Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Die Streitteile haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger verkaufte den Beklagten eine Liegenschaft um den bis 30.4.1982 zu entrichtenden Kaufpreis von 1,4 Mio S, auf den die Beklagten unter Berufung auf einen Preisminderungsanspruch nur 1,2 Mio S zahlten.
Der Kläger begehrte mit einer am 4.10.1983 eingelangten Klage den Kaufpreisrest von S 200.000,-- zuzüglich kapitalisierter Vertragszinsen für die Zeit vom 1.5.1982 bis 4.10.1983 in Höhe von S 66.550,-- und Mahnspesen von S 3.221,64 zusammen S 269.771,64 samt 14 % Zinsen seit 4.10.1983 und 18 % Umsatzsteuer aus diesen Zinsen. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und erhob folgende Einwendungen:
Der Kläger habe im Kaufvertrag ausdrücklich zugesagt, daß die Liegenschaft abgesehen von bestimmten nicht strittigen Lasten lastenfrei übergeben werde; tatsächlich habe sich aber herausgestellt, daß auf der Liegenschaft ein ersessenes Benützungsrecht an drei Räumen zugunsten des Karl K*** laste. Dieser Mangel rechtfertige eine Preisminderung von S 200.000,--. Die Streitteile hätten diesen Preisminderungsanspruch auch ausdrücklich vereinbart, falls die Beklagten in dem gegen Karl K*** wegen dieser Dienstbarkeit geführten Rechtsstreit unterliegen sollten, was schließlich geschehen sei. Der Betrag von S 200.000,-- gebühre aber auch wegen Veranlassung eines Irrtums als Vergütung nach § 872 ABGB. Da dieser Mangel aus dem Verschulden des Klägers entstanden sei, stehe dem Beklagten auch ein Schadenersatzanspruch zu. Sie hätten wegen der fehlenden Verfügbarkeit dieser drei Räume einen Mietzinsentgang von S 306.000,--, den sie der Klagsforderung aufrechnungsweise entgegenhalten. Einen weiteren Mangel habe der Kläger insofern zu vertreten, als der Zustand des Hauses nicht den bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften entsprochen habe, was eine Preisminderung oder einen Vergütungsanspruch nach § 872 ABGB um S 100.000,-- rechtfertige. Die Behebung dieses Mangels würde Investitionen von S 200.000,-- erfordern.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagten in einem eingliedrigen Spruch zur Zahlung von S 43.151,20 samt 10 % Zinsen seit 1.5.1982 und 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen. Das Mehrbegehren von S 226.620,44 samt Anhang wurde abgewiesen.
Das Berufungsgericht änderte das in vollem Umfang angefochtene Urteil des Erstgerichtes nur im Zuspruch der Umsatzsteuer aus den Zinsen ab und bestätigte es im übrigen mit der Maßgabe, daß in einem dreigliedrigen Spruch die Klagsforderung mit S 43.151,20 samt 10 % Zinsen seit 1.5.1982 als zu Recht bestehend und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend erkannt wurden und die Beklagten demgemäß zur Zahlung von S 43.151,20 samt 10 % Zinsen seit 1.5.1982 (ohne die in dritter Instanz nicht mehr geltend gemachten 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen) verurteilt wurden, während das Mehrbegehren von S 226.620,44 abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision zulässig sei.
Die Vorinstanzen gingen kurz zusammengefaßt von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
In Pkt. 1 des Kaufvertrages war vereinbart, daß der Kaufpreis vom 1.5.1982 an mit einem Zinssatz zu verzinsen sei, der um 2 % über dem Zinssatz liege, den die klagende Partei für ihre Kredite bezahlen müsse. Im Pkt.3 des Kaufvertrages war bestimmt, daß der Kläger für keine wie immer geartete Beschaffenheit der Kaufliegenschaft hafte, die aber mit Ausnahme einiger ausdrücklich angeführter Lasten lastenfrei zu übergeben sei.
An drei Räumen eines der auf der Liegenschaft stehenden Gebäude steht dem Grundnachbarn Franz K*** ein ersessenes Dienstbarkeitsrecht zu. Es ist nicht erwiesen, daß die Streitteile diesbezüglich eine Vereinbarung über einen bestimmten Preisminderungsanspruch getroffen haben; vereinbart wurde nur, daß die Verbücherung schon nach Zahlung eines Kaufpreisteiles von 1,2 Mio S erfolgen könne, ohne daß die klagende Partei aber auf den Mehrbetrag verzichtet hätte. Es ist nicht erwiesen, daß einer der Streitteile vor Kaufabschluß genaue Kenntnis über diese Dienstbarkeit gehabt hätte. Der Wert dieser Dienstbarkeit beträgt S 119.000,--.
Die auf der Liegenschaft stehenden Gebäude weisen Baumängel auf, welche einen Minderwert von S 100.000,-- verursachen. Die Behebung dieser Mängel würde S 200.000,-- kosten. Beiden Teilen waren diese Mängel bei Kaufabschluß nicht bekannt, sie wurden erst im Zuge des Rechtsstreites durch den Sachverständigen entdeckt. Der objektive Wert der Liegenschaft ohne Mängel beträgt S 1,954.750,--. Mit den Mängeln beträgt der Wert S 1,735.750,-- (das ist der erstgenannte Betrag abzüglich S 119.000,-- für die Servitut und S 100.000,-- für die Baumängel).
In rechtlicher Hinsicht bejahten beide Instanzen einen Gewährleistungsanspruch der beklagten Parteien und berechneten diesen ausgehend von den festgestellten Werten nach der sogenannten relativen Berechnungsmethode mit dem Betrag von S 156.848,80. Zum gleichen Ergebnis gelange man, wenn man für die beiden Mängel von einem jeweils durch die klagende Partei veranlaßten Irrtum ausgehe, der eine ebenso zu berechnende Vergütung nach § 872 ABGB rechtfertige. Die Berechtigung der Gegenforderung verneinten beide Instanzen vor allem mit der Begründung, daß ein nur vom Vorhandensein des Mangels selbst abgeleiteter Schaden nicht zusätzlich zur Geltendmachung des Gewährleistungsanspruches gebühre. An Zinsen könnten nur die vertraglich vereinbarten Verzugszinsen ab 1.5.1982 zugesprochen werden. - Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht mit den vielen im Zusammenhang mit den Problemen der Gewährleistung, des Schadenersatzes und der Bewertung einer Servitut aufgetretenen Rechtsfragen, denen eine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zukomme.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erheben beide Parteien Revision.
Die klagende Partei bekämpft den abweisenden Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes insoweit, als auch die Baumängel für die Berechnung des Preisminderungsanspruches herangezogen wurden, sodaß dieser um S 67.025,40 zu hoch ermittelt worden sei, und als aus dem offenen Kaufpreis von S 110.176,60 (= S 67.025,40 + von den Vorinstanzen zugesprochener Betrag von S 43.151,20) nicht für die Zeit vom 1.5.1982 bis 4.10.1983 kapitalisierte Zinsen von S 15.608,34 (nicht S 25.608,34 wie in S 5 der Revisionsschrift offenbar versehentlich, was sich abgesehen von der Nachrechnung auch aus der richtigen Gesamtsumme ergibt) daher zusammen S 82.633,74 und hieraus 4 % Zinsen seit 4.10.1983 zugesprochen wurden. Die beklagten Parteien fechten den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteiles an. Sie rügen die Berechnung des Wertes der Mängel und bekämpfen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß im Rahmen ihrer Gegenforderung der geltendgemachte Mietzinsentgang nicht zusätzlich zum Gewährleistungsanspruch als Schadenersatzanspruch zugesprochen werden könne. Schließlich vertreten sie den Standpunkt, daß Zinsen erst nach rechtskräftiger Beendigung des gegen Karl K*** geführten Rechtsstreites zugesprochen werden hätten dürfen, weil zuvor noch von der Behebbarkeit des Mangels ausgegangen werden hätte müssen.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind entgegen dem gemäß § 508a Abs.1 ZPO für das Revisionsgericht nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs.3 ZPO nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO abhängt. In der Hauptsache wurden alle in diesem Rechtsstreit noch relevanten Rechtsfragen im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gelöst:
1. Zur Revision der klagenden Partei:
Abgesehen davon, daß sich die klagende Partei im Verfahren erster Instanz auf den im Kaufvertrag allerdings enthaltenen Gewährleistungsverzicht nicht berufen hat, haben die Vorinstanzen den Preisminderungsanspruch wegen der festgestellten geheimen Baumängel hilfsweise auch als angemessene Vergütung gemäß § 872 ABGB zugesprochen. Auf eine Anfechtung wegen Irrtums wurde aber im Kaufvertrag nicht verzichtet. Die Höhe dieser Vergütung ist ebenso wie ein Preisminderungsanspruch nach der sogenannten relativen Berechnungsmethode zu ermitteln (JBl.1974, 144; JBl.1975, 491; SZ 48/112; MietSlg.32.096/28; JBl.1980, 316; ZVR 1984/91). Daß aus den vereinbarten Zinsen keine Zinseszinsen zugesprochen wurden, hat die klagende Partei in zweiter Instanz nicht gerügt. Geltend gemacht wurde nur, daß ein Teil der Zinsen wegen der vorgenommenen Kapitalisierung wie ein Teil des Klagebegehrens aufgefaßt werden müsse, sodaß dies zu einem für die klagende Partei günstigeren Verhältnis bei der Kostenentscheidung führe; weiters wurde die Höhe des Zinssatzes bekämpft. Auf das Argument, der klagenden Partei gebührten aus den vertraglich vereinbarten Zinsen zumindest ab Klagseinbringung Zinseszinsen, ist daher nicht einzugehen.
2. Zur Revision der beklagten Parteien:
Die Ermittlung der für den Preisminderungsanspruch oder die Vergütung nach § 872 ABGB maßgeblichen Wertansätze ist im wesentlichen eine Tatfrage. Im übrigen kommt den hiefür maßgeblichen Rechtsfragen eine über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO nicht zu. Nach ständiger Rechtsprechung ist im Rahmen der Schadenersatzpflicht nach § 932 Abs.1 Schlußsatz ABGB nur der durch das Fehlen der zugesagten Eigenschaft oder den Mangel entstandene Schade zu ersetzen, nicht aber der Nachteil, den der Erwerber schon durch das bloße Fehlen der zugesagten Eigenschaft oder das bloße Vorhandensein des Mangels erleidet (SZ 44/20, SZ 46/39, SZ 48/56, MietSlg.29.112, SZ 54/81). Zu den im Schrifttum allerdings vorhandenen Gegenansichten (erstmals vor allem Welser in JBl.1976, 127) wurde vom Obersten Gerichtshof schon Stellung genommen. Neue Argumente werden in der Revision nicht vorgetragen, sodaß kein Anlaß zu einer neuerlichen Prüfung dieses Rechtsproblems besteht. Die Frage, ob auf Grund der konkreten Gestaltung des vorliegenden Kaufvertrages die Zinsen schon ab 1.5.1982 gebühren oder ob sie erst ab dem Zeitpunkt zustehen, in dem das Vorliegen eines vorher umstrittenen Rechtsmangels feststand, stellt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs.4 Z 1 ZPO dar.
Da in den Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der Revisionen der Gegenseite nicht hingewiesen wurde, haben die Parteien diese Kosten gemäß §§ 50, 40, 41 ZPO selbst zu tragen.
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