Spruch:
Soweit sich die Revision gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet, mit dem die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, wird sie zurückgewiesen;
im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 3.706,20 (darin keine Barauslagen und S 617,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 2. Juli 1983 fand auf der Donau bei Marbach ein internationales Motorbootrennen statt, das vom RSC Regau veranstaltet wurde. An diesem Rennen nahmen der Kläger mit dem Boot Startnummer 9 und der Beklagte mit dem Boot Startnummer 26 teil. An der Boje Nr. 2 kam es zu einer Kollision zwischen den beiden Booten, bei der am Boot des Klägers ein Schaden in der Höhe von S 60.000,-- entstand.
Der Kläger begehrte vom Beklagten den Ersatz dieses Schadens zuzüglich eines Betrages von S 1.400,-- für den Abtransport des Wracks und Nebenspesen mit dem wesentlichen Vorbringen, der Beklagte sei aus schuldhafter Unachtsamkeit und auf Grund eines Regelverstoßes gegen sein Boot gefahren.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren nur dem Grunde nach und wendete im wesentlichen ein, daß ihn an der Kollision kein Verschulden treffe; der Kläger sei in der Wende mit seinem Boot liegengeblieben, ein Ausweichen sei dem Beklagten wegen der seitlich rechts von ihm fahrenden Boote nicht möglich gewesen. Er habe trotz sofortiger Reaktion durch Verringerung der Geschwindigkeit ein Auffahren nicht verhindern können. Der Beklagte wendete überdies die Unzulässigkeit des ordentlichen Rechtsweges sowie Verzicht des Klägers auf jeden Schadenersatzanspruch gemäß Punkt 6.) der Ausschreibungsbedingungen für das genannte Rennen ein. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Feststellungen zugrundelegte:
Laut Punkt 6.) der Ausschreibung des Rennens (Beil./III) war jeder Teilnehmer verpflichtet eine Haftpflichtversicherung mit Rennrisiko vorzuweisen. Der letzte Absatz von Punkt 6.) der Ausschreibung lautet wie folgt:
"Der Veranstalter und der M*** lehnen den Fahrern und Helfern gegenüber jede Haftung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ab. Die Teilnehmer fahren in jeder Hinsicht auf eigene Gefahr und verzichten durch Abgabe ihrer Nennung hinsichtlich eines Schadens, der im Zusammenhang mit der Veranstaltung entsteht, auf das Recht des Vorgehens oder Rückgriffes gegen den M***, dessen Mitglieder sowie gegen den Veranstalter, die Sportwarte, Fahrer, Helfer oder irgendwelche Personen, die mit der Organisation der Veranstaltung in Verbindung stehen."
Die Durchführung des Rennens sollte gemäß Punkt 4.) der Ausschreibung laut UIM-Reglement erfolgen. Das Formular, mit dem die Teilnehmer am Rennen ihre Nennung durchführen sollten, enthält den Passus "ich verzichte auf eine Anrufung der ordentlichen Gerichte in allen aus der Veranstaltung sich ergebenden Streitfällen. Der Organisationsausschuß ist bevollmächtigt, alle Streitfälle zu entscheiden."
Der Kläger hat eine solche Nennung nie unterfertigt und weiß auch nicht, ob diese eventuell für ihn von seinem Verein, dem RSC Regau, abgegeben wurde. Der Rennkurs war auf der Uferseite stromaufwärts zu befahren, die Entfernung der Bojen betrug ca. 850 Meter. Als der Kläger im ersten Lauf des ersten Rennens mit ca. 20 bis 30 km/h stromaufwärts auf die Boje Nr. 2 zufuhr, um diese zu umrunden, starb ihm kurz vor der Boje der Motor ab und das Boot blieb liegen, nachdem er die Boje ungefähr zu zwei Dritteln umrundet hatte. Schon kurz nach dem Start lag der Beklagte mit seinem Boot 25 bis 30 Meter hinter dem Kläger; als er sich der Boje näherte, bemerkte er, als er ungefähr ca. 25 Meter hinter dem Kläger war, daß mit dessen Boot etwas nicht in Ordnung war. Der Beklagte hatte bereits 50 bis 60 Meter vor der Wendeboje begonnen, seine Geschwindigkeit von zunächst 50 bis 60 km/h auf ca. 20 km/h bzw. auch weniger zu vermindern und wollte zwischen dem Boot des Klägers und der Boje durchfahren, also innen passieren, trotz eines geringen Abstandes des Bootes des Klägers von der Boje. Das Boot des Klägers stellte sich offenbar, weil der Kläger bei einer harten Backbordlage Vollgas gegeben hatte, plötzlich auf und der Beklagte fuhr mit seinem Boot rechts hinten auf, wobei er im Zeitpunkt des Zusammenstoßes eine Geschwindigkeit von jedenfalls weniger als 20 km/h hatte. Rechts neben dem Beklagten bzw. hinter seinem Boot waren zur Zeit der Kollision keine anderen Boote, das nächste Boot folgte erst mit größerem Abstand und umrundete in einem weiten Bogen die Unfallstelle. Die für das Rennen geltenden Rennvorschriften des Internationalen Motorsportverbandes UIM (Beil./C bzw. ./D), sehen in ihren Punkten 300 ff vor, daß jedes Boot, das ein anderes überholt, sich aus dem Kurs des überholten Bootes halten muß. Während des Überholvorganges müssen mindestens 3 m freies Wasser zwischen den Booten sein, wobei beim Umrunden der Wendemarken das außen liegende Boot dem innen liegenden Boot stets genug Platz zum Passieren der Boje lassen muß.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß der Beklagte durch einen Verstoß gegen die für das Rennen geltenden Regeln ein rechtswidriges Verhalten gesetzt habe und daher dem Kläger schadenersatzpflichtig sei. Der Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges gelte nur für Ansprüche aus der Organisation gegenüber dem jeweiligen Veranstalter und seinen Hilfskräften, nicht aber für Ansprüche zwischen den Teilnehmern am Rennen.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, und gab dem Rechtsmittel im übrigen nicht Folge; es erklärte die Revision für zulässig, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise unzulässig, im übrigen aber nicht berechtigt.
Unter dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit rügt der Beklagte, daß von den Vorinstanzen keinerlei Feststellung über die Art der im Nennungsformular enthaltenen "Schiedsgerichtsklausel" getroffen worden sei, und wendet sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Schiedsgerichtsklausel nur für Ansprüche zwischen Veranstaltern des Rennens und Teilnehmern gelte, nicht aber zwischen den Teilnehmern untereinander.
Mit diesen Ausführungen bekämpft der Beklagte jedoch in Wahrheit lediglich den Beschluß des Berufungsgerichtes über die Verwerfung seiner wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung. Der Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, kann jedoch weder mit Revision noch mit Rekurs bekämpft werden (JBl 1970, 91 uva). In diesem Umfang war daher die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Im übrigen ist die Revision zwar zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt.
In der Rechtsrüge führt der Beklagte aus, es sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen, daß sich das Boot des Klägers bei der Umrundung der Boje "aufstellen" werde; es treffe ihn daher auch kein Verschulden an dem Zusammenstoß mit dem Boot des Klägers; überdies habe der Kläger bei der Nennung zur Teilnahme an dem Rennen auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die im Zusammenhang mit der Veranstaltung entstehen, verzichtet.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß die Teilnahme an einem Rennen die Fahrer keineswegs dazu berechtigt, bestehende Vorschriften zu übertreten oder die ihnen nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 1295, 1297, 1299 ABGB) obliegende Pflicht zur Vorsicht und Aufmerksamkeit außeracht zu lassen; man würde sonst dazu gelangen, das bei Rennen ohnehin schon in hohem Grad bestehende Gefährdungsmoment unnötig zu erhöhen. Es sind daher sowohl die konkreten Sicherheitsvorschriften (Rennregeln) zu beachten, als auch die natürliche Vorsicht und Aufmerksamkeit aufzuwenden, die von den Teilnehmern unter den besonderen Verhältnissen gefordert werden kann und zu fordern ist (vgl SZ 10/74, EvBl 1979/169 ua). Ist mit einem regelwidrigen Verhalten eine Vergrößerung des in der Natur der betreffenden Sportart gelegenen Risikos verbunden, ist die Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens zu bejahen (vgl. ZVR 1984/92 ua). Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß nach den Feststellungen der Beklagte, als er bei Annäherung an die erste Boje in einer Entfernung von ca 25 m vom Boot des Klägers bemerkte, daß mit diesem etwas nicht in Ordnung sei, zwischen Boje und Boot des Klägers durchzufahren, also dieses innen zu passieren versuchte. Damit hat er, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, gegen die Punkte 300 ff, insbesondere 300.10 der im Unfallszeitpunkt anzuwendenden Rennvorschriften des UIM, nach welcher während des Überholvorganges die Boote wenigstens 3 m freies Wasser zwischen sich haben müssen, verstoßen. Als Folge dieses Regelverstoßes war dann der Beklagte nicht mehr in der Lage, im weiteren Verlauf seines regelwidrigen Überholmanövers eine rechtzeitige unfallverhütende Reaktion auf das infolge von Motorschwierigkeiten erfolgte Liegenbleiben und sodann das "Aufstellen" des Bootes des Klägers zu setzen. Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht daher ein Verschulden des Beklagten am Schaden des Klägers bejaht und den Rechtswidrigkeitszusammenhang für gegeben erachtet.
Soweit der Beklagte einen Verzicht des Klägers auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus dem Inhalt des Formulars für die Nennung zur Teilnahme an dem Rennen ableiten will, ist er zunächst darauf zu verweisen, daß der Kläger nach den Feststellungen ein solches Formular nicht unterschrieben hat; im übrigen kann auch in der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß das Verfahren keinerlei Anhaltspunkte für einen schlüssigen Verzicht auf Ersatzansprüche der Teilnehmer, und somit auch der Kläger, untereinander erbracht habe, keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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