Spruch:
1. Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die betreibende Partei beantragte die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung vn 1.814,70 sfr sA auf Grund der Urteile der Gerichtskommission Rohrschach (erste Instanz) und des Kantongerichtes St.Gallen (zweite Instanz).
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag mit der Begründung ab, die Urteile seien gemäß Art 1 Z 1 des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsvertrages wegen ausschließlicher inländischer Zuständigkeit nicht vollstreckbar. Die von den schweizerischen Gerichten herangezogene Gerichtsstandsklausel sei nämlich gemäß § 14 KSchG und § 41 IPRG unwirksam, weil der Verpflichtete bei dem den Urteilen zugrunde liegenden Rechtsgeschäft Verbraucher gewesen sei.
Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes im Sinne einer Bewilligung der beantragten Exekution ab.
Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne der Bestimmung von Art 2 des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsvertrages auch im Falle eines inländischen ausschließlichen Gerichtsstandes wirksam sei. Die Prüfung der Wirksamkeit der Gerichtsstandsklausel habe nach dem Recht des Erststaates (Schweiz) zu erfolgen. Das Prorogationsverbot nach § 14 Abs.1 KSchG komme nicht zum Tragen, weil nach den schon in erster Instanz vorgelegten Urteilen und einer ergänzend dazu in zweiter Instanz vorgelegten Kreditauskunft nicht davon auszugehen sei, daß der Verpflichtete Verbraucher gewesen sei; er habe die strittigen Waren für seinen Tischlereibetrieb bestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist nicht berechtigt. Gemäß Art 1 Z 1 des Vertrages vom 16. Dezember 1960 zwischen der R*** Ö*** und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BGBl 1962/125, wird eine Entscheidung des Erststaates (hier Schweiz) im Zweitstaat (hier Österreich) nur unter der Voraussetzung anerkannt, daß die Grundsätze des Zweitstaates über die zwischenstaatliche Zuständigkeit der Gerichte die Gerichtsbarkeit des Erststaates nicht ausschließen.
Unter dieser Formulierung ist nicht die sogenannte österreichische Jurisdiktionsformel im Sinne des § 80 Z 1 EO oder zB Art 18 Z 1 des österreichisch-türkischen Vollstreckungsvertrages BGBl 1932/90 (dazu: JBl 1987, 734) zu verstehen, sondern es gilt die sogenannte Haager Jurisdiktionsformel (Matscher, JBl 1962, 356 !361 ). Danach gilt die Jurisdiktion des Erststaates nur dann als ausgeschlossen, wenn der Zweitstaat für den betreffenden Fall eine ausschließliche Zuständigkeit seiner eigenen Gerichte in Anspruch nimmt oder eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines dritten Staates vorbehält. Mit dem Begriff der ausschließlichen Zuständigkeit ist dabei nicht jeder ausschließliche Gerichtsstand des internen Prozeßrechtes zu verstehen, sondern es muß ein Fall von international beachtlicher Ausschließlichkeit vorliegen (Matscher, JBl 1960, 265 !275 zur ähnlichen Regelung im österreichisch-deutschen Vollstreckungsvertrag). Die ausschließliche internationale Zuständigkeit in diesem Sinn liegt demnach nur vor, wenn nach dem Recht des Zweitstaates die internationale Zuständigkeit des Zweitstaates oder eines Drittstaates gegeben ist und es den Parteien untersagt ist, sich der Jurisdiktion des Erststaates zu unterwerfen (Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, 32). Der Sinn des Vorbehaltes ausschließlicher zweitstaatlicher Zuständigkeit liegt darin, daß die ausländische Entscheidung nur dann nicht anerkannt werden soll, wenn die inländische Rechtsordnung die Entscheidung aus Gründen der öffentlichen Ordnung den inländischen Gerichten vorbehält, um die Einhaltung gewisser gesellschafts-, wirtschafts- oder sozialpolitischer Grundsätze des inländischen Rechts sicherzustellen (Matscher, JBl 1979, 182 !187 ).
§ 14 KSchG enthält keine Regelung, die nach dieser Jurisdiktionsformel für Klagen gegen einen im Inland wohnhaften oder sich gewöhnlich aufhaltenden oder beschäftigten Verbraucher die ausschließliche inländische internationale Zuständigkeit vorschreiben würde. § 14 Abs.1 KSchG normiert nur Beschränkungen für gewisse Gerichtsstände und für eine Gerichtsstandsvereinbarung, bedeutet aber nicht, daß ein Verbraucher überhaupt nur an seinem Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Beschäftigungsort geklagt werden dürfe. Dem Kläger stehen vielmehr alle Gerichtsstände der JN zur Verfügung, soweit sie nicht durch § 14 Abs.1 KSchG eingeschränkt sind (Jelinek in Krejci, HBzKSchG 888; SZ 56/159).
Die Mißachtung des § 14 KSchG durch den Erststaat könnte im Hinblick auf die Bestimmung des § 41 Abs.2 IPRG allerdings gegen die öffentliche Ordnung des Zweitstaates im Sinne des Art 1 Z 2 des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsvertrages verstoßen. Ein solcher Verstoß gegen den inländischen ordre public soll nur ganz ausnahmsweise angenommen werden, wenn die Vollstreckung des ausländischen Titels mit der inländischen Rechtsordnung völlig unvereinbar wäre (Hoyer/Loewe in Heller-Berger-Stix 782; EvBl 1983/84 ua).
Aus dem Exekutionsantrag und den ihm angeschlossenen Urkunden ergibt sich das Vorliegen dieser Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil nicht sicher ist, ob der Verpflichtete zur Zeit des Abschlusses der Gerichtsstandsvereinbarung Verbraucher oder Unternehmer war. Vor allem steht nicht fest, ob die fragliche Warenbestellung schon dem Betrieb seines Unternehmens iSd § 1 Abs 1 Z 1 KSchG zuzurechnen ist oder ein Geschäft vor Aufnahme des Betriebes seines Unternehmens zur Schaffung der Voraussetzungen dafür iSd § 1 Abs 3 KSchG war. Es muß daher nicht geprüft werden, ob die in den Gründen der beiden als Exekutionstitel vorgelegten schweizerischen Urteile dargestellte Rücksichtnahme auf den Schutz eines Konsumenten nach schweizerischem Recht ausreichen würde, um den Versagungsgrund eines Verstoßes gegen die inländische öffentliche Ordnung iSd § 81 Z 4 EO und Art 1 Abs 1 Z 2 des österreichisch-schweizerischen Vollstreckungsvertrages verneinen zu können.
Ergibt sich das Vorliegen eines Versagungsgrundes nicht schon aus den dem Bewilligungsgericht vorliegenden Akten, steht aber dem Verpflichteten wegen des im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes nur der Rechtsbehelf des Widerspruches nach § 83 EO zur Verfügung (Hoyer-Loewe aaO 889).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO sowie die §§ 40 und 50 ZPO.
Die Revisionsrekursbeantwortung war zurückzuweisen, weil kein Fall eines zweiseitigen Rekursverfahrens vorliegt.
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