Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlaß wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 2 StGB (II) sowie demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Franzjörg Q*** wird für die ihm weiterhin zur Last fallenden Verbrechen nach § 3 f VerbotsG (I) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1, erster Deliktsfall, höherer Strafsatz, StGB (III) gemäß § 3 f VerbotsG, § 5 Z 2 lit a JGG 1988 und § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 (zwei) Jahren verurteilt.
Gemäß § 43 a Abs 3 StGB und § 5 JGG 1988 wird von dieser Strafe ein Teil von 16 (sechzehn) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 22.Jänner 1970 geborene Tischlerlehrling Franzjörg Q*** wurde des Verbrechens nach § 3 f VerbotsG (I), des Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 2 StGB (II) und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1, "zweiter Fall", (gemeint: erster Deliktsfall, höherer Strafsatz - EvBl 1982 Nr. 198, LSK 1984/129, 13 Os 155/84, 13 Os 127/85, 13 Os 84/87, 13 Os 6/88 u.v.m.) StGB (III) schuldig erkannt. Darnach hat er in Graz I./ eine strafbare Handlung nach den §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn dadurch vollbracht, daß er im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit mehreren abgesondert Verfolgten als unmittelbarer Täter fremde Sachen verunstaltete, und zwar
1./ am 26.April 1987
a/ acht Auslagenscheiben des Kaufhauses B*** & Söhne in der Stubenberggasse 3 durch Anbringen von 27 Aufklebern mit dem Text "Freiheit für Rudolf H***" sowie durch Aufsprühen des Schriftzugs "ANS-Graz", eines Davidsterns, der Parole (richtig:) "Juda verrecke" und eines Hakenkreuzes, ferner den Gehsteig vor dem Geschäftslokal durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes (Schaden der Firma B*** 10.360 S);
b/ die Mauer des Hauses Prokopigasse 2, in welchem ein Büro der "Alternativen Liste Graz" untergebracht ist, durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes sowie der Schriftzugs "ANS-Graz-gegen ein NS Verbot" (Schaden der Firma R***-I*** in nicht bekannter Höhe); 2./ am 5.Juli 1987 die Mauer des Hauses Grieskai 58, in welchem die I*** K*** untergebracht ist, durch
Aufsprühen eines Hakenkreuzes sowie der Schriftzüge "ANS", "ANS-Graz" und der Parole "Juda verrecke !" (Schaden der I*** K*** 960 S);
3./ nachts zum 11.Juli 1987
a/ die Mauer und die Scheibe der Eingangstür des Gebäudes der SPÖ-Ortsgruppe Lend, Volksgartenstraße 11, durch Aufsprühen von zwei Hakenkreuzen und des Schriftzugs "ANS" (unbekannte Schadenshöhe);
b/ die Mauer des Hauses Orpheumgasse 18 durch Aufsprühen von drei Hakenkreuzen sowie des Schriftzugs "ANS-Graz" und eines SS-Zeichens (Schaden des Dipl.Ing. Albin S*** 1.053 S);
c/ den Gehsteig vor dem Haus Orpheumgasse 18 durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes (unbekannte Schadenshöhe);
d/ die Mauern des Hauses Orpheumgasse 8, in welchem das Jugendberatungszentrum untergebracht ist, durch Aufsprühen von 18 Hakenkreuzen, eines Davidsternes, mehrerer SS-Zeichen sowie der Parolen bzw. Schriftzüge "Heil", "Sieg Heil" und "ANS-Graz" (Schaden des Magistrats Graz 18.165,60 S);
4./ nachts zum 17.Juli 1987
a/ eine Mauer des Hauses Brockmanngasse 76-78 durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes und des Schriftzugs "ANS-Graz" (Schaden der Finanzlandesdirektion für Steiermark 691,20 S);
b/ eine Mauer des Hauses Conrad von Hötzendorf-Straße 7 durch Aufsprühen eines Hakenkreuzes sowie der Parole bzw. der Schriftzüge "Affenhaus, Nigger raus", "ANS-Graz" (Schaden der Firma W*** & Co. 624 S);
II./ öffentlich in einer die Menschenwürde verletzenden Weise durch die unter I 1 a und 2 beschriebenen Handlungen das Volk der Juden sowie durch die unter I 4 b beschriebene Handlung die negroide Rasse beschimpft;
III./ am 10. und 12.Mai 1987 durch die gegenüber Beamten der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Graz gemachten Angaben, der Personenkreis um Franz P*** habe mit dessen Billigung Säureattentate gegen die Kinder von Staatspolizisten, namentlich gegen die Kinder der Beamten Johann H***, Karl L*** und Vinzenz P***, beschlossen, diese Anschläge seien von Harald V*** organisiert worden und würden in etwa drei Wochen von Harald V*** und drei weiteren Personen ausgeführt werden, wobei Harald V*** bereits Salmiak gekauft habe, um damit der als erstes Opfer ausersehenen Tochter eines bestimmten Beamten der Staatspolizei das Gesicht zu verätzen, Franz P*** und Harald V*** der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, indem er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der Bandenbildung nach § 278 Abs 1 StGB, falsch verdächtigte, wobei er wußte (§ 5 Abs 3 StGB), daß die Verdächtigung falsch ist.
Die Geschwornen hatten die anklagekonformen Hauptfragen I bis III bejaht (die Hauptfrage I nach § 3 f VerbotsG stimmenmehrheitlich; die übrigen Hauptfragen stimmeneinhellig). Folgerichtig unterblieb die Beantwortung der nur für den Fall der Verneinung der Hauptfrage I gestellten Eventualfragen IV (nach § 125 StGB) und V (nach § 3 g VerbotsG).
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil im Schuldspruch wegen der Verbrechen nach § 3 f VerbotsG (I) und der Verleumdung (III) mit einer auf § 345 Abs 1 Z 11 lit a und 12 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zum Vorbringen nach § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO
(A der Beschwerdeausführungen):
Jene die Verleumdung (III) betreffenden Ausführungen, in welchen der Angeklagte seinen Angaben gegenüber der Kriminalpolizei einen anderen als den ihnen im Wahrspruch beigemessenen Sinn eines gegen Franz P*** und Harald V*** erhobenen Vorwurfs der Bandenbildung zu unterlegen trachtet (A 1 der Rechsmittelschrift), orientieren sich nicht an der durch eben diesen Wahrspruch vorgegebenen Tatsachengrundlage. In Beantwortung der Hauptfrage III haben die Geschwornen nämlich (ua) auch die Tatfrage (vgl. Mayerhofer-Rieder2, § 345 StPO Hinweis unter Nr. 1 in Verbindung mit § 281 StPO, ENr. 46 bis 49) nach dem Sinn der betreffenden Äußerungen gelöst. Die Rechtsrüge, die von einer dem Angeklagten genehmeren, nämlich unter Vernachlässigung der Sinnbedeutung der bloß zusammenfassenden Wiedergabe dieser Äußerungen in der Hauptfrage III lediglich aus deren Wortlaut abgeleiteten Interpretation ausgeht, ist damit verfehlt. Nur der Vollständigkeit wegen sei hinzugefügt, daß die Beurteilung der wahrheitswidrigen Angaben des Angeklagten Q*** vor der Staatspolizei (ON 20, S 13 bis 17) als Bezichtigung des Harald V*** und des Franz P*** in Richtung eines Zusammenschlusses mit anderen Gesinnungsgenossen zur Begehung von Attentaten gegen Kinder von Polizeibeamten, dem Beschwerdestandpunkt zuwider, im Akteninhalt Deckung findet. Wurde doch insbesondere in der Niederschrift vom 12. Mai 1987 (ON 20, S 15 und 17) dem Franz P*** die Rolle eines führenden und planenden - die Ausführung allerdings anderen überlassenden - Bandenmitglieds (vgl. EBRV 1971, S 421) zugeschrieben. Von einer nach Tat und Täter unzureichend konkretisierten Falschverdächtigung kann mithin nicht die Rede sein. Auch die weiteren Ausführungen der Rechtsrüge unter A 1, wonach der Angeklagte nur das Bestehen eines Attentatsplans bezüglich der Kinder bestimmter Beamten vorgegeben habe, weichen vom Wahrspruch ab; denn in diesem kommt insbesondere durch die Einleitung der (solcherart demonstrativen) Aufzählung angeblich betroffener Staatspolizisten mit "namentlich" eindeutig zum Ausdruck, daß Franzjörg Q*** den Mitgliedern der Verbindung nicht ein auf einzelne konkrete Attentate beschränktes, sondern ein im Sinn des Bandenbegriffs (Mayerhofer-Rieder2, § 278 StGB, ENr. 1 und 2; § 130 StGB, ENr. 3 und 4) nur nach der Art der Taten bestimmtes kriminelles Vorhaben unterstellt hat. Hiefür ist es rechtlich unerheblich, daß der Angeklagte dem Wahrspruch zufolge die Tochter eines bestimmten Beamten als indessen bereits ausersehenes erstes Opfer der angeblichen Attentatswelle bezeichnete. Dieser Umstand steht nämlich der Annahme des für den Begriff der Bande wesentlichen Markmals einer zunächst noch unbestimmten Zahl der generell beschlossenen Delikte (Dok.z.StGB S 223) nicht entgegen. Soweit der Angeklagte (unter A 2) vermeint, den nach Inhalt seiner falschen Bezichtigung von der Verbindung beschlossenen Angriffen auf Kinder von Staatspolizisten käme nicht das im § 278 Abs 1 StGB bei Gewalttaten gegen Leib und Leben vorausgesetzte erhebliche Gewicht zu, weil das für die erste Tatbegehung bereits angeschaffte Reinigungsmittel "Salmiak" (gemeint ist ersichtlich die unter der Bezeichnung "Salmiakgeist" im Handel erhältliche wässerige Lösung) kein geeignetes Mittel für eine erhebliche Gewalttat sei, geht er erneut nicht von den im Wahrspruch getroffenen Feststellungen in ihrer Gesamtheit aus, wonach er Angaben über beschlossene Säureattentate gegen Kinder von Staatspolizisten machte. Daß aber selbst die (wenn auch basisch reagierende) Chemikalie Salmiak(-geist) ungeachtet ihrer nur schwach ätzenden Wirkung gerade bei dem behaupteten Vorhaben der Anwendung gegen das Gesicht des Opfers keineswegs absolut ungeeignet ist, erhebliche körperliche Beeinträchtigungen - insbesondere im Bereich der Augen und der Schleimhäute - zuzufügen, sei ergänzend festgehalten. Als nicht dem Gesetz gemäß, weil nicht auf der Grundlage des (die Feststellung des Gefährdungsvorsatzes im Sinn des § 297 StGB in sich schließenden) Wahrspruchs ausgeführt, erweist sich auch das abschließende Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO, mit dem der Angeklagte unter Hinweis auf sein angebliches (mit einem Verleumdungsvorsatz im übrigen durchaus vereinbares) Motiv, seine Haft zu verkürzen, auf seine dem jugendlichen Alter entsprechende Unfähigkeit, komplizierte Zusammenhänge zu erfassen (das von ihm herangezogene psychiatrische Gutachten spricht ihm allerdings auch insoweit die - wenngleich eingeschränkte - Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nicht ab:
S 213 und 215/II) und auf seine als leugnend bezeichnete Verantwortung (vgl. jedoch S 238/II Mitte sowie S 258/II, dritt- und viertletzten Absatz) aus subjektiver Sicht eine Tatbestandsverwirklichung nach § 297 StGB bestreitet.
Zur Rechtsrüge gemäß § 281 (richtig: § 345 Abs 1)
Z 12 StPO (B der Beschwerdeausführung) und
zur Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO:
Der vom Beschwerdeführer (unter B 1) vertretenen Auffassung zuwider setzt die Verwirklichung des Tatbestands nach § 3 f VerbotsG (idF der Art. II, III und VIII Abs 1 StRAG 1974 iVM Art. X dieses Gesetzes) durch Begehung einer nach § 126 Abs 1 Z 7 StGB qualifizierten Sachbeschädigung als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn im Fall einer Mehrzahl von Beschädigungshandlungen nicht voraus, daß durch jede einzelne Tat ein 25.000 S übersteigender Schaden herbeigeführt wird. Schon die vor dem Inkrafttreten des Strafrechtsanpassungsgesetzes in Geltung gestandene Fassung des § 3 f VerbotsG, die (ua) die Begehung eines Verbrechens nach § 85 StG 1945 als Mittel der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn unter Strafe gestellt hatte, hatte eine Einschränkung der vom Beschwerdeführer behaupteten Art nicht enthalten, sondern undifferenziert alle Fälle des § 85 StG 1945, sohin auch alle boshaften Beschädigungen fremden Eigentums erfaßt, die nach lit a dieser Gesetzesbestimmung im Hinblick auf die Höhe des Schadens zum Verbrechen qualifiziert waren, ohne jene Fälle auszunehmen, in welchen nur die Anwendung des Zusammenrechnungsprinzips (§ 173 StG 1945; nunmehr § 29 StGB) auf mehrere bei isolierter Betrachtung als Übertretungen strafbare Beschädigungshandlungen einen die Verbrechensgrenze übersteigenden Gesamtschaden ergab. Ebensowenig wurde eine solche Einschränkung durch den Gesetzgeber des Strafrechtsanpassungsgesetzes getroffen. Sie kann auch nicht - wie der Beschwerdeführer vermeint - aus der Schwere der übrigen in § 3 f VerbotsG bezeichneten Delikte (Mord, Raub, Brandstiftung etc.) erschlossen werden, zumal der in den Strafdrohungen zum Ausdruck gelangende Unwert solcher strafbarer Handlungen durch die in § 126 Abs 1 Z 1 bis 6 StGB angeführten, jedenfalls mitumfaßten (siehe das Zitat im § 3 f VerbotsG) Fälle schwerer Sachbeschädigung keineswegs erreicht wird. Die Rechtsprechung zur gewerbsmäßigen Begehung schweren Diebstahls oder schweren Betrugs (Mayerhofer-Rieder2, § 130 StGB, ENr. 13; § 148 StGB, ENr. 1 und 1 a) kann vorliegend nicht analog herangezogen werden, weil sie vor allem auf den mit § 3 f VerbotsG keineswegs vergleichbaren Wortlaut der betreffenden Qualifikationsbestimmungen gestützt wird. Zur Verwirklichung des Tatbestands des § 3 f VerbotsG genügt es daher, daß mehreren versuchten oder vollbrachten Sachbeschädigungen die Qualifikation des § 126 Abs 1 Z 7 StGB auch nur durch Zusammenrechnung der Schadensbeträge aus den einzelnen Taten zukommt. Insoweit bilden mehrere von der Schadenszusammenrechnung erfaßten Vermögensdelikte eine Einheit (vgl. LSK 1978/58 zu § 29 StGB in bezug auf Diebstahl), vorliegend also (nach dem Wortlaut des § 3 f - wie auch des § 3 e - VerbotsG) eine strafbare Handlung nach § 126 StGB (vgl. auch 12 Os 179/83 = LSK 1984/76 zu § 126 StGB, 1984/86 zu § 3 f VerbotsG). Mit dem weiteren Einwand, seine "Absicht" (gemeint wohl: sein Vorsatz) sei nur auf Anbringen von Parolen und Zeichen, nicht jedoch auf Sachbeschädigung als Mittel nationalsozialistischer Betätigung gerichtet gewesen, weicht der Beschwerdeführer erneut von den im Wahrspruch durch Bejahung der Hauptfrage I auch zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen ab. Das darauf bezügliche Vorbringen (B 2) verfehlt mithin erneut eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrunds. Jenen Ausführungen, in welchen der Angeklagte die Eignung der im Schuldspruch I angeführten Handlungen, die Zielsetzungen des Nationalsozialismus der Bevölkerung näherzubringen, bestreitet (B 3), ist entgegenzuhalten, daß eine konkrete Gefährdung staatlicher Interessen zur Erfüllung des Tatbestands des § 3 f VerbotsG ebensowenig erforderlich ist wie zur Tatbestandsverwirklichung nach § 3 g dieses Gesetzes; denn die Gefährlichkeit der Betätigung im nationalsozialistischen Sinn wird vom Gesetzgeber generell präsumiert (EvBl 1987/40, 1972/238). Der unter B 4 der Beschwerdeausführung vertretenen Ansicht zuwider ist eine isolierte Prüfung jeder einzelnen Tathandlung darauf, ob sie (für sich allein) objektiv als Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinn beurteilt werden kann, für die rechtsrichtige Subsumtion keineswegs ausreichend. Neben Einzelhandlungen, die schon bei einer solchen Betrachtungsweise als typische Betätigung im Sinn des Nationalsozialismus zu erkennen sind, kann nämlich auch ein komplexes Handeln, dessen einzelne Teilakte für sich allein noch nicht als typisch nationalsozialistische Handlungen angesehen werden können, dieses Merkmal verwirklichen (vgl. erneut EvBl 1987/40 sowie 9 Os 12/62 tv in RZ 1962, 251).
Werden aber die Tathandlungen nicht isoliert, sondern in ihrem objektiv erkennbaren Zusammenhang bewertet, dann ergeben sich aus dem Wahrspruch keine rechtlichen Bedenken dagegen, das Eintreten der schon in ihrer Kurzbezeichnung die Beziehung zum Nationalsozialismus andeutenden "ANS" ("ANS-Graz") für Rudolf H***, und gegen das "NS-Verbot" in Verbindung mit dem Gebrauch nationalsozialistischer Symbole (Hakenkreuz, SS-Runen) sowie der Verwendung von dem Wortschatz dieser politischen Bewegung entlehnten Parolen oder Grußworten jeweils als Teilakte eines Gesamtverhaltens zu werten, welches (zT unter dem Deckmantel anderer, insbesondere humanitärer Erwägungen) darauf abzielte, Ziele des Nationalsozialismus, wie sie in den Jahren 1939 bis 1945 in Österreich ihre Auswirkung fanden, gutzuheißen, zu neuem Leben zu erwecken und zu fördern und hiedurch die im Frühjahr 1945 in Österreich geschaffene staatliche Ordnung zu untergraben.
Nichts anderes gilt von der für die Ideologie des Nationalsozialismus typischen Herabsetzung anderer Völker und Rassen insbesondere mit antisemitischer bzw. negroider Zielrichtung. Die das jüdische Volk bzw. die negroide Rasse anfeindenden Schmähparolen des zu I 1 a und 2 ("Juda verrecke !") bzw. zu I 4 b ("Affenhaus, Nigger raus!") erfaßten Inhalts stellen sich nämlich im Zusammenhang mit den weiteren urteilsgegenständlichen Aktivitäten des Angeklagten als Teilakte einer insgesamt gegen die demokratische Ordnung der Republik Österreich gerichteten propagandistischen Tätigkeit nationalsozialistischer Prägung dar, deren (Mit-)Beurteilung als Verbrechen nach § 3 f VerbotsG dem Beschwerdestandpunkt zuwider kein Subsumtionsirrtum zugrunde liegt.
Allerdings konnte sich der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang davon überzeugen, daß das angefochtene Urteil mit dem (in dieser Richtung nicht gerügten) materiellen Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 12 StPO behaftet ist, soweit dem Angeklagten die Anbringung der in Rede stehenden Schmähparolen nicht nur als Verbrechen nach § 3 f VerbotsG, sondern idealkonkurrierend auch als Vergehen der Verhetzung nach § 283 Abs 2 StGB angelastet wird. Da sich antisemitische bzw. rassistische Verhetzungen der hier inkriminierten Art (umso mehr im Zusammenhang mit den weiteren Tathandlungen zu I des Schuldspruchs) geradezu als spezifischer Ausdruck nationalsozialistischen Gedankenguts, mithin als Betätigungen im nationalsozialistischen Sinn darstellen, die durchwegs dem (im Vergleich zur Strafdrohung des § 283 StGB - drastisch - qualifizierten) speziellen Tatbestand nach § 3 f VerbotsG unterfallen, scheidet infolge (bloß) scheinbarer Idealkonkurrenz aus dem Rechtsgrund der Spezialität eine zusätzliche Tatbeurteilung nach § 283 Abs 2 StGB aus (Steininger im WK § 283 StGB Rz. 24; 12 Os 123/88). Die dem Erstgericht unterlaufene unrichtige Gesetzesanwendung wirkte sich zum Nachteil des Angeklagten aus, weshalb der Schuldspruch wegen des Vergehens der Verhetzung nach § 283 Abs 2 StGB (II) von Amts wegen zu eliminieren war (§ 290 Abs 1 StPO).
Dem weiteren (unter B 4 a und f erhobenen) Einwand des Angeklagten, das Besprühen von Gehsteigen (I 1 a und I 3 c) sei mangels einer Funktionsbeeinträchtigung solcher öffentlicher Verkehrsflächen keine Sachbeschädigung, kommt gleichfalls Berechtigung nicht zu: Das Anbringen von Symbolen einer staatsfeindlichen Bewegung auf einer öffentlichen Verkehrsfläche vermag eine die Interessen der betroffenen Gebietskörperschaft beeinträchtigende Veränderung der äußeren Erscheinung der Verkehrsfläche, sohin eine Verunstaltung - deren Eintritt, den Beschwerdeausführungen zuwider, eine Verminderung der Brauchbarkeit der Sache keineswegs voraussetzt (Leukauf-Steininger2, § 125 StGB RN 7) - jedenfalls dann zu verwirklichen, wenn die Beseitigung des Eingriffs einen ins Gewicht fallenden Aufwand an Material, Arbeit oder Zeit erfordert (vgl. insbesondere EvBl 1973/122; JBl 1977, 213; EvBl 1982/173). Die Tatfrage nach der Erfüllung der letzteren Voraussetzung wurde im Wahrspruch, von dessen Feststellungen bei Prüfung der Richtigkeit der rechtlichen Unterstellung der Tat auszugehen ist, bejaht.
Nicht auf der Tatsachengrundlage des Wahrspruchs baut die - solcherart nicht prozeßordnungsgemäße - Rechtsrüge (B 5) auf, die sich gegen die von den Geschwornen angenommene Schadenshöhe aus den Urteilstaten I 1 a (10.360 S) und I 3 d (18.165,60 S) richtet und (im übrigen ohne Deckung in der Aktenlage) den nicht vollständigen Verbrauch des zur Beseitigung des Schadens (I 1 a) angeschafften Materials, die mangelnde Notwendigkeit, die zu I 3 d gegenständlichen Beeinträchtigungen rückgängig zu machen, und eine Wertsteigerung des bezüglichen Objekts als Folge der Schadensbeseitigung behauptet (vgl. die Aussagen der Zeugen Erwin S*** S 260/II ff und Robert E*** S 263/II f, insbes. S 264: "Es wurde der alte Zustand wieder hergestellt"). Lediglich vollständigkeitshalber ist hinzuzufügen, daß der Zeuge Erich S*** für die Notwendigkeit des sonntägigen Einsatzes firmeneigener Arbeitskräfte des Kaufhauses B*** und Söhne zur Entfernung der Verunstaltungen (I 1 a) in möglichst kurzer Zeit durchaus plausible Gründe anführte. Anhaltspunkte dafür, daß die Behebung dieses Schadens (in einer dem Geschädigten zumutbaren Frist) auf andere Weise billiger gekommen wäre, hat das Verfahren nicht erbracht (Zeuge S*** S 261 unten: "Wir haben keinen Reinigungsdienst bekommen, weil zur damaligen Zeit gerade die Grazer Messe war"). Im übrigen verteuerte der Zuschlag für Sonntagsarbeiten die Kosten dieser Reinigung nur um 4.305 S, sohin in einer für die Überschreitung der Wertgrenze des § 126 Abs 1 Z 7 StGB durch den Gesamtschaden aus dem Deliktskomplex I/ nicht entscheidenden Höhe. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Zu den Unrechtsfolgen:
Bei der im Hinblick auf die getroffene Sachentscheidung erforderlichen Strafneubemessung war zu berücksichtigen, daß mit dem 1. Jänner 1989 das Bundesgesetz vom 20.Oktober 1988, BGBl. 1988/599, über die Rechtspflege bei Jugendstraftaten (Jugendgerichtsgesetz 1988) in Kraft getreten ist. Gemäß Art. IX Abs 1 dieses Gesetzes sind die neuen materiellen Bestimmungen nach der Aufhebung eines vor dessen Inkrafttreten gefällten Urteils unter den Voraussetzungen der §§ 1, 61 StGB (Günstigkeitsvergleich) anzuwenden, wobei dies mangels jedweder Einschränkung gleichermaßen auch für den (vorliegend aktuellen) Fall einer Teilaufhebung gilt (vgl. 13 Os 41/88 in bezug auf die analoge Problematik beim Strafrechtsänderungsgesetz 1987; RZ 1975/11 und 20 zur Übergangsbestimmung des § 323 Abs 2 StGB). Da gemäß § 5 Z 2 lit a JGG 1988 an die Stelle der (in § 3 f VerbotsG normierten) Androhung einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Androhung einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren tritt, wenn ein Jugendlicher (einer, der noch nicht das neunzehnte Lebensjahr vollendet hat: § 1 Z 2 JGG 1988) die Tat nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahres begangen hat (was auf den am 22.Jänner 1970 geborenen Angeklagten zutrifft), unterliegen die im konkreten Fall zu ahndenden Jugendstraftaten der (gegenüber § 11 Z 1 JGG 1961: fünf bis fünfzehn Jahre) günstigeren Strafdrohung nach dem neuen Recht. Bei der Neubemessung der Strafe, die nach einem sohin von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren reichenden Strafsatz vorzunehmen war, wurde das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend, als mildernd hingegen das Geständnis, die Gutmachung der im Rahmen des Tatkomplexes zu § 3 f VerbotsG herbeigeführten Sachschäden, die nachteilige Beeinflussung durch den gesondert verfolgten Erwachsenen Egon B*** sowie der Umstand gewertet, daß der Angeklagte nach dem jugendpsychologischen Gutachten nur über eine weitgehend reduzierte Fähigkeit zur Erfassung komplexer Zusammenhänge verfügt. Die Wiederholung der Verstöße gegen das Verbotsgesetz fiel, der erstgerichtlichen Auffassung zuwider, nicht als erschwerend ins Gewicht, weil sie bereits unter dem Gesichtspunkt der §§ 29 und 126 Abs 1 Z 7 StGB als Qualifikationskriterium ihren Niederschlag fand. Von den angenommenen Strafzumessungsgründen ausgehend und in der Erwägung, daß der Angeklagte nach den Verfahrensergebnissen die Taten in einer Entwicklungskrise verübt hat, die durch eine Nachreifung überwunden zu sein scheint, erweist sich die weit im unteren Bereich der gesetzlichen Strafdrohung bemessene Freiheitsstrafe von zwei Jahren als sachgerecht. Sie ist auch gegenüber der über den als Drahtzieher hinter den Straftaten des Angeklagten agierenden Egon B*** verhängten Sanktion (12 Os 123/88: drei Jahre Freiheitsstrafe) angemessen abgestuft. Unter Berücksichtigung des jugendlichen Lebensalters des Angeklagten, der bescheinigten Ansätze seiner Abkehr von nationalsozialistischem Gedankengut sowie des Umstands, daß er sich in diesem Verfahren nahezu neun Monate in Untersuchungshaft befand und damit erstmals mit einem (empfindlichen) Freiheitsentzug konfrontiert war, liegen sämtliche Voraussetzungen für die bedingte Nachsicht eines Teils der Strafe gemäß § 43 a Abs 3 StGB vor. Dabei erwies sich nach Lage des Falles eine quantitative Orientierung am gesetzlichen Mindestausmaß partieller Strafnachsicht als geboten (§ 43 a Abs 3, letzter Satz, StGB). Denn wenn auch bei der Ahndung von Jugendstraftaten gewiß der Spezialprävention der Vorrang einzuräumen ist (§ 5 Z 1 JGG 1988 "den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten"; siehe auch NR:GP XVII AB 738, Seite 4, erste Spalte unten, zweite Spalte oben), so kann doch bei einer auf soziale Resonanz abzielenden, politisch motivierten Delinquenz auch bei einem jugendlichen Täter auf generalpräventive Belange nicht gänzlich verzichtet werden, wie sie in einem aktuellen (Teil-) Vollzug eines Strafübels verläßlich gesichert werden.
Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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