OGH 6Ob657/89

OGH6Ob657/8912.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl B***, Kaufmann, 1200 Wien, Nordwestbahnstraße 12, vertreten durch Dr. Andreas Puletz und Dr. Franz Stadler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Christiana P***, Angestellte, 1230 Wien, Knotzenbachgasse 8, vertreten durch Dr. Robert Palka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedsspruches (Streitwert: 738.398 S), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17. März 1988, GZ. 1 R 43/87-19, womit aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15. November 1986, GZ. 35 Cg 171/86-8, aufgehoben und die Aufhebungsklage zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.464,67 S bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin enthalten 1.496,79 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Parteien sind im Streit lebende Geschwister. Sie waren die beiden einzigen Gesellschafter der prot. Firma Karl B*** OHG mit dem Sitz in Wien. Mit ihrer zu 10 Cg 209/81 beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage begehrte die nunmehrige Beklagte als Klägerin gegenüber dem nunmehrigen Kläger als Beklagten wegen zahlreicher familiärer, persönlicher und geschäftlicher Differenzen die Auflösung dieser Gesellschaft gemäß § 133 HGB. Der Rechtsstreit wurde am 13. April 1982 durch den Abschluß des nachstehenden gerichtlichen Vergleiches beendet:

"1. Die Streitteile kommen überein, daß die auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 16. Februar 1972 beim HG Wien zu 7 HRA 12.108 a registrierte Firma "Karl B*** OHG" im Sinne des § 142 HGB mit Wirkung vom heutigen Tag vom Beklagten allein fortgeführt wird.

2. Zwischen den Parteien besteht weiters Übereinstimmung darin, daß die Abschichtung der Ansprüche der Klägerin am Gesellschaftsvermögen zum Stichtag 30. November 1981 zu erfolgen hat.

3. Der Beklagte wird die Klägerin hinsichtlich aller Geschäftsvorfälle im Betrieb des im Pkt. 1 dieses Vergleiches genannten gesellschaftlichen Unternehmens schad- und klaglos halten, soweit diese Geschäftsvorfälle am 1. Dezember 1981 oder später entstanden sind oder noch entstehen.

4. Weiters wird der Beklagte die Klägerin hinsichtlich Steuern und Abgaben, welche für das in Pkt. 1 genannte gesellschaftliche Unternehmen - sei es, wann immer - zur Vorschreibung gelangten oder noch gelangen, schad- und klaglos halten.

5. Die Streitteile schließen hiemit einen Schiedsvertrag

zur Entscheidung über die Abschichtungsansprüche der Klägerin laut Punkt 2 dieses Vergleiches ab und kommen überein, daß gemäß §§ 577 ff. ZPO vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien ein Schiedsrichter aus dem Kreise der gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Buchwesen über von den Parteien gemeinsam zu fertigendem Antrag benannt werden soll.

6. Für das Tätigwerden des Schiedsrichters sollen die Bestimmungen der §§ 577 ff. ZPO Gültigkeit haben.

7. Der Beklagte verpflichtet sich, bei sonstigem Zwange der Klägerin das Abschichtungsguthaben laut dem gemäß Pkt. 5 zu fällenden Schiedsspruch binnen 6 Monaten nach Zustellung des Schiedsspruches zu bezahlen....."

Der über Antrag der Parteien vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien am 9. April 1982 zum Schiedsrichter bestellte Dr. Richard W***, allgemein beeideter gerichtlicher Buchsachverständiger in Wien, fertigte am 20. Dezember 1984 einen "Schiedsspruch" aus, welcher in der Fassung der Berichtigung vom 15. Februar 1985 im wesentlichen wie folgt lautete:

"Der klagenden Partei Frau Christiana P*** .... steht ein

Abschichtungsanspruch gegen die beklagte Partei Herrn Karl B***

jun .... in Höhe von S 738.398 zu."

Unter der Überschrift "Auftragsdurchführung" berichtete

Dr. Richard W*** unter anderem wie folgt:

"..... Zur Feststellung der Abschichtungsansprüche war es

erforderlich, die Rechnungsabschlüsse der letzten 3 Jahre durchzusehen und vor allem die Richtigkeit der Kapitalkonten der Gesellschafter bis zum Ausscheidungstag der Gesellschafterin Frau Christiana P*** festzuhalten.

Zwischen den Parteien bestanden jedoch grundsätzliche Auffassungsunterschiede über die Darstellung der Kapitalkonten zum Ausscheidungszeitpunkt, nämlich dem 30. November 1981 ... Bei Beurteilung der rechtlichen Verhältnisse ist festzustellen, daß die Geschwister B*** mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 von ihrem Vater das nicht protokollierte Transportunternehmen Karl B*** gegen eine monatliche Leibrente übernommen haben. In der Folge wurde am 23. Jänner 1979 zwischen dem Vater und Mutter B*** und den Geschwistern B*** ein Schenkungsvertrag in Form eines Notariatsaktes geschlossen, wodurch die bisherige monatliche Leibrente in Wegfall kam....."

Mit der vorliegenden, am 21. März 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Aufhebung dieses Schiedsspruches. Er machte inhaltlich den Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 7 ZPO geltend, weil er erst nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens 28 Cg 171/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien in Kenntnis neuer Tatsachen gelangt sei, deren Vorbringen und Benützung eine ihm günstigere Entscheidung im Schiedsverfahren herbeigeführt haben würde. Er habe nämlich erst jetzt davon Kenntnis erhalten, daß der Erlaß der Leibrentenschuld gegenüber den vormaligen Unternehmenseigentümern (gemeint sind die Eltern der Streitteile) ein Scheingeschäft gewesen sei und die in Form einer Leibrente abzustattende Kaufpreisschuld weiter bestehe. Bei der Bemessung des Abschichtungsguthabens der Beklagten seien aber die das Unternehmen tatsächlich belastenden und zu kapitalisierenden Leibrentenforderungen nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte hielt dem im wesentlichen entgegen, die Klagsführung sei mutwillig, schikanös und geschehe in Verschleppungsabsicht. Dem Kläger sei die Problematik des Erlasses der Leibrentenforderung nicht erst durch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 bekannt geworden, sondern er habe davon spätestens bereits im Jahre 1983 Kenntnis gehabt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze Folge. Es stellte über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus fest:

Im Zuge des Schiedsverfahrens hat der Klagevertreter mit Schreiben vom 17. März 1983 dem Beklagtenvertreter vergleichsweise die Zahlung von 535.000 S durch den Kläger an die Beklagte vorgeschlagen. Das Schreiben enthielt auch folgenden Passus:

"Ich glaube auch aus einem anderen Grund, daß diese Lösung für Ihre Frau Klientin von Vorteil ist, weil ich bereits jetzt den Auftrag habe, den seinerzeit zwischen Herrn Karl B*** sen. und den beiden Kindern geschlossenen Schenkungsvertrag dahingehend zu überprüfen, ob hier gegebenenfalls ein Scheingeschäft errichtet wurde. Sollte diese Prüfung ein solches Ergebnis hervorbringen, so würde das Kapitalkonto Ihrer Frau Klientin jedenfalls wesentlich anders aussehen und nach der mir erteilten Information zum Zeitpunkte des Ausscheidens einen Minusstand von ungefähr S 1,000.000 ausweisen....."

Als sich die Beklagte zu diesem Vorschlag nicht verstand, brachte der Kläger gegen sie am 16. Mai 1983 zu 28 Cg 171/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eine Klage auf Zahlung von 162.000 S sA ein. Er begründete dieses Begehren damit, daß Karl B***, der Vater der Streitteile, mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 sein nicht protokolliertes Transportunternehmen Karl B*** an die Streitteile zur ungeteilten Hand gegen eine monatliche Leibrente von 15.000 S veräußert habe. Mit Notariatsakt vom 23. Jänner 1979 sei dann den Streitteilen schenkungsweise von ihren Eltern die Verpflichtung zur Leibrentenzahlung erlassen worden. Dabei sei allerdings als Voraussetzung für den Schenkungsvertrag zwischen den Vertragsschließenden vereinbart worden, daß die Streitteile ihre Eltern weiterhin mit je 9.000 S aus ihrem Privatvermögen alimentieren sollten. Die Beklagte habe dieser Verpflichtung nur bis 31. Juli 1981 entsprochen. In der Zeit vom 1. August bis 30. November 1981 habe die Karl B*** OHG für die Beklagte Zahlung geleistet und deren Kapitalkonto in diesem Umfang belastet. Ab 1. Dezember 1981 habe sodann der Kläger gegenüber den Eltern die Schuld der Beklagten erfüllt und begehre deren Rückzahlung im Umfang des Klagsbetrages.

Dem gegenüber verwies die Beklagte insbesondere auf den im Verfahren 10 Cg 209/81 des Handelsgerichtes Wien abgeschlossenen Vergleich.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. August 1984, 28 Cg 171/83-7, wurde das vom Kläger gestellte Begehren zur Gänze abgewiesen. Nach den getroffenen Tatsachenfeststellungen sei es deshalb zum Abschluß des notariellen Schenkungsvertrages vom 23. Jänner 1979 gekommen, mit welchem den Streitteilen die mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 vereinbarte Leibrente erlassen worden sei, weil die Streitteile das negative Bilanzbild des Unternehmens durch Wegfall der Leibrentenverpflichtung hätten verbessern wollen. Die Leibrente habe zuletzt monatlich ca. 23.000 S betragen, was nach Abzug der Steuern 18.000 S ergeben habe. Nach Erlaß der Leibrentenforderung seien den Eltern der Streitteile diese 18.000 S jeweils monatlich in einem Kuvert übergeben worden, und zwar einmal vom Kläger und ein anderes Mal von der Beklagten. Eine Alimentationsverpflichtung der Streitteile gegenüber ihren Eltern sei weder mündlich noch schriftlich zustande gekommen.

In rechtlicher Hinsicht verneinte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den Klagsanspruch, weil sich der Kläger im Vergleich vom 13. April 1982 zur Klag- und Schadloshaltung der Beklagten hinsichtlich aller Geschäftsvorfälle im Betrieb des gemeinsamen Unternehmens verpflichtet habe, die am 1. Dezember 1981 oder später entstünden. Auf § 1042 ABGB könne der Anspruch deshalb nicht gestützt werden, weil dieser nur den Ersatz eines nach dem Gesetz zu machenden Anspruches betreffe.

Mit dem am 19. Februar 1985 an den Kläger zugestellten Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 ist diese Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien bestätigt worden. Das Berufungsurteil enthielt auszugsweise nachstehende Begründung:

"..... Auszugehen ist hier von den Feststellungen, daß die an die Eltern der Streitteile zu bezahlende Leibrente den Kaufpreis für das an sie veräußerte Unternehmen darstellte und die Streitteile den Betrag von 18.000 S, der dem um die von den Eltern zu entrichtenden Steuern reduzierten Betrag der monatlichen Leibrente entsprach, nach dem notariellen Verzicht auf die Leibrente in der Form weiterzahlten, daß sie jeweils die Hälfte als Privatentnahme verbuchten und den Betrag ihren Eltern bar übergaben. Der schenkungsweise Erlaß der Leibrente mit der gleichzeitigen mündlichen Nebenabrede, den entsprechenden Nettobetrag aus den Privatentnahmen weiterzuzahlen, hatte lediglich bilanztechnische und steuerrechtliche Gründe. Der Erlaß der Leibrentenschuld war somit ein Scheingeschäft, das am Weiterbestand der in Form einer Leibrente abzustattenden Kaufpreisschuld für die Veräußerung des Unternehmens nichts änderte. Da die Streitteile aber im Vergleich vom 13. April 1982 vor dem Handelsgericht Wien übereingekommen sind, daß ihre bisherige gemeinsame Firma "Karl B*** OHG" im Sinne des § 142 HGB mit Wirkung vom 13. April 1982 vom Kläger allein fortgeführt wird und die Abschichtung der Ansprüche der Klägerin (gemeint: Beklagten) am Gesellschaftsvermögen mit Stichtag 30. November 1981 zu erfolgen hat, ist die Schuld gegenüber den Eltern der Streitteile im Innenverhältnis - ungeachtet der Frage, ob die Beklagte weiterhin ihren Eltern haftet, auf den Kläger übergegangen. Dieser hat somit eine eigene Verbindlichkeit erfüllt und kann deshalb keinen Regreß nehmen. Der Meinung der Berufung, daß sich die Verpflichtung zur Schad- und Klagloshaltung im Vergleich vor dem Handelsgericht Wien nur auf Ansprüche beziehe, die von dritter Seite gegen die Beklagte als Gesellschafterin gestellt würden, kann insoferne beigetreten werden, als auch ein Anspruch der Eltern auf Fortzahlung von 18.000 S einen solchen Anspruch von dritter Seite darstellt. Soweit die Berufung aber davon ausgeht, daß die Streitteile eine Alimentationsvereinbarung gegenüber ihren Eltern abgeschlossen haben und die Mutter der Streitteile neben dem Nettobezug von 18.000 S auch noch ein Gehalt bezogen habe, entfernt sie sich in unzulässiger Weise von den Feststellungen des Erstgerichtes. Ob der Kläger im Falle einer gemeinsamen Alimentationsverpflichtung den Eltern gegenüber zur Rückforderung der von ihm für die Beklagte geleisteten Beträge gemäß § 1042 ABGB berechtigt wäre, braucht bei dieser Rechtslage nicht mehr geprüft zu werden....."

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß auf Grund des Vergleiches vom 13. April 1982 zwischen den Streitteilen ein gültiger Schiedsvertrag zustande gekommen sei. Gegenstand des Schiedsverfahrens seien die Abschichtungsansprüche der Beklagten per 30. November 1981 gewesen. Die auf den Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 7 ZPO gestützte Klage sei innerhalb der gemäß § 596 Abs 3 ZPO anzuwendenden vierwöchigen Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO erhoben worden, weil dem Kläger das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien am 19. Februar 1985 zugestellt worden sei und er seine Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches am 19. März 1985 zur Post gegeben habe. Der vom Kläger geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO liege vor. Zwar habe er bereits vermutet, daß der Schenkungsvertrag vom 23. Jänner 1979 ein Scheingeschäft darstelle, aber er sei erst durch die Zustellung des Urteiles des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 in die Lage versetzt worden, die rechtliche Beurteilung dieses Geschäftes auch zu seinen Gunsten zu benützen. Gegenstand des Schiedsverfahrens sei im wesentlichen die Abklärung der Höhe der Kapitalkonten der Streitteile gewesen. Nachweislich habe der Schiedsrichter nicht berücksichtigt, daß diese zu Recht mit den Leibrentenzahlungen zu belasten gewesen wären. So sei es dem Kläger erst durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien möglich gewesen, gegen die bisherige Bewertung des Unternehmens erfolgreich anzukämpfen. Aus Anlaß der von der Beklagten gegen dieses Urteil aus den Berufungsgründen der Aktenwidrigkeit, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung hob das Gericht zweiter Instanz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß auch im zweiten Rechtsgang des Berufungsverfahrens (vgl. dazu den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 23. Juli 1987, 6 Ob 601/87 = ON 16 d.A.) das Ersturteil auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 15.000 S übersteige.

Auf Grund einer vom Berufungsgericht teilweise durchgeführten Beweiswiederholung und -ergänzung traf dieses noch folgende weitere Tatsachenfeststellungen:

Die vorliegende Klage ist am 19. März 1985 zur Post gegeben worden.

Der gerichtliche Vergleich vom 13. April 1982 gibt die damalige Vereinbarung vollständig wieder; mit ihm war von den Parteien inhaltlich der Abschluß eines Schiedsvertrages gewollt. Auch und vor allem der Kläger selbst hat den "Verzicht auf die Leibrente" abgeschlossen (gemeint offensichtlich: den notariellen Schenkungsvertrag vom 23. Jänner 1979, mit welchem den Streitteilen die mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 vereinbarte Leibrente erlassen wurde) und gleichwohl anfänglich die Hälfte der Leibrentenbeträge an seine Eltern (weiterhin) bezahlt. In der von ihm zu 28 Cg 171/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage heißt es unter anderem wörtlich:

".... Zwischen den Eltern der Streitteile einerseits und der Beklagten und mir andererseits wurde aber vereinbart, daß die Streitteile die Eltern weiterhin alimentieren sollten. Dies sollte jedoch aus dem Privatvermögen der beiden Streitteile geschehen.... Dessen ungeachtet hat aber die Beklagte insoferne ihrer Verbindlichkeit noch bis einschließlich 30. November 1981 entsprochen, als die auf sie entfallende Zahlung von monatlich 9.000 S von der Gesellschaft Kal B*** OHG geleistet wurde...."

Bei seiner Parteienvernehmung in diesem "Vorverfahren" sagte der Kläger unter anderem folgendes aus:

"..... Es ist richtig, daß die Alimentationsverpflichtung

gegenüber den Eltern den Unternehmenswert beeinflußt hat. Durch die

Schenkung ist das Kapitalkonto von uns beiden beträchtlich

gestiegen..... Ab 1. August 1981 bis 1. Dezember 1981 wurde das

Kapitalkonto der beklagten Partei mit diesen 9.000 S belastet. Ich habe dies veranlaßt. Die Beklagte war damit nicht einverstanden."

Bereits im (vom Berufungsgericht bestätigten) erstgerichtlichen Urteil dieses "Vorverfahrens" ist festgestellt worden, daß die Eltern der Streitteile (gemeint offensichtlich: auch nach dem notariellen Schenkungsvertrag vom 23. Jänner 1979) aus dem Unternehmen - als Privatentnahmen (der Gesellschafter) verbucht - monatlich 18.000 S erhalten haben.

Davon ausgehend, vermochte das Berufungsgericht seine im ersten Rechtsgang des Berufungsverfahrens vertretene Rechtsansicht über das Vorliegen eines Schiedsgutachtervertrages nicht mehr aufrecht zu erhalten. Im übrigen sei in rechtlicher Hinsicht aber davon auszugehen, daß das Oberlandesgericht Wien mit seinem Urteil vom 15. Jänner 1985 im "Vorverfahren" lediglich zum Ausdruck gebracht habe, die Eltern der Streitteile hätten ungeachtet ihres im Notariatsakt vom 23. Jänner 1979 ausgedrückten Willens nicht auf ihre Leibrentenforderung verzichten, sondern diese weiter erhalten wollen und auch sollen, und zwar 18.000 S monatlich, zu leisten aus dem Vermögen der offenen Handelsgesellschaft, aber deklariert als Belastungen der Privatkonten der beiden Streitteile als Komplementäre. Darin sei der "Scheincharakter" dieses Rechtsgeschäftes gelegen, über den sich aber der Kläger nie im Unklaren befunden habe. Schon aus diesem Grunde könne das genannte Urteil des Oberlandesgerichtes Wien, welches vom Kläger als alleiniger Aufhebungsgrund geltend gemacht werde, nicht als "neue Tatsache" im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO angesehen werden, weshalb die Aufhebungsklage auch noch aus Anlaß der Berufung gemäß § 543 ZPO durch Beschluß als verspätet - weil außerhalb der prozessualen Notfrist des § 534 Abs 2 Z 4 ZPO

erhoben - zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) des Klägers mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteiles hilfsweise auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Beklagte beantragt in der Rekursbeantwortung (§ 521 a Abs 1 Z 3 ZPO), den Rekurs zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben. Die durch den Tod des seinerzeitigen Beklagtenvertreters nach Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof eingetretene Unterbrechung des Rekursverfahrens dauerte bis zu der gemäß § 160 Abs 1 ZPO erfolgten Aufnahme des Verfahrens durch den von der Beklagten bestellten anderen Rechtsanwalt und der entsprechenden Anzeige dieser Umstände an den Kläger am 31. März 1989 an.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Der Rekurs ist entgegen der Meinung der Beklagten gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig, weil diese Bestimmung nach ständiger Rechtsprechung analog auch auf jene Beschlüsse Anwendung zu finden hat, mit denen - wenngleich ohne Wahrnehmung einer Nichtigkeit - dem Verfahren ein Ende gesetzt wurde (SZ 49/25; MietSlg Band XXXVII Nr. 11 ua; zuletzt 8 Ob 559/87). In diesem Fall müssen - wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung 6 Ob 601/87 ausgesprochen hat - nicht auch noch die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 ZPO erfüllt sein. Entscheidend ist vielmehr die Zurückweisung der Klage und damit die abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes (EvBl 1975/63; 6 Ob 648/78; 8 Ob 559/87 ua.).

In der Sache selbst ist der Streitgegenstand der vorliegenden Aufhebungsklage der vom Kläger geltend gemachte prozessuale Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 7 ZPO, nämlich das Vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO. Danach kann auch ein Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn eine Partei des Schiedsverfahrens in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im Schiedsverfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. § 597 ZPO verweist bezüglich des Verfahrens über die Aufhebungsklage auf die "allgemeinen Vorschriften dieses Gesetzes", also auch auf diejenigen des Fünften Teiles über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage (Fasching, Komm, IV, 889). Daraus und auch aus § 596 Abs 3 ZPO läßt sich aber schließen, daß für die auf Wiederaufnahmsgründe gestützten Aufhebungsklagen (§ 595 Abs 1 Z 7 ZPO) die besonderen Vorschriften für das Verfahren über Wiederaufnahmsklagen (analog) anzuwenden sind, soweit dies mit der besonderen Konstruktion der Aufhebungsklage in Einklang zu bringen ist. Das gilt insbesondere auch für das Vorprüfungsverfahren gemäß § 538 ZPO und für die Zurückweisung einer Aufhebungsklage gemäß § 543 ZPO, wenn sich erst später ergibt, daß sie auf einen gesetzlich unzulässigen Anfechtungsgrund gestützt wird oder verspätet überreicht ist (vgl. Fasching, aaO, 890 f.; derselbe, Zivilprozeßrecht Rz 2233). Das Berufungsgericht hat im Sinne des § 543 ZPO die Aufhebungsklage zwar wegen Versäumung der prozessualen Notfrist der §§ 596 Abs 3, 534 Abs 1 und Abs 2 Z 4 ZPO durch Beschluß zurückgewiesen, der Sache nach aber das Vorliegen eines gesetzlichen Wiederaufnahmsgrundes verneint, weil das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO darstelle und der Kläger über den "Scheincharakter" des Notariatsaktes vom 23. Jänner 1979 nie im Unklaren gewesen sei.

Beides erweist sich im Gegensatz zur Meinung des Rekurswerbers als

zutreffend, weil die bloße rechtliche Qualifikation eines Vertrages

als Scheingeschäft in einem gerichtlichen Verfahren, dessen

Streitgegenstand nicht der hier in Rede stehende

Abschichtungsanspruch der Beklagten zum Stichtag 30. November 1981

war, sondern ein Begehren des Klägers gegen sie auf Rückzahlung von

162.000 S für die von ihm ab 1. Dezember 1981 vorgenommene

Alimentierung der Eltern, die aber in diesem Umfang gemäß dem wahren

Willen der Vertragsparteien des Notariatsaktes vom 23. Jänner 1979

von der Beklagten zu leisten gewesen wäre, weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel sein kann, welches geeignet gewesen wäre, im Schiedsverfahren über die Festsetzung des Abschichtungsanspruches der Beklagten zum Stichtag 30. November 1981 für den Kläger eine günstigere Entscheidung herbeizuführen. Der Kläger hat überdies in seiner am 16. Mai 1983 zu 28 Cg 171/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage selbst vorgebracht, daß die Beklagte bis 31. Juli 1981 dieser "verdeckten" Verpflichtung gemäß dem Notariatsakt vom 23. Jänner 1979 nachgekommen ist und monatlich 9.000 S aus ihrem Privatvermögen an die Eltern gezahlt hat. In der Zeit vom 1. August bis 30. November 1981 habe dann die Karl B*** OHG für die Beklagte Zahlung geleistet und deren Kapitalkonto in diesem Umfang belastet.

Abgesehen davon, daß daher der vom Kläger behauptete Wiederaufnahmsgrund in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit dem angefochtenen Schiedsspruch stehen kann, was für sich allein schon zu einer Zurückweisung der Aufhebungsklage im Vorprüfungsverfahren bzw. bei späterem Hervorkommen durch Beschluß gemäß § 543 ZPO führen mußte (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 2068; RZ 1978/97 ua.), liegt auch deshalb kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund vor, weil der Kläger den "Scheincharakter" des Notariatsaktes vom 23. Jänner 1979 als daran beteiligte Vertragspartei gekannt hat und daher nicht gehindert gewesen sein kann, die entsprechenden Tatsachenbehauptungen im Schiedsverfahren vorzutragen. Denn das Vorliegen eines Scheingeschäftes ergibt sich ja stets aus der Tatsache, daß die Willenserklärungen der Vertragsparteien im allseitigen Einverständnis bloß zum Schein abgegeben werden sollten und die Parteien in Wirklichkeit überhaupt kein Rechtsgeschäft (sog. "absolutes Scheingeschäft") oder aber - wie hier, wo die Leibrente von den Streitteilen je zur Hälfte weiter gezahlt werden sollte, aber nicht mehr aus ihren Kapitalkonten bei der offenen Handelsgesellschaft, sondern aus ihrem Privatvermögen - ein anderes ("verdecktes Geschäft") abschließen wollten (Koziol-Welser, Grundriß8, I, 114 f.). Daraus folgt abermals das Fehlen eines tauglichen gesetzlichen Wiederaufnahmsgrundes, weil nach dem in Wahrheit gewollten "verdeckten Geschäft" die Leibrente jedenfalls nicht mehr aus den Kapitalkonten der offenen Handelsgesellschaft bezahlt werden sollte und dieser Tatsache daher schon die abstrakte Eignung fehlt, den durch den angefochtenen Schiedsspruch festgesetzten Abschichtungsanspruch der Beklagten vom 30. November 1981 negativ zu beeinflussen. Dazu kommt, daß der Kläger, der als Vertragspartei des Notariatsaktes vom 23. Jänner 1979 den von ihm jetzt behaupteten Scheincharakter von Anfang an gekannt hat, dazu verhalten gewesen wäre, schon in der Aufhebungsklage darzutun, warum er ohne sein Verschulden außerstande gewesen ist, dies im Schiedsverfahren geltend zu machen. Mangels jeglichen Anhaltspunktes für das Fehlen einer solchen Möglichkeit ist sein Vorbringen kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund und die Aufhebungsklage ist daher gemäß §§ 538, 543 ZPO auch aus diesem Grunde mit Recht zurückgewiesen worden (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 2067).

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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