OGH 1Ob13/90

OGH1Ob13/9021.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Friedrich Wilhelm K***, Strafgefangener, Wien 5, Mittersteig 25, vertreten durch Dr. Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, 2. Ingrid B***, Hypothekarkreditvermittlerin, Wien 6, Hirschengasse 16, vertreten durch Dr. Kurt Janek, Rechtsanwalt in Wien 3, Universitätsassistent Dr. Carl S***C***, Facharzt für gerichtliche Medizin, Wien 8, Albertplatz 6, vertreten durch Dr. Ernst Pammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,109.000,- samt Anhang und Feststellung (Streitwert je S 301.000,-), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 29. März 1990, GZ 1 Nc 1/90-12, womit der Ablehnungsantrag der klagenden Partei gegen Richter des Oberlandesgerichtes Wien zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Korneuburg vom 18. 12. 1984, 10 Vr 949/82-570, wurde der Kläger des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs.1 lit.b WaffenG schuldig erkannt, weil er am 13. 12. 1982 auf der Landeshauptstraße 12 zwischen Kleinengersdorf und Korneuburg Dr. Viktor Franz P*** durch zwei Revolverschüsse aus geringer Entfernung in die rechte Halsseite und die rechte Schläfe vorsätzlich getötet und zwischen dem 13. 12. und dem 16. 12. 1982 in Wien, Kleinengersdorf und Korneuburg zumindest zeitweise einen Revolver der Marke Smith & Wesson, sohin eine Faustfeuerwaffe unbefugt geführt hatte. Der Oberste Gerichtshof hat mit Urteil vom 2. 7. 1986, 9 Os 76/85, die vom Kläger sowie die von dessen Mutter und dessen Ehegattin erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden verworfen, in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft Korneuburg hingegen den Kläger statt zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit der Behauptung, Organe der erstbeklagten Partei hätten durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten, die übrigen beklagten Parteien als Zeugen oder Sachverständige durch teils vorsätzliches, teils fahrlässiges rechtswidriges Handeln seine Verurteilung herbeigeführt, begehrt der Kläger von der erstbeklagten Partei den Zuspruch des Betrages von S 1,109.000,- samt Anhang, allen beklagten Parteien gegenüber aber die Feststellung, daß ihm diese zur ungeteilten Hand für allen Schaden zu haften haben, den er aus dem Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Korneuburg vom 18. 12. 1984 erleide. In diesem Verfahren sind Anträge des Klägers auf Gewährung der Verfahrenshilfe mit Beschlüssen des Erstgerichtes vom 6. 10. 1986, ON 9, und vom 14. 4. 1988, ON 46, abgewiesen worden. Dagegen erhobene Rekurse des Klägers wurden mit Beschlüssen des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. 7. 1987, 14 R 304/86, und vom 28. 6. 1988, 14 R 119, 120/88, keine Folge gegeben. An der ersten Rekursentscheidung nahm ua der Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Paul G***, an der Rekursentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 28. 6. 1988 neben Dr. Paul G*** auch der Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Georg Z*** teil. Die Teilnahme des Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Paul G*** an der Rekursentscheidung vom 6. 7. 1987, 14 R 304/86, nahm der Rekurswerber, als der Senat 14 des Oberlandesgerichtes Wien über einen anderen von ihm erhobenen Rekurs in dieser Rechtssache zu entscheiden hatte, zum Anlaß, ihn wegen Befangenheit abzulehnen. Dieser Ablehnungsantrag wurde mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. 11. 1987, 13 Nc 4/87-2, zurückgewiesen, einem Rekurs des Klägers wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 24. 2. 1988, 1 Ob 2/88, auf dessen nähere Begründung verwiesen wird, nicht Folge gegeben.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies mit Urteil vom 20. 2. 1989, 53 a Cg 1052/86-77, das Klagebegehren ab. Der Kläger erhob dagegen Berufung, über die noch nicht entschieden wurde. Am 26. 6. 1989 lehnte der Kläger ua den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Paul G*** und die Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Georg Z***, Dr. Werner M*** und Dr. Josef R*** wegen Befangenheit ab. Die zwei erstgenannten Richter hätten als Mitglieder des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes bereits zuvor in derselben Rechtssache im Rahmen des Verfahrens zur Bewilligung der Verfahrenshilfe für den Kläger die Frage geprüft, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos oder mutwillig sei. Sie hätten somit eine Prognose über die Aussichten des gestellten Klagebegehrens abgegeben. Unter Berücksichtigung der Bestimmung des Art. 6 Abs.1 MRK sei daher ihre volle Unparteilichkeit zu verneinen. Es sei gewiß richtig, daß eine bloß unrichtige Sachentscheidung noch keinen Rückschluß auf Befangenheit zulasse. Befangenheit werde aber dann wahrscheinlich, wenn in konsequenter Folge mehrere Male ein bestimmter Rechtsstandpunkt vertreten werde, obwohl in einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Art und Weise vorgebracht worden sei, die Amtshaftungsansprüche würden auf Vorgänge gestützt, die, deren Erweislichkeit vorausgesetzt, das Klagebegehren vollinhaltlich rechtfertigen würden. Wenn, ohne daß Beweise aufgenommen worden seien, dieses Vorbringen als offenbar aussichtslos bezeichnet werde, so stelle dies immerhin ein Indiz dafür dar, daß die an den Rekursentscheidungen mitwirkenden Richter aus psychologischen Gründen gehemmt gewesen seien, eine wirklich objektive Erledigung der Rechtssache vorzunehmen. Als weiteren, alle vier Richter sowie weitere Richter der Senatsgruppe B betreffenden Ablehnungsgrund machte er geltend, daß zwischen Richtern eines Gerichtshofes im Regelfall ein besonderes Naheverhältnis bestehe, das über die berufliche Stellung hinausgehe. Wenn die Person eines Berufskollegen zu beurteilen sei, trete stets der persönliche von ihm gewonnene Eindruck in den Vordergrund. Die Beurteilung seiner Person und seines Verhaltens werde also, psychologisch bedingt und auch verständlich, stets nach diesen Kriterien erfolgen, nicht aber nach dem Inhalt der Akten, die seiner Person betreffen. Dies führe im Regelfall auch dazu, daß sich die Richterschaft eines Gerichtshofes für befangen erkläre, wenn einer ihrer Kollegen als Partei in ein Zivil- oder Strafverfahren verfangen sei. Daß im Falle einer Amtshaftungsklage der Richter, aus dessen amtlicher Tätigkeit Amtshaftungsansprüche abgeleitet würden, nicht Partei des Rechtsstreites sei, treffe nur in formeller Beziehung zu. Materiell stehen selbst dann, wenn keine Streitverkündung erfolgt sein sollte, die aber § 10 Abs.1 AHG zwingend anordne, wenn das betroffene Organ aktenkundig sei, dessen Interessen bedeutsam im Spiel, sei doch nach Unterliegen im Amtshaftungsprozeß das schuldtragende Organ zum Rückersatz verpflichtet. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Jene Richter, die zur Entscheidung über eine Amtshaftungsklage eines ihrer unmittelbaren Kollegen zu befinden hätten, unterlägen somit, ohne daß ihnen dies überhaupt bewußt werden müsse, einer auf psychologische Gründe beruhenden Hemmung, die in der Klage vorgebrachten Vorwürfe wirklich objektiv zu bewerten. Sie würden vielmehr von gegenteiligen Annahmen ausgehen, deren Widerlegung dann gewöhnlich ausgeschlossen sei, weil es sich dabei um ein innermenschliches, teilweise sogar dem Unterbewußten zuzuordnendes Geschehen handle, das nach außen hin gar nicht in Erscheinung trete. Die vom Kläger eingebrachte Amtshaftungsklage stützte sich aus ua auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des nunmehrigen Richters des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Gunther R***, der bis zum 31. 12. 1988 der Senatsgruppe B des Oberlandesgerichtes Wien angehört habe. Das bedeutet aber den Anschein der Befangenheit der abgelehnten Richter, weil zwischen ihnen und Dr. Gunther R*** jedenfalls ein mehr oder minder starkes kollegiales Naheverhältnis bestehe.

Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Paul G*** und der Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Georg Z*** äußerten sich am 19. 10. 1989, sie hätten sich bei ihren den Ablehnungswerber betreffenden Entscheidungen von keinen anderen als sachlichen Argumenten leiten lassen, sie fühlten sich demgemäß nicht befangen. Auch die Behauptung des Ablehnungswerbers, sie hätten die von ihm geltend gemachten Bedenken in Richtung Verfassungswidrigkeit, die eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gerechtfertigt hätte, begründungslos übergangen, treffe nicht zu; sie ergänzten ihre Stellungnahme am 28. 3. 1990, es bestünden zum Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Gunther R*** weder berufliche noch private Kontakte, die eine Befangenheit begründen könnten. Die weiters abgelehnten Mitglieder des Senates 14, die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Josef R*** und Dr. Werner M*** nahmen zum Ablehnungsantrag im gleichen Sinn Stellung.

Der Senat 1 des Oberlandesgerichtes Wien wies nunmehr auch im zweiten Rechtsgang die Ablehnungsanträge betreffend die vier genannten Richter des Senates 14 zurück. Nach ständiger Rechtsprechung seien Richter dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorlägen, die nach objektiver Prüfung und Beurteilung die Befürchtung rechtfertigten, eine unparteiische Entscheidung werde durch unsachliche psychologische Motive gehindert. Die Mitwirkung früheren Rechtsmittelentscheidungen in dieser oder einer damit zusammenhängenden Sache des Klägers sei grundsätzlich nicht geeignet, die Unbefangenheit bei weiteren Entscheidungen in Zweifel zu ziehen. Die Befassung mit einer Sache schon in einem früheren Rechtsmittelverfahren bewirke nur eine Kenntnis des Sachverhalts, stelle aber kein Hindernis und keine Hemmung für eine Entscheidung nach sachlichen Gründen dar. Bei der Beurteilung einer allfälligen Befangenheit sei nicht einmal die Richtigkeit einer früheren Sachentscheidung zu prüfen, weil sich selbst aus der Mitwirkung an einer unrichtigen Sachentscheidung noch keine Befangenheit, also die Gefahr einer Entscheidung nach anderen als sachlichen Gesichtspunkten ableiten lasse. Eine Unsachlichkeit in den Ausführungen des Rekurssenates 14 werde vom Ablehnungswerber nicht einmal konkret behauptet. Auch eine Befangenheit jener Senatsmitglieder, die an der Vorentscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe mitgewirkt hätten, sei aus dieser Tätigkeit nicht abzuleiten. Der Versuch einer analogen Übertragung von Grundsätzen des Strafverfahrens auf das Zivilverfahren müsse schon daran scheitern, daß § 68 Abs.2 StPO ausdrücklich den Untersuchungsrichter von der Mitwirkung der Entscheidung in der Hauptverhandlung derselben Sache ausschließe, während die Zivilprozeßordnung einen derartigen Grund in die taxative Aufzählung des § 20 JN nicht aufgenommen habe. Daß die Zivilprozeßordnung die mehrmalige Befassung desselben Richters mit der identen Rechtssache als unbedenklich erachte, ergebe sich schon daraus, daß anders als im Strafverfahren grundsätzlich derselbe Erstrichter nach Aufhebung seiner Entscheidung im Rechtsmittelverfahren zur erneuerten Durchführung der Verhandlung und zur Entscheidung berufen sei. Gehe aber der Gesetzgeber davon aus, daß auch in einem zweiten Rechtsgang für die Parteien ein faires Verfahren vor demselben Verhandlungsrichter gewährleistet sei, müsse dies auch für den Rechtsmittelrichter gelten. Ein Richter, der eine für den Einschreiter zwar negative jedoch ausschließlich sachlich begründete Vorentscheidung gefällt habe, sei daher im weiteren Verfahren nicht als befangen zu betrachten. Ohne konkretes Vorbringen zu erstatten, leitet der Ablehnungswerber aus der Tatsache der Angehörigkeit zum selben Gerichtshof die Befangenheit der abgelehnten Richter auf Grund des kollegialen Naheverhältnisses zu dem ehemals im Strafprozeß gegen den Einschreiter den Vorsitz führenden Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Gunther R*** ab. § 23 JN weise die Entscheidung über Befangenheitserklärungen von und gegen Richter eines Gerichtshofes in die Zuständigkeit anderer Richter desselben Gerichtshofes. Der Gesetzgeber habe sich bei dieser Regelung ganz offenkundig nicht von der Besorgnis leiten lassen, daß die Entscheidung über die Ablehnungserklärung von und gegen einen Richter desselben Gerichtshofes das pflichtgemäße objektive Urteilsvermögen der anderen Richter dieses Gerichtes überfordern könnte. Bei der Befangenheitsbeurteilung gehe es um die Bewertung von Tatsachenbehauptungen auf ihre Wahrscheinlichkeit und auf ihre Eignung, den zuständigen Richter in Beziehung auf eine Partei des Verfahrens oder den Gegenstand des Rechtsstreites als nicht völlig unvoreingenommen erscheinen zu lassen, so daß das mit Recht geforderte Vertrauen einer Partei auf Gewährung eines fairen Verfahrens und Erlangung einer fairen Entscheidung bei vernünftiger Sicht der Verhältnisse beeinträchtigt sei. Das subjektive Urteilsvermögen der zur Befangenheitsentscheidung berufenen Richter desselben Gerichtshofes könne daher regelmäßig nicht überfordert sein, insbesondere dann nicht, wenn es sich um einen derart großen Gerichtshof wie das Oberlandesgericht Wien handle. Die allgemeinen Ausführungen des Einschreiters über tägliche, jedenfalls aber häufige berufliche Kontakte durch Teilnahme an beruflichen und außerberuflichen Veranstaltungen und durch gesellschaftliche Zusammenkünfte würden dem Gebot, im Einzelfall konkrete Behauptungen über Ablehnungsgründe aufzustellen, nicht gerecht. Ausreichend konkretisierte besondere Gründe, aus denen dennoch eine über das bloße kollegiale Verhältnis hinausgehende Freundschaft abgeleitet werden könnten, seien nicht vorgebracht worden.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Ablehnungswerber erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Nach § 22 Abs.3 JN hat die wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnende Partei die vom Richter bestrittenen Ablehnungsgründe glaubhaft zu machen. Der Rekurswerber lehnte alle Mitglieder des Senates 14 des Oberlandesgerichtes Wien wegen des "im Regelfall" bestehenden besonderen Naheverhältnisses der Mitglieder eines Gerichtshofes und damit auch zum Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Gunther R***, der nach Ansicht des Rekurswerbers auf Grund der Ergebnisse des von ihm eingeleiteten Amtshaftungsverfahrens regreßpflichtig werden könnte, ab. Es ist zwar richtig, daß bei der Beurteilung der Fairneß eines Verfahrens auch der äußere Anschein von Bedeutung ist (VfGHSlg 11.131/1986) und Gerechtigkeit nicht nur geübt sondern auch sichtbar geübt werden soll (IntKomm EMRK-Miehsler/Vogler, Art. 6 Rz 304); die Vermutung spricht aber für die Unparteilichkeit des Richters, solange nicht das Gegenteil erwiesen ist (Miehsler-Vogler aaO). Insbesondere bei größeren Gerichten reicht daher der Umstand, daß ein nicht dem Senat angehörender Kollege durch ein anhängiges Verfahren involviert sein könnte, für sich allein nicht aus, die Befangenheit aller anderen Mitglieder dieses Gerichtes auch dann anzunehmen, wenn sie darlegen, mangels weiterer als beruflicher Kontakte mit diesem Kollegen nicht befangen zu sein (5 Ob 307/85; vgl. ZZP 71, 477; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht14 137; Leipold in Stein-Jonas20, Rz 4 zu § 42 dZPO). Das Fehlen engerer als bloß kollegialer Beziehungen brachten die vom Rekurswerber abgelehnten Richter Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Paul G*** und Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Georg Z*** mit ihrer Stellungnahme, mit Richter des Oberlandesgerichtes Dr. R*** bestanden und bestehen weder berufliche noch private Kontakte, die eine Befangenheit begründen können, entgegen den Ausführungen im Rekurs hinlänglich deutlich zum Ausdruck. Macht der Ablehnungswerber keine besonderen weiteren Gründe geltend, aus denen im Einzelfall dennoch aus Gründen der Kollegialität eine Befangenheit abgeleitet werden könnte, und verneinen die abgelehnten Richter befangen zu sein, stellt es keinen Verfahrensmangel dar, wenn dem Ablehnungswerber keine Gelegenheit geboten wurde, zu den die Befangenheit verneinenden Äußerungen der abgelehnten Richter Stellung zu nehmen (5 Ob 307/85). Senatspräsident des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Paul G*** und der Richter des Oberlandesgerichtes Wien Dr. Georg Z*** werden vom Rekurswerber auch deshalb abgelehnt, weil sie in dem in diesem Verfahren ergangenen Entscheidungen über die Verfahrenshilfe mitwirkten. Der Rekurswerber geht davon aus, daß bei verfassungskonformer Auslegung seinem Ablehnungsantrag schon auf Grund der einfachgesetzlichen Vorschriften über die Ablehnung von Richtern im Zivilverfahren stattzugeben gewesen wäre. Der für das Strafverfahren von der Europäischen Kommission für Menschenrechte entwickelte Grundgedanke, daß ein Erkenntnisrichter ausgeschlossen sei, wenn er bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Vorprüfung des später zu beurteilenden Sachverhaltes vorgenommen habe, sei verallgemeinerungsfähig, sodaß auch für das Zivilverfahren bei der Beurteilung der Unparteilichkeit des Richters nach den gleichen Grundsätzen vorzugehen sei. Bejahe ein Zivilrichter die offenbare Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung, so handle er nicht anders als ein Strafrichter, der das Vorliegen des dringenden Tatverdachtes bejahe und deshalb die Untersuchungshaft verhänge. Der Rekurswerber betont allerdings, daß er keinen Ausschließungsantrag gestellt habe, sondern ausdrücklich die genannten Richter des Oberlandesgerichtes Wien wegen Befangenheit ablehne. Er fordert demnach nicht die analoge Anwendung von Bestimmungen der Strafprozeßordnung auch für den Geltungsbereich der Jurisdiktionsnorm, er geht somit selbst davon aus, daß die Bestimmungen des § 20 JN keine planwidrige Lücke aufwiesen. Er meint vielmehr generell, daß jeder Richter, der einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung abwies, schon allein deshalb für den Hauptprozeß als befangen zu gelten habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Die unterschiedliche Regelung der Ausschließungsgründe in den Bestimmungen des § 68 Abs.2 StPO, die nunmehr auch ohne jede Einschränkung aus den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu Art. 6 MRK entwickelten Grundsätzen im Jugendgerichtsverfahren gelten (RV 486 BlgNR 17. GP 35; 14 Os 54/89), und des § 20 JN findet in den unterschiedlichen Verfahrensgrundsätzen ihre Erklärung. Der Zivilprozeß ist maßgeblich durch die Parteiendisposition und deren Maxime bestimmt. Bei der Wahrheitserforschung kann der Zivilrichter außerhalb der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes durch die übereinstimmenden Erklärungen der Parteien beschränkt werden (Fasching, Lehrbuch2 Rz 665; § 183 ZPO). Anders ist die Stellung des Strafrichters, bei dessen Entscheidung sehr oft die Lösung der Tatfrage im Mittelpunkt stehen wird. Nach der in der Vorschrift des § 68 Abs.2 StPO zum Ausdruck gekommenen Wertung nimmt der Gesetzgeber an, daß der Untersuchungsrichter bzw. die Richter des ersten Rechtsganges sich bereits (in tatsächlicher Hinsicht) eine bestimmte Anschauung zueigen gemacht haben, auf Grund derer sie nach einem einheitlichen Plan die Voruntersuchung bzw. das Verfahren im ersten Rechtsgang durchführten und infolge psychisch zu erklärender Hemmungen nicht mehr in der Lage sein werden, die nun erneut aufzunehmenden Beweise, über deren Beweiskraft und Tragweite sie sich schon ein bestimmtes Bild gemacht haben, unbefangen und unmittelbar auf sich einwirken zu lassen (Ullmann, Lehrbuch des österreichischen Strafprozeßrechts 206; Mitterbacher-Neumayer, Erläuterungen zur StPO, 202; Mayer, Kommentar 288). Der Rekurswerber macht den abgelehnten Richtern nicht zum Vorwurf, sie hätten sich auf Grund der Ergebnisse des Vor- oder Zwischenverfahrens zur Tatfrage eine bereits vorgefaßte Meinung gebildet, befangen seien sie vielmehr deswegen, weil sie im Zwischenverfahren abschließend den Rechtsstandpunkt des Rekurswerbers als aussichtslos beurteilten. Der in der Sache erkennende Richter ist aber nicht nur im Verfahren zur Gewährung der Verfahrenshilfe, sondern auch in anderen Fällen, wie bei der Beurteilung der Erfolgschancen einer die Aufschiebung der Exekution nach § 42 Abs.1 EO ermöglichenden Klage (RdW 1986, 114; SZ 46/120 mwN; Heller-Berger-Stix 550 f; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3 93) oder im Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn eine Anspruchsbescheinigung schon aus rechtlichen Gründen scheitert (RdW 1988, 134; SZ 59/128 ua), verpflichtet, die geltend gemachten Ansprüche rechtlich zu beurteilen. Ganz allgemein wird die Ansicht vertreten, daß die vom später erkennenden Richter in einem solchen Zwischenverfahren geäußerte Rechtsansicht für sich allein nicht als ausreichend anzusehen ist, seine Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (RZ 1989/110; Jus-Extra 1986, Nr. 81, 22.01 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 164; derselbe, Kommentar I 201). Diese Ansicht ist bei vergleichbarer Rechtslage auch in der Bundesrepublik Deutschland herrschend (Warn Rspr. 1918/146; OLG Hamm, NJW 1976, 1459 mit zustimmender Anmerkung der Schriftleitung;

Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann ZPO48 118; Rosenberg-Schwab aaO 138; Leipold aaO Rz 10). Eine Besorgnis für die Unparteilichkeit des erkennenden Richters in der Hauptsache wäre erst dann anzunehmen, wenn der Abgelehnte zu erkennen gegeben hätte, daß er nicht bereit wäre, seine damals vertretene Rechtsposition erneut selbst kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls seine Meinung zu ändern (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann aaO; Schmid in NJW 1974, 731). Daß die abgelehnten Richter dazu nicht bereit oder in der Lage wären, wurde vom Ablehnungswerber nicht behauptet, dafür fehlt auch jeder Anhaltspunkt. Ob der abgelehnte Richter befangen ist, ist stets in bezug auf die Rechtssache zu prüfen, in der er wegen Befangenheit abgelehnt wurde (5 N 316-320/87). Die abgelehnten Richter waren daher nicht gehindert, sondern wenn zuständig sogar dazu verpflichtet, in anderen, den Ablehnungswerber betreffenden Verfahren ungeachtet des Ablehnungsantrages in diesem Verfahren zu entscheiden. Aus einem solchen gebotenen Verhalten kann daher entgegen dem Vorbringen des Ablehnungswerbers im Schriftsatz vom 14. 12. 1989 kein Schluß auf mangelnde Unparteilichkeit gezogen werden.

Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.

Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten war abzuweisen. Eine Kostenersatzpflicht im einseitigen Ablehnungsverfahren, an dem der Prozeßgegner nicht beteiligt ist, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

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