Normen
MRG §2 Abs3
MRG §37 Abs1 Z1
MRG §2 Abs3
MRG §37 Abs1 Z1
Spruch:
Einem zwischen Hauseigentümer und Untermieter anhängigen Verfahren nach § 37 Abs. 1 Z 1 MRG wegen Anerkennung als Hauptmieter gemäß § 2 Abs. 3 MRG ist der Untervermieter als Partei zuzuziehen
Diese Bestimmung des § 2 Abs. 3 MRG ist in jedem Fall einer Vertragsbeziehung anzuwenden, durch die zur Schmälerung der Rechte des Hauptmieters einem Strohmann die Stellung als Untervermieter verschafft wird
OGH 28. 6. 1983, 5 Ob 30/83 (LGZ Graz 3 R 9/83; BGZ Graz 6 Msch 10/82)
Text
Die vom Antragsteller nach § 39 Abs. 1, § 37 Abs. 1 Z 1 und § 2 Abs. 3 MRG am 31.3. 1982 angerufene Gemeinde entschied, daß dem Hauseigentümer, den sie als Gegner dem Verfahren beigezogen hatte, aufgetragen werde, den Antragsteller als Hauptmieter der im 2. Stock des Hauses in Graz, G-Straße 31, gelegenen Wohnung der Kategorie B mit 75 m2 Nutzfläche gegen Entrichtung des Monatsmietzinses ab dem 1. 4. 1982 von 1856.25 S zuzüglich anteiliger Betriebskosten, Steuern und Abgaben anzuerkennen.
Der Hauseigentümer gab sich mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und rief das Gericht an (§ 40 Abs. 1 MRG).
Der Antragsteller begehrte im gerichtlichen Verfahren die Feststellung, daß er Hauptmieter sei. Der Hauseigentümer habe mit seiner Mutter einen Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung und Umgehung der einem Hauptmieter zustehenden Rechte geschlossen. Er sei als Hauptmieter anzuerkennen.
Der Gegner beantragte, den Antrag abzuweisen. Er habe diese Wohnung schon beim Ankauf des Hauses für die Zurverfügungstellung von Geldmitteln seiner Mutter auf Lebenszeit zur unentgeltlichen Nutzung überlassen. Sie habe die Wohnung dem Antragsteller untervermietet. Es fehle an den Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 MRG, weil kein Hauptmietvertrag bestehe.
Das Erstgericht entschied mit Sachbeschluß, der Antragsteller werde als Hauptmieter der Wohnung anerkannt. Es ging dabei im wesentlichen von folgenden zusammengefaßt wiedergegebenen Feststellungen aus: Der Gegner hat bei Erwerb der Liegenschaft durch Kauf am 15. 1. 1979 von seiner Mutter einen Geldbetrag erhalten, weil sein Bruder die elterliche Landwirtschaft übernommen und der Gegner nichts bekommen hatte. Der Antragsteller kam mit dem Hauseigentümer in einem Kaffeehaus ins Gespräch und erwähnte, er suche eine Wohnung. Der Hauseigentümer erklärte, in seinem Haus sei eine Wohnung frei geworden. Sie einigten sich auf einen Mietzins von 4500 S monatlich zuzüglich der Betriebskosten. Nach einer Besichtigung durch Bekannte des Antragstellers teilte dieser dem Hauseigentümer mit, er nehme die Wohnung. Auf die Aufforderung des Hauseigentümers begab sich der Antragsteller zu einem Rechtsanwalt und unterfertigte dort einen Untermietvertrag vom 5. 2. 1982 mit der Mutter des Eigentümers, die sich als Hauptmieterin bezeichnete. Das auf unbestimmte Zeit geschlossene Bestandverhältnis begann am 1. 12. 1981. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Hauseigentümer und seiner Mutter wurde dem Antragsteller nicht offengelegt. Er hat mit der Untervermieterin nie gesprochen und sie erst im gerichtlichen Verfahren gesehen. Der Mietzins wurde dem Antragsteller vom Hausverwalter vorgeschrieben und auf ein Konto des Hauseigentümers eingezahlt. Erst am 14. 6. 1982 kam es zwischen dem Hauseigentümer und seiner Mutter zum Abschluß einer schriftlichen Vereinbarung, wonach beim Ankauf der Liegenschaft diese Wohnung einem der Verkäufer befristet bis 31. 1. 1982 vermietet und als Gegenleistung für die dem Hauseigentümer zur Verfügung gestellten Geldmittel seiner Mutter nach Beendigung dieses Mietverhältnisses auf Lebensdauer das unentgeltliche Nutzungsrecht an der Wohnung eingeräumt wurde. Der Mieter habe das Bestandverhältnis im November 1981 beendet. Seither sei die Mutter des Hauseigentümers als Nutzungsberechtigte befugt, die Wohnung zu bewohnen oder sie zu vermieten. Seit Juli 1982 zahlt der Antragsteller nur mehr monatlich 1856.25 S an Mietzins.
Das Erstgericht meinte, die Vereinbarung vom 14. 6. 1982 erwecke den Verdacht, daß es sich um einen nachträglichen Versuch handle, die Stellung des "Untermieters" glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Wenn überhaupt, so sei ein Hauptmietvertrag zwischen dem Hauseigentümer und seiner Mutter nur zur Umgehung der dem Antragsteller als Hauptmieter zustehenden Rechte geschlossen worden. In Wahrheit sei der Bestandvertrag zwischen dem Hauseigentümer und dem Mieter geschlossen, der daher nach § 2 Abs. 3 MRG als Hauptmieter anzuerkennen sei.
Das Rekursgericht änderte mit Sachbeschluß die Entscheidung des Erstrichters in Abweisung des Antrages ab. Es erachtete die Tatsachenfeststellungen als zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung ausreichend und übernahm sie. Die Bestimmung des § 2 Abs. 3 MRG, wonach der Mieter, mit dem ein Untermietvertrag geschlossen worden ist, begehren kann, als Hauptmieter des Mietgegenstandes mit den sich aus dem Mietrechtsgesetz ergebenden Rechten und Pflichten anerkannt zu werden, wenn bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln, daß ein Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter zustehenden Rechte geschlossen worden ist, gelte auch für vor dem 1. 1. 1982 geschlossene Verträge (§ 43 Abs. 1 MRG). Antragsrecht des Untermieters und die Zuständigkeit des Außerstreitrichters seien anzunehmen, wenn ein Untermietvertrag geschlossen und der Untervermieter als Hauptmieter bezeichnet wurde. Die Vorschrift bezwecke den Schutz des als Untermieter bezeichneten Wohnungsbenützers gegen Scheingeschäfte. Es bleibe aber zweifelhaft, ob das Rechtsgeschäft zwischen dem Hauseigentümer und seiner Mutter nur zur Untervermietung und zur Umgehung der dem Hauptmieter zustehenden Rechte geschlossen wurde, weil der Mutter die Verfügungsgewalt über die Wohnung als Entgelt für ihre Hilfe bei der Finanzierung des Kaufpreises und zu ihrer Versorgung eingeräumt erhielt. Überdies beziehe sich die Bestimmung des § 2 Abs. 3 MRG nur auf den Abschluß von Hauptmietverträgen als Umgehungsgeschäft und komme nicht zur Anwendung, wenn die Nutzungsberechtigte nach § 2 Abs. 2 MRG Unterbestandgeber sei.
Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Revisionsrekurses des Antragstellers die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen und das Rechtsmittelverfahren als nichtig auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Sachentscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das zulässige Rechtsmittel veranlaßt die Prüfung des durch das Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 1981/520, geregelten, dem Schutz des Mieters vor Umgehungsgeschäften dienenden und als Angelegenheit nach § 37 Abs. 1 Z 1 MRG im Verfahren außer Streitsachen mit den Besonderheiten des § 37 Abs. 3 MRG zu behandelnden Begehrens auf Anerkennung als Hauptmieter nach § 2 Abs. 3 MRG, seines Anwendungsbereiches und der verfahrensrechtlichen Abwicklung. Nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 3 MRG könnte zunächst mit dem Rekursgericht angenommen werden, der vorliegende Fall der vertragsmäßigen Einräumung eines Benützungsrechtes ohne Abschluß eines Hauptmietvertrages werde davon überhaupt nicht erfaßt. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift des § 2 Abs. 3 MRG verschiedentlich bekanntgewordene Umgehungsgeschäfte - wie etwa die Überlassung eines frei gewordenen Mietgegenstandes durch den Hauseigentümer an einen nahen Angehörigen oder sonstigen Strohmann in Hauptmiete, der sodann den Mietgegenstand (nominell) in Untermiete vermietet - unterbinden. Es sollte das Schutzbedürfnis des (nominellen) Untermieters durch die spezifische Erfassung des durch die Einschaltung eines Angehörigen oder Strohmannes verborgenen Vermietungsablaufes nach seiner wahren Beschaffenheit (vgl. § 916 Abs. 1 ABGB) gesichert werden (RV 425 BlgNR 15. GP zum § 2). Obwohl dort auch die Ansicht vertreten wird, die neue Definition der Haupt- und Untermiete entspreche dem früheren Recht und der Judikatur, wurden neue Begriffsinhalte geschaffen (Würth - Zingher, MRG MSA Nr. 20 a, Anm. 1 zu § 2 MRG). So liegt nun Hauptmiete nur vor, wenn der Mietvertrag mit dem "Eigentümer oder Fruchtnießer der Liegenschaft" - bei Wohnungseigentum mit dem Wohnungseigentümer - geschlossen wird (§ 2 Abs. 1 MRG). Wird der Mietvertrag mit Personen geschlossen, die ihrerseits nur ein vertragsmäßig eingeräumtes Benützungsrecht haben, liegt nun Untermiete vor (§ 2 Abs. 2 MRG), während früher eine Definition des Begriffs der Untermiete fehlte, darunter aber die Überlassung des Benützungsrechtes des Mieters verstanden wurde, während Hauptmiete die Überlassung der Sache selbst zum Gegenstand hatte (Zingher, MSA Nr. 20[18], Anm. 1 § 19 Abs. 2 Z 12 MG). Stand dem Vermieter die Dienstbarkeit der Wohnung zu, galt ihre Vermietung als Hauptmiete (SZ 8/24). Es ist daher die Annahme berechtigt, daß der Gesetzgeber den verstärkten Schutz des (nominellen) Untermieters vor Umgehungsgeschäften des Eigentümers nicht darauf einschränken wollte, daß als Umgehungsgeschäft ein Hauptmietvertrag vorgeschoben wird, sondern jedes Rechtsgeschäft, das dem Strohmann die Stellung eines Untervermieters verschafft, erfaßt werden sollte. Andernfalls würde es zu dem unbefriedigenden Ergebnis kommen, daß der "Untermieter", dem sich ein vom Hauseigentümer dazwischen geschalteter Strohmann als Hauptmieter ausgegeben hat, mit seinem Begehren nach § 2 Abs. 3 MRG scheitern müßte, wenn sich die ihm verborgene Rechtsbeziehung des Untervermieters zum Hauseigentümer im Verfahren nach § 37 MRG als unentgeltliche Gebrauchsüberlassung herausstellt, und dann erst wieder den Rechtsweg beschreiten könnte, um durch § 916 Abs. 1 ABGB Abhilfe zu suchen. Nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers ist daher § 2 Abs. 3 MRG nicht nur anwendbar, wenn zur Umgehung ein Hauptmietvertrag zwischen Eigentümer und Untervermieter geschlossen wurde, sondern in jedem Fall einer Vertragsbeziehung, durch die zur Schmälerung der Rechte des Hauptmieters einem Strohmann die Stellung als Untervermieter verschafft wird.
Wurde der Mutter des Hauseigentümers durch Vertrag auf Lebenszeit ein unentgeltliches Benützungsrecht an der Wohnung eingeräumt, so war sie zwar nicht Hauptmieterin, das zwischen ihr und dem Antragsteller zustande gekommene Vertragsverhältnis war aber als Untermiete nach § 2 Abs. 2 MRG anzusehen.
Behauptet nun der Untermieter, es liege ein Umgehungsgeschäft nach § 2 Abs. 3 MRG vor, und begehrt er die Anerkennung als Hauptmieter, so ist es unerläßlich, daß dem Untervermieter Parteistellung eingeräumt wird. Die Stattgebung des Antrages berührt jedenfalls unmittelbar die Interessen des Untervermieters, denn die Anerkennung als Hauptmieter führt doch zur Ausschaltung des Untervermieters. Wenn dieser Fall auch im § 37 Abs. 3 Z 2 und 3 MRG keine besondere Regelung erfahren hat, ergibt sich die Parteistellung schon aus dem Beteiligtenbegriff des Verfahrens außer Streitsachen. Wer in seinen rechtlich anerkannten Interessen berührt wird und in dessen Rechte durch das Verfahren unmittelbar eingegriffen werden kann, ist als Partei beizuziehen und hat Anspruch auf rechtliches Gehör (SZ 24/284 ua.). Schon die Gemeinde beabsichtigte, die Untervermieterin vorzuladen, doch ist es dazu nicht gekommen. Das Erstgericht hat das Verfahren als zwischen Hauseigentümer und Untermieter behängenden Streit abgeführt und die Untervermieterin zwar als Zeugin vernommen, sie aber nicht als Partei dem Verfahren beigezogen und ihr die Gelegenheit genommen, den bei Anerkennung ihres Untermieters als Hauptmieter des Hauseigentümers drohenden Rechtsverlust abzuwehren. Diese Verletzung des rechtlichen Gehörs - die Vernehmung als Zeugin reicht nicht aus - muß zur Nichtigkeit der Entscheidung des Erstrichters und damit auch des rekursgerichtlichen Beschlusses führen, die aus Anlaß des zulässig erhobenen Revisionsrekurses aufzugreifen ist. Dies führt zur Aufhebung der ergangenen Sachbeschlüsse.
Das Erstgericht wird die Untervermieterin als Partei beizuziehen und sodann in der Sache neu zu entscheiden haben. Es wird dabei bisher fehlende entscheidende Feststellungen nachholen müssen. Der Erstrichter hatte bezweifelt, daß der Untervermieterin überhaupt vor Abschluß des Untermietvertrages ein Benützungsrecht vertragsmäßig eingeräumt worden war. Das Rekursgericht war aber von der Berechtigung der Untervermieterin ausgegangen. Hätte der Hauseigentümer mit dem Antragsteller schon mündlich den Mietvertrag geschlossen, ohne erkennen zu lassen, daß er für die Nutzungsberechtigte auftritt und nicht in eigenem, sondern in fremden Namen handelt, was aus seinem Vorbringen in der Revisionsrekursbeantwortung vermutet werden könnte, es sei zwischen den beiden Vertragsteilen schon im November 1981 mündlich Einigung über alle Vertragspunkte erfolgt, wäre ein Hauptmietvertrag zustande gekommen, der mit dem Nutzungsrecht in Widerspruch stehen könnte, deshalb aber nicht unwirksam wäre. Es ist dann zu untersuchen, ob der Antragsteller die schon erlangte Position als Hauptmieter durch Unterfertigung des Vertrages vom 5. 2. 1982 aufgab und ob darin die nach § 2 Abs. 3 MRG verpönte Umgehung liegt. Die Beurteilung der allerdings verschärften Voraussetzung des § 2 Abs. 3 MRG, daß Scheingeschäft (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 916) und Umgehungsabsicht unzweifelhaft feststehen (Würth - Zingher, MSA Nr. 20 a, Anm. 10 zu § 2 MRG) erfordert eine möglichst breite Tatsachenbasis, weil in die Überlegung alle Umstände einzubeziehen sind, also etwa auch wo, wann und mit welchem Inhalt der Hauseigentümer seiner Mutter das unentgeltliche Benützungsrecht ursprünglich eingeräumt hat, weshalb er im Gespräch mit dem Antragsteller nicht sofort auf dieses Benützungsrecht Bezug nahm, wann die Wohnung dem Mieter übergeben wurde und welcher Zeitraum bis zur Unterfertigung des schriftlichen "Untermietvertrages" verstrichen ist.
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