OGH 5Ob572/89

OGH5Ob572/8930.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 12. Jänner 1989 verstorbenen, in Karl-Morre-Straße 64a, 8010 Graz, wohnhaft gewesenen Pensionisten Karl D***, infolge Rekurses der erbserklärten Erben 1.) Irmgard S***, Geschäftsfrau, Hauptplatz 4, 8280 Fürstenfeld, 2.) KR Rudolf G***, Kaufmann, Grazer Platz 6, 8280 Fürstenfeld, und 3.) Hermine G***, Angestellte, Burenstraße 30, 8020 Graz, alle vertreten durch Dr. Max Keimel, Rechtsanwalt in Fürstenfeld, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. April 1989, GZ 3 R 88/89-31, womit der Rekurs der erbserklärten Erben Irmgard S***, KR Rudolf G*** und Hermine G*** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. März 1989, GZ 20 A 59/89-26, und die Einantwortungsurkunde desselben Gerichtes vom 10. März 1989, GZ 20 A 59/89-27, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Zurückweisungsbeschluß wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 10. März 1989 wurden die von der erblasserischen Nichte Anna T*** auf Grund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß unbedingt abgegebene Erbserklärung zu Gericht angenommen, das von dieser erstattete eidesstättige Vermögensbekenntnis der Verlassenschaftsabhandlung zugrundegelegt, verschiedene Personen und Stellen von der Verfügungsberechtigung der Erbin verständigt, die Gebühren des Gerichtskommissärs bestimmt und ausgesprochen, daß der Nachlaß eingeantwortet und die Verlaßabhandlung für beendet erklärt werde. Gleichzeitig erließ das Erstgericht die Einantwortungsurkunde zugunsten der erblasserischen Nichte Anna T***. Diese Beschlüsse wurden am 10. März 1989 der Geschäftsstelle übergeben und abgefertigt. Am selben Tag langte beim Erstgericht ein von Rechtsanwalt Dr. Max K*** namens der Irmgard S*** geborene G***, des KR Rudolf G*** und der Hermine G*** überreichter Schriftsatz ein, in dem die genannten Personen zu je 1/3 des Nachlasses unbedingte Erbserklärungen aus dem Titel des mündlichen Testamentes vom 20. September 1987 abgaben und deren Annahme zu Gericht beantragten. Das Erstgericht verfügte hierauf die Zustellung der Einantwortungsurkunde an den Vertreter der Einschreiter, die am 16. März 1989 erfolgte.

Mit dem am 31. März 1989 zur Post gegebenen Rekurs erklärten Irmgard S***, KR Rudolf G*** und Hermine G*** den Endbeschluß des Erstgerichtes (ON 26) und die Einantwortungsurkunde ON 27 mit dem Antrag zu bekämpfen, die Beschlüsse aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens unter Zugrundelegung der von ihnen erstatteten Erbserklärungen aufzutragen. Das Gericht zweiter Instanz wies diesen Rekurs (teils wegen Verspätung, teils als unzulässig) zurück. Nach herrschender Rechtsprechung könne ein bisher am Verfahren nicht beteiligter Erbprätendent bis zur Rechtskraft der Einantwortung noch wirksam eine Erbserklärung abgeben, die vom Abhandlungsgericht, sofern sie den übrigen Erfordernissen entspräche, anzunehmen und dem fortzusetzenden Verfahren zugrundezulegen sei (SZ 44/72; RZ 1974/40; NZ 1973, 118 ua). Die Rekurswerber wären daher berechtigt, die mit ihrer Erbserklärung nicht im Einklang stehende Einantwortungsurkunde und den das Verfahren abschließenden Mantelbeschluß mit Rekurs zu bekämpfen. Der Rekurs sei jedoch nicht innerhalb der 14-tägigen Rechtsmittelfrist (§ 11 Abs 1 AußStrG) erhoben worden, weil die Einantwortungsurkunde dem Vertreter der Rekurswerber am 16. März 1989 zugestellt, der Rekurs jedoch erst am 31. März 1989, somit am 15. Tag nach Zustellung, zur Post gegeben worden sei. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß den Rekurswerbern der Endbeschluß (ON 26) bisher nicht zugestellt worden sei. Wohl bildeten Endbeschluß im Verlassenschaftsverfahren und Einantwortungsurkunde eine Einheit, weshalb ein nur gegen den Endbeschluß erhobener Rekurs auch auf die gleichzeitig oder vor Rechtskraft des Endbeschlusses ergangene Einantwortungsurkunde zu beziehen sei und, wenn die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens als notwendig erkannt werde, auch die Einantwortungsurkunde aufzuheben sei (vgl. SZ 47/12; NZ 1978, 174; EFSlg 55.822 ua.). Im vorliegenden Fall sei jedoch bereits die Einantwortungsurkunde (mangels Erhebung eines rechtzeitigen Rechtsmittels) formell in Rechtskraft erwachsen. Mit der Einantwortung sei die Abhandlung beendet, das Verlassenschaftsgericht habe nach Rechtskraft der Einantwortung keine Möglichkeit mehr, sich mit der konkreten Verlassenschaftssache zu befassen und es sei für Verfügungen und Entscheidungen, die nur im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung getroffen werden könnten, nicht mehr zuständig. Allfällige Mängel des Abhandlungsverfahrens würden durch die Rechtskraft der Einantwortung geheilt, außer es würde sich um eine "absolute" Nichtigkeit handeln (vgl. SZ 47/12, SZ 43/179; NZ 1973/77 ua). Die Rekurswerber könnten daher auch nicht mehr den Endbeschluß bekämpfen und auf diesem Umweg eine Aufhebung der Einantwortungsurkunde erreichen; insoweit sei ihr Rechtsmittel unzulässig. Eine Bedachtnahme auf den verspäteten Rekurs gemäß § 11 Abs 2 AußStrG komme nicht in Betracht, weil sich die Einantwortung ohne Nachteil für die gesetzliche Erbin nicht mehr abändern ließe.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der als Revisionsrekurs bezeichnete und auf den Anfechtungsgrund des § 16 AußStrG gestützte Rekurs der von Dr. Max K*** vertretenen erbserklärten Personen mit dem Antrag, den rekursgerichtlichen Beschluß und die angefochtenen Beschlüsse des Erstgerichtes ON 26 und ON 27 aufzuheben und dem Verlassenschaftsgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Zugrundelegung der von ihnen abgegebenen Erbserklärungen aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (SZ 40/1; SZ 43/234; NZ 1977, 87 ua) und auch berechtigt.

Mit Recht verweisen die Rekurswerber auf die nun schon ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß Einantwortungsurkunde und Endbeschluß im Abhandlungsverfahren eine Einheit bilden, so daß ein gegen den Endbeschluß erhobener Rekurs, welcher das Ziel verfolgt, die Fortsetzung des Abhandlungsverfahrens zu erreichen, auf die gleichzeitig oder vor Rechtskraft des Endbeschlusses ergangene Einantwortungsurkunde zu beziehen und auch diese aufzuheben ist, wenn die Fortsetzung des Abhandlungsverfahrens als notwendig erkannt wird (EvBl 1971/312 = NZ 1972, 206; SZ 47/12;

NZ 1978, 174; EFSlg 39.885 (richtig: 1 Ob 656, 657/81);

NZ 1988, 198 ua). Gleiches muß aber auch - wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat - für den Fall gelten, daß nicht der Endbeschluß, sondern bloß die Einantwortungsurkunde aus dem genannten Grund mit Rekurs angefochten wird (6 Ob 750/79; EvBl 1981/50).

Im vorliegenden Fall haben die von Dr. K*** vertretenen erbserklärten Erben in ihrem Rekurs ausdrücklich erklärt, sowohl die Einantwortungsurkunde (ON 27 dA) als auch den Endbeschluß (ON 26 dA) zu bekämpfen. Da ihnen der Mantelbeschluß vom 10. März 1989, GZ 20 A 59/89-26, noch nicht zugestellt worden war, anderseits, aber auch Beschlüsse schon vor deren Zustellung bekämpft werden können, ist der von den Rechtsmittelwerbern auch gegen den Mantelbeschluß gerichtete Rekurs jedenfalls als rechtzeitig erhoben anzusehen. Wegen der zwischen Einantwortungsurkunde und Mantelbeschluß im Abhandlungsverfahren bestehenden Einheit waren die Rechtsmittelwerber somit berechtigt, mit ihrem Rekurs auch die Einantwortungsurkunde zu bekämpfen, wenngleich die Zustellung der Einantwortungsurkunde an sie länger als 14 Tage zurücklag. Der Hinweis des Rekursgerichtes auf den Zeitpunkt der Zustellung der Einantwortungsurkunde rechtfertigt daher nicht die Zurückweisung dieses Rechtsmittels.

Da die Rekurswerber ihre Erbserklärung am 10. März 1989, also an dem Tag abgegeben haben, an dem Mantelbeschluß und Einantwortungsurkunde der Kanzlei übergeben worden waren, waren sie berechtigt, Erbserklärungen abzugeben und damit auch legitmiert, Endbeschluß und Einantwortungsurkunde zu bekämpfen. Damit erweist sich aber der Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluß als berechtigt, weshalb ihm Folge zu geben, der rekursgerichtliche Zurückweisungsbeschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neue Entscheidung über den Rekurs aufzutragen war.

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