Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.728,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 2.954,70, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 28.4.1988 führte die Redakteurin Dr.Gisela H*** mit dem Beklagten im Mittagsjournal des ORF folgendes Interview:
"H***:
Harte Bandagen heute für FPÖ-Chef Jörg H*** aus dem Munde des ÖVP-Generalsekretärs Helmut K***. K*** knüpft an eine Reaktion H*** auf die französischen Präsidentschaftswahlen an, aus der hervorgegangen sei, daß H*** im Zusammenhang mit Le PEN den Terminus "rechtsextrem" ablehne und vielmehr in diesem dritten Lager einen Staubsauger für Unzufriedene sehe. K*** sagt, H*** identifiziert sich also mit Le PEN und, so K***, H*** habe dadurch in seiner eigenen Partei Bestürzung ausgelöst, wie unter anderem Äußerungen seines Generalsekretärs G*** und des Abgeordneten B*** gezeigt hätten. Diese neue Kontroverse in der freiheitlichen Partei beweise zweierlei, meint K***.
K***:
Bei den Freiheitlichen gibt es nach wie vor tiefgreifende Meinungsunterschiede zwischen einem nationalliberalen und einem rechtsnationalen bzw rechtsextremen Flügel und in dieser Auseinandersetzung, dafür lassen sich viele Beispiele anführen, schlägt sich H*** immer auf die Seite der Rechtsnationalen und der Rechtsextremisten: Die Identifizierung mit Le PEN, Treffen mit B*** und S***, Aufstellung und Verteidigung von Norbert D*** im Burgenland, H***-Bejubelung in nationalen und rechtsextremen Zeitungen, ausländerfeindliche Äußerungen H*** in diversen Veranstaltungen und Versammlungen und ähnliche Beispiele gibt es genug. In dieses Bild paßt zweifellos auch H*** innerparteilicher Führungsstil. Unter H*** sind ja die Parteigerichte und die Enthebungsverfahren in der freiheitlichen Partei zum Alltag geworden. Denken wir an G***, M***, R***, Drohung gegen O*** und nun Enthebung zweier Bezirksparteiobmänner in Kärnten und nunmehr die kommissarische Leitung von Jörg H*** in diesen zwei Bezirksorganisationen.
H***:
Frage an K***: H*** hat nun aber heute Le PEN durchaus als Rechtsextremen eingestuft. Ändert das etwas an Ihrer These?
K***:
Im Grundsätzlichen nicht. Denn offensichtlich hat H*** gesehen, welch negative Wirkung seine Bewertung gehabt hat und er versucht halt wieder, jetzt das zurückzunehmen, weil ihm das politisch schadet. Das ist ein offensichtlich weiteres opportunistisches Verhalten, wie er es ja schon des öfteren an den Tag gelegt hat ...".
Im vorliegenden Rechtsstreit stellte der Kläger das Begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Behauptung, der Kläger identifiziere sich mit Le PEN, zu unterlassen und im ORF, Mittagsjournal, öffentlich binnen drei Monaten zu widerrufen. Er begründete dies im wesentlichen damit, er könne sich zwar nicht dagegen wehren, daß ihn der Beklagte mit Le PEN identifiziere, da es sich hier um ein Werturteil des Beklagten handle, wohl aber gegen die Behauptung des Beklagten, der Kläger identifiziere sich selbst mit Le PEN. Dabei handle es sich um eine im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB überprüfbare Tatsachenbehauptung, die unwahr sei. Die Verbreitung dieser erdichteten Tatsache sei geeignet, den Kredit, den Erwerb und das Fortkommen des Klägers zu gefährden. Durch diese erdichtete Identifizierung werde nämlich dem Wähler über den Kläger der falsche Eindruck vermittelt, er betreibe rechtsextreme Politik. Der Beklagte wendete im wesentlichen ein, daß es sich bei seiner vom Kläger inkriminierten Behauptung um keine Tatsachenbehauptung handle, sondern um eine Schlußfolgerung im Sinne eines politischen Werturteiles.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte den wesentlichen (bereits eingangs wiedergegebenen) Inhalt des vom Beklagten am 28.4.1988 gegebenen Interviews fest und führte rechtlich im wesentlichen aus, bei der Behauptung, jemand identifiziere sich mit einer bestimmten Person, handle es sich um eine Einschätzung. Diese Einschätzung könne von unbeteiligten Dritten keinesfalls auf ihre Richtigkeit überprüft werden, da es diesen nicht möglich sei, Charakter und politische Überzeugung ihnen nicht persönlich bekannter Personen umfassend zu beurteilen. Ob der Kläger sich mit Le PEN identifiziere, könne letztlich nur er selbst beurteilen. Treffe ein Dritter eine derartige Aussage, gebe dieser seine subjektive Einschätzung wieder, die sich der Überprüfbarkeit durch Dritte entziehe. Damit handle es sich aber um ein Werturteil, das der objektiven Überprüfbarkeit im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB entzogen sei.
Der gegen diese Entscheidung des Erstgerichtes gerichteten Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den von ihm übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus, Grundvoraussetzung eines Anspruches auf Widerruf und dessen Veröffentlichung im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB sei in objektiver Hinsicht die Verbreitung unwahrer Tatsachen. Darunter seien im Sinne der überwiegenden Lehre und Rechtsprechung Umstände, Ereignisse und Eigenschaften mit einem greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bestimmter oder doch von ihm zu ermittelnder Umstände objektiv auf seine Richtigkeit hin überprüfbaren Inhalt zu verstehen. Anderer Ansicht nach komme es lediglich auf die objektive Überprüfbarkeit an. Als wesentlich werde jedenfalls allgemein die Überprüfbarkeit angesehen. Dem habe die herrschende Meinung den Begriff des (bloßen) Werturteils als Wiedergabe einer (bloß) subjektiven, unüberprüfbaren und erst auf Grund einer Denktätigkeit gewonnenen Meinung gegenübergestellt. Der Begriff "Werturteil" könne zur Annahme verleiten, daß er nur auf ehtische, gegebenenfalls auf ästhetische Wertungen Anwendung fände. Dies sei jedoch, sehe man den Begriff der objektiven Überprüfbarkeit in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht als entscheidendes Kriterium für die Qualifizierung einer Behauptung als Tatsachenbehauptung an, nicht der Fall. Unter diesem Gesichtspunkt handle es sich auch bei der Bewertung eines Vorganges oder Zustandes an Hand wissenschaftlicher oder sonstiger - etwa auch politischer - Kriterien um ein Werturteil und nicht um die bloße Mitteilung eines Sachverhaltes. Urteile der letztgenannten Art würden zum Teil nicht als Werturteile, sondern als Tatsachenurteile bezeichnet. Dieser Begriff werde als Bezeichnung für eine bloße Meinungsäußerung dem Begriff der Tatsachenbehauptung gegenübergestellt, der eine Behauptung kennzeichne, die entsprechend dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Erklärung zugänglich sei und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offenstehe.
Allerdings sei der Begriff der Tatsachenbehauptung weit auszulegen. Auch Urteile, die auf entsprechende Tatsachen schließen ließen, hätten als Tatsachenmitteilungen zu gelten; sie würden als "konkludente Tatsachenbehauptungen" bezeichnet und seien dadurch gekennzeichnet, daß ihnen entnommen werden könne, daß sie von bestimmten Tatsachen ausgingen. Das, was objektiv überprüft werden könne, sei der im Tatsachen- bzw Werturteil explizit zum Ausdruck gebrachte oder ihm wenigstens implizit zugrundeliegende Tatsachenkern. Dieser sei als sachliches Substrat einer objektiven Überprüfung zugänglich, während die darauf aufbauende Wertung einer solchen Überprüfung entzogen sei. Stehe dieses sachliche Substrat mit den gegebenen Tatsachen im Einklang - sei die Behauptung also wahr -, dann könne auch eine darauf aufbauende falsche Bewertung keine Grundlage für einen Anspruch im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB bieten. Nur diese Sachgrundlage könne also der Überprüfung auf ihre objektive Richtigkeit hin unterliegen, nicht das daran anknüpfende einer solchen Überprüfung gar nicht zugängliche Urteil. In bezug auf die sogenannten konkludenten Tatsachenbehauptungen sei in Erwägung zu ziehen, daß dem auf solche Tatsachen bezugnehmenden Urteil jedenfalls entnommen werden können müsse, es gehe von bestimmten Tatsachen aus. Die stillschweigende Zugrundelegung eines nicht einmal klar abgrenzbaren Tatsachenkomplexes sei hingegen nicht zulässig, weil verläßliche Kriterien für die Überprüfbarkeit fehlten.
Schließlich sei festzuhalten, daß die in Richtung "Tatsachenbehauptung" bzw "Werturteil" hin zu untersuchende Äußerung ihre Bedeutung aus dem Zusammenhang gewinne, in dem sie vorgebracht worden sei. Eine isolierte Betrachtungsweise sei demnach unzulässig.
Die inkriminierte Äußerung des Beklagten, der Kläger identifiziere sich mit Le PEN, sei nicht als Tatsachenbehauptung zu qualifizieren, sondern als Tatsachenurteil dem Begriff des Werturteils zu unterstellen. Der Begriff der (Selbst-)Identifikation im hier interessierenden (psychologischen) Sinn bezeichne nämlich keine bestimmte, zu Erkenntniszwecken isolierbare und damit beschreibbare, infolgedessen auch auf ihre objektive Richtigkeit hin überprüfbare Tatsache, ja nicht einmal einen Tatsachenkomplex mit eindeutig bestimmbarem Inhalt, sondern einen komplizierten Vorgang, bei dem noch dazu meistens - im Gegensatz zur (bewußten) Imitation - unbewußte Mechanismen dominierten. Aber nicht nur der Vorgang, den dieser Begriff bezeichne, sondern auch der Begriff selbst habe keinen eindeutig festgelegten Inhalt. Dieser durch außerordentliche Bedeutungsvielfalt gekennzeichnete Begriff werde selbst in einem Teilbereich der Psychologie, der allgemeinen Persönlichkeitspsychologie, zur bezeichnenden Kennzeichnung von so verschiedenen Sachverhalten wie Sympathie, Altruismus, Loyalität, Unterwürfigkeit etc verwendet, habe aber auch in anderen Bereichen wie dem der Psychoanalyse oder der Soziologie variierende Bedeutungen.
Dem Kläger könne eine Äußerung des Beklagten, er, der Kläger, sei mit Le PEN zu identifizieren, also eine vom Beklagten selbst vorgenommene Identifikation des Klägers mit Le PEN, nicht als Anspruchsgrundlage dienen, weil es sich dabei um die Einschätzung eines anderen und damit um ein unüberprüfbares Werturteil handle. Auch der Vorwurf des Beklagten, der Kläger selbst identifiziere sich mit Le PEN, stelle nur eine wertende Einschätzung dar, die bloß eine subjektive Meinung zum Ausdruck bringe und der nicht einmal konkludent entnommen werden könne, von welchen Tatsachen der Beklagte dabei ausgehe. Eine solche isolierte Betrachtungsweise verbiete sich mit Rücksicht darauf, daß solche Äußerungen im Zusammenhang mit dem gesamten Gesprächsverlauf betrachtet werden müßten. Das hier in Frage stehende Gespräch enthalte eine Reihe von Tatsachenbehauptungen, die das Substrat, den tatsächlichen Kern der Aussage "Identifizierung mit Le PEN" bildeten. Gerade diese Tatsachenbehauptungen seien aber - offenbar in dem Bestreben nach Isolierung dieser Äußerung - nicht inkriminiert worden und unwidersprochen geblieben. Soweit also die inkriminierte Äußerung des Beklagten ausschließlich der Ausfluß dieser Tatsachenbehauptungen sei, handle es sich um keine (allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden) unwahren Tatsachen. Soweit man aber unterstellen wollte, der Beklagte wäre bei seinem Urteil von einer umfassenderen Tatsachengrundlage ausgegangen, wäre diese Tatsachengrundlage einer, sei es schlechthin objektiven, sei es einer für das Publikum gegebenen, Überprüfbarkeit entzogen. Die Äußerung des Beklagten habe nicht etwa dahin gelautet, der Kläger habe erklärt, daß er sich mit Le PEN identifiziere, sondern vielmehr, der Kläger identifiziere sich mit ihm. Damit habe er keinen eindeutig auszumachenden bewußten Willensakt des Klägers, der als innere Tatsache nachprüfbar wäre, behauptet, sondern einen vorwiegend unbewußt verlaufenden seelischen Prozeß bezeichnet, über dessen ausschlaggebende Faktoren die unterschiedlichsten Auffassungen bestünden. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch werde dieser Begriff im Sinne eines - durchwegs oder zumindest vorwiegend - unbewußt verlaufenden Prozesses verstanden. So sage man etwa, ein Kind identifiziere sich mit seinem Vater, ohne auf den Gedanken zu kommen, daß es sich dabei um einen vom Bewußtsein getragenen Willensentschluß handle, und ohne sich über die Faktoren, die diese Annahme rechtfertigen könnten, mit anderen einig oder auch nur sich selbst im Klaren zu sein.
Das Erstgericht habe daher mit Recht das Klagebegehren abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er Aufhebungsanträge. Der Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Soweit der Kläger mit seinen Ausführungen zum geltendgemachten Revisionsgrund der Nichtigkeit versucht, darzutun, daß das Urteil des Erstgerichtes nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig sei, ist ihm zu entgegnen, daß seine auf die gleiche Behauptung gestützte Nichtigkeitsberufung mit Beschluß des Berufungsgerichtes verworfen wurde. Ein derartiger Beschluß des Berufungsgerichtes kann weder mit Revision noch mit Rekurs bekämpft werden (2 Ob 12/89; 4 Ob 541/89; 8 Ob 669/89 uva). Soweit der Kläger aber behauptet, daß auch das Urteil des Berufungsgerichtes mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO behaftet sei, ist er darauf zu verweisen, daß keiner der drei in dieser Gesetzesstelle normierten Nichtigkeitstatbestände vorliegt. Die Fassung des Urteiles des Berufungsgerichtes ist keinesfalls so mangelhaft, daß seine Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden könnte. Das Urteil ist nicht mit sich selbst in Widerspruch und es sind für die Entscheidung auch die erforderlichen Gründe angegeben. Der vom Kläger behauptete Nichtigkeitsgrund liegt somit nicht vor.
Auch die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit sind nicht gegeben, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Auch der Rechtsrüge des Klägers kommt keine Berechtigung zu. Tatsachen im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB sind nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, von der abzugehen kein Anlaß besteht, Umstände, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind (SZ 50/111; SZ 60/255 mwN uva).
Die im vorliegenden Verfahren allein inkriminierte Behauptung des Beklagten, der Kläger identifiziere sich mit Le PEN, betrifft keine Tatsache in diesem Sinn.
Zur Beurteilung ihres Inhaltes kann die inkriminierte Äußerung des Beklagten zunächst nicht losgelöst vom sonstigen Inhalt des von ihm gegebenen Interviews vom 28.4.1988 betrachtet werden. Wenn der Beklagte sinngemäß als Begründung für seine Meinung, der Kläger schlage sich bei Meinungsunterschieden zwischen einem nationalliberalen und einem rechtsnationalen bzw rechtsextremen Flügel der FPÖ immer auf die Seite des letzteren, unter anderem eine Identifizierung des Klägers mit Le PEN anführte, dann ergibt sich aus dem Zusammenhang des eingangs wörtlich wiedergegebenen Interviews des Beklagten ganz eindeutig, daß dieser keinesfalls die (objektiv nachprüfbare) Behauptung aufstellte, der Kläger habe erklärt, sich mit Le PEN (bzw dessen politischen Zielsetzungen) zu identifizieren. Er qualifizierte vielmehr die (eingangs durch die Interviewerin wiedergegebene) Stellungnahme des Klägers zum Ergebnis der französischen Präsidentschaftswahlen, in der der Kläger im Zusammenhang mit Le PEN den Terminus "rechtsextrem" ablehnte und in dessen politischer Gruppierung er einen "Staubsauger für Unzufriedene" erblickte, in der Weise, daß er darin eine Identifizierung des Klägers mit Le PEN erblickte. Nur dies brachte der Beklagte mit der inkriminierten Äußerung, der Kläger identifiziere sich mit Le PEN, zum Ausdruck.
Darin liegt aber nicht die Behauptung einer Tatsache im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB, wie sie oben definiert wurde. Denn abgesehen davon, daß der Begriff der Identifizierung, worauf das Berufungsgericht durchaus zutreffend hinwies, vieldeutig ist und sprachlich mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird, handelte es sich bei der inkriminierten Äußerung des Beklagten nicht darum, daß er dem Kläger ein bestimmtes konkretes und objektiv überprüfbares Verhalten unterstellt hätte, sondern darum, daß er ein solches Verhalten des Klägers, nämlich dessen Stellungnahme zum Ergebnis der französischen Präsidentschaftswahlen, auf Grund eigener gedanklicher Tätigkeit interpretierte und einer wertenden Stellungnahme unterzog, zu deren Überzeugungskraft und sachlicher Richtigkeit nicht Stellung zu nehmen ist.
Darin liegt aber keinesfalls die Behauptung einer Tatsache im eingangs dargestellten Sinn, sondern eine wertende Beurteilung eines Verhaltens des Klägers, das dieser unbestrittenermaßen vor der inkriminierten Äußerung des Beklagten setzte.
Zutreffend haben daher die Vorinstanzen erkannt, daß durch die inkriminierte Äußerung des Beklagtten der im § 1330 Abs 2 ABGB erfaßte Tatbestand nicht verwirklicht wurde.
Zutreffend verweist der Kläger in seiner Rechtsrüge darauf, daß es sich bei der persönlichen Ehre und dem wirtschaftlichen Ruf einer Person um absolut geschützte Persönlichkeitsrechte handelt, deren Verletzung - bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr - auch ohne die im § 1330 Abs 2 ABGB geforderten Voraussetzungen einen Unterlassungsanspruch begründet (EvBl 1983/91; EvBl 1984/60 ua). Allein daraus ist für den Standpunkt des Klägers schon deswegen nichts zu gewinnen, weil die inkriminierte Äußerung des Beklagten bei ihrem oben dargestellten sachlichen Gehalt keinesfalls als ehrenrührig oder rufschädigend qualifiziert werden kann. Eine solche Qualifikation wäre nur dann am Platz, wenn der Beklagte dem Kläger ein von der österreichischen Rechtsordnung mißbilligtes Verhalten, also etwa die Verfolgung von der österreichischen Rechtsordnung verbotener politischer Zielsetzungen, vorgeworfen hätte. Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein. Auf die Frage der Wiederholungsgefahr braucht daher nicht eingegangen zu werden. Unter diesen Umständen muß auch der Rechtsrüge des Klägers ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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