OGH 2Ob514/90

OGH2Ob514/9028.2.1990

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Ernst K***, Tapezierermeister, 2) Irene K***, Angestellte, beide Niederottnang Nr. 5, 4901 Ottnang, vertreten durch Dr. Jörg Iro, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Josef L***, Arbeiter, Niederottnang 118, 4901 Ottnang, vertreten durch Dr. Erich Aichinger, Dr. Harald Fahrner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen gerichtlicher Aufkündigung infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 22.November 1989, GZ R 996/89-24, womit die Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 3. Juli 1989, 1 C 261/88-20, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung der Kläger vom 18.8.1988 für rechtswirksam und verpflichtete den Beklagten, die von ihm benützte Wohnung im Hause Niederottnang Nr. 118 binnen 14 Tagen zu räumen.

Das Berufungsgericht wies die Berufung des Beklagten gegen das erstgerichtliche Urteil als verspätet zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 15.000,-- übersteigt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, daß das erstgerichtliche Urteil dem Beklagtenvertreter am 8.8.1989 zugestellt wurde (siehe Rückschein AS 164); die Berufung des Beklagten sei erst am 25.9.1989 zur Post gegeben worden. Dies sei verspätet, weil die nach § 125 Abs. 2 ZPO zu beurteilende Frist für die Aufgabe der Berufung zur Post bereits mit dem Ablauf des 22.9.1989 geendet habe.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Behandlung der eingebrachten Berufung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, die Berufung rechtzeitig eingebracht zu haben, weil der letzte Tag der Berufungsfrist auf Samstag, den 23.9.1989 gefallen sei, sodaß die Berufung noch am Montag, dem 25.9.1989 rechtzeitig zur Post gegeben werden konnte. Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 225/83, veröffentlicht in SZ 57/65, ausgeführt hat, beträgt die Berufungsfrist gemäß § 464 ZPO vier Wochen; sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung. Nach § 125 Abs. 1 ZPO wird bei Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll. Gemäß § 125 Abs. 2 ZPO enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. § 225 Abs. 1 ZPO ordnet schließlich an, daß dann, wenn der Beginn der Frist in die Gerichtsferien fällt, die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der Gerichtsferien verlängert wird. Die Zustellung des Urteils des Erstgerichtes an den Beklagtenvertreter - in dem dort entschiedenen Fall - am 8.8.1989, also innerhalb der gemäß § 222 ZPO vom 15.7. bis 25.8. dauernden Gerichtsferien, hatte zur Folge, daß die Zustellung als innerhalb der Gerichtsferien vollzogen galt, daß aber die Berufungsfrist erst mit dem Ende der Gerichtsferien zu laufen begann (Fasching, Kommentar II 1027; RZ 1978/109; 2 Ob 537/89 ua). Entgegen der Auffassung des Beklagten endete aber die vierwöchige Frist nicht am 23.9.1989 (der ebenso wie der 26.8.1989 ein Samstag war), sondern schon am Freitag, dem 22.9.1989. Die Vorschrift des § 125 Abs. 2 ZPO über die Berechnung von nach Wochen bestimmten Fristen geht nämlich von dem Normalfall aus, daß der Tag, in welchen das Ereignis fällt, das den Fristenlauf auslöst, der betreffenden Partei nicht mehr ganz zur Verfügung steht und daher analog der Vorschrift des § 125 Abs. 1 ZPO über die Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzurechnen ist (vgl. Neumann, Kommentar4 I 687). Wenn jedoch - wie im vorliegenden Fall - das den Lauf der Berufungsfrist auslösende Ereignis, nämlich die Zustellung des Urteils des Erstgerichtes an den Beklagtenvertreter, innerhalb der Gerichtsferien erfolgte und somit der Fristenlauf bereits um null Uhr des ersten Tages nach den Gerichtsferien, des 26.8.1989, begann, wobei der Zustellungstag infolge der durch die Gerichtsferien bewirkten Hemmung der Frist ohnehin nicht mitzählte, dann endete der Lauf der Frist von vier Wochen mit Ablauf des 28. - der Partei voll zur Verfügung stehenden - Tages, also mit Ablauf des 22.9.1989. Nur diese Art der Berechnung verhindert, daß eine Frist von 28 Tagen und eine solche von vier Wochen an zwei verschiedenen Tagen enden, was etwa dann der Fall wäre, wenn eine nach Tagen bestimmte Frist am 26.8., eine nach Wochen bestimmte Frist aber im Ergebnis erst um einen Tag später zu laufen begänne. Für eine solche unterschiedliche Berechnung und Dauer von Fristen bieten jedoch die Bestimmungen des § 125 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO keine Handhabe. An dieser Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof seither in zahlreichen nichtveröffentlichen Entscheidungen sowohl hinsichtlich der Sommergerichtsferien (etwa 2 Ob 71/86; 2 Ob 16/87; 3 Ob 579/87; 7 Ob 684/88, 2 Ob 537/89 ua), als auch hinsichtlich der Wintergerichtsferien (7 Ob 1004/84 ua) festgehalten; der vorliegende Fall bietet nach Ansicht des erkennenden Senates keinen Anlaß, von dieser nunmehr bereits ständigen Rechtsprechung abzugehen.

Das Berufungsgericht hat daher zutreffend die erst am 25.9.1989 zur Post gegebene Berufung des Beklagten als verspätet zurückgewiesen, weshalb dem Rekurs der Erfolg zu versagen war.

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