OGH 8Ob572/83

OGH8Ob572/8319.1.1984

SZ 57/14

Normen

AußStrG §235 Abs1
AußStrG §235 Abs1

 

Spruch:

Eine während aufrechter Ehe eingebrachte Klage eines Ehegatten, die Ansprüche iS der §§ 81 ff. EheG zum Gegenstand hat, ist nach rechtskräftiger Ehescheidung an den Außerstreitrichter zu überweisen

OGH 19. 1. 1984, 8 Ob 572/83 (OLG Wien 14 R 137/83; LGZ Wien 4 Cg 24/79)

Text

Mit ihrer am 28. 2. 1978 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von 82 500 S sA. Die Ehe der Streitteile sei aufrecht. Der Beklagte habe Mitte Jänner 1978 die Ehewohnung verlassen und wohne seither bei seiner Lebensgefährtin. Im einzelnen mache sie folgende Ansprüche geltend:

1. 4 500 S an Unterhalt für ihre minderjährige Tochter Vera C iS des § 1042 ABGB für die Monate Jänner bis März 1978, 2. 30 000 S als Hälfte eines gemeinsamen Sparguthabens, 3. 4 000 S an Bargeld aus ihrem Arbeitsverdienst im Jänner 1978, 4. 7 500 S als Hälfteanteil einer fabriksneuen Stereoanlage, 5. 32 000 S als Hälfteanteil für den wenige Monate vorher um 70 000 S angeschafften gemeinsamen PKW Volvo 144, 6. 1 000 S als Hälfte des Wertes des im gemeinsamen Eigentums stehenden Aquariums, 7. 3 000 S als Hälfte der Ablöse für die ehemalige Ehewohnung.

Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen und beantragte Abweisung des Klagebegehrens.

Die Klage wurde bereits teilweise, und zwar hinsichtlich der Punkte

1. und 7., rechtskräftig zurückgewiesen. Im übrigen wurde der Beklagte vom Erstgericht zur Zahlung von 50 900 S sA verurteilt; das Mehrbegehren von 24 100 S wurde abgewiesen. Das Gericht erster Instanz ging ua. davon aus, daß die Parteien jugoslawische Staatsangehörige sind und daß ihre Ehe mit dem Urteil des Kreisgerichtes Negotin am 9. 10. 1978 zu II P 173/78 rechtskräftig geschieden wurde. § 104 a JN sehe für die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens zwar grundsätzlich die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes vor, doch bleibe das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, bei dem der Prozeß durch mehr als ein Jahr anhängig gewesen sei, gemäß § 235 AußStrG weiterhin zuständig.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge, hob das Urteil als nichtig auf und überwies die Rechtssache - soweit die Klage nicht bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden war - zur Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien. Bei den geltend gemachten Ansprüchen handle es sich um solche, die im Falle der Ehescheidung Gegenstand der gerichtlichen Aufteilung iS der §§ 81 ff. EheG idF des Eherechtsänderungsgesetzes, BGBl. 1978/280, wären. Die Geltendmachung solcher Ansprüche durch einen vormaligen Ehegatten gegen den anderen werde durch § 235 Abs. 1 AußStrG in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen. Der von der Klägerin geltend gemachte Einwand, daß zufolge § 29 JN eine rechtmäßig im streitigen Rechtsweg angebrachte Rechtssache im streitigen Verfahren fortzuführen sei, wenn während deren Anhängigkeit eine Rechtsänderung dahin eintritt, daß derartige Angelegenheiten im Außerstreitverfahren durchzuführen sind, sei zwar im allgemeinen zutreffend, in Fällen wie dem vorliegenden aber nicht. Im Hinblick auf § 235 AußStrG habe nämlich von Gesetzes wegen eine Überweisung ins außerstreitige Verfahren stattzufinden. § 235 AußStrG entspreche im wesentlichen dem durch das Eherechtsänderungsgesetz aufgehobenen § 18 der 6. DVEheG, der als Durchbrechung des § 29 JN angesehen werde. Durch die Übergangsregelung des Art. XXIII § 3 Abs. 5 EheRÄndG, die ausdrücklich nicht auf die Anbringung der Klage im streitigen Verfahren, sondern auf die Rechtskraft des Scheidungsurteiles bzw. den Schluß der mündlichen Streitverhandlung abstellt, in Verbindung mit § 235 AußStrG sei § 29 JN für alle jene Fälle durchbrochen, in denen eine Klage, die Ansprüche iS des § 81 EheG betrifft, im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Eherechtsänderungsgesetzes schon anhängig und die Ehe zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig geschieden worden bzw. die mündliche Verhandlung noch nicht geschlossen worden sei. Nach österreichischem Recht wäre der geltend gemachte Anspruch Gegenstand der Aufteilung gemäß §§ 81 ff. EheG. Da die Streitteile jugoslawische Staatsbürger sind, komme nach §§ 19 f. IPRG in materieller Hinsicht jugoslawisches Recht zur Anwendung. Art. 64 des jugoslawischen Ehegrundgesetzes vom 3. 4. 1946 idF 1965 bestimme, daß das von den Ehegatten im Lauf der Ehe erworbene gemeinsame Vermögen gemäß dem Beitrag eines jeden Ehegatten geteilt werden soll. Eine detaillierte Vorschrift sei für die Teilrepublik Serbien nicht vorhanden. Wie schon das Erstgericht zutreffend erkannt habe, entspreche diese Regelung weitgehend der österreichischen nach den §§ 81 ff. EheG. Für solche Ansprüche sei nach der österreichischen Zuständigkeitsregelung (lex fori) zwingend das Außerstreitverfahren vorgesehen. Im Sinne des § 114 b JN in Verbindung mit § 76 Abs. 3 Z 1 JN sei die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, weil beide Teile ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und keinen ständigen Aufenthaltsort oder Wohnsitz in Jugoslawien aufweisen, sodaß die Entscheidung von den jugoslawischen Behörden anerkannt werden dürfte (EFSlg. 39.103, 34.299); es sei aber auch nach den genannten Bestimmungen die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien als gegeben zu erachten.

Das Erstgericht hätte gemäß § 235 AußStrG mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges aussprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht überweisen müssen. Da es über eine nicht auf den streitigen Rechtsweg gehörende Sache erkannte, sei sein Urteil iS des § 477 Abs. 1 Z 6 ZPO nichtig. Die Nichtigkeit könne allerdings nur das Urteil selbst und nicht auch das vorangegangene Verfahren betreffen, das gemäß § 235 Abs. 2 AußStrG für das Gericht, an das überwiesen wurde, verwertbar bleibe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin, den er als zulässig erachtete (SZ 53/153), nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach der Ansicht der Rekurswerberin seien die vom Berufungsgericht dargelegten Grundsätze deshalb auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil § 235 AußStrG nur die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach der Scheidung behandle, während sie ihre Ansprüche bereits vor der Scheidung der Ehe beim Erstgericht im streitigen Verfahren geltend gemacht habe.

Nach dem Größenschluß muß die gesetzgeberische Absicht, alle sich auf Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse beziehenden gerichtlichen Verfahren zwischen Ehegatten in das besondere außerstreitige Verfahren der §§ 229 ff. AußStrG überzuleiten, sich auch auf Klagen, etwa gestützt auf das Eigentumsrecht eines Ehegatten an einem solchen Gegenstand, beziehen, die vor dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig gemacht worden sind (Ent-Hopf, Das neue Eherecht, Anm. 2 zu § 235 AußStrG). Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu. Das Berufungsgericht verwies mit Recht darauf, daß § 29 JN, die sogenannte perpetuatio fori, hier nicht zum Tragen kommt. Vorbild des § 235 AußStrG ist § 18 der 6. DVEheG (Ent-Hopf aaO). Der gleiche Grundsatz, den Fasching I 229 für die letztere Bestimmung als Ausnahme von der Zuständigkeitsnorm des § 29 JN anführte, ist auch für § 235 AußStrG maßgebend.

Zur Frage der Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, an welches überwiesen wurde, bringt die Rekurswerberin nur vor, daß § 114 b JN, auf welchen sich das Berufungsgericht beziehe, mit der ZP-Nov. 1983 aufgehoben worden sei. Dies hat jedoch für den vorliegenden Fall keine Bedeutung, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes nach der Rechtslage zu ergehen hatte, wie sie sich zur Zeit der Entscheidung erster Instanz darstellte (Wolff in Klang[2] I/1, 83; Holzhammer, Österreichisches Zivilprozeßrecht, Erkenntnisverfahren 175; JBl. 1975, 485; EvBl. 1977/67 ua.). Im übrigen ist in dem von der Klägerin nicht mehr relevierten Fragenbereich auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes zu verweisen.

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