Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urtei wurde der am 10.Juli 1970 geborene - seit 16 Jahren in Österreich lebende - türkische Staatsangehörige Ali K*** - abweichend von der auf das Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB lautenden Anklage - der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst nach § 170 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 19.Feber 1988 in Neuda durch Entzünden eines gepreßten Rohstoffballens (aus Polypropylen) im Wert von weniger als 25.000 S in der Betriebshalle der Firma N*** GesmbH eine fremde Sache zerstört und hiedurch fahrlässig eine Feuersbrunst in der Betriebshalle der genannten Firma verursacht.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 1, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; weiters hat er (auch) eine Schuldberufung angemeldet (S 134/II). Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Als Verfahrensmangel nach dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 1) macht der Beschwerdeführer geltend, daß an der Entscheidung ein ausgeschlossener Richter beteiligt gewesen sei. Zwar habe der Vorsitzende Dr. K*** in der Hauptverhandlung bekannt gegeben, daß er in dieser Sache als Journalrichter tätig gewesen sei, was sich jedoch offensichtlich (bloß) auf die seinerzeitige Erlassung des Haftbefehls (vom 1.März 1988 - ON 2, 3) gegen den Angeklagten bezogen habe. Anläßlich des Aktenstudiums im Zusammenhang mit der Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde sei jedoch dem Verteidiger "aufgefallen und bekannt geworden", daß der Vorsitzende des Jugendschöffensenats auch am 17.August 1988 eine untersuchungsrichterliche Tätigkeit dadurch entfaltet habe, daß die Vernehmung der Zeugen Helmut H*** (ON 33) und Josef S*** (ON 34) im Vorverfahren durch den Richteramtsanwärter Mag. S*** "unter Anleitung von Richter Dr. K***"
erfolgt sei.
Richtig ist, daß der Genannte vorliegend - wenn auch ersichtlich vertretungsweise - als Untersuchungsrichter tätig gewesen ist (vgl abermals ON 2, 3, 33 und 34), in der Hauptverhandlung vom 19. Jänner 1989 den Vorsitz des Schöffengerichts führte und als solcher an der Urteilsfällung beteiligt war (ON 44). Aus dem Protokoll über diese Hauptverhandlung ergibt sich allerdings, wie auch die Beschwerde einräumt, daß die Tätigkeit des Vorsitzenden als Journalrichter - seit dem Inkrafttreten des JGG 1988 gilt die Ausschließung des Untersuchungsrichters (§ 68 Abs 2 StPO) von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung auch für das Jugendstrafverfahren (vgl Jesionek-Held JGG 1988 Anm 3 zu § 32 Abs 3) - zu Beginn der Hauptverhandlung (vom Gericht) festgestellt wurde (S 108/II).
Eine Nichtigkeit im Sinn der Z 1 des § 281 Abs 1 StPO kann dann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn der die Nichtigkeit begründende Tatumstand dem Beschwerdeführer noch vor oder während der Hauptverhandlung bekannt und von ihm nicht gleich beim Beginn der Hauptverhandlung oder sofort, nachdem er in dessen Kenntnis gelangt war, geltend gemacht wurde (§ 281 Abs 1 Z 1 zweiter Halbsatz StPO). Durch den auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellten Hinweis hat der Vorsitzende zu Beginn der Hauptverhandlung auf seine untersuchungsrichterliche Tätigkeit im gegenständlichen Strafverfahren ausdrücklich aufmerksam gemacht. In einem auf Grund des bezüglichen Beschwerdevorbringens errichteten Amtsvermerk vom 14.April 1989 (S 3 h) hat er dazu noch aufklärend festgehalten, daß er den Verteidiger auch schon vor der Hauptverhandlung - jedenfalls nach Ausschreibung des Verhandlungstermins - befragt habe, ob es wegen seiner "Tätigkeit im Vorverfahren Schwierigkeiten geben würde", was vom Verteidiger verneint worden sei. Hinzu kommt, daß der Verteidiger schon in dem drei Tage vor der Hauptverhandlung eingebrachten Beweisantrag (ON 41) durch Bezugnahme auf die über seinen Antrag "schon im Rahmen der Voruntersuchung" (unter vertretungsweiser Mitwirkung Dris. K***) erfolgte ergänzende Vernehmung der Zeugen Josef S*** und Helmut H*** (vgl S 101/II) seine Kenntnis von den bezüglichen Vernehmungsprotokollen zum Ausdruck brachte, mag ihm auch zu diesem Zeitpunkt die Person des dort genannten Richters noch nicht "aufgefallen" sein.
Selbst wenn man daher davon ausgeht, daß ein Verzicht seitens des Angeklagten nicht erklärt wurde, ist für seinen Beschwerdestandpunkt nichts zu gewinnen. Denn dem gesamten Akteninhalt kann nicht entgenommen werden - und dies wird auch in der Beschwerde nicht behauptet -, daß der Angeklagte, nachdem ihm zur Kenntnis gelangt war, daß der in seiner Sache (vertretungsweise) tätig gewesene Untersuchungsrichter an der Hauptverhandlung als Vorsitzender des Schöffengerichts mitwirkt, diesen Umstand (sogleich) ausdrücklich geltend gemacht hat, was aber eine unabdingbare Voraussetzung für die Rüge nach § 281 Abs 1 Z 1 StPO gewesen wäre. Einer ausdrücklichen Zustimmung des Angeklagten zur Mitwirkung eines ausgeschlossenen Richters in der Hauptverhandlung bedarf es nach dem Gesetz nicht (vgl 10 Os 124/78; Mayerhofer/Rieder StPO2 ENr 31 a, 32 zu § 281 Z 1).
Nicht zielführend ist aber auch das undifferenziert auf "die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe" (Z 5 und 5 a) abgestellte Vorbringen zur Mängel- und Tatsachenrüge.
Aus welchen Gründen das Schöffengericht dem vom Angeklagten vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich abgelegten Geständnis Glauben schenkte, seine in der Folge vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung leugnende Verantwortung hingegen als widerlegt ansah, hat es denkfolgerichtig und im Einklang mit allgemeiner Lebenserfahrung mängelfrei dargelegt. Dabei hat es nicht nur die Umstände, unter denen es zur Ablegung des Geständnisses kam, insbesondere die Dauer der Vernehmung (vgl US 8, 9), deren konkrete Durchführung seitens der Gendarmeriebeamten Josef S*** (S 243 ff/I, 116 ff/II) und Johann T*** (S 281 ff/I, 121 ff/II), die Gegenüberstellung des Angeklagten mit seinem als Zeugen vernommenen Arbeitskollegen Thomas H*** und die einzelnen Details der Schilderung des Tatablaufes durch den Angeklagten - die er seinen Angaben vor dem Untersuchungsrichter zufolge "frei erfunden" hatte (S 27/I) - wie auch des Tatmotivs einer eingehenden Würdigung unterzogen (US 9 ff), sondern diese Angaben auch den objektiven Erhebungsergebnissen der kriminaltechnischen Zentralstelle der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit und dem Gutachten des Sachverständigen Ing. B*** gegenübergestellt (US 11).
Das Vorbringen zur Mängelrüge erschöpft sich - nach Art einer Schuldberufung - in der Erörterung des Wertes der vorliegenden Beweise, insbesondere des Geständnisses des Angeklagten vor den Sicherheitsbehörden, sowie in einer Kritik an der Bedeutung, die das Schöffengericht den einzelnen damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensergebnissen beimaß. Damit wird jedoch nur unzulässig und deshalb unbeachtlich die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz in Zweifel gezogen. Daß aber aus den vom Schöffengericht ausdrücklich und eingehend erörterten Umständen für den Angeklagten auch günstigere Schlußfolgerungen gezogen werden könnten, vermag einen Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht darzustellen. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang - der Sache nach - eine offenbar unzureichende bzw unvollständige Begründung reklamiert, so übersieht er, daß sich seine Einwände teils auf nicht entscheidungswesentliche Umstände beziehen, wie etwa der Einwand, daß bislang ungeklärte Vorgänge bei der Firma N***, nämlich ein großes Schadenfeuer vom 9.März 1987 und ein Großbrand vom 17.Oktober 1988, unerörtert geblieben seien, teils Umstände betreffen, die das Erstgericht ohnedies ausdrücklich in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat, wie etwa die Divergenz in der Aussage der als Zeugen vernommenen Dienstnehmer der Firma N*** über das von ihnen (erstmals) wahrgenommene Brandbild (vgl US 7, 11 f). Im übrigen ist es nach der in der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO zitierten Bestimmung des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht erforderlich, im Urteil jeden einzelnen von einem Angeklagten oder Zeugen vorgebrachten Satz einer besonderen Erörterung zu unterziehen und sich mit jedem gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinanderzusetzen. Es genügt vielmehr, daß das Urteil - wie vorliegend geschehen - jene Erwägungen in gedrängter Darstellung anführt, aus denen die Tatrichter zu der den Schuldspruch tragenden Überzeugung gelangten (§ 258 Abs 2 StPO).
Schließlich ergeben sich auch aus dem als Tatsachenrüge (Z 5 a) zu wertenden Beschwerdevorbringen für den Obersten
Gerichtshof - nach eingehender Prüfung der vorgebrachten Einwände und des sonstigen Akteninhalts - keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Ebenso war mit der zur Bekämpfung schöffengerichtlicher Urteile im Gesetz nicht vorgesehenen Schuldberufung des Angeklagten zu verfahren (§§ 283 Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO). Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.
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