OGH 7Ob1004/84

OGH7Ob1004/845.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A***** S*****, vertreten durch Dr. Hans Widerin, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei W*****‑AG in *****, vertreten durch Dr. Hansjörg Klocker, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 192.660 S samt Nebengebühren, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. Dezember 1983, GZ 5 R 319/83‑21, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB01004.840.0405.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Berufungsurteil wurde der klagenden Partei am 4. Jänner 1984 innerhalb der Gerichtsferien zugestellt, ihre Revision am 6. Februar 1984 zur Post gegeben. Die Revisionsfrist beträgt gemäß § 505 Abs 2 ZPO idF der ZV‑Nov 1983 vier Wochen von der Zustellung des Berufungserkenntnisses an. Gemäß § 225 Abs 1 ZPO wird die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der Gerichtsferien, die gemäß § 222 ZPO idF der ZV‑Nov 1983 bis 6. Jänner dauerten, verlängert.

Entscheidende Bedeutung kommt demnach der Frage zu, wie viele Tage der Revisionsfrist hier in die Gerichtsferien fielen. Da der Beginn und Lauf von gesetzlichen Fristen gemäß § 126 Abs 1 ZPO und § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes BGBl 1961/37 (über die Hemmung des Fristenablaufs durch Samstage und den Karfreitag) durch Samstage, Sonn‑ und Feiertage nicht behindert wird, sodass die Rechtsmittelfrist jedenfalls am Samstag den 7. Jänner 1984 beginnen konnte, wäre die Revision der klagenden Partei dann verspätet, wenn sich die Rechtsmittelfrist nur um zwei Tage Gerichtsferien verlängert hätte, weil sie dann am Freitag den 3. Februar 1984 ablief. Für eine Verlängerung um drei Tage, nämlich den Donnerstag den 5. Jänner und den Freitag den 6. Jänner sowie den Zustelltag 4. Jänner 1984, könnte hingegen die Bestimmung des § 125 Abs 2 ZPO sprechen, derzufolge nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats enden, welcher durch seine Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, an welchem die Frist begonnen hat. Fristbeginn in diesem Sinn könnte nach § 505 Abs 2 ZPO der Zustelltag sein.

Der Oberste Gerichtshof hat jedoch bereits in der Entscheidung 8 Ob 225/83 den gegenteiligen Standpunkt vertreten. Die Zustellung eines Urteils innerhalb der Gerichtsferien hat danach zur Folge, dass sie als innerhalb der Gerichtsferien vollzogen gilt, die Rechtsmittelfrist aber erst mit dem Ende der Gerichtsferien zu laufen beginnt ( Fasching II 1027; RZ 1978/109 ua). Die Vorschrift des § 125 Abs 2 ZPO über die Berechnung der nach Wochen bestimmten Fristen geht von dem Normalfall aus, dass der Tag, in welchen das Ereignis der Fristauslösung fällt, der betreffenden Partei nicht mehr ganz zur Verfügung steht, sodass im Gleichklang mit der Vorschrift des § 125 Abs 1 ZPO (über die Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist)= der den Fristenlauf auslösende Tag nicht mitzurechnen ist (vgl Neumann , Kommentar 4 I 687). Wenn hingegen das den Lauf der Rechtsmittelfrist auslösende Ereignis, nämlich die Zustellung des anzufechtenden Urteils, innerhalb der Gerichtsferien erfolgte und somit der Fristenlauf bereits um 0:00 Uhr des ersten Tages nach den Gerichtsferien beginnen konnte, dann war der Zustelltag infolge der durch die Gerichtsferien bewirkten Hemmung der Frist ohnehin nicht mitzuzählen und es endete der Lauf der Frist von vier Wochen mit Ablauf des 28., der Partei voll zur Verfügung stehenden Tages. Nur diese Berechnungsart verhindert, dass eine Frist von 28 Tagen und eine solche von vier Wochen an zwei verschiedenen Tagen enden, was dann der Fall wäre, wenn eine nach Tagen bestimmte Frist am Tag nach Ablauf der Gerichtsferien begänne, die nach Wochen bestimmte Frist im Ergebnis aber erst um einen Tag später. Eine solche unterschiedliche Behandlung der Fristen kann § 125 ZPO trotz der verschiedenen Berechnungsmethoden nicht im Auge haben, zumal es gerade im Normalfall ohnehin zu keinem verschiedenen Fristablauf kommt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsansicht mit der zusätzlichen Erwägung an, dass nicht einmal der Wortlaut der Bestimmungen des § 125 Abs 1 und 2 ZPO zu einer gegenteiligen Auslegung zwingt. Während Abs 1 ausdrücklich bestimmt, dass bei der Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgerechnet wird, in welchen der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll, regelt Abs 2 nur den Ablauf der nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist und sagt demnach nichts darüber aus, ob der Tag, mit dem die Frist beginnt, mitzuzählen ist. Das Gegenteil ergibt sich im Sinne des bereits oben Gesagten daraus, dass im Normalfall einer Zustellung außerhalb der Gerichtsferien die Frist von vier Wochen und 28 Tagen trotz der verschiedenen Berechnungsmethode stets am gleichen Tag endet, nämlich an jenem Wochentag, der seiner Benennung nach dem Tag entspricht, auf den das den Fristbeginn auslösende Ereignis, hier die Zustellung, fiel. Nach Ablauf der Gerichtsferien standen dem Revisionswerber schon bis zum Freitag dem 3. Februar 1984 volle vier Wochen Rechtsmittelfrist zur Verfügung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte