OGH 8Ob673/88

OGH8Ob673/8824.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Dr. Georg K***, Trafikant, 5020 Salzburg, Vierthalerstraße 12, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei AUSTRIA T*** AG, vorm. Ö*** T***,

5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 55, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Anerkennung einer Vertragskündigung und Übertragung der Verschleißbefugnis (Streitwert: S 70.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 28. Juni 1988, GZ 6 R 148/88-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 16. März 1988, GZ 9 Cg 286/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.088,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 29. April 1966 übertrug die beklagte Partei dem Kläger die Tabaktrafik in Salzburg, Universitätsplatz 1, freihändig und definitiv. Auf dieses Vertragsverhältnis finden die Vorschriften des Tabakmonopolgesetzes, BGBl. 1968/38, sowie gemäß § 40 Abs 2 dieses Gesetzes auch die im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 1. Februar 1968 verlautbarten Allgemeinen Vertragsbedingungen für Tabaktrafikanten (AVBT) Anwendung.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 1986 legte der Kläger die Verschleißbefugnis zugunsten seines Sohnes Georg K***, geboren am 17. Jänner 1973, zurück. Als gesetzlicher Vertreter des Sohnes suchte er mit Schreiben vom 23. November 1986 um die Erteilung der Verschleißbefugnis an. Dieses Ansuchen wurde mit Schreiben der beklagten Partei vom 26. November 1986 abgewiesen. Die beklagte Partei sprach mit Schreiben vom 4. Dezember 1986 die Kündigung des mit dem Kläger abgeschlossenen Trafikantenbestellungsvertrages aus. Der Kläger begehrt nun von der beklagten Partei die Anerkennung der Zurücklegung der Verschleißbefugnis zugunsten seines Sohnes und der für seinen Sohn eingebrachten Bewerbung sowie die Übertragung der Verschleißbefugnis an diesen. Es seien sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der Verschleißbefugnis an seinen Sohn, der darauf einen Rechtsanspruch habe, gegeben.

Die beklagte Partei wendete ein, die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 26 TabMG 1968 lägen nicht vor. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte zusätzlich zu den oben wiedergegebenen unbestrittenen Tatsachen folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger begründete die Zurücklegung der Verschleißbefugnis zugunsten seines Sohnes damit, daß ein Schiedsgerichtsverfahren betreffend Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension eingeleitet wurde und bereits Sachverständigengutachten vorlägen. Am 12. November 1986 kam es zwischen dem Kläger und dem Prokuristen der beklagten Partei Dr. Franz S*** zu einem Gespräch betreffend die über den Kläger (mit Verfügung vom 28. Juli 1986, bestätigt durch die Generaldirektion der beklagten Partei vom 17. September 1986, Beilagen ./B und ./D) verhängte Geldbuße von S 39.805,50, weil er die Tabaktrafik durch einige Zeit durch eine andere Person hatte führen lassen und weil er Tabakwaren unter dem festgelegten Preis verkauft hatte. Bei diesem Gespräch wurde vereinbart, daß der Kläger bis 15. Dezember 1986 einen begünstigten Bewerber für die Trafik namhaft machen könne. Dr. S*** wies aber darauf hin, daß die Bewerbung des Sohnes des Klägers von der beklagten Partei nicht angenommen werde, weil dieser bereits einen Anspruch auf die Trafik der Mutter habe. Wegen Nichtzahlung der Geldbuße kündigte die beklagte Partei schließlich ihrerseits den Trafikantenbestellungsvertrag. Diese Kündigung wurde mit Schreiben der Generaldirektion der beklagten Partei vom 8. Jänner 1987 bestätigt. Als Zeitpunkt für die Beendigung der Führung der Trafik wurde der 28. Februar 1987 festgelegt. Am 1. März 1987 wurde die Trafik geschlossen.

Der Sohn des Klägers besucht die Mittelschule in Tamsweg und wohnt bei seiner Mutter in Murau. Den Unterhalt dieses Kindes bestreitet die Mutter. Nur in den Ferien, die der Minderjährige beim Kläger verbringt, kommt dieser für den Unterhalt auf. Er tätigt auch besondere Anschaffungen für den Sohn. Die Mutter des mj. Georg K*** hat einen Tabakverlag und eine Tabakverschleißbefugnis in Murau. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Kläger von der Erteilung der Verschleißbefugnis an seinen Sohn abhängig gewesen sei. Eine bedingte Kündigung sei aber nach den Vorschriften des Tabakmonopolgesetzes nicht zulässig, sodaß die beklagte Partei eine solche Kündigung nicht zur Kenntnis nehmen müsse. Auf das Ansuchen des Sohnes des Klägers sei nicht weiter einzugehen gewesen. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es verneinte die in der Unterlassung der Einvernahme des Dr. S*** über den Inhalt des Gespräches zwischen dem Kläger und diesem vom 12. Jänner 1986 behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens, billigte die erstgerichtliche Beweiswürdigung und führte zur Rechtsfrage folgendes aus:

Die Erklärung des Klägers, die Verschleißbefugnis zugunsten seines Sohnes zurückzulegen, könne nach ihrem objektiven Verständnis nur bedeuten, daß die Rechtswirkungen der Kündigung erst eintreten sollen, wenn dem Dritten die Verschleißbefugnis übertragen werde. Es handle sich dabei um eine aufschiebende Bedingung. Der Schwebezustand ende erst mit dem Eintritt der Bedingung. Mangels Rechtswirksamkeit der vom Kläger ausgesprochenen Kündigung komme der später von der beklagten Partei ausgesprochenen Kündigung für die Beendigung des Vertragsverhältnisses Bedeutung zu. Da der Kläger eine Anfechtung dieser Kündigung, wofür die Gerichte zuständig wären, unterließ, sei die Zulässigkeit der von der beklagten Partei ausgesprochenen Kündigung nicht zu prüfen. Ebenso wenig sei es von Bedeutung, ob die Verhängung der Geldbuße, welche vom Kläger ebenfalls nicht bekämpft wurde, zu Recht erfolgt sei. Im übrigen habe der Sohn des Klägers keinen Anspruch auf Übertragung der Verschleißbefugnis, weil die Bewerbung eines nicht vollgeschäftsfähigen Bewerbers nur im Einverständnis mit der Besetzungskommission zugelassen werden könne. Es handle sich dabei um eine Kannbestimmung, wobei die beklagte Partei wegen des privatrechtlichen Charakters des Verhältnisses zu einem Bewerber nicht verpflichtet sei, sich mit einem solchen Anbot zu befassen. Es bestehe auch kein Anspruch des Bewerbers darauf, daß die Besetzungskommission mit seinem Anbot befaßt werde. Außerdem seien die Voraussetzungen des § 26 Abs 4 Tabakmonopolgesetz (Bestreitung des Unterhaltes aus diesem Tabakverschleißgeschäft) nicht gegeben. Schließlich sprach das Berufungsgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im klagestattgebenden Sinn abzuändern, in eventu, es aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht als solche nicht anerkannt wurden, können im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (SZ 22/106; jüngst 7 Ob 62/87, 8 Ob 2/88, 7 Ob 559/88). Auf die in der Revision abermals erfolgte Rüge der Unterlassung der Einvernahme des Dr. S*** als Zeugen über den Inhalt seines Gespräches mit dem Kläger am 12. November 1986 ist daher nicht weiter einzugehen. Auch die Rechtsrüge ist aus folgenden Erwägungen nicht zielführend:

Die Kündigung eines Vertragsverhältnisses ist eine auf Vertragsauflösung gerichtete empfangsbedürftige Willenserklärung, die unmittelbare rechtsgestaltende Wirkungen hat. Es handelt sich dabei um eine nicht feststellungsfähige Rechtshandlung (Arb. 9860 mwN). Das Klagebegehren, das der Kläger stellte, ist demnach in Wahrheit als ein solches aufzufassen, daß die Feststellung der Auflösung des Vertragsverhältnisses mit ihm und die Verpflichtung der beklagten Partei zum Abschluß eines neuen Vertrages mit seinem Sohn zum Gegenstand hat. Die im Schreiben des Klägers vom 27. Oktober 1986 (Beilage ./F) abgegebene Erklärung, er lege gemäß Punkt 23 Abs 8 der Allgemeinen Vertragsbedingungen seine Verschleißbefugnis zugunsten seines Sohnes Georg K***, geboren am 17. Jänner 1973, nach § 24 Abs 2 und § 26 TabMG 1968 zurück, kann bei der gemäß § 914 ABGB geforderten Auslegung nach der Übung des redlichen Verkehrs nur so verstanden werden, daß der Kläger sein Vertragsverhältnis nicht schlechthin beenden wollte, wozu er jederzeit ohne Angabe von Gründen berechtigt ist und worauf er in der Rechtsmittelschrift hinweist, sondern daß er durch diese Erklärung den Übergang der Tabaktrafik auf seinen Sohn bewirken wollte. Gerade das bedeutet eben die Einschränkung der zunächst ausgedrückten Zurücklegung der Verschleißbefugnis durch die im folgenden angeführte Wendung "zugunsten meines Sohnes ...." und die Anführung der für die Einräumung der Verschleißbefugnis an den Sohn maßgebenden Gesetzesstellen. Die Vorinstanzen erkannten daher richtig, daß der Kläger lediglich eine bedingte Kündigung des Vertragsverhältnisses vornahm. Die Kündigung des Vertragsverhältnisses bloß unter einer Bedingung kann nicht schlechthin als unzulässig angesehen werden; das Tabakmonopolgesetz selbst sieht solche bedingte Kündigungen in bestimmten Fällen (§ 23 Abs 2 lit. d, § 24 Abs 1 lit. e TabMG 1968) vor und schließt sie für andere Fälle jedenfalls nicht aus. Selbst wenn man darüber hinaus die Bestimmung des § 26 Abs 1 erster Satz TabMG 1968, wonach bei Kündigung des Bestellungsvertrages durch den Inhaber eines selbständigen Tabakverschleißgeschäftes aus bestimmten dort angeführten Gründen in der Folge das freigewordene Tabakverschleißgeschäft an bestimmte Angehörige des bisherigen Inhabers zu vergeben ist, so auslegt, daß auch dann die Kündigung nicht unbedingt, sondern nur im Falle der tatsächlichen Erfüllung des Anspruches des nahen Angehörigen wirksam sein kann, und wenn überdies (ungeprüft) vorausgesetzt würde, daß der Abgeber der Trafik in einem solchen Fall auch den Anspruch des nahen Angehörigen auf Übertragung der Verschleißbefugnis (im eigenen Namen) geltend machen könnte, kann das Klagebegehren dennoch aus folgenden Gründen nicht erfolgreich sein:

Die Bestimmungen des III. Abschnittes des Tabakmonopolgesetzes über Ausschreibung und Besetzung von Tabakverschleißgeschäften enthalten zum Teil Bestimmungen, die den inneren Willensbildungsprozeß der beklagten Partei regeln, zum Teil Bestimmungen, die einen Rechtsanspruch bestimmter Personen auf Vergebung eines freigewordenen Tabakverschleißgeschäftes (§ 26 Abs 1) enthalten. Nur im letztgenannten Fall kommt die gerichtliche Geltendmachung eines solchen Anspruches in Frage. Ein Rechtsanspruch des Sohnes des Klägers auf Vergabe des Tabakverschleißgeschäftes des Klägers scheitert aber schon daran, daß bei ihm der nach § 26 Abs 1 TabMG maßgebende Ausschließungsgrund des § 24 Abs 1 lit. b TabMG der nicht vollen Geschäftsfähigkeit gegeben ist. Die im § 24 Abs 2 TabMG vorgesehene Möglichkeit des Absehens von diesem Erfordernis mit Einverständnis der Besetzungskommission schließt einen Rechtsanspruch des Sohnes des Klägers auf Übertragung der hier klagsgegenständlichen Tabakverschleißbefugnis aus, weil es sich dabei um eine Vorschrift handelt, die der beklagten Partei ein - überdies von der Zustimmung anderer Personen abhängiges - im Rahmen der inneren Willensbildung auszuübendes Ermessen einräumt. Besteht aber kein Rechtsanspruch des Sohnes des Klägers auf Übertragung der Verschleißbefugnis, so wurde die dadurch bedingte Zurücklegung der Verschleißbefugnis durch den Kläger mangels Eintrittes der Bedingung nicht wirksam, sodaß auch dem in seinem Begehren enthaltenen Verlangen auf Feststellung der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht stattgegeben werden kann. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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