OGH 2Ob660/87

OGH2Ob660/8713.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erika M***, Hausfrau, 9170 Ferlach, Bahnweg 16, vertreten durch Dr. Wilhelm Watzke, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Alois M***, Tischler,

9535 Farrendorf 34, vertreten durch Dr. Valentin Kakl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (S 72.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 4. Juni 1987, GZ 3 R 96/87-10, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 2. März 1987, GZ 21 Cg 5/87-6, und das Verfahren ab Klagseinbringung als nichtig aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Streitteile sind je Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 244 KG Techelweg. Das auf dieser Liegenschaft vorhandene Wohnhaus Farrendorf Nr. 34 diente zum Teil den Streitteilen während ihrer Ehe bis zum Auszug der Klägerin im August 1985 für Zwecke der Ehewohnung. Die Ehe der Streitteile wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 31. Jänner 1986, 19 Cg 270/85-8, rechtskräftig geschieden.

Mit ihrer am 26. November 1986 erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an dieser Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung. Der Beklagte verfüge über die ganze Liegenschaft und weigere sich, die Klägerin entsprechend dem durch Zusammenwirken beider Streitteile herbeigeführten Wert der Liegenschaft abzufinden oder aber der Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Veräußerung der Liegenschaft und Teilung des Erlöses zuzustimmen. Die Klägerin lebe in beengten Wohnverhältnissen und benötige Geld, um sich eine angemessene Wohnung zu verschaffen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die Teilung zur Unzeit und zu seinem ausschließlichen Nachteil verlangt werde. Die Streitteile hätten die Liegenschaft durch Übergabsvertrag von den Eltern des Beklagten erworben. Die Übergeber seien alt und ständiger Hilfe sowie Wartung bedürftig. Das auf der Liegenschaft befindliche Wohnhaus sei die einzige Wohngelegenheit des seit längerer Zeit arbeitslosen Beklagten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es gelangte zum Ergebnis, daß der Beklagte keine Teilungshindernisse bloß vorübergehender Art bewiesen habe, weil sich die Dauer seiner Arbeitslosigkeit und seiner im Falle der Zivilteilung eintretenden Obdachlosigkeit nicht absehen lasse. Der bloße Hinweis auf das Alter und die Pflegebedürftigkeit der Übergeber genüge nicht, um ein Teilungshindernis zu begründen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge. Es hob das Urteil und das Verfahren ab Klagseinbringung als nichtig auf und überwies die Rechtssache dem Bezirksgericht Ferlach als Außerstreitgericht. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- übersteigt. (Der Einheitswert der Liegenschaft beträgt nach dem unter Beilage A vorgelegten Notariatsakt vom 23. März 1979 S 102.000,--.) Das Berufungsgericht führte aus, daß nach den getroffenen Feststellungen ein Teil des auf der gemeinsamen Liegenschaft vorhandenen Wohnhauses den Streitteilen als Ehewohnung gedient habe. Die nach Billigkeitsgrundsätzen vorzunehmende Aufteilung des Vermögens geschiedener Ehegatten durch den Außerstreitrichter gemäß den §§ 81 ff EheG sei gegenüber der Teilungsklage vorrangig. Dies treffe auch dann zu, wenn nur ein Teil einer im Miteigentum geschiedener Ehegatten gestandenen Sache als "eheliches Gebrauchsvermögen" oder "eheliche Ersparnisse" zu qualifizieren ist. Es sei daher, auch wenn die Teilungsklage nur teilweise das eheliche Gebrauchsvermögen der Streitteile betrifft, weil ihnen, wie hier, nur der erste Stock ihres Wohnhauses als Ehewohnung diente (das Paterre sei die Auszugswohnung der Eltern des Beklagten), für die Teilungsklage der streitige Rechtsweg (zunächst) zur Gänze unzulässig. Erst nach rechtskräftiger Entscheidung des Außerstreitrichters sei für die dann noch im Miteigentum der geschiedenen Ehegatten stehenden Anteile der streitige Rechtsweg zulässig (JBl. 1982, 264). Es liege daher der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z 6 ZPO vor, der ungeachtet der unterbliebenen Beanstandung durch den Beklagten von Amts wegen wahrzunehmen gewesen sei. Dies führe zur Aufhebung des angefochtenen Urteiles und des ihm vorangegangenen Verfahrens ab der Klagseinbringung, nicht jedoch auch zur Zurückweisung der Klage. Denn die Klage sei am 26. November 1986, somit innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung (31. Jänner 1986) erhoben worden. Es hätte daher schon das Erstgericht gemäß § 235 Abs. 1 AußStrG mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges aussprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht überweisen müssen. Dieser Ausspruch und die Überweisung hätten auch noch vom Berufungsgericht nachgeholt werden können.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs. 1 Z 6 ZPO zu Unrecht angenommen worden sei.

Der Beklagte erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der zutreffend als zweiseitiges Rechtsmittel behandelte Rekurs (vgl. EvBl. 1986/6) ist zulässig (SZ 53/153; SZ 57/14; EvBl. 1986/6 ua), aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Nach Ansicht der Rechtsmittelwerberin habe der Beklagte eindeutig zu erkennen gegeben, daß er überhaupt keinen Teil der gemeinsamen Liegenschaft als eheliches Gebrauchsvermögen im Sinne der §§ 81 ff EheG ansehe, weshalb eine außerstreitige Aufteilung nicht stattfinden dürfe.

Dem ist jedoch zu erwidern, daß es im Gegensatz zur Ansicht der Rechtsmittelwerberin bei der Beurteilung der Frage, ob das streitige oder außerstreitige Verfahren Anwendung finden, nicht darauf ankommt, welchen Standpunkt der Beklagte hiezu einnimmt und ob bzw. inwieweit er selbst die ehemalige gemeinsame Wohnung der Streitteile als Ehewohnung betrachtete. Maßgebend sind vielmehr die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen. Danach befindet sich auf der Liegenschaft der Streitteile ein Haus, dessen Parterre die Auszugswohnung der Eltern des Beklagten bildet und in dessen erstem Stock die Ehewohnung der Streitteile war. Die Liegenschaft samt Haus wurde von den Streitteilen in aufrechter Ehe von den Eltern des Beklagten gegen Einräumung von Auszugsrechten und (wie sich aus dem unter Beilage A vorgelegten Übernahmsvertrag ergibt) auch unter finanzieller Abfindung eines pflichtteilsberechtigten Dritten gemeinsam erworben.

Das Berufungsgericht übersieht zwar die Weiterentwicklung der von ihm zitierten Judikatur JBl. 1982, 264, wonach für den Fall der Miteigentumsgemeinschaft geschiedener Ehegatten dann, wenn ein Teil der Baulichkeiten nicht der Aufteilung unterliegt, nur die Verfolgung des Aufteilungsanspruches in Ansehung der Ehewohnung und nicht hinsichtlich der Restliegenschaft gemäß § 235 AußStrG dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen ist (EvBl. 1986/6 ua), es gelangt aber trotz einer unrichtigen Qualifizierung der Restliegenschaft der Streitteile als nicht den Aufteilungsgrundsätzen der §§ 81 ff EheG unterliegendes Vermögen letztlich zu dem richtigen Ergebnis, daß das gesamte Aufteilungsbegehren in das Außerstreitverfahren zu überweisen ist. Nach den Intentionen des Gesetzgebers soll der Aufteilung nach §§ 81 ff EheG grundsätzlich jenes Vermögen unterliegen, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen und zu dessen Erwerb sie während der Ehe beigetragen haben (916 BlgNR XIV. GP 14; SZ 53/52 ua). Von den im § 82 EheG aufgezählten Ausnahmen käme im vorliegenden Fall höchstens in Betracht, daß es sich bei der Übergabe der Liegenschaft der Streitteile, die sie bei aufrechter Ehe von den Eltern des Beklagten erworben haben, um eine Schenkung im Sinne des § 82 Abs. 1 Z 1 letzter Satz EheG gehandelt hätte. Davon kann aber unter Berücksichtigung der übernommenen Verpflichtungen der Streitteile gegenüber den Eltern und einem Dritten nicht die Rede sein. Das Berufungsgericht ging somit im Ergebnis richtig davon aus, daß für den gesamten geltend gemachten Anspruch das außerstreitige Aufteilungsverfahren gemäß §§ 81 ff EheG vorgesehen ist, weshalb dem Rekurs der Klägerin der Erfolg zu versagen war.

Ein Kostenzuspruch an den Beklagten (JBl. 1982, 265) entfällt, weil dieser keine Rekursbeantwortung erstattet hat.

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