OGH 8Ob573/85

OGH8Ob573/8518.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen mj. M***** und des am ***** geborenen A***** F***** infolge Revisionsrekurses des Ma***** F*****, vertreten durch Dr. Ronald Itzlinger, Rechtsanwalt in Bruck/Leitha, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 30. April 1985, GZ. 43 R 295/85‑37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck/Leitha vom 11. März 1985, GZ. P 54/83‑34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00573.850.0918.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Ehe der Eltern der Minderjährigen ist geschieden. Die elterlichen Rechte und Pflichten stehen der Mutter zu. Der Vater beantragte ein Besuchsrecht zu den mj. Kindern an jedem 2. Sonntag von 8 bis 18 Uhr; die Mutter beantragte, dem Kindesvater das Besuchsrecht zu entziehen.

Das Erstgericht untersagte dem Vater der Kinder die Ausübung eines Besuchsrechtes bis auf weiteres, mindestens jedoch bis 30. 11. 1985, wobei eine Neuregelung des Besuchsrechtes nur über Antrag des Vaters zu erfolgen habe. Das Verbot gründete das Erstgericht auf folgende Feststellungen:

Der Vater war bei Ausübung des Besuchsrechtes häufig betrunken. Die Kinder lehnen ihn unter Anzeichen von Furcht ab. Die ganze Situation ist derzeit enorm angespannt, weshalb zunächst etwas zuzuwarten ist, damit sich die Beziehungen zwischen den Kindern und dem Vater wieder neu aufbauen lassen. Derzeit ist die Ausübung des Besuchsrechtes dem Wohl der Minderjährigen nicht zuträglich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Nach Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz sei die Ausübung des Besuchsrechtes in einer dem Wohl der Kinder gemäßen Weise zu regeln. Das bedeute, daß dabei vorrangig vom Wohl des betreffenden Kindes auszugehen ist und allfällige Eigeninteressen der Eltern gegenüber diesem Gesichtspunkt des Kindeswohles erforderlichenfalls zurückzutreten haben. Das Verfahren habe ergeben, daß die Einräumung eines Besuchsrechtes gegen den Willen der Kinder eine ausgeprägte seelische Irritation der beiden Geschwister befürchten läßt. Sie hätte derzeit nachteilige Auswirkungen für die weitere gedeihliche psychosoziale Entfaltung der Kinder sowie eine zunehmende Furchteinstellung und in weiterer Folge eine Verstärkung der seelischen Irritation insbesondere bei dem mj. A***** zur Folge. Es werde an dem Vater liegen, in behutsamer Weise einen Kontakt, z.B. in Form von Briefen und Aufmerksamkeiten zu Feiertagen und Geburtstagen, anzubahnen, um allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt eine andere Regelung des Besuchsrechtes zu erreichen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der ao. Revisionsrekurs des Vaters, in welchem er beantragt, ihm das Besuchsrecht in jenem Umfang, wie er es geltend machte, einzuräumen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof nur im Falle einer offenbaren Gesetz‑ oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statt. Eine offenbare Aktenwidrigkeit oder Nullität behauptet der Rechtsmittelwerber nicht. Auch den Akten ist kein Umstand zu entnehmen, der für das Vorliegen einer Nullität sprechen würde. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt jedoch nur dann vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 44/180; SZ 46/98; 6 Ob 660/82 u.v.a.).

Gemäß § 148 Abs. 1 ABGB hat das Gericht die Ausübung des Rechtes jenes Elternteiles, dem die Pflege und Erziehung des Kindes nicht zusteht, mit dem Kind persönlich zu verkehren, in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln, oder nötigenfalls, besonders wenn die Beziehungen des Kindes zu dem Elternteil, bei dem es aufwächst, unerträglich gestört würden, ganz zu untersagen. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei welcher das Wohl des Kindes ausschlaggebend ist. Der Revisionsrekurs vermag nicht darzutun, inwiefern die angefochtene Entscheidung offenbar gesetzwidrig sein soll. Der Vater versucht lediglich klarzulegen, daß nur der persönliche Kontakt mit den Kindern geeignet wäre, die bestehende Ablehnung abzubauen. Dazu hat aber bereits das Gericht zweiter Instanz darauf verwiesen, daß dies derzeit nicht ratsam sei, vielmehr behutsam durch Aufmerksamkeiten und Geschenke zu Feiertagen, Geburtstagen udgl. eine Vertrauensbasis aufgebaut werden solle. In diesem Ermessen des Gerichtes zweiter Instanz, das sich allein vom Wohl der Minderjährigen leiten ließ, vermag aber kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer offenbaren Gesetzwidrigkeit gefunden zu werden.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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