Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die am 4. Dezember 1982 vor dem Standesamt Laakirchen geschlossene Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 21. Mai 1986 gemäß § 55 a EheG einvernehmlich geschieden. In dem gleichzeitig abgeschlossenen Vergleich wurden die Pflege und Erziehung der am 10. Juli 1985 geborenen Tochter Lisa Maria sowie die übrigen Rechte gemäß § 144 ABGB der Mutter allein zugewiesen. Eine Besuchsrechtsregelung unterblieb. Mit Beschluß vom 16. Juli 1986 wurde sodann über Antrag der Mutter die Bezirkshauptmannschaft Gmunden gemäß § 22 JWG zum Unterhaltssachwalter des angeführten Kindes bestellt. Am 23. Juli 1986 stellte der Vater den Antrag, ihm jeden Freitag von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr ein Besuchsrecht in der Weise einzuräumen, daß er das Kind an jedem Besuchstag bis 9.30 Uhr bei der Mutter abholen und es bis 17.00 Uhr desselben Tages wieder dort hin zurückzubringen hat.
Ein Versuch, eine einvernehmliche Regelung mit der Mutter herbeizuführen, scheiterte; doch erklärte sich diese zunächst mit einem Besuchsrecht zweimal monatlich von 8.00 Uhr bis 11.00 Uhr oder 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr einverstanden; andererseits wurde sie nicht dazu befragt, ob sie mit der Mitnahme des Kindes durch den Vater einverstanden sei.
Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden befürwortete ein Besuchsrecht in Abständen von zwei Wochen, jeweils zwischen 14.00 Uhr und 16.00 Uhr und regte an, daß bei den ersten Besuchen eine dem Kind vertraute Person (und zwar entweder die Mutter oder die mütterliche Großmutter, die das Kind während der arbeitsbedingten Abwesenheit der Mutter vorbildlich betreut) anwesend sein solle. Das Erstgericht regelte das Besuchsrecht in der Weise, daß dem Vater gestattet wurde, sein Kind an jedem ersten und dritten Freitag im Monat um 14.00 Uhr bei der Mutter abzuholen und bis 16.00 Uhr desselben Tages wieder zurückzubringen. Die Abweisung des Mehrbegehrens unterblieb. Das Erstgericht schloß sich der Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Gmunden an und vertrat die Auffassung, daß eine wöchentliche Besuchszeit in der Dauer von 8 Stunden für das Kind physisch und psychisch zu belastend sei, zumal der Vater das Kind 4 Monate nicht gesehen habe und sich dieses an ihn erst wieder gewöhnen müsse. Im zarten Alter von 2 Jahren sei es offensichtlich, daß man dem Kind eine wöchentliche Besuchszeit in der Dauer von 8 Stunden nicht zumuten könne und dies für das Kind auch nicht verkraftbar wäre. Die getroffene Besuchsregelung ermögliche es, daß im Laufe der Zeit wieder eine entsprechende Vater-Kind-Beziehung hergestellt werden könne und es werde abzuwarten sein, wie sich das Kind auf diese Besuchszeiten einstelle und darauf reagiere. Infolge Rekurses der Mutter änderte das Gericht zweiter Instanz den Beschluß des Erstgerichtes teilweise dahin ab, daß unter Einbeziehung des unbekämpften und des bestätigenden Teiles der Entscheidung dem Vater ein Besuchsrecht hinsichtlich seines Kindes mj. Lisa Maria H*** an jedem ersten und dritten Freitag im Monat in der Form eingeräumt wurde, daß er an den ersten beiden Besuchstagen das Kind in der Wohnung der mütterlichen Großmutter Christine A*** in 4662 Steyrermühl, Lindental 5, zwischen 14.00 Uhr und 16.00 Uhr besuchen und ab dem dritten Besuchstag es bei der Mutter Karin A*** in 4663 Laakirchen, Stelzerstraße 7, um 14.00 Uhr abholen dürfe und bis 16.00 Uhr wieder zurückzubringen habe. Das Mehrbegehren des Vaters, ihm das Besuchsrecht jeden Freitag jeweils von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu gewähren, wurde abgewiesen. Das Rekursgericht führte aus, daß gegen die Ausübung des Besuchsrechtes durch den Vater und die Dauer desselben von keiner Seite Bedenken vorgebracht worden seien. Bedenken seien von der Mutter nur insoweit geltend gemacht worden, als sie befürchtete, daß die Übergabe des Kindes an den Vater zu psychischen und physischen Störungen führen könnte, zumal es aus der gewöhnten Umgebung herausgerissen würde. Diese Befürchtungen allgemeiner Natur könnten jedoch nicht zu einer Beschneidung des Besuchsrechtes des Vaters führen. Schließlich habe er offensichtlich in der Frühphase der Entwicklung des Kindes Kontakt mit dem Kind gehabt. Wenn dieser auch jetzt möglicherweise unterbrochen wurde, so sei der Vater doch für das Kind kein Fremder. Zudem seien auch von der Mutter keine konkreten Bedenken in der Richtung geltend gemacht worden, daß er etwa nicht behutsam und schonend mit dem Kind umgehen könnte. Dazu komme, daß er im selben Ort wohne und daher ein Ortswechsel bei der Ausübung des Besuchsrechtes nicht erforderlich sei. Immerhin werde den Bedenken hinsichtlich der Wiedergewöhnung des Kindes an den Vater im Sinne der Anregungen der Jugendwohlfahrtsbehörde insoweit Rechnung getragen, als dieser die ersten beiden Besuchskontakte nicht allein ausüben solle, sondern in Gegenwart der mütterlichen Großmutter in deren Wohnung. Darüber hinaus erscheine jedoch eine weitere Beschränkung des vom Erstgericht festgesetzten Besuchsrechtes des Vaters nicht erforderlich und auch im Interesse des Kindeswohles nicht geboten.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Mutter, in welchem sie vorbringt, sie sei überzeugt, daß nur sie als Mutter beurteilen könne, was ihrem Kind zumutbar sei. Sie habe ihren Gatten schon vor der Scheidung verlassen, weil er meist im Zustand der Trunkenheit Situationen herbeigeführt habe, in denen sie die Sicherheit ihres Kindes nicht mehr habe gewährleisten können. Der Vater habe sich in der Frühphase der Entwicklung des Kindes keineswegs um Kontakt mit diesem bemüht und sei auch bei der Scheidung an einer Regelung des Besuchsrechtes nicht interessiert gewesen. Sie bitte daher, den Beschluß des Rekursgerichtes "noch einmal zu überprüfen und dabei das Wohlergehen des Kindes den Gesetzen gegenüber als vordergründig zu behandeln". Diesen Ausführungen läßt sich der von der Mutter schon in ihrem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes gestellte Antrag entnehmen, in Abänderung der Entscheidung des Rekursgerichtes die Ausübung des Besuchsrechtes des Vaters nur in der Wohnung der Großmutter der Minderjährigen, Christine A***, zu gestatten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes insofern bestätigt, als der Vater an jedem ersten und dritten Freitag im Monat zwischen 14 und 16 Uhr die Minderjährige besuchen darf, wobei er ab dem 3. Besuchstag das Kind bei der Mutter um 14 Uhr abholen darf und es bis 16 Uhr wieder zurückzubringen hat. Der von der Mutter erhobene Revisionsrekurs richtet sich daher seinem gesamten Inhalt nach ausschließlich gegen den bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses. Nach einhelliger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 57/119 uva) ist durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 der sinngemäßen Anwendung des Jud 56 neu ( = SZ 24/335) die Grundlage entzogen worden. Demnach gilt auch für den Bereich der §§ 14 und 16 AußStrG bei teils bestätigenden, teils abändernden (bzw. aufhebenden) Entscheidungen des Rekursgerichtes der Grundsatz, daß gegen den bestätigenden Teil nur ein nach § 16 Abs. 1 AuStrG zu beurteilendes Rechtsmittel erhoben werden kann. Die Grenzlinie ist dort zu ziehen, wo dem Rechtsmittel einer Partei in trennbarer Weise auch nur teilweise Folge gegeben wurde (6 Ob 531/87 ua).
Der abändernde Teil der Rekursentscheidung, nämlich die Einräumung des Besuchsrechtes des Vaters an den ersten beiden Besuchstagen in der Wohnung der mütterlichen Großmutter wird ebensowenig bekämpft wie die Abweisung des Mehrbegehrens des Vaters. Der somit nur gegen den bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses gerichtete Revisionsrekurs unterliegt daher den Anfechtungsbeschränkungen des § 16 AußStrG.
Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statt. Eine offenbare Aktenwidrigkeit oder Nullität behauptet die Rechtsmittelwerberin nicht. Auch den Akten ist kein Umstand zu entnehmen, der für das Vorliegen einer Nullität sprechen würde. Die Rechtsmittelausführungen sind vielmehr dahin zu deuten, daß die Mutter den Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit geltend machen will. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 44/180; SZ 46/98; 8 Ob 573/85 u.v.a.). Gemäß § 148 Abs. 1 ABGB hat das Gericht die Ausübung des Rechtes jenes Elternteiles, dem die Pflege und Erziehung des Kindes nicht zusteht, mit dem Kind persönlich zu verkehren, in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln, oder nötigenfalls, besonders wenn die Beziehung des Kindes zu dem Elternteil, bei dem es aufwächst, unerträglich gestört würde, ganz zu untersagen. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei welcher das Wohl des Kindes ausschlaggebend ist.
Das Recht auf persönlichen Verkehr zwischen Eltern und Kindern ist ein allgemein anzuerkennendes Menschenrecht. Darüber hinaus ist ein Mindestmaß persönlicher Beziehungen eines Kindes zu beiden Elternteilen höchst erwünscht und wird im Dienste der gesunden Entwicklung des Kindes allgemein gefordert. Den Eltern steht das Recht auf persönlichen Verkehr nur insoweit nicht zu, als die Ausübung dieses Rechtes das Wohl des Kindes gefährdet (EvBl. 1974/284, 8 Ob 606/84 u.a.). Der Gesetzgeber wünscht auch weiterhin die Ausübung des Besuchsrechtes durch den nicht pflege- und erziehungsberechtigten Elternteil aufrecht zu halten und den persönlichen Kontakt zwischen diesem und dem Kind nicht abreißen zu lassen. Eine Unterbindung dieses Kontaktes ist nur in Ausnahmsfällen aus besonders schwerwiegenden Gründen zulässig (EvBl. 1981/143 u.a.).
Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist zunächst zu berücksichtigen, daß die Mutter sich in ihrem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes grundsätzlich gegen ein Besuchsrecht des Vaters an jedem ersten und dritten Freitag im Monat von 14 bis 16 Uhr nicht ausgesprochen, sondern sich nur dagegen gewendet hat, daß der Vater das Kind zur Ausübung des Besuchsrechtes abholt. Hingegen erklärte sie, nichts dagegen einzuwenden, wenn der Vater das Kind bei der Großmutter besuche und die zwei Stunden gemeinsam mit dem Kind dort verbringe. Ein Vorbringen, daß sie eine ernstliche Gefährdung des Kindes durch die Ausübung des Besuchsrechtes durch den Vater befürchte, hat die Mutter weder im Verfahren erster Instanz, noch im Rekursverfahren erstattet. Ihr Vorbringen im vorliegenden Rechtsmittel, daß sie ihren Gatten schon vor der Scheidung verlassen mußte, weil er meist, im Zustand der Trunkenheit Situationen herbeigeführt habe, in denen sie die Sicherheit ihres Kindes nicht mehr gewährleisten konnte, stellt daher, selbst wenn es im Sinne der Befürchtung einer Gefährdung des Kindes durch den Vater bei der Ausübung des Besuchsrechtes gedeutet würde, eine in einem außerordentlichen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG unzulässige Neuerung dar (vgl. EFSlg. 49.921, EvBl. 1967/164 u.a.). Dasselbe gilt auch für das Vorbringen, daß sich der Vater in der Frühphase der Entwicklung des Kindes nicht um Kontakt bemüht habe und auch bei der Scheidung an einer Regelung des Besuchsrechtes nicht interessiert gewesen sei, abgesehen davon, daß dieser Umstand allein nach den oben dargelegten Grundsätzen kein Grund für eine Verweigerung der Einräumung eines Besuchsrechtes wäre. Zusammenfassend vermochte die Mutter somit nicht aufzuzeigen, daß das Rekursgericht bei seiner Entscheidung nicht alle nach dem Gesetz zwingend vorgeschriebenen Kriterien in seine Ermessenserwägungen einbezogen, gegen Grundprinzipien des Rechtes verstoßen oder das Wohl des Kindes gänzlich außer acht gelassen habe. Sie hat daher den außerordentlichen Revisionsrekurs nicht auf einen der im § 16 Abs. 1 AußStrG abschließend aufgezählten Anfechtungsgründe gestützt, so daß ihr Rechtsmittel schon aus diesem Grund als unzulässig zurückgewiesen werden mußte, ohne daß es eines Eingehens auf die Frage der Rechtzeitigkeit der Rechtsmittelerhebung bedurft hätte.
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