OGH 4Ob48/88

OGH4Ob48/8813.9.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Angst, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R. J. R*** T*** C***, Winston-Salem, Main & Fourth Streets, North Carolina, USA, vertreten durch Dr. Arthur Wolff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien

1. Ö*** S*** FÜR N***, 2. Robert

R***, Angestellter, beide Innsbruck, Thomas-Riß-Weg 10, beide vertreten durch Dr. Peter Riedmann und Dr. Heinz G. Waldmüller, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung, Schadenersatz, Buße und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 955.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 13. April 1988, GZ 3 R 110/88-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 15. Februar 1988, GZ 18 Cg 57/88-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten wird zurückgewiesen.

2.) Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Die Beklagten haben die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin mehrerer österreichischer Wortmarken und Wort-Bild-Marken, die aus dem Schriftzug "C***" bzw. zusätzlich im wesentlichen aus der Darstellung eines Kamels bestehen; die Marken sind unter anderem für Rohtabake und Tabakerzeugnisse eingetragen. Wegen des staatlichen Tabakmonopols in Österreich vertreibt die Klägerin die Tabakwaren hier nicht selbst; sie hat der A*** T*** AG die Lizenz zur Herstellung und zum Vertrieb von Zigaretten der Marke "C***" erteilt. Die Zeichen der Klägerin haben hohe Kennzeichnungs- und Werbekraft. Die Klägerin verwendet auch den Werbeslogan "Ich geh' meilenweit für C***-Filter" (bzw. ".....für eine C***"), der einen hohen Bekanntheitsgrad hat. Die Bildung des erstbeklagten Vereins wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 17.April 1987, Zl. 97.704/2-II/15/87, nicht untersagt. Der Verein betätigt sich nach seinen Statuten gemeinnützig. Er bezweckt den Schutz der Nichtraucher vor den Gefahren und Beeinträchtigungen des Passivrauchens mit Hilfe gesetzlich zulässiger Mittel. Der Vereinszweck soll durch Herausgabe von Zeitschriften, Broschüren, Büchern, Flugblättern, Plakaten, Aufklebern, Abzeichen und sonstigen gleichartigen Mitteln zur Bewußtseinsstärkung der Nichtraucher erreicht werden. Der Zweitbeklagte ist der Obmann und damit der gesetzliche Vertreter des Vereins. Er und andere Vereinsmitglieder verkauften in der zweiten Septemberwoche 1987 Aufkleber und Poster mit folgender Darstellung:

Der Zweitbeklagte ist auch Medieninhaber, Verleger und Schriftleiter der periodischen Druckschrift "Nichtraucher-Rundschreiben". In einem der Ausgabe 1/87 dieser Zeitschrift beigehefteten Materialkatalog bot die Erstbeklagte den oben abgebildeten Aufkleber um S 7,-- pro Stück sowie Flugblätter mit dem Text "Nur ein Kamel geht meilenweit für eine Zigarette" um S 3,-- pro Stück an.

Die Klägerin beantragte zur Sicherung eines gleichlautenden Unterlassungsanspruches, den Beklagten zu verbieten,

1.) das Wort K*** oder C*** oder eine Darstellung eines Kamels im Zusammenhang mit Zigaretten und/oder Rauchen, insbesondere in einem als Anti-Rauchwerbung erkennbaren Zusammenhang und in der Aufmachung des oben abgebildeten Aufklebers, in eventu: diese Darstellung und/oder den Spruch "Nur ein Kamel geht meilenweit für eine Zigarette" zu verwenden,

2.) Aufkleber/Flugblätter/Poster mit dieser Aufmachung anzubieten, zu verkaufen oder sonstwie zu verbreiten. Das Unterlassungsbegehren werde auf "jeden möglichen Rechtsgrund" gestützt: Die Erstbeklagte werbe mit dem beanstandeten Aufkleber/Poster/Flugblatt nicht allgemein gegen das Rauchen von Zigaretten, sondern sie erwecke den Eindruck, daß nur ein Mensch, der "so dumm wie ein Kamel ist", (insbesondere) Camel-Zigaretten rauche, und daß deren Genuß zu einem früheren Tod führen könne. Der beanstandete Aufkleber sei geeignet, Raucher vom Rauchen von Camel-Zigaretten abzubringen und zum Rauchen anderer, allenfalls weniger starker Zigaretten zu verleiten. Die Erstbeklagte handle damit zu Zwecken des Wettbewerbes. Diese Werbung verstoße gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG, weil sie Konkurrenten unnötig bloßstelle und das sachlich zulässige Maß einer Anti-Raucherwerbung überschreite. Die Verbreitung der beanstandeten Aufkleber (Poster) verstoße auch gegen § 7 UWG und § 1330 Abs 2 ABGB, weil sie geeignet sei, den Absatz von Camel-Zigaretten zu schmälern. Die Gestaltung des Aufklebers/Posters verletze auch die Markenrechte und wegen der (entstellten) Verwendung des Werbeslogans "Ich geh' meilenweit für eine Camel-Filter" die Ausstattungsrechte der Klägerin. Eine Warnung, die in auffallender Weise eine schwere Herabsetzung und Bloßstellung eines anderen Unternehmens enthalte, sei bei Fehlen eines Wettbewerbsverhältnisses gemäß § 1295 Abs 2 ABGB sittenwidrig. Der Inhalt des Aufklebers richte sich gezielt gegen das Rauchen von Camel-Zigaretten.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung ohne Anhörung der Beklagten. Die beanstandeten Aufkleber und Poster der Beklagten seien geeignet, den Wettbewerb der Klägerin nachteilig zu verändern. Die Beklagten hätten durch den Verkauf der Aufkleber und Poster in die Sphäre der Klägerin eingegriffen; sie wendeten sich an denselben Kundenkreis, weil die Klägerin zum Rauchen animiere und die Beklagten davon abrieten. Dabei wiesen die Beklagten ohne sachliche Notwendigkeit auf die Nachteile der Marke "C***" hin. Das Gebot, sich jedes unnötigen Angriffs und jeder unbegründeten Herabsetzung anderer Unternehmen oder deren Waren zu enthalten, gelte auch dort, wo durch die Werbung mögliche Kunden eines branchenverschiedenen Unternehmens dazu aufgefordert würden, statt der Waren dieses Unternehmens eigene Waren zu kaufen. Mit der Verwendung einer entstellten Form des weltbekannten Slogans "Ich geh' meilenweit für C***-Filter" (bzw. ".... für eine C***") und der bildlichen Darstellung setze die Erstbeklagte die C***-Zigaretten herab; auch ein Aufklärungsinteresse der Allgemeinheit rechtfertige dieses Vorgehen der Beklagten nicht. Die Beklagten hätten aber auch gegen § 7 UWG verstoßen, weil die Verbreitung der Aufkleber geeignet sei, den Absatz von C***-Zigaretten zu schmälern.

Das Rekursgericht wies die Sicherungsanträge ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000,-- übersteige.

Das Rekursgericht war der Ansicht, daß die Erstbeklagte zwar im geschäftlichen Verkehr, aber nicht zu Zwecken des Wettbewerbes gehandelt habe: Geschäftlicher Verkehr im Sinne des Wettbewerbsrechts sei jede selbständige, zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck komme; auch wohltätige oder gemeinnützige Einrichtungen könnten im geschäftlichen Verkehr im Sinne des § 1 UWG tätig werden. Diese Voraussetzung treffe auf die Erstbeklagte zu, da sie mit ihren Aktionen, insbesondere dem Verkauf der Aufkleber, Flugblätter und Poster, Mitglieder zu werben und Einnahmen zu erzielen versuche. Damit nehme die Beklagte am Erwerbsleben teil.

Zur Wettbewerbshandlung werde aber das Verhalten eines Unternehmers erst im Wettstreit mit den Konkurrenten. Die Handlung müsse objektiv geeignet sein, den Absatz der Waren oder Leistungen eines - meist des eigenen - Unternehmens zu fördern, und subjektiv von einer entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen sein. Die Aktionen der Erstbeklagten seien nicht imstande, die Raucher von C***-Zigaretten zum Wechseln der Zigarettenmarke zu veranlassen und damit die Wettbewerbsposition der Klägerin zum Nachteil ihrer Konkurrenten zu verändern; die beanstandeten Werbemittel der Erstbeklagten richteten sich nach ihrem Gesamteindruck gegen den Zigarettenkonsum im allgemeinen und nicht gegen die Zigarettenmarke der Klägerin. Der Erstbeklagten könne nicht die Absicht unterstellt werden, den Wettbewerb anderer Zigarettenhersteller zu Lasten der Klägerin zu fördern. Eine solche Absicht der Erstbeklagten, fremden Wettbewerb zu fordern, hätte im übrigen von der Klägerin bescheinigt werden müssen. Die Werbemethoden der Erstbeklagten könnten von den angesprochenen Verkehrskreisen nur dahin verstanden werden, daß die Gefahren des Rauchens für die Volksgesundheit an den Pranger gestellt und nicht gerade die Erzeugnisse der Klägerin herabgesetzt werden sollten. Die Erstbeklagte sei nur im Interesse der allgemein und weltweit anerkannten volksgesundheitlichen Zielsetzung des Nichtraucherschutzes tätig geworden; es fehle eine Grundlage für die Annahme, daß sie darüber hinausgehende Wettbewerbsabsichten verfolgt hätte. Damit kämen die §§ 1, 2 und 7 UWG nicht als Grundlage für den erhobenen Unterlassungsanspruch in Betracht.

Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG wäre ein "kennzeichenmäßiger Gebrauch" der Marke in der Form, daß der unbefangene Durchschnittsbetrachter annehme, das Zeichen diene der Unterscheidung von gleichartigen Waren anderer Herkunft; die Möglichkeit, daß die beanstandeten Aufkleber, Poster und Flugblätter vom Publikum der Klägerin zugeordnet würden, sei aber ausgeschlossen. Auch § 1330 Abs 2 ABGB scheide als Grundlage des erhobenen Anspruches aus, weil diese Bestimmung die Verbreitung unwahrer Tatsachen voraussetze. Der Werbespruch, daß "nur ein Kamel meilenweit für eine Zigarette gehe", sei einer Überprüfung auf seine Richtigkeit naturgemäß nicht zugänglich; soweit aber damit zum Ausdruck gebracht werde, daß das Rauchen gesundheitsschädlich sei, liege keine unrichtige Tatsachenbehauptung vor.

Zu den außerhalb eines Schuldverhältnisses geschützten Rechten zählten auch die Ehre und der wirtschaftliche Ruf eines Unternehmens; bei Verletzung dieser Rechtsgüter bestehe ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch. Die Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufes eines Unternehmens könne jedoch nur auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden. Nicht jedes Verhalten, das diese Rechte gefährdet, sei rechtswidrig; es bedürfe vielmehr einer Wertung, bei der dem Interesse am gefährdeten Gut stets auch die Interessen der Handelnden und der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müßten. Eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte würde zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und der Allgemeinheit führen.

Die Klägerin wende sich gegen die Anspielung auf ihre Marke und die Ausnützung ihres durch Werbung geschaffenen Rufes für eine Anti-Raucherkampagne, wodurch sie ihr Unternehmen herabgewürdigt und diskriminiert sehe. Dagegen hätten aber die Beklagten in Wahrnehmung berechtigter Interessen der Allgemeinheit gehandelt, die jene der Klägerin überwögen: Die öffentliche Auseinandersetzung mit den Gesundheitsgefahren des Rauchens liege im Allgemeininteresse. Aktionen, die diese Gefahren bewußt machen sollten, müsse die Tabakindustrie hinnehmen, wenn die möglichen Nachteile und Risken des Rauchens in satirischer und ironischer Art in den Vordergrund gestellt würden. Zwar habe sich auch eine sachlich berechtigte Kritik am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren; die Güterabwägung zwischen den legitimen Rechten der Klägerin als Lizenzgeberin für Rauchwaren und dem Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art 13 StGG; Art 10 MRK) sowie dem Aufklärungsinteresse der Beklagten über die Gefahren des Rauchens führe aber zu dem Ergebnis, daß die Beklagten die Grenzen einer scharfen, aber noch zulässigen Kritik nicht überschritten hätten, so daß ihre Aktionen nicht rechtswidrig im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB seien. Die beanstandete Anti-Raucherwerbung der Beklagten habe nur den Zigarettenkonsum und dessen Gesundheitsrisken zum Gegenstand; sie betreffe die Marke C*** nur stellvertretend für den Zigarettenkonsum schlechthin. Die gegenständlichen Aufkleber und Poster seien nicht als gezielter Angriff gegen das Rauchen von C***-Zigaretten zu verstehen. Eine Anti-Raucherwerbung müsse nicht neutral gestaltet werden; die Anknüpfung an den Ruf einer Zigarette sei vielmehr im Rahmen einer Aufklärung über die Gefahren des Rauchens zulässig, solange die Grenzen einer Schmähkritik nicht überschritten würden. Das sei hier nicht der Fall; die Aktionen der Beklagten seien noch als zulässige satirische Verfremdung des von der Klägerin geprägten Werbeslogans anzusehen. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei daher nicht bescheinigt.

Die Klägerin erhebt gegen den Beschluß des Rekursgerichtes Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die beantragte einstweilige Verfügung erlassen werde.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten ist verspätet. Der Revisionsrekurs wurde den Beklagten am 18.5.1988 zugestellt, die Beantwortung des Rechtsmittels aber erst am 15.Juni 1988, sohin nach Ablauf der Frist von vierzehn Tagen (§ 402 Abs 1 Satz 2 EO) überreicht; sie war daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Nicht berechtigt ist allerdings das Rechtsmittel, soweit die Klägerin nach wie vor daran festhält, daß den Beklagten ein Verstoß gegen die Bestimmungen der §§ 1, 7 und 9 UWG zur Last falle. Zwar handelte die Erstbeklagte, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten, im geschäftlichen Verkehr, weil darunter jede selbständige, im weitesten Sinn zu wirtschaftlichen Zwecken ausgeübte Tätigkeit fällt, in der eine Teilnahme am Erwerbsleben zum Ausdruck kommt (ÖBl 1979, 22; ÖBl 1979, 36 = SZ 51/171; ÖBl 1983, 9; ÖBl 1988, 6 = MuR 1987, 146) und sich daher auch wohltätige und gemeinnützige Unternehmungen sowie Vereine, deren satzungsmäßiger Zweck an sich nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, in dieser Weise betätigen können (ÖBl 1968, 140; ÖBl 1969, 36; ÖBl 1979, 22; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15 Einl UWG Rz 208, 268). Das trifft hier zu, weil die Erstbeklagte durch den Verkauf der beanstandeten Aufkleber, Poster und Flugblätter einerseits die Mittel zur Erreichung ihres Vereinszweckes zu erzielen und andererseits für ihre ideellen Vereinszwecke zu werben sucht. Im geschäftlichen Verkehr hat die Klägerin auch als Lizenzgeberin gehandelt (vgl ÖBl 1988, 6 = MuR 1987, 146; Baumbach-Hefermehl aaO Einl UWG Rz 198, 262). Die Erstbeklagte handelte jedoch nicht zu Zwecken des Wettbewerbs: Dies setzt nämlich voraus, daß die beanstandete Handlung den Absatz eines - meist des eigenen - Unternehmens auf Kosten der Mitbewerber zu fördern geeignet und darüber hinaus subjektiv von der entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen ist (ÖBl 1978, 3; ÖBl 1987, 23 uva; zuletzt 4 Ob 2/88). Sieht man von der (nur ausnahmsweise vorkommenden) Förderung fremden Wettbewerbs ab, dann können Wettbewerbshandlungen von Wettbewerbern nur gegen ihre Mitbewerber begangen werden (Baumbach-Hefermehl aaO Einl UWG Rz 210, 266). Wie die Revisionsrekurswerberin richtig erkennt, liegt ein Wettbewerbsverhältnis (dazu Baumbach-Hefermehl aaO Allg Rz 9, 36) in der Regel nur dann vor, wenn sich die Streitteile an einen im wesentlichen gleichen Kreis von Abnehmern wenden. Auf die Gleichheit oder Gleichartigkeit der von den Mitbewerbern vertriebenen Waren kommt es nicht an (Baumbach-Hefermehl aaO Allg Rz 9, 36; Einl UWG Rz 210, 266; Rz 222, 272; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 19; ÖBl 1984, 102 mwN), doch müssen sie einander im Absatz behindern können. Ein solches Wettbewerbsverhältnis liegt hier schon deshalb nicht vor, weil sich die Klägerin an Raucher, die Erstbeklagte aber als Schutzgemeinschaft für Nichtraucher im wesentlichen an diese wendet und die Aufkleber, Poster und Flugblätter nicht als Substitutionsgut für Zigaretten, sondern als Werbemittel für ihre ideellen Zielsetzungen vertreibt, die Bevölkerung zum Konsumverzicht in bezug auf Tabakwaren auffordert, nicht aber als Mitbewerberin der Klägerin hiefür irgendwelche Ersatzprodukte anbietet. Ein Raucher wird niemals an Stelle von Zigaretten Anti-Raucher-Werbemittel kaufen. Außerdem fehlt es aber auch an einer Wettbewerbsabsicht der Erstbeklagten. Das Rekursgericht hat aus dem bescheinigten Sachverhalt den Schluß gezogen, daß die Erstbeklagte nur im Interesse ihrer allgemein und weltweit anerkannten volksgesundheitlichen Zielsetzung tätig geworden ist und jede tragfähige Grundlage für die Annahme fehlt, daß sie darüber hinausgehende Wettbewerbsabsichten verfolgte. Die Feststellung der Wettbewerbsabsicht ist aber eine Tat- und keine Rechtsfrage (ÖBl 1970, 97; ÖBl 1987, 23 mwN), so daß der Oberste Gerichtshof die - im übrigen durchaus überzeugenden - Erwägungen der zweiten Instanz zum Fehlen der Wettbewerbsabsicht nicht zu überprüfen hat. Damit kann aber der Unterlassungsanspruch weder auf § 1 noch auf § 7 UWG gestützt werden, da beide Bestimmungen Handeln "zu Zwecken des Wettbewerbes" voraussetzen. Die Anwendung des § 9 UWG, der inhaltlich eine Norm des Kennzeichenrechts ist, ist zwar nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1982, 19; ÖBl 1983, 110; ÖBl 1986, 25) weder auf Fälle aktuellen Wettbewerbs beschränkt, noch setzt sie ein Wettbewerbsverhältnis voraus; wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, bildet aber auch diese Bestimmung keine taugliche Grundlage für den erhobenen Unterlassungsanspruch. Ein Verstoß gegen § 9 UWG liegt nur dann vor, wenn ein Zeichen kennzeichenmäßig gebraucht wird. Kennzeichenmäßiger Gebrauch setzt aber voraus, daß im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware (oder Dienstleistung) oder in bezug auf sie so gebraucht wird, daß der unbefangene Durchschnittsabnehmer annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung von gleichen oder gleichartigen Waren (oder Dienstleistungen) anderer Herkunft und weise damit auf die Herkunft der Ware (oder Dienstleistung) aus einem bestimmten Betrieb hin (ÖBl 1985, 158; ÖBl 1987, 40; Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12 652 Rz 23 zu der dem § 13 MSchG entsprechenden Bestimmung des § 15 Abs 1 dWZG). Kein Durchschnittsabnehmer wird annehmen, daß die beanstandeten Aufkleber, Poster und Flugblätter, die auf die Marken der Klägerin und deren Werbespruch in einer herabsetzenden negativen Abwandlung hinweisen, aus dem Unternehmen der Klägerin stammten. Im übrigen sind die beanstandeten Aufkleber, Poster und Flugblätter nur Werbemittel für den von der Klägerin propagierten Konsumverzicht, nicht aber Kennzeichen einer Ware oder Dienstleistung. Die Klägerin kann daher weder aus ihren Marken noch aus ihrem Werbeslogan kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche gegen die Beklagten ableiten. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Werbeslogan "Ich geh' meilenweit für eine C***" auch in Österreich so hohe Verkehrsgeltung erlangt hat, daß er Ausstattungsschutz genießt (vgl dazu etwa ÖBl 1984, 106 und ÖBl 1987, 24). Auf das ergänzend vorgelegte Gutachten wäre ohnehin nicht einzugehen, da es sich um eine unzulässige Neuerung handelt.

Damit versagt zwar der wettbewerbsrechtliche (und kennzeichenrechtliche) Schutz. Wie aber das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, zählen das Recht auf Ehre und auf Wahrung des wirtschaftlichen Rufes (auch eines Unternehmens) zu den absolut geschützten Rechtsgütern. Aus den §§ 16, 1330 ABGB und §§ 111 ff StGB ergibt sich, daß das Recht auf Ehre (und Wahrung des wirtschaftlichen Rufs) absoluten Schutz genießt. Der Schutz ist umfassend und nicht auf die strafgerichtlichen Tatbestände oder die konkretisierenden Bestimmungen des § 1330 ABGB beschränkt (Koziol-Welser8 I 76; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 172 f; auch Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 24 zu § 1294; Rz 7 und 23 zu § 1330; EvBl 1983/91; SZ 56/124 = EvBl 1984/60 = ÖBl 1984, 18). Dem Verletzten steht daher zum Schutz gegen Ehrenbeleidigungen und zur Wahrung seines wirtschaftlichen Rufes bei Vorliegen der Wiederholungsgefahr (auch ohne die besonderen Voraussetzungen des § 1330 Abs 2 ABGB) die Unterlassungsklage zu (EvBl 1983/91 mwN; auch SZ 56/124 = EvBl 1984/60 = ÖBl 1984, 18). Für diesen Schutz ist es - anders als nach § 1330 Abs 2 ABGB und § 7 UWG - nicht erforderlich, daß die Gefährdung des Kredites, des Erwerbes oder des Fortkommens eines anderen durch die Verbreitung von Tatsachen erfolgt, die - wenn auch der Begriff im Sinn dieser Bestimmungen weit auszulegen ist (ÖBl 1978, 151; ÖBl 1980, 130; ÖBl 1984, 130;

MuR 1988, 11) - Umstände voraussetzen, die ihrer allgemeinen Natur nach objektiv überprüfbar sind (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 174;

Reischauer in Rummmel, aaO Rz 8 zu § 1330; MuR 1988, 11; SZ 50/111;

ÖBl 1980, 130 uva). Strittig ist zwar, ob auch § 1330 Abs 1 ABGB neben dessen Abs 2 Schutz gegen Ehrenbeleidigungen gewährt, die durch Tatsachenbehauptungen stattfinden (dagegen Koziol, Haftpflichtrecht2 II 172; dafür Reischauer in Rummel aaO Rz 1 und 6 zu § 1330); jedenfalls gewährt aber § 1330 Abs 1 ABGB Schutz gegen Herabsetzung durch Beschimpfungen und Verspottungen, die sich nicht auf Tatsachenbehauptungen zurückführen lassen, wobei strafgesetzliche Tatbestandsmäßigkeit nicht Voraussetzung für die Anwendung des § 1330 Abs 1 ABGB ist (Reischauer in Rummel aaO Rz 1 zu § 1330 mwN; Koziol, Haftpflichtrecht2 II 173).

Die beanstandeten Aufkleber, Poster und Flugblätter enthalten durch die wörtliche und (bei den Aufklebern und Postern auch) bildliche Bezugnahme auf ein Kamel eine deutliche Anspielung auf die "C***"-Wort- und Wort-Bild-Marken der Klägerin und die von ihr - in Österreich unter ihrer Lizenz - vertriebenen Zigaretten. Der im Wettbewerbsrecht entwickelte Grundsatz, daß Zweifel über die Bedeutung einer Werbebehauptung zu Lasten des Erklärenden gehen, gilt auch für die nicht dem Wettbewerbsrecht unterliegenden öffentlichen Angriffe auf den Ruf eines Unternehmens. Gewiß kann die beanstandete Anti-Raucherwerbung auch als Angriff auf den Zigarettenkonsum im allgemeinen verstanden werden, mit dem die unter den Marken "C***" vertriebenen Zigaretten nur stellvertretend für die ganze Gattung kritisiert werden; ein noch erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise kann aber auch der gezielt gegen "C***" gerichteten Werbung die Bedeutung beilegen, daß es sich bei den Zigaretten der angegriffenen Marken um besonders starke und daher überdurchschnittlich gesundheitsschädliche Tabakwaren handle, die von der Anti-Raucherwerbung der Erstbeklagten daher besonders aufs Korn genommen würden.

Nach zutreffender Ansicht der zweiten Instanz ist die Aussage, daß "nur ein Kamel meilenweit für eine Zigarette geht", in Verbindung mit der bildlichen Darstellung eines auf einem Kamel reitenden Skeletts keine der Überprüfung auf ihre Richtigkeit zugängliche Tatsachenbehauptung iS des § 1330 Abs 2 ABGB. Ob diese Aussage auf den beweisbaren Tatsachenkern der Gesundheitsschädlichkeit des Rauchens insbesondere von Camel-Zigaretten zurückgeführt werden kann, mag dahinstehen, weil der wirtschaftliche Ruf eines Unternehmens, wie oben ausgeführt, auch gegen die Herabsetzung durch Beschimpfungen und Verspottungen (Lächerlichmachen) geschützt ist. Die den Werbeslogan der Klägerin ("Ich geh' meilenweit für eine Camel") satirisch und ironisch verfremdende Anti-Raucherwerbung der Erstbeklagten kann von einem noch erheblichen Teil des Publikums (jedenfalls auch) dahin verstanden werden, daß nur ein besonders dummer Mensch weite Strecken zurücklegt, um (insbesondere) Zigaretten (der Klägerin) zu kaufen. Darin liegt aber eine Herabsetzung der Erzeugnisse der Klägerin durch Verspottung. Wegen des engen Zusammenhanges zwischen Markenerzeugnissen und erzeugendem Unternehmen richtet sich eine solche Verspottung auch dort, wo keine sogenannte Firmenmarke vorliegt, gegen den wirtschaftlichen Ruf des betreffenden Unternehmens selbst.

Allerdings kann - und auch hierin ist dem Rekursgericht Recht zu geben - aus der Beeinträchtigung eines absoluten Rechtes allein noch nicht zwingend auf die Rechtswidrigkeit der Handlung geschlossen werden, wenn auch in der Handlung selbst ein gewisses Indiz für das Vorliegen ihrer Rechtswidrigkeit gelegen sein mag. Die Rechtswidrigkeit kann nur auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 94; Welser in ÖJZ 1975, 2; SZ 56/124 = EvBl 1984/60 = ÖBl 1984, 18). Auf das verfassungsgesetzlich (Art 13 StGG) gewährleistete Recht, durch Wort, Druck oder durch bildliche Darstellung ihre Meinung frei zu äußern, könnten sich die Beklagten nur berufen, wenn sie dabei innerhalb der gesetzlichen Schranken geblieben wären; unter sie ist dieses Recht auch nach Art 10 MRK gestellt, der in Abs 2 ausdrücklich unentbehrliche Einschränkungen im Interesse des guten Rufes oder der Rechte anderer gestattet. Ob das Recht der freien Meinungsäußerung oder ein bestimmtes, von der Meinungsäußerung verschiedenes Rechtsgut den Vorrang genießt (vgl Klecatsky-Morscher, B-VG 891 FN 2), bedarf einer Wertung, bei welcher dem Interesse am gefährdeten Guts stets auch die Interessen der Handelnden und der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müssen, weil eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und der Allgemeinheit führen würde (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 6; Hubmann,

Das Persönlichkeitsrecht2, 159 ff; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts12 II 624, je mwN; SZ 51/146; SZ 56/124 = EvBl 1984/69 = ÖBl 1984, 18).

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes, das sich die Grundsätze der E. des BGH vom 17.4.1984 (GRUR 1984, 684 - Mordoro; dazu auch Baumbach-Hefermehl aaO 16/3 vor §§ 14, 15 dUWG Rz 27) zueigen machte, überwiegen aber die Interessen der Beklagten und der Allgemeinheit jene der Klägerin nicht:

Es trifft zwar zu, daß die von der Beklagten als ideellem Verein zum Schutz der Nichtraucher geführte öffentliche Auseinandersetzung mit den Gesundheitsgefahren des Rauchens nicht nur in ihrem Vereinsinteresse, sondern im Allgemeininteresse liegt; die Tabakindustrie muß Aktionen, die diese Gefahren bewußt machen sollen, hinnehmen, auch wenn die Nachteile und Risken des Rauchens auf satirische oder ironische Art überpointiert in den Vordergrund gestellt werden, weil ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an der Aufklärung über die Gesundheitsgefahren des Rauchens besteht. Die Gefahren, die vom Genuß von Tabakwaren ausgehen, dürfen ebenso rücksichtslos kritisiert werden wie die Mißstände, denen Nichtraucher ausgesetzt sind, wenn sie sich der Belästigung durch den Tabakkonsum ihrer Mitmenschen nicht entziehen können. Die Grenze zulässiger Meinungsäußerung ist aber mit Moench (Die Bedeutung der Meinungsfreiheit bei Eingriffen in geschützte Rechtspositionen, NJW 1984, 2920) regelmäßig dort zu ziehen, wo eine bestimmte Marke stellvertretend für die gesamte Produktgattung herabgesetzt wird. Wenn keine besonderen produktbezogenen Gründe vorliegen, darf nicht gerade eine Marke stellvertretend für alle anderen Produkte derselben Gattung herausgegriffen werden, um damit die Gattung zu kritisieren. Das Aufklärungsinteresse der Allgemeinheit rechtfertigt es nicht, die - an sich zulässige - abstrakte Kritik an einer ganzen Warengattung derart zu betreiben, daß ohne besonderen Anlaß das Erzeugnis eines bestimmten Unternehmens herausgegriffen und unnötig herabgesetzt wird. Die im Interesse der Volksgesundheit liegenden Zielsetzungen der Erstbeklagten erfordern dies auch gar nicht. Wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, stand es den Beklagten frei, unternehmensneutrale Aufkleber als Anti-Raucherwerbung zu verwenden. Eine solche Werbung kann im allgemeinen ohne Bezugnahme auf einzelne Zigarettenerzeuger mit dem nötigen Nachdruck geführt werden. In Ausnahmefällen kann freilich auch eine individuelle Bezugnahme auf bestimmte Marken zulässig sein, so zB dann, wenn mit der Anti-Raucherwerbung irreführenden Tendenzen einer bestimmten Tabakwerbung begegnet werden soll, wie etwa der Heranziehung typischer Gesundheitssymbole wie klare Gewässer, unberührte Landschaften usw., für die Zigarettenwerbung; solche Umstände liegen aber hier nicht vor. Die angegriffenen "C***"-Marken symbolisieren vor allem die exotische Herkunft der verwendeten Tabake. Der Zweitbeklagte ist als Obmann der Erstbeklagten verpflichtet, die Eingriffe in den wirtschaftlichen Ruf der Klägerin abzustellen. Da er angedroht hat, er werde die Werbung mit den beanstandeten Aufklebern sogar noch verstärken, ist er auch persönlich zur Unterlassung zu verurteilen.

Der erhobene Unterlassungsanspruch läßt die beantragte einstweilige Verfügung zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen (§ 381 Z 2 EO), da die Auswirkungen der Rufschädigung der Klägerin kaum zu überblicken sind und sich daher durch Geldersatz nicht völlig ausgleichen lassen (Heller-Berger-Stix 2724). Die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, den durch einen Wettbewerbsverstoß entstandenen Schaden zu beweisen - sie werden deshalb von der Rechtsprechung auch als triftiger Grund für die Ablehnung der Festsetzung eines Befreiungsbetrages angesehen (ÖBl 1982, 44; ÖBl 1985, 99) - , treffen auch auf den vorliegenden, einem wettbewerbsrechtlichen Anspruch ähnlichen Unterlassungsanspruch zu.

Der erstgerichtliche Beschluß ist daher wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 393 Abs 1 EO und §§ 40, 50 ZPO.

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