OGH 5Ob80/88

OGH5Ob80/8825.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Franz H***, Kaufmann, Hohenbergerstraße 44/1/15, 1120 Wien, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Luise H***, 2.) Anton L*** OHG, 3.) Helene K***, 4.) Peter D***, 5.) Edith S***, 6.) Maria K***, 7.) Maria M***, 8.) Franz P***,

  1. 9.) Peter K***, 10.) Josef P***, 11.) Stefanie F***,
  2. 12.) Josef K***, 13.) Christa M***, 14.) Eugen K***,
  3. 16.) Maria M***, 17.) Maria B***, 18.) Edmund S***,
  4. 19.) Gerhard WYT, 20.) Beata K***, 21.) Elisabeth S***,
  5. 22.) Otto W***, 23.) Dr. Charlotte J***, 24.) Josef F***,
  6. 25.) Robert S***, 26.) Anna W***, 27.) Helmut B***, 28.) Eva W***, 29.) Maria K***, 30.) Margarete N***, 31.) Maria T***, 32.) Roland H***, 33.) Dr. Ingeborg B***, 34.) Sonja A***, 35.) Helmgard H***, 36.) Dr. Paula K***,
  7. 37.) Gertrude T***, 38.) Ingrid B***, 39.) Herbert S***,
  8. 40.) Karl V***, 41.) Kurt S***, 42.) Rudolf L***,
  9. 43.) Susanna J***, 44.) Christa H***, 45.) Otto P***,
  10. 46.) Hermine K***, 47.) Josefa J***, 48.) Erich R***,
  11. 49.) Erika S***, 50.) Hermine W***, 51.) Rudolf L***, 52.) Erwin R***, 53.) Elisabeth A***, 54.) Maria G***, 55.) Helmut B***,

    56.) Mag. Christine R***, 57.) Rainer P***, 58.) Ursula J***, 59.) Margarete Z***, 60.) Ing. Friedrich J***,

  1. 61.) Elisabeth E***, 68.) Franz E***, 69.) Gertrude E***,
  2. 70.) Engelbert S***, 71.) Edith S***, 72.) Maria P***,
  3. 73.) Josef R***, 74.) Elisabeth R***, 75.) Maria S***,
  4. 76.) Leopold T***, 77.) Mag. Max A***, 78.) Henriette A***, 79.) Gerhard D***, 80.) Dr. Heribert N***,

    81.) Emilie N*** und 82.) Lepoldine N***, sämtliche Wohnungseigentümer im Hause Schwendergasse 5-13, 1150 Wien, die 4., 6., 7., 10., 13., 14., 20., 24., 26., 28., 29., 30., 34., 39., 40., 41., 43., 44., 46., 48., 50., 51., 53., 54., 60., 73., 75., 76., 78., 79. und 82. Antragsgegner vertreten durch Dr. Rudolf Krilyszyn, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 26 Abs 1 Z 5 WEG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12. April 1988, GZ 41 R 131/88-33, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 2. Dezember 1987, GZ 5 Msch 3/86-29, unter Rechtskraftvorbehalt als nichtig aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Das Erstgericht sprach mit Sachbeschluß aus, daß der Betriebskostenverteilungsschlüssel im Haus Schwendergasse 7-13, 1150 Wien, hinsichtlich der Aufzugskosten dem Verhältnis der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit nicht entspricht und dahin abgeändert wird, daß der auf den Antragsteller entfallende Anteil an den Aufzugskosten auf die Antragsgegner im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile aufgeteilt wird. Den weiteren Antrag des Antragstellers auf Feststellung, ob der Betriebskostenverteilungsschlüssel hinsichtlich Kanalkosten, Wassergebühren und Stromkosten dem Verhältnis der Nutzungsmöglichkeit entspricht, sowie auf Festsetzung eines der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeit entsprechenden Verteilungsschlüssels nach billigem Ermessen wies das Erstgericht zwar nicht ausdrücklich, aber doch deutlich erkennbar ab. Aus Anlaß des Rekurses des Antragstellers gegen den seinen Antrag abweisenden Teil des erstgerichtlichen Sachbeschlusses - der dem Antrag stattgebende Teil des erstgerichtlichen Sachbeschlusses war mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen - hob das Rekursgericht den angefochtenen Teil des erstgerichtlichen Sachbeschlusses als nichtig auf; es trug dem Erstgericht diesbezüglich die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens durch Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung sämtlicher Antragsgegner auf, und zwar aus folgenden Erwägungen:

In einem Verfahren über die Zulässigkeit eines vereinbarten oder die Festsetzung eines abweichenden Verteilungsschlüssels für Aufwendungen (§ 19 Abs 2 WEG) komme allen Miteigentümern Parteistellung zu, obwohl § 26 Abs 2 Z 3 WEG die Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG nicht ausdrücklich als solche erwähne, bei denen alle anderen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft als Parteien beizuziehen seien (Würth-Zingher, MRG2, Anm. 10 und 11 zu § 56 MRG; MietSlg 37.662, 38.681).

Zutreffend habe der Antragsteller daher seinen Antrag gegen sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft gerichtet. Das Erstgericht habe dem Erfordernis der Beiziehung der Antragsgegner aber nur insoweit Rechnung getragen, als es diese vom verfahrenseinleitenden Antrag und der Anberaumung der ersten mündlichen Verhandlung durch Zustellung der Ladung durch den im § 26 Abs 2 Z 6 WEG geregelten Anschlag in sämtlichen Stiegenhäusern, verbunden mit einer individuellen Zustellung an einen der Miteigentümer (§ 26 Abs 2 Z 7 WEG), verständigt habe. Ladungen zu den weiteren vier Verhandlungsterminen, bei denen nicht nur Ergänzungen des wechselseitigen Vorbringens, sondern auch zahlreiche Beweisaufnahmen erfolgt seien, seien hingegen nur an die durch Rechtsanwalt Dr. K*** vertretenen Antragsgegner sowie an diejenigen Antragsgegner ergangen, denen die Verhandlungstermine jeweils anläßlich der vorangehenden Verhandlung bekannt gegeben worden waren. Eine Verständigung aller übrigen Antragsgegner sei - sehe man von der Ladung eines Antragsgegners zur Parteieneinvernahme ab - weder durch Anschlag im Haus noch durch individuelle Zustellung geschehen. Den von der Verhandlung nicht verständigten Antragsgegnern sei daher durch ungesetzlichen Vorgang die Möglichkeit entzogen worden, vor Gericht zu verhandeln und zum ergänzenden Vorbringen des Antragstellers und den Beweisergebnissen Stellung zu nehmen, was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dieser Parteien darstelle.

Wenn auch der Oberste Gerichtshof in seiner nicht veröffentlichten Entscheidung 5 Ob 74/74 unter Bezugnahme auf SZ 25/223 ausgesprochen habe, daß der im streitigen Verfahren geltende Grundsatz, wonach der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO auch dann vorliege, wenn einer Partei die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, nicht gänzlich, sondern nur bei einem von mehreren Verhandlungsterminen entzogen worden sei (JBl 1948, 479), im Außerstreitverfahren nicht gelte, so habe dieser Grundsatz nach Auffassung des Rekursgerichtes doch auf jene Fälle beschränkt zu bleiben, in denen es den Parteien offenstand, im fortgesetzten Verfahren all das nachzuholen, was sie bei dieser Tagsatzung wegen des dem Gericht unterlaufenen Fehlers nicht vorbringen konnten. Sei den Parteien die Möglichkeit, zumindest zu der der Entscheidung vorangehenden Verhandlung zu erscheinen, durch Unterlassung der Verständigung vom Verhandlungstermin entzogen worden und sei ihnen auch nicht die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme zu den Verhandlungsergebnissen eingeräumt worden, indem ihnen diese zumindest zur Kenntnis gebracht wurden, so stelle dies hingegen in dem durch das Neuerungsverbot im Rechtsmittelverfahren gekennzeichneten außerstreitigen Verfahren nach dem WEG (Faistenberger-Barta-Call, WEG 812) eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, die auch im außerstreitigen Verfahren Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO begründe (SZ 56/109 = JBl 1985, 43). Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren sämtlichen Antragsgegnern nach Zurkenntnisbringung der einzelnen Beweisergebnisse Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. zur Erstattung von Vorbringen zu gewähren haben.

Es sei sohin die Entscheidung - soweit sie noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei -, ohne in eine inhaltliche Prüfung eingehen zu können, als nichtig aufzuheben gewesen. Der Rechtskraftvorbehalt gründe sich auf § 26 Abs 2 WEG in Verbindung mit § 37 Abs 3 Z 18 MRG und § 527 Abs 2 ZPO. Die Rechtssache sei deshalb von grundsätzlicher Bedeutung, weil die Frage, ob die Unterlassung der Ladung von Parteien im außerstreitigen Verfahren nach dem WEG zumindest zu der der Entscheidung vorangehenden Verhandlung Nichtigkeit begründe, soweit überblickbar, vom Obersten Gerichtshof noch nicht behandelt worden sei.

Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Rekurs des Antragstellers gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß stattgegeben werde. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Obgleich die Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG in § 26 Abs 2 Z 2 bis 4 WEG in der Fassung des § 56 Z 3 MRG nicht ausdrücklich erwähnt sind, kommt in diesen Verfahren - wie das Rekursgericht richtig erkannt hat - allen jeweiligen Miteigentümern der Liegenschaft Parteistellung zu (5 Ob 46/88 unter Berufung auf Würth-Zingher, MRG2, 234, Anm. 10 bis 12; so schon zur alten Rechtslage MietSlg 29.537, 35.661 ua). Es genügte daher angesichts der Gestaltung des vorliegenden Verfahrens entgegen der Meinung des Antragstellers nicht, daß das Erstgericht alle Antragsgegner vom verfahrenseinleitenden Antrag und von der Anberaumung der ersten mündlichen Verhandlung durch Zustellung der Ladung mittels des im § 26 Abs 2 Z 6 WEG geregelten Anschlages in sämtlichen Stiegenhäusern, verbunden mit einer individuellen Zustellung an einen der Miteigentümer (§ 26 Abs 2 Z 7 WEG), verständigte. § 80 Z 2 EO gilt nur für die Exekution aufgrund von im Ausland errichteten Akten und Urkunden. Wie das Rekursgericht zutreffend darlegte, hätte das Erstgericht vielmehr wegen der Ergänzungen des Parteienvorbringens und der zahlreichen Beweisaufnahmen in weiteren Verhandlungstagsatzungen allen Antragsgegnern durch ordnungsgemäße Ladung (§ 26 Abs 2 Z 7 WEG) zumindest zu der der Entscheidung unmittelbar vorangehenden Verhandlungstagsatzung die Möglichkeit zum Erscheinen oder durch die Mitteilung der Verhandlungsergebnisse in geeigneter Form die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme hiezu geben müssen. Da im Rechtsmittelverfahren nach § 26 Abs 2 WEG in Verbindung mit § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG - anders als nach § 10 AußStrG - das Neuerungsverbot gilt, muß den Parteien noch in erster Instanz die Gelegenheit zu einem Sachvorbringen und zu Beweisanträgen gegeben werden (vgl. zu § 477 Abs 1 Z 4 ZPO Fasching, Kommentar IV 128 und JBl 1948, 479 sowie zu § 37 Abs 3 Z 16 bis 18 MRG Würth-Zingher, MRG2, 175, Anm. 31 und MietSlg 35.429/29, 5 Ob 91/87, 5 Ob 2/88). Da dies nicht geschehen ist (von der letzten Verhandlungstagsatzung am 7. Oktober 1987 wurden nur die Rechtsanwälte Dr. S*** und Dr. K*** sowie der Antragsteller und die 32., 36. [die gemäß § 26 Abs 2 Z 7 WEG bestimmte Mit- und Wohnungseigentümerin] und 76. Antragsgegner verständigt, ein Anschlag in allen Stiegenhäusern unterblieb: ON 20 bis 22), wurde der angefochtene Teil des erstgerichtlichen Sachbeschlusses vom Rekursgericht zu Recht als nichtig aufgehoben. Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte