen, aber nicht die in Zukunft fällig werdenden Gebühren.

    Punkt 1) des Klagebegehrens wurde daher vom Berufungsgericht mit Recht abgewiesen. In dieser Beziehung kann die Revision nicht Erfolg haben. Punkt 2) des Klagebegehrens dagegen ist in teilweiser Übereinstimmung mit dem Erstgericht im klagestattgebenden Sinn zu entscheiden. Allerdings war dabei aus dem Spruch die in der maßgeblichen Grabeinlösungsurkunde nicht enthaltene Sanktion: "bei sonstigem Verlust der Nutzungsrechte", ebenso zu eliminieren wie der überflüssige Hinweis auf § 63 der FriedhofsO 1980 und eine generelle Berechtigung der Klägerin, alle in der Gebührenordnung vorgesehenen Friedhofsgebühren einzuheben. Diese Berechtigung erstreckt sich nämlich, wie schon dargelegt, nicht auf die Nutzungsgebühr für die Familiengrabstelle, sondern nur auf die Gebühren für die Benützung der allgemeinen Friedhofseinrichtungen. Die dabei vom Revisionsgericht vorgenommenen Einschränkungen gegenüber dem Feststellungsbegehren der Klägerin in Punkt 2) stellen ein minus dar. Wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, braucht die Frage nicht untersucht zu werden, ob für die Klägerin auf Grund geänderter Verhältnisse ein wichtiger Grund für eine "Änderungskündigung" des bestehenden Dauerschuldverhältnisses gegeben ist, denn es ist das Klagebegehren ausschließlich auf Feststellung gerichtet. Auf die Anwendung der "clausula rebus sic stantibus" kommt die Revision nicht mehr zurück (EvBl 1980/178 ua.).

    Der Revision ist daher teilweise Folge zu geben.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 Satz 1und 3, 50 ZPO.

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