OGH 11Os58/80

OGH11Os58/8028.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Rietdijk als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilhelm A und andere wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Wilhelm A und Robert A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 18.Dezember 1979, GZ 5 Vr 1.064/79-10, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (Freispruch unter B) unberührt bleibt, im Schuldspruch (A) sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Wilhelm und Robert A auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden im Teil A des Urteilssatzes - der zu B ergangene Freispruch einer dritten Angeklagten erwuchs unbekämpft in Rechtskraft - der jugendliche Lagerarbeiter Wilhelm A und der erwachsene Gelegenheitsarbeiter Robert A des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Ihnen liegt zur Last, am 13.April 1979 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) mit dem gesondert verfolgten Herbert B dadurch versucht zu haben, Verfügungsberechtigten der Firma Walter C & Co. Gesellschaft m.b.H. fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, daß sie über eine ungefähr zwei Meter hohe Mauer in eine Baustelle der genannten Firma einstiegen und diese Baustelle sowie das darauf befindliche unversperrte Haus nach stehlbaren Gegenständen durchsuchten.

Rechtliche Beurteilung

Den gegen diesen Schuldspruch von beiden betroffenen Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt Berechtigung zu. Dem Urteil haften nämlich materielle Feststellungsmängel im Sinn der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO an, die von beiden Beschwerdeführern - von Wilhelm A der Sache nach im Rahmen seines dem Nichtigkeitsgrund der Z 5

dieser Gesetzesstelle unterstellten Vorbringens - im Ergebnis zutreffend geltend gemacht werden:

Als Objekt eines (hier nach den erstgerichtlichen Annahmen versuchten) Diebstahls - und demnach als 'stehlbar' - kommen im Hinblick auf den in § 127 StGB geforderten Bereicherungsvorsatz bloß Sachen in Betracht, die als solche nicht ganz wertlos sind (ÖJZ-LSK 1976/302), mag auch ihr wirtschaftlicher Wert nur gering sein. Kein Diebstahlsobjekt sind aber auch Sachen, die in niemandes Eigentum stehen, etwa weil sie der bisherige Eigentümer jedermanns Zugriff preisgegeben (derelinquiert) hat (ÖJZ-LSK 1979/69 = EvBl. 1979/148). Schließlich bildet das Wesen der diebischen Wegnahme die Beseitigung eines fremden Gewahrsams gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers (ÖJZ-LSK 1975/19 = EvBl. 1975/230; EvBl. 1979/148). Im Gegenstandsfall läßt nun die Urteilsbegründung nicht deutlich erkennen, ob das Erstgericht von den vorstehend dargelegten Rechtsbegriffen ausging, als es beiden Beschwerdeführern den Vorsatz anlastete, der Firma C & Co.

'stehlbare' Sachen wegzunehmen. Insbesondere die ersichtliche Gleichsetzung von (für die Angeklagten) 'brauchbaren' mit 'verwertbaren' Sachen ohne Rücksicht auf den (objektiven) Wert im wirtschaftlichen Sinn zeigt den Mangel dieser entscheidungswesentlichen Feststellung auf. Des weiteren blieb die Frage offen, ob sich die Beschwerdeführer nicht etwa nur solche fremde Sachen von, wenn auch geringem, Wert aneignen wollten, die ein früherer Inhaber der durchsuchten Räume im Sinn des Obengesagten dem Zugriff jedes später das (im wesentlichen geräumte) Objekt Betretenden preisgegeben hatte oder für welche sie das Einverständnis des Gewahrsamsinhabers mit der Wegnahme voraussetzten.

Daß die erwähnten rechtlichen Kriterien bei der Fällung des angefochtenen Schuldspruchs unbeachtet blieben, liegt auch deshalb nahe, weil das Erstgericht den Diebsvorsatz der Beschwerdeführer aus ihrer und des gesondert verfolgten Herbert B Verantwortung vor der Polizei (S 35 bis 39) - die es als 'Geständnisse' bezeichnete - ableiten zu können glaubte, wiewohl diese Angeklagten dort nur ihr Vorhaben kundtaten, nach (für sie) 'Brauchbarem' zu suchen, wobei Robert A ausdrücklich beifügte, er habe gerechnet, 'alte Gegenstände' zu finden, 'die niemand mehr braucht' (S 39). Entsprechender Klarstellungen hätte es vorliegend umso eher bedurft, als es sich bei dem in Rede stehenden Objekt um ein nach den Urteilsannahmen im wesentlichen nur 'Gerümpel' enthaltendes, ansonsten 'leerstehendes und unversperrtes, baufälliges Haus' handelte, in dem für einen Durchschnittsbetrachter das Vorhandensein in fremdem Eigentum oder Besitz stehender Gegenstände von nennenswertem wirtschaftlichem Wert für gewöhnlich nicht zu erwarten war, welcher Umstand im übrigen selbst bei gegebenem diebischem Vorsatz der Täter für die Beurteilung der Tauglichkeit des mit solchem Vorsatz unternommenen Versuchs mitbedeutsam sein kann (sh. auch Burgstaller in JBl. 1979, 102; ÖJZ-LSK 1977/258 = EvBl. 1978/6).

Ohne noch auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer eingehen zu müssen, war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden - gemäß dem § 285 e StPO. schon bei der nichtöffentlichen Beratung - das Urteil in seinem angefochtenen Teil A aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Mit ihren gegen den Strafausspruch gerichteten Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

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