Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen. Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge gegeben, der Wahrspruch der Geschwornen zur Hauptfrage 2, der darauf beruhende Freispruch des Angeklagten gemäß dem § 336 StPO von dem von dieser Hauptfrage erfaßten Verbrechen des versuchten schweren Raubes und demnach auch der Strafausspruch des im übrigen (Wahrspruch zu den übrigen Hauptfragen und darauf beruhende Schuldsprüche sowie Einziehungserkenntnis) unberührt bleibenden Ersturteils (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Geschwornengericht beim Landesgericht Klagenfurt zurückverwiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Juni 1963 geborene und zuletzt beschäftigungslos gewesene Anton B*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten Mordes nach den §§ 15, 75 StGB (Punkt I), des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB (Punkt II), des Vergehens des versuchten Ansammelns von Kampfmitteln nach den §§ 15, 280 Abs 1 StGB (Punkt III), des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1 und 3, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1; 15 StGB (Punkte IV und V), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs 1 StGB (Punkt VI) und des Vergehens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB (Punkt VII) schuldig erkannt und hiefür nach dem § 75 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 (Abs 1) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Jahren verurteilt.
Zufolge der von den Geschwornen jeweils stimmeneinhellig bejahten Hauptfragen 1 sowie 3 bis 8 liegt dem Angeklagten zur Last, zu Punkt I: am 12.Juni 1986 in Pogöriach im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten jugendlichen Manfred H*** und den noch strafunmündigen Günther S*** und Michael N*** versucht zu haben, den Helmut K*** durch Schüsse aus einer Pistole, einem Karabiner und einer "Pump-Gun" zu töten; zu Punkt II: am 12.Juni 1986 in Pogöriach in Gesellschaft des gesondert verfolgten jugendlichen Manfred H*** und der noch strafunmündigen Günther S*** und Michal N*** als Beteiligte versucht zu haben, den Günther (richtig: Helmut) K*** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben und unter Verwendung einer Waffe, indem er eine Pistole gegen ihn richtete und ihn aufforderte, sein Auto zu verlassen, fremde bewegliche Sachen, und zwar eine Maschinenpistole der Marke Ingram, eine Selbstladepistole der Marke Steyr, mehrere Sturmgewehre sowie Magazine, Patronen und Schalldämpfer mit dem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern; zu Punkt III: in der Zeit ab März 1986 bis 12.Juni 1986 in Feffernitz und Pogöriach versucht zu haben, einen Vorrat von Waffen, Schießbedarf und anderen Kampfmitteln anzusammeln, der nach Art und Umfang geeignet war, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, indem er
1./ ein Schrotgewehr ("Pump-Gun") der Marke Mossberg, ein Repetiergewehr, Modell 1891/30, ein Repetiergewehr "Mauser 1998 K", einen Karabiner Columbia, eine Pistole der Marke Beretta, eine Pistole der Marke CZ Nr. 65.249, einen Trommelrevolver der Marke Gasser, 253 Patronen und drei militärische Messer, und zwar einen "Bowie-Knife", ein "Leader-Naks" und "Westernfield", im Wohnhaus seiner Eltern und im Wald aufbewahrte sowie
2./ versuchte, sich die unter Punkt II angeführten Waffen anzueignen;
zu Punkt IV: in Gesellschaft und unter wechselnder Beteiligung von zum Teil gesondert verfolgten und zum Teil noch strafunmündigen Personen in den Monaten April und Mai 1985 zum Nachteil verschiedener Personen in verschiedenen Orten Kärntens insgesamt acht Diebstähle, darunter fünf Einbruchsdiebstähle, mit einer Beute in der Höhe von insgesamt zumindest 51.734 S verübt zu haben, darunter am 1.Mai 1986 in Stadelbach zum Nachteil des Ing. Franz F*** zwei Kfz-Kennzeichentafeln unbekannten Wertes (Punkt IV B 1) und am 3.Mai 1986 in Kellerberg zum Nachteil der Firma A*** Ges.m.b.H. eine weitere Kfz-Kennzeichentafel unbekannten Wertes (Punkt IV C 1), wobei in diesen beiden Fällen der Vorsatz des Angeklagten auch auf die Wegnahme weiterer Gegenstände durch Einbruch in das jeweilige Fahrzeug gerichtet war;
zu Punkt V: im Monat April 1985 in Gesellschaft zweier gesondert Verfolgter einen weiteren Einbruchsdiebstahl zu begehen versucht zu haben;
zu Punkt VI: am 1. und 3.Mai 1986 sowie nach dem 22.Juni 1986 an mehreren Orten in Kärnten wiederholt fremde Urkunden (darunter mehrere Zulassungsscheine und Kfz-Steuerkarten sowie einen Führerschein und einen Reisepaß) mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz unterdrückt zu haben;
und
zu Punkt VII: in der Zeit von Dezember 1984 bis Jänner 1985 und am 22.Juni 1986 in Neu-Feffernitz in insgesamt drei Fällen gestohlene Sachen im Gesamtwert von 14.650 S an sich gebracht und dadurch verhehlt zu haben.
Von der weiteren, auf das Verbrechen des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 (erster und zweiter Fall) StGB lautenden Anklage, im April 1986 in Obervellach in Gesellschaft des gesondert verfolgten jugendlichen Manfred H*** und des noch strafunmündigen Günther S*** als Beteiligte versucht zu haben, dem Wachposten des Munitionsdepots der H***-Kaserne durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben und unter Verwendung von Waffen ein Sturmgewehr mit auf unrechtmäßige Bereicherung (durch Zueignung des Sturmgewehres) gerichtetem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen, indem er gemeinsam mit den beiden Tatbeteiligten, mit einem Karabiner und einer Pistole bewaffnet, auf das Erscheinen des Wachpostens wartete, wurde der Angeklagte auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen, welche die auf dieses Delikt gerichtete Hauptfrage 2 im Stimmenverhältnis von 6 : 2 verneint hatten, gemäß dem § 336 StPO freigesprochen.
Die Staatsanwaltschaft bekämpft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde diesen Freispruch.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Anton B*** richtet sich ihrem Inhalt nach gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens des versuchten Mordes (an Helmut K***, begangen am 12.Juni 1986 in Pogöriach, Punkt I) sowie gegen die unter Punkt IV B 1 und IV C 1 bezeichneten Schuldsprüche wegen Diebstahls von Kfz-Kennzeichentafeln unbekannten Wertes, begangen am 1.Mai 1986 in Stadelbach zum Nachteil des Ing. Franz F*** und am 3.Mai 1986 in Kellerberg zum Nachteil der Firma A*** Ges.m.b.H. Der Beschwerdeführer macht zum Schuldspruch I die Nichtigkeitsgründe der Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO, zu den Schuldsprüchen Punkte IV B 1 und IV C 1 den Nichtigkeitsgrund der Z 12 der vorzitierten Gesetzesstelle und überdies, soweit ihm in diesen beiden Fällen weiters angelastet wird, er habe durch Einbruch in ein Fahrzeug noch weitere Gegenstände zu stehlen versucht, auch die Nichtigkeitsgründe der Z 11 lit a und 12 des § 345 Abs 1 StPO geltend.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Zutreffend rügt die Staatsanwaltschaft, daß der Freispruch des Angeklagten vom Anklagevorwurf des im April 1986 in Obervellach gemeinsam mit dem gesondert verfolgten jugendlichen Manfred H*** und dem noch strafunmündigen Günther S*** unternommenen versuchten schweren Raubes, bei dem sie darauf abzielten, unter Verwendung von Waffen und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben dem Wachposten des Munitionsdepots der H***-Kaserne ein Sturmgewehr wegzunehmen, infolge unrichtiger Rechtsbelehrung der Geschwornen zu der diesen Raubversuch betreffenden Hauptfrage 2 mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO behaftet ist. Die den Geschwornen zur Hauptfrage 2 gemäß dem § 321 StPO erteilte (schriftliche) Rechtsbelehrung verweist in Erläuterung des Rechtsbegriffes des Versuches auf die entsprechenden Ausführungen zur Hauptfrage 1. Dort wird im Anschluß an die Wiedergabe des Wortlautes des § 15 Abs 2 StGB ausgeführt, daß es keine Rolle spiele, aus welchen Gründen es nicht zur Vollendung (der Tat) gekommen sei. Lediglich das Unterbleiben der Vollendung infolge freiwilligen Rücktritts vom Versuch bilde hier die Strafbarkeitsgrenze. Es würden daher weiterhin, auch wenn § 15 Abs 2 StGB darüber nichts auszusagen brauche, als Gründe für das Unterbleiben der Vollendung die Unvermögenheit des Täters, die Dazwischenkunft eines fremden Hinternisses oder Zufall in Betracht kommen (Band II, S 152 und 153 dA).
Angesichts des zu diesem Anklagepunkt in der Hauptverhandlung allein aktuellen, auf der übereinstimmenden Darstellung des Angeklagten und seiner beiden Komplizen beruhenden Tatsachenvorbringens, demzufolge in diesem Fall die Tatausführung nur deshalb unterblieb, weil der zu überfallende Wachposten trotz längeren Wartens (des Angeklagten und seiner Komplizen auf ihn) damals nicht gekommen sei (Band I, S 131, 133, 135, 137, 233 und 241 dA; ferner Band II, S 137 dA), konnte sich aber die Frage nach dem Strafaufhebungsgrund des Rücktrittes vom Versuch im Sinn des § 16 Abs 1 StGB gar nicht stellen. Denn es wurde weder nach der (in der Hauptverhandlung verlesenen) Darstellung im Vorverfahren noch in der Hauptverhandlung jemals behauptet, daß der Angeklagte die Tatausführung freiwillig aufgegeben oder die Ausführung durch die beiden Mittäter verhindert habe. Freiwillig im Sinn des § 16 Abs 1 StGB handelt nämlich ein Täter nur, wenn er von seinem Vorhaben Abstand nimmt, obwohl er von der Vorstellung ausgeht, eine seinem Tatplan entsprechende Vollendung der Tat sei noch möglich (Leukauf-Steininger, StGB2, RN 2 zu § 16 StGB; EvBl 1986/184, 11 Os 94/80; ÖJZ-LSK 1977/290 und 1975/163 zu § 16 StGB ua). Der freiwillige Rücktritt vom Versuch bildet nach der Rechtslage des StGB - anders als nach dem früheren Recht des StG - einen Strafaufhebungsgrund, dem im geschwornengerichtlichen Verfahren mit einer entsprechenden Zusatzfrage Rechnung zu tragen wäre (ÖJZ-LSK 1975/149). Da aber nach dem Vorgesagten bei dem Gegenstand der Hauptfrage 2 bildenden Vorfall eine solche Zusatzfrage im Hinblick auf das Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung gar nicht indiziert war, erübrigte sich die Aufnahme einer solchen Zusatzfrage in das den Geschwornen zur Beantwortung vorgelegte Fragenschema. Es lag in diesem Fall nach der übereinstimmenden Darstellung des Angeklagten und seiner Komplizen vielmehr ein infolge zufälliger Abwesenheit des Tatopfers mißlungener (fehlgeschlagener) Versuch eines schweren Raubes vor, bei dem schon begrifflich ein freiwilliger Rücktritt ausgeschlossen ist (ÖJZ-LSK 1976/360, EvBl 1981/77; Kienapfel, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Z 23 Rz. 20 und 21; Leukauf-Steininger, StGB2, RN 9 und 10 zu § 16 StGB).
Die mangels einer Fragestellung nach Rücktritt vom Versuch im Sinn des § 16 Abs 1 StGB - hier durch Verweisung auf die zur Hauptfrage 1 erteilte Rechtsbelehrung - überflüssigen Ausführungen zum freiwilligen Rücktritt vom Versuch waren, abgesehen davon, daß sie nicht auf die derzeitige Gesetzeslage (§ 16 Abs 1 StGB), sondern auf den Wortlaut des § 8 StG und somit allein auf die Gesetzeslage vor Inkrafttreten des StGB abstellten, für die Geschwornen irreführend und zur Erregung von Mißverständnissen geeignet, die letztlich zu einer (stimmenmehrheitlichen) Verneinung der Hauptfrage 2 führten (vgl. die Niederschrift der Geschwornen, Band II, S 167 dA zur Hauptfrage 2). Darin ist von einem freiwilligen Abbruch des Raubvorhabens und vom Fehlen einer Wiederholungsabsicht die Rede, obgleich der Angeklagte, insoweit in Übereinstimmung mit seinem Komplizen, weder im Vorverfahren noch in der Hauptverhandlung sich in dieser Richtung verantwortet, sondern hiezu auch in der Verhandlung ein uneingeschränktes Schuldbekenntnis abgelegt hatte (Band II, S 137 dA).
Der Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO liegt daher
vor.
Der Vollständigkeit halber ist noch zu bemerken:
Da es in dem in der Hauptfrage 2 umschriebenen Fall eines Raubversuches bloß infolge zufälliger Abwesenheit des vorgesehenen Tatopfers nicht zur Tatvollendung kam, stellt sich hier die Frage nach der Tauglichkeit der Versuchshandlung im Sinn des § 15 Abs 3 StGB. Die Abgrenzung des sogenannten absolut untauglichen (und damit straflosen) Versuches vom bloß relativ untauglichen (und strafbaren) ist allerdings im geschwornengerichtlichen Verfahren nicht Gegenstand einer Zusatzfrage, sondern im Hinblick darauf, daß der im § 15 Abs 3 StGB geregelte absolut untaugliche Versuch seinem Wesen nach eine negative Begriffsvoraussetzung eines strafbaren Versuches bildet, schon bei Beantwortung der Hauptfrage zu berücksichtigen (RZ 1984/67). Im Hinblick auf die konkrete Aktualität dieser Abgrenzungsfrage bei Beantwortung der Hauptfrage 2 war eine entsprechende Belehrung der Geschwornen auch hiezu geboten.
Sie fehlt aber zur Gänze. War nämlich das - vorliegend nach den
Verfahrensergebnissen in der Hauptverhandlung (vgl. Band II, S 136
und 137 dA) - an sich real existente Raubopfer bloß zufällig zur
Tatzeit nicht am Tatort anwesend, ist bloß ein relativ untauglicher
und damit strafbarer Versuch gegeben, weil sich unter diesen
Umständen nicht sagen läßt, daß eine tatplanmäßige Tatvollendung
nach der Art der Handlung oder des Tatobjektes geradezu
ausgeschlossen und demnach unter keinen Umständen möglich gewesen
wäre (§ 15 Abs 3 StGB, vgl. ÖJZ-LSK 1978/39, 1977/258, 1976/140 zu
§ 15 Abs 3 StGB; ferner Leukauf-Steininger, StGB2, RN 35 lit c zu
Somit erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft als begründet.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten
Anton B***:
In seiner Nichtigkeitsbeschwerde rügt der Angeklagte zunächst in Bekämpfung des Schuldspruchs wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach den §§ 15, 75 StGB (Punkt I) unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO, daß entgegen der Vorschrift des § 314 Abs 1 StPO zur Hauptfrage 1 (nach Mordversuch) keine weiteren Eventualfragen in Richtung des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung (§§ 15, 87 Abs 1 StGB), des Vergehens der Nötigung (§ 105 StGB) und des Vergehens der Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB) in das Fragenschema aufgenommen sind, obgleich in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden seien, die solche Eventualfragen geboten erscheinen ließen. Dieser Auffassung kann aus folgenden Erwägungen nicht beigepflichtet werden:
Es trifft zwar zu, daß sich der Angeklagte, soweit es den Helmut K*** betreffenden Vorfall vom 12.Juni 1986 in Pogöriach anlangt, in der Hauptverhandlung in teilweiser Abweichung von seiner (widersprüchlichen) Darstellung im Vorverfahren nur des versuchten schweren Raubes (an Helmut K***) unter Verwendung einer Waffe schuldig bekannt, einen Tötungsvorsatz (ebenso wie schon im Vorverfahren; vgl. Band I, S 41, 51, 53, 55 und 57 dA, ferner ON 4, insbesondere S 61 a verso, 61 b, 61 c verso, 61 d, 61 e verso, 61 f und 61 f verso dA) aber in Abrede gestellt und sich dahin verantwortet hatte, beim Abdrücken der Pistole - aus der sich kein Schuß löste - nur mit dem Vorsatz gehandelt zu haben, Helmut K*** leicht zu verletzen. Darüber hinaus behauptete der Angeklagte in der Hauptverhandlung, sich damals darüber im klaren gewesen zu sein, daß seine Pistole gar nicht geladen war (Band II, S 139 dA). Der Angeklagte bestritt in der Hauptverhandlung auch einen daraus abgeleiteten Tötungsvorsatz, daß er damals seine jugendlichen bzw. noch strafunmündigen Komplizen Manfred H***, Günther S*** und Michael N*** durch Zurufe aufgefordert hatte, auf Helmut K*** zu schießen; behauptete er doch, "die Kinder angewiesen" zu haben, "... in die Luft zu schießen", falls er in Gefahr sei (Band II, S 139 und 140 dA).
Dieses Vorbringen in der Hauptverhandlung erschöpfte sich demnach - soweit der Angeklagte behauptet, sich schon beim Abdrücken bewußt gewesen zu sein, daß die (sodann tatsächlich versagende) Schußwaffe gar nicht geladen war, und die Komplizen angewiesen zu haben, bloß in die Luft zu schießen - der Sache nach in einem schlichten Leugnen des Tötungsvorsatzes. Dabei wird übersehen, daß sich das gesamte Tatgeschehen am 12.Juni 1986 in einem Waldstück in Pogöriach im Rahmen eines bewaffneten Raubüberfalles zutrug; sollten doch damals dem Helmut K*** unter Anwendung von Waffengewalt die im Kofferraum des PKWs (des Helmut K***) verwahrten Waffen weggenommen werden (vgl. den Schuldspruch des Angeklagten zu Punkt II des Urteilssatzes). Selbst wenn der Angeklagte, so wie er es in der Hauptverhandlung ua behauptet hatte, auf eine (bloß) leichte Verletzung des Helmut K*** abgezielt haben sollte, so wäre eine solche Körperbeschädigung selbst für den Fall ihres tatsächlichen Eintritts vom Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143, erster und zweiter Fall, StGB (Punkt II des Urteilssatzes) erfaßt und abgegolten, weil die (gleichfalls) mit einer höheren Strafdrohung verbundene Qualifikationsnorm des § 143, dritter Fall, StGB erst bei einer schweren Verletzung eines anderen, die durch eine beim Raub ausgeübte Gewalt zugefügt wird, heranzuziehen ist (Foregger-Serini, StGB3, Erl. VI zu § 143 StGB und die dort zitierte Judikatur). Dies gilt umso mehr, wenn es zu einer leichten Verletzung nicht kam und das Tatopfer allenfalls bloß in seiner körperlichen Sicherheit (konkret) gefährdet war. Zu der vom Beschwerdeführer vermißten Eventualfrage nach dem Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung im Sinn der §§ 15, 87 Abs 1 StGB bestand schon deshalb kein Anlaß, weil eine solche Fragestellung auch nach der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung gar nicht geboten war. Hatte er doch lediglich ein Vorhaben auf Zufügung einer allenfalls bloß leichten Verletzung eingeräumt (Band II, S 139 dA), jedoch niemals vorgebracht, die Absicht verfolgt zu haben, den Helmut K*** am Körper schwer zu verletzen. Desgleichen kam die Stellung einer Eventualfrage nach Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB) angesichts des engen Konnexes der Tathandlungen des Angeklagten und seiner Komplizen mit dem Raubgeschehen nicht in Betracht; enthält doch der (mit schwererer Strafe bedrohte) Raub auch die Elemente einer Nötigung (vgl. Leukauf-Steininger, StGB2 RN 1 zu § 142 StGB). Eine Eventualfrage in Richtung Nötigung wäre nur bei Fehlen jener weiteren spezifischen Merkmale erforderlich, die eine Nötigung zum Raub machen. Da aber nach dem Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung bei dem bewaffneten Überfall auf Helmut K*** am 12. Juni 1986 in Pogöriach ein auf Verübung eines Raubes im Sinn des § 142 Abs 1 StGB gerichtetes Vorhaben des Angeklagten (und seiner Komplizen) niemals in Zweifel gezogen wurde, bleibt nach dem Gesagten für eine Eventualfrage nach Nötigung kein Raum. Es haftet aber auch der den Geschwornen zur Hauptfrage 1 erteilten Rechtsbelehrung der vom Beschwerdeführer weiters geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO nicht an. Dieser Nichtigkeitsgrund wird aus einer angeblich sprachlich verstümmelten und deshalb unverständlichen Formulierung der Rechtsbelehrung bei Darlegung des Freiwilligkeitserfordernisses beim Rücktritt vom Versuch abgeleitet. Der Beschwerdeführer stellt hiebei auf die - ersichtlich auf einem Hör- oder Schreibfehler beruhende - ursprüngliche Fassung dieses Teiles der Rechtsbelehrung ab und übersieht, daß der gerügte Mangel in dem den Geschwornen zur Verfügung gestellten Original der Belehrung handschriftlich korrigiert worden war. Er geht daher bei Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO von einer Fassung der Rechtsbelehrung aus, die den Geschwornen in Wahrheit gar nicht vorlag.
Es versagt aber auch die Rechtsrüge (§ 345 Abs 1 Z 12 StPO), mit welcher der Beschwerdeführer den Schuldspruch zu Punkten IV B 1 und IV C 1 wegen Diebstahls von behördlichen Kfz-Kennzeichentafeln deshalb für rechtlich verfehlt erachtet, weil Kennzeichen ohne Sachwert gar nicht diebstahlsfähig seien, sodaß bei Wegnahme solcher dem Begriff der Urkunde im Sinn des § 74 Z 7 StGB entsprechenden Kennzeichentafeln nur eine Tatbeurteilung als Urkundenunterdrückung nach dem § 229 (Abs 1) StGB in Betracht kommen könnte. Dem Beschwerdeführer wird zwar darin beigepflichtet, daß als Tatobjekt eines Diebstahls im Hinblick auf den im § 127 Abs 1 StGB geforderten Bereicherungsvorsatz des Täters nur eine (fremde bewegliche) Sache in Betracht kommt, die wirtschaftlich gesehen nicht völlig wertlos ist. Es scheiden deshalb nach der Verkehrsauffassung gänzlich oder nahezu ("praktisch") wertlose Sachen als taugliche Diebstahlsobjekte aus (11 Os 58/80, 10 Os 27/85 ua). Hingegen steht der Annahme der Diebstahlsfähigkeit nicht entgegen, daß eine Sache bloß dem persönlichen Gebrauch des Gewahrsamsträgers dient, der Handel mit ihr verboten ist oder ihr kein Tauschwert nach Art einer Handelsware zukommt. Denn eine Sache im Sinn des § 127 Abs 1 StGB muß - entgegen Bertel im WK, Rz. 3 und 5 zu § 127 StGB - weder für den Handel bestimmt noch in concreto dazu geeignet sein. Auch Gegenstände, die sich im redlichen Verkehr nicht oder bloß schwer "zu Geld machen" lassen, können dem strafrechtlichen Sachbegriff des § 127 Abs 1 StGB entsprechen. Es kommt vielmehr bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf der äußeren Tatseite auch auf die wirtschaftliche Funktion der Sache im Vermögen des Bestohlenen an. Die Reduktion des Wertes solcher funktionellen Sachen allein auf ihren Materialwert liefe der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zuwider (vgl. 10 Os 27/85). Der Oberste Gerichtshof behandelte Kfz-Kennzeichentafeln bisher in ständiger Rechtsprechung im Hinblick darauf, daß sie auch einen evidenten Sachwert repräsentieren, der nicht zu vernachlässigen ist, als taugliche Diebstahlsobjekte (vgl. ua 12 Os 83/84, 13 Os 85/80 = EvBl 1981/108, 12 Os 136/83 und zuletzt 9 Os 26/87). An dieser Rechtsansicht wird festgehalten, weswegen für eine vom Beschwerdeführer in den Urteilsfakten IV B 1 und IV C 1 angestrebte Beurteilung der Entfremdung der dort angeführten Kfz-Kennzeichentafeln als Urkundenunterdrückung nach dem § 229 Abs 1 StGB kein Raum bleibt.
Soweit schließlich der Beschwerdeführer gegen den jeweils in den erwähnten Schuldsprüchen enthaltenen und gleichfalls auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Ausspruch, daß sein Vorsatz auch (noch) auf die Wegnahme weiterer Gegenstände aus dem jeweiligen Fahrzeug gerichtet war, formell unter den Nichtigkeitsgründen der Z 11 lit a und 12 des § 345 Abs 1 StPO einwendet, es könne hier nur der Versuch des Diebstahls in Betracht kommen, bleibt ihm entgegenzuhalten, daß dem Urteil nichts anderes zu entnehmen ist. Der Einwand geht daher ins Leere.
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach ein Erfolg zu versagen.
Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
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