Spruch:
Es wird dem Rekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Parteien sind im Streit lebende Geschwister. Sie waren die beiden einzigen Gesellschafter der prot. Firma Karl B*** OHG mit dem Sitz in Wien. Mit ihrer zu 10 Cg 209/81 beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage begehrte die nunmehrige Beklagte als Klägerin gegenüber dem nunmehrigen Kläger als Beklagten wegen zahlreicher familiärer, persönlicher und geschäftlicher Differenzen die Auflösung dieser Gesellschaft gemäß § 133 HGB. Der Rechtsstreit wurde am 13. April 1982 durch den Abschluß des nachstehenden gerichtlichen Vergleiches beendet:
"1. Die Streitteile kommen überein, daß die auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 16. Februar 1972 beim HG Wien zu 7 HRA 12.108 a registrierte Firma "Karl B*** OHG" im Sinne des § 142 HGB mit Wirkung vom heutigen Tag vom Beklagten allein fortgeführt wird.
2. Zwischen den Parteien besteht weiters Übereinstimmung darin, daß die Abschichtung der Ansprüche der Klägerin am Gesellschaftsvermögen zum Stichtag 30. November 1981 zu erfolgen hat.
3. Der Beklagte wird die Klägerin hinsichtlich aller Geschäftsvorfälle im Betrieb des im Pkt. 1 dieses Vergleiches genannten gesellschaftlichen Unternehmens schad- und klaglos halten, soweit diese Geschäftsvorfälle am 1. Dezember 1981 oder später entstanden sind oder noch entstehen.
4. Weiters wird der Beklagte die Klägerin hinsichtlich Steuern und Abgaben, welche für das in Pkt. 1 genannte gesellschaftliche Unternehmen - sei es, wann immer - zur Vorschreibung gelangten oder noch gelangen, schad- und klaglos halten.
5. Die Streitteile schließen hiemit einen
S c h i e d s v e r t r a g
zur Entscheidung über die Abschichtungsansprüche der Klägerin laut Punkt 2 dieses Vergleiches ab, und kommen überein, daß gemäß §§ 577 ff. ZPO vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien ein Schiedsrichter aus dem Kreise der gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Buchwesen über von den Parteien gemeinsam zu fertigendem Antrag benannt werden soll.
6. Für das Tätigwerden des Schiedsrichters sollen die Bestimmungen der §§ 577 ff. ZPO Gültigkeit haben.
7. Der Beklagte verpflichtet sich, bei sonstigem Zwange der Klägerin das Abschichtungsguthaben laut dem gemäß Pkt. 5 zu fällenden Schiedsspruch binnen 6 Monaten nach Zustellung des Schiedsspruches zu bezahlen....."
Der über Antrag der Parteien vom Präsidenten des Handelsgerichtes Wien am 29. April 1982 zum Schiedsrichter bestellte Dr. Richard W***, allgemein beeideter gerichtlicher Buchsachverständiger in Wien, fertigte am 20. Dezember 1984 einen "Schiedsspruch" aus, welcher in der Fassung der Berichtigung vom 15. Februar 1985 im wesentlichen wie folgt lautete:
"Der klagenden Partei Frau Christiana P*** ..... steht ein
Abschichtungsanspruch gegen die beklagte Partei Herrn Karl B***
jun..... in Höhe von S 738.398 zu."
Unter der Überschrift "Auftragsdurchführung" berichtete
Dr. Richard W*** unter anderem wie folgt:
"......Zur Feststellung der Abschichtungsansprüche war es
erforderlich, die Rechnungsabschlüsse der letzten 3 Jahre durchzusehen und vor allem die Richtigkeit der Kapitalkonten der Gesellschafter bis zum Ausscheidungstag der Gesellschafterin Frau Christiana P*** festzuhalten.
Zwischen den Parteien bestanden jedoch grundsätzliche Auffassungsunterschiede über die Darstellung der Kapitalkonten zum Ausscheidungszeitpunkt, nämlich dem 30. November 1981..... Bei Beurteilung der rechtlichen Verhältnisse ist festzustellen, daß die Geschwister B*** mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 von ihrem Vater das nicht protokollierte Transportunternehmen Karl B*** gegen eine monatliche Leibrente übernommen haben. In der Folge wurde am 23. Jänner 1979 zwischen dem Vater und Mutter B*** und den Geschwistern B*** ein Schenkungsvertrag in Form eines Notariatsaktes geschlossen, wodurch die bisherige monatliche Leibrente in Wegfall kam........"
Mit der vorliegenden, am 21. März 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die Aufhebung dieses Schiedsspruches. Er machte inhaltlich den Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 7 ZPO geltend, weil er erst nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens 28 Cg 171/83 des Landesgerichtes für ZRS Wien in Kenntnis neuer Tatsachen gelangt sei, deren Vorbringen und Benützung eine ihm günstigere Entscheidung im Schiedsverfahren herbeigeführt haben würde. Er habe nämlich erst jetzt davon Kenntnis erhalten, daß der Erlaß der Leibrentenschuld gegenüber den vormaligen Unternehmenseigentümern (gemeint: die Eltern der Streitteile) ein Scheingeschäft gewesen sei und die in Form einer Leibrente abzustattende Kaufpreisschuld weiter bestehe. Bei der Bemessung des Abschichtungsguthabens der Beklagten seien aber die das Unternehmen tatsächlich belastenden und zu kapitalisierenden Leibrentenforderungen nicht berücksichtigt worden.
Die Beklagte hielt dem im wesentlichen entgegen, die Klagsführung sei mutwillig, schikanös und geschehe in Verschleppungsabsicht. Dem Kläger sei die Problematik des Erlasses der Leibrentenforderung nicht erst durch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 bekannt geworden, sondern er habe davon spätestens bereits im Jahre 1983 Kenntnis gehabt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze Folge. Es stellte über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus fest:
Im Zuge des Schiedsverfahrens hat der Klagevertreter mit Schreiben vom 17. März 1983 dem Beklagtenvertreter vergleichsweise die Zahlung von 535.000 S durch den Kläger an die Beklagte vorgeschlagen. Das Schreiben enthielt auch folgenden Passus:
"Ich glaube auch aus einem anderen Grund, daß diese Lösung für Ihre Frau Klientin von Vorteil ist, weil ich bereits jetzt den Auftrag habe, den seinerzeit zwischen Herrn Karl B*** sen. und den beiden Kindern geschlossenen Schenkungsvertrag dahingehend zu überprüfen, ob hier gegebenenfalls ein Scheingeschäft errichtet wurde. Sollte diese Prüfung ein solches Ergebnis hervorbringen, so würde das Kapitalkonto Ihrer Frau Klientin jedenfalls wesentlich anders aussehen und nach der mir erteilten Information zum Zeitpunkte des Ausscheidens einen Minusstand von ungefähr S 1,000.000 ausweisen...."
Als sich die Beklagte zu diesem Vorschlag nicht verstand, brachte der Kläger gegen sie am 16. Mai 1983 zu 28 Cg 171/83 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eine Klage auf Zahlung von 162.000 S sA ein. Er begründete dieses Begehren damit, daß Karl B***, der Vater der Streitteile, mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 sein nicht protokolliertes Transportunternehmen Karl B*** an die Streitteile zur ungeteilten Hand gegen eine monatliche Leibrente von 15.000 S veräußert habe. Mit Notariatsakt vom 23. Jänner 1979 sei dann den Streitteilen schenkungsweise gegenüber ihren Eltern die Verpflichtung zur Leibrentenzahlung erlassen worden. Dabei sei allerdings als Voraussetzung für den Schenkungsvertrag zwischen den Vertragsschließenden vereinbart worden, daß die Streitteile ihre Eltern weiterhin mit je 9.000 S aus ihrem Privatvermögen alimentieren sollten. Die Beklagte habe dieser Verpflichtung nur bis 31. Juli 1981 entsprochen. In der Zeit vom 1. August bis 30. November 1981 habe die Karl B*** OHG für die Beklagte Zahlung geleistet und deren Kapitalkonto in diesem Umfang belastet. Ab 1. Dezember 1981 habe sodann der Kläger gegenüber den Eltern die Schuld der Beklagten erfüllt und begehre deren Rückzahlung im Umfang des Klagsbetrages.
Dem gegenüber verwies die Beklagte insbesondere auf den im Verfahren 10 Cg 209/81 des Handelsgerichtes Wien abgeschlossenen Vergleich.
Mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS vom 17. August 1984, 28 Cg 171/83-7, wurde das vom Kläger gestellte Begehren zur Gänze abgewiesen. Nach den getroffenen Tatsachenfeststellungen sei es deshalb zum Abschluß des notariellen Schenkungsvertrages vom 23. Jänner 1979 gekommen, mit welchem den Streitteilen die mit Leibrentenvertrag vom 28. Dezember 1970 vereinbarte Leibrente erlassen worden sei, weil die Streitteile das negative Bilanzbild des Unternehmens durch Wegfall der Leibrentenverpflichtung hätten verbessern wollen. Die Leibrente habe zuletzt monatlich ca. 23.000 S betragen, was nach Abzug der Steuern 18.000 S ergeben habe. Nach Erlaß der Leibrentenforderung seien den Eltern der Streitteile diese 18.000 S jeweils monatlich in einem Kuvert übergeben worden, und zwar einmal vom Kläger und ein anderes Mal von der Beklagten. Eine Alimentationsverpflichtung der Streitteile gegenüber ihren Eltern sei weder mündlich noch schriftlich zustande gekommen. In rechtlicher Hinsicht verneinte das Landesgericht für ZRS Wien den Klagsanspruch, weil sich der Kläger im Vergleich vom 13. April 1982 zur Klag- und Schadloshaltung der Beklagten hinsichtlich aller Geschäftsvorfälle im Betrieb des gemeinsamen Unternehmens verpflichtet habe, die am 1. Dezember 1981 oder später entstünden. Auf § 1042 ABGB könne der Anspruch deshalb nicht gestützt werden, weil dieser nur den Ersatz eines nach dem Gesetz zu machenden Anspruches betreffe.
Mit dem am 19. Februar 1985 an den Kläger zugestellten Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 ist diese Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien bestätigt worden. Das Berufungsurteil enthielt auszugsweise nachstehende Begründung:
"......Auszugehen ist hier von den Feststellungen, daß die an die Eltern der Streitteile zu bezahlende Leibrente den Kaufpreis für das an sie veräußerte Unternehmen darstellte und die Streitteile den Betrag von 18.000 S, der dem um die von den Eltern zu entrichtenden Steuern reduzierten Betrag der monatlichen Leibrente entsprach, nach dem notariellen Verzicht auf die Leibrente in der Form weiterzahlten, daß sie jeweils die Hälfte als Privatentnahme verbuchten und den Betrag ihren Eltern bar übergaben. Der schenkungsweise Erlaß der Leibrente mit der gleichzeitigen mündlichen Nebenabrede, den entsprechenden Nettobetrag aus den Privatentnahmen weiterzuzahlen, hatte lediglich bilanztechnische und steuerrechtliche Gründe. Der Erlaß der Leibrentenschuld war somit ein Scheingeschäft, das am Weiterbestand der in Form einer Leibrente abzustattenden Kaufpreisschuld für die Veräußerung des Unternehmens nichts änderte. Da die Streitteile aber im Vergleich vom 13. April 1982 vor dem Handelsgericht Wien übereingekommen sind, daß ihre bisherige gemeinsame Firma "Karl B*** OHG" im Sinne des § 142 HGB mit Wirkung vom 13. April 1982 vom Kläger allein fortgeführt wird und die Abschichtung der Ansprüche der Klägerin (gemeint: Beklagten) am Gesellschaftsvermögen mit Stichtag 30. November 1981 zu erfolgen hat, ist die Schuld gegenüber den Eltern der Streitteile im Innenverhältnis - ungeachtet der Frage, ob die Beklagte weiterhin ihren Eltern hafte, auf den Kläger übergegangen. Dieser hat somit eine eigene Verbindlichkeit erfüllt und kann deshalb keinen Regreß nehmen. Der Meinung der Berufung, daß sich die Verpflichtung zur Schad- und Klagloshaltung im Vergleich vor dem Handelsgericht Wien nur auf Ansprüche beziehe, die von dritter Seite gegen die Beklagte als Gesellschafterin gestellt würden, kann insoferne beigetreten werden, als auch ein Anspruch der Eltern auf Fortzahlung von 18.000 S einen solchen Anspruch von dritter Seite darstellt. Soweit die Berufung aber davon ausgeht, daß die Streitteile eine Alimentationsvereinbarung gegenüber ihren Eltern abgeschlossen haben und die Mutter der Streitteile neben dem Nettobezug von 18.000 S auch noch ein Gehalt bezogen habe, entfernt sie sich in unzulässiger Weise von den Feststellungen des Erstgerichtes. Ob der Kläger im Falle einer gemeinsamen Alimentationsverpflichtung den Eltern gegenüber zur Rückforderung der von ihm für die Beklagte geleisteten Beträge gemäß § 1042 ABGB berechtigt wäre, braucht bei dieser Rechtslage nicht mehr geprüft zu werden......."
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß auf Grund des Vergleiches vom 13. April 1982 zwischen den Streitteilen ein gültiger Schiedsvertrag zustande gekommen sei. Gegenstand des Schiedsverfahrens seien die Abschichtungsansprüche der Beklagten per 30. November 1981 gewesen. Die auf den Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 7 ZPO gestützte Klage sei innerhalb der gemäß § 596 Abs 3 ZPO anzuwendenden vierwöchigen Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO erhoben worden, weil dem Kläger das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien am 19. Februar 1985 zugestellt worden sei und er seine Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches am 19. März 1985 zur Post gegeben habe. Der vom Kläger geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO liege vor. Zwar habe er bereits vermutet, daß der Schenkungsvertrag vom 23. Jänner 1979 ein Scheingeschäft darstelle, aber er sei erst durch die Zustellung des Urteiles des Oberlandesgerichtes Wien vom 15. Jänner 1985 in die Lage versetzt worden, die rechtliche Beurteilung dieses Geschäftes auch zu seinen Gunsten zu benützen. Gegenstand des Schiedsverfahrens sei im wesentlichen die Abklärung der Höhe der Kapitalkonten der Streitteile gewesen. Nachweislich habe der Schiedsrichter nicht berücksichtigt, daß diese zu Recht mit den Leibrentenzahlungen zu belasten gewesen wären. So sei es dem Kläger erst durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien möglich gewesen, gegen die bisherige Bewertung des Unternehmens erfolgreich anzukämpfen. Aus Anlaß der von der Beklagten gegen dieses Urteil aus den Berufungsgründen der Aktenwidrigkeit, der unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung hob das Gericht zweiter Instanz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 471 Z 7 ZPO das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 15.000 S übersteige. Nach seinen Ausführungen sei nämlich durch Punkt 5 des vor dem Handelsgericht Wien am 13. April 1981 abgeschlossenen Vergleiches tatsächlich kein Schiedsvertrag, sondern ein Schiedsgutachtervertrag vereinbart worden. Für die Abgrenzung der beiden Vertragstypen sei nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung maßgeblich, sondern ausschließlich die dem Dritten übertragene Aufgabe. Allgemein werde der sachliche Unterschied zwischen Schiedsverträgen und Schiedsgutachterverträgen darin erblickt, daß der Schiedsvertrag die Entscheidung eines Rechtsstreites zum Ziele habe, während die Schiedsgutachterabrede auf die Feststellung von Tatsachen, Tatbestandselementen oder auf die Ergänzung des Parteiwillens gerichtet sei. Das sei beim Auseinandersetzungsvertrag - oder wie hier Auseinandersetzungsvergleich - z.B. die Bewertung. Der maßgebliche Schiedsspruch laute dahin, daß der Beklagten gegen den Kläger ein Abschichtungsanspruch von 738.398 S zustehe und sei daher als feststellendes Schiedsgutachten anzusehen. Der Kläger habe sich nach Punkt 5 des Vergleiches bei sonstigem Zwang verpflichtet, der Beklagten das Abschichtungsguthaben laut dem zu fällenden "Schiedsspruch" binnen sechs Monaten nach dessen Zustellung zu bezahlen. Wenn man nun die Tätigkeit des "Schiedsrichters" und die von ihm zu lösende Frage, nämlich die Ausmittlung des Auseinandersetzungsguthabens der Beklagten als vormaliger offener Gesellschafterin einer mit dem Kläger bestehenden offenen Handelsgesellschaft in Betracht ziehe, so liege tatsächlich kein Schiedsspruch, sondern nur ein Schiedsgutachten vor, weil Dr. Richard W*** lediglich ein Gutachten über die Höhe dieses Auseinandersetzungsguthabens abzugeben gehabt habe. Es sei ihm somit die Ermittlung von Tatsachen aufgetragen worden, wobei es in diesem Zusammenhang ohne Belang sei, ob er im Zuge der Ermittlung dieser Tatfragen auch Überlegungen nicht rein tatsächlicher Art habe anstellen müssen. Ebenso wie einem Sachverständigen nicht vorgeschrieben werden könne, auf welche Weise er einen zu bestimmenden Betrag zu berechnen habe, könne auch einem Schiedsmann die Berechnungsart des Auseinandersetzungsguthabens überlassen werden. Zusammenfassend ergebe sich daher, daß die Ausmittlung des Auseinandersetzungsguthabens eines offenen Gesellschafters und der im vorliegenden Fall durch Punkt 5. des Vergleiches vom 13. April 1981 umgrenzte Auftrag an Dr. Richard W*** nicht als schiedsgerichtliche, sondern als schiedsgutachterliche Tätigkeit zu verstehen sei. Die vorliegende Aufhebungsklage, die teilweise die Funktionen der Nichtigkeits- und der Wiederaufnahmsklagen des ordentlichen Verfahrens übernehme, sei als prozessuale Rechtsgestaltungsklage darauf gerichtet, daß der "Schiedsspruch" gemäß den §§ 595 Abs 1 Z 7, 530 Abs 1 Z 7 ZPO wirkungslos sei. Auf Schiedsgutachten seien aber die §§ 595 f ZPO unanwendbar. Es habe daher das angefochtene Urteil sowie das vorangegangene Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen werden müssen.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Bestätigung des Ersturteiles abzuändern, in eventu diesen aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben, in eventu den Beschluß des Berufungsgerichtes oder die Entscheidungen beider Vorinstanzen aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zulässig, weil der Streitwert des Beschwerdegegenstandes nach dem Ausspruch des Berufungsgerichtes 15.000 S übersteigt (§ 528 Abs 1 Z 5 ZPO) und in diesem Fall nicht auch noch die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 ZPO erfüllt sein müssen (Fasching, Lehrbuch Rz 1981; Petrasch in ÖJZ 1983, 203 und 1985, 301 mwN). Er ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Aufhebungsklage gemäß den §§ 595, 596 ZPO ist eine Rechtsgestaltungsklage auf Unwirksamkeit eines Schiedsspruches aus den im § 595 Abs 1 Z 1 bis 7 ZPO genannten Aufhebungsgründen. Da ein Schiedsspruch nur aus den dort angeführten Gründen aufgehoben werden kann, ist Streitgegenstand eines solchen Verfahrens der jeweils geltend gemachte prozessuale Aufhebungsgrund. Als solchen sieht § 595 Abs 1 Z 1 ZPO ausdrücklich auch den Fall vor, daß ein dem § 577 ZPO entsprechender Schiedsvertrag überhaupt nicht vorhanden war. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes kann daher, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein als "Schiedsspruch" bezeichnetes Erkenntnis eines förmlich bestellten "Schiedsrichters" vorliegt, bei Bedenken gegen die Rechtsnatur des zugrundeliegenden "Schiedsvertrages" keineswegs die Zulässigkeit des Rechtsweges für eine Aufhebungsklage verneint werden. Liegt vielmehr ein Schiedsspruch mit den Wirkungen des § 594 ZPO nicht vor, weil der zugrundeliegende Vertrag kein Schiedsvertrag, sondern ein Schiedsgutachtervertrag gewesen ist, sodaß der gefällte Schiedsspruch als ein von einem Schiedsmann erstattetes Schiedsgutachten anzusehen wäre, dann kann demnach zwar die Aufhebung eines solchen "Schiedsspruches" begehrt werden, das Begehren wird aber - auch wenn es nicht gerade auf den Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 1 ZPO gestützt
ist - gegebenenfalls meritorisch abzuweisen sein. Läge ein Schiedsvertrag nicht vor, dann kann die Klage auf Aufhebung eines angeblich vorliegenden Schiedsspruches keinen Erfolg haben (Fasching, Kommentar IV 713; RZ 1961, 14; RZ 1986/24 = EvBl 1985/119). Das Fehlen eines echten Schiedsspruches bewirkt daher auch für eine nicht auf den Aufhebungsgrund des § 595 Abs 1 Z 1 ZPO gestützte Aufhebungsklage nicht die Unzulässigkeit des Rechtsweges. Es fehlt dann vielmehr an der für eine solche Klage erforderlichen materiellen Anspruchsvoraussetzung. In diesem Sinne vermag auch die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung EvBl 1982/77 seine Auffassung nicht zu stützen. Dort wurde nämlich lediglich ausgesprochen, daß gerade dann, wenn ein Vertrag vorliege, bei dem bloß seine Rechtsnatur als Schieds- oder Schiedsgutachtervertrag fraglich sei, der betroffenen Partei schon aus Gründen der Rechtssicherheit die Aufhebungsklage eingeräumt werden müsse, die § 595 Abs 1 Z 1 ZPO in Verbindung mit § 596 ZPO ohnehin auch für den Fall ausdrücklich vorsehe, daß ein Schiedsvertrag überhaupt nicht vorhanden gewesen sei.
Aus dem bisher Gesagten folgt bereits, daß der vom
Berufungsgericht angenommene Nichtigkeitsgrund keinesfalls vorliegt,
weshalb dem Rekurs schon aus diesem Grunde Folge zu geben war.
Zur Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der in den Punkten 5.
und 6. des Vergleiches vom 13. April 1982 enthaltene
"Schiedsvertrag" sei bereits nach seinem Wortlaut - entgegen seiner
Bezeichnung und der Bezugnahme auf die §§ 577 ff ZPO für das
Tätigwerden des "Schiedsrichters" sowie der Umschreibung seiner Aufgabe mit "zur Entscheidung über die Abschichtungsansprüche ...."
(und nicht etwa zur "Ausmittlung" oder "Festsetzung") - als Schiedsgutachtervertrag zu qualifizieren, wobei das Gericht zweiter Instanz offensichtlich der Auffassung war, daß es keiner weiteren Erforschung der Parteiabsicht und zu diesem Zweck auch nicht der vorherigen Erörterung dieser Frage mit den Parteien bedurft hätte, braucht daher nicht Stellung genommen werden. Ihre Konsequenz könnte nämlich keineswegs die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens sein, sondern gegebenenfalls nur dazu führen, daß der von der Beklagten erhobenen Berufung stattzugeben wäre.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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