Spruch:
Eine nach einer Kraftfahrzeugreparatur abgegebene Erklärung "10 000 km Garantie" ist als Gewährleistungsabrede dahin zu verstehen, daß während einer künftigen Fahrleistung von 10 000 km der gleiche Mangel nicht wieder auftreten werde; ist dies dennoch der Fall, ist der Garantiepflicht auch dann zu entsprechen, wenn die Ursache des neuerlichen Auftretens des Mangels ungeklärt bleibt
OGH 20. Mai 1981, 1 Ob 555/81 (LG Innsbruck 1 R 430/80; BG Innsbruck 16 C 1058/77)
Text
Der Kläger ließ seinen PKW Marke Mercedes wegen überhöhten Ölverbrauches durch den Beklagten, einen Kraftfahrzeugmechanikermeister, besichtigen. Der Beklagte riet ihm, neue Kolbenringe zu montieren. Wenn gleichzeitig eine Honung der Zylinder erfolgt, ist eine solche Reparatur zur Beseitigung überhöhten Ölverbrauches durchaus üblich. Nach Durchführung der Reparatur führte der Kläger vor Bezahlung des Rechnungsbetrages von 11 507 S einige Fahrten in Österreich durch. Bei Bezahlung der Rechnung, auf der der Beklagte "10 000 km Garantie" vermerkt hatte, erwähnte der Kläger nicht, daß erneut ein überhöhter Ölverbrauch eingetreten sei. Bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bezahlte der Kläger für die Reparatur an Zoll und Umsatzsteuer den Betrag von 125.50 DM. Auf der Rückfahrt in die Bundesrepublik Deutschland bemerkte er, daß erneut erhöhter Ölverbrauch auftrat. Er teilte dies dem Beklagten telefonisch mit. Der Beklagte ersuchte den Kläger, eine Ölverbrauchsmessung durchzuführen. Diesem Ersuchen kam der Kläger nach. Er bezahlte dafür 169.05 DM. Mit Schreiben vom 12. Juni 1976 teilte der Kläger dem Beklagten unter Übermittlung einer Kopie des Meßblattes für die Ölverbrauchsmessung mit, daß die Reparatur erfolglos geblieben sei und ersuchte um Überweisung des Betrages von 1829.55 DM.
Mit der am 10. Juni 1977 eingebrachten Klage begehrt der Kläger den Zuspruch eines Betrages von 13 007 S als Rückersatz des Werklohnes, Zolls und der Umsatzsteuer sowie der Kosten des Ölverbrauchstests. Der Beklagte habe mehrmals telefonisch versprochen, die Sache ins reine zu bringen und dem Kläger seine Ausgaben zurückzuerstatten. Er werde die Angelegenheit erledigen. Schon wegen der abgegebenen Garantie sei es Sache des Beklagten, den Beweis zu erbringen, er habe die Reparatur sachgemäß durchgeführt und die Ursachen des Ölverlustes fachgerecht behoben. Das Begehren wurde hilfsweise auch auf Anfechtung wegen Irrtums gestützt, da die vom Beklagten durchgeführte Reparatur nicht geeignet gewesen sei, eine dauerhafte Besserung der Motorleistung und der Haltbarkeit des Motors zu erzielen.
Der Beklagte wendete ein, er habe die Reparatur sach- und fachgerecht durchgeführt. Der Kläger müsse das Fahrzeug bei der Rückfahrt in die Bundesrepublik Deutschland überlastet haben. Der Kläger sei trotz Aufforderung jeden Beweis schuldig geblieben, daß der erhöhte Ölverbrauch auf die mangelhafte Reparatur des Beklagten zurückzuführen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, der Beklagte habe nicht nur neue Kolbenringe montiert, sondern auch die Zylinder gehont, neue Lager eingebaut und ein Ventilservice durchgeführt. Der Beklagte habe dem Kläger mitgeteilt, daß es besser sei, sein Fahrzeug noch in Österreich einzufahren, da hier eine abwechslungsreichere Fahrweise möglich sei. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß eine Irrtumsanfechtung nicht in Betracht komme, weil die durchgeführte Reparatur durchaus üblich und erfolgversprechend sei. Die abgegebene Garantie besage, daß nicht nur für Mängel bei der Übergabe, sondern auch für Mängel gehaftet werde, die während der Garantiefrist auftreten. Der Kläger habe aber die sechsmonatige Gewährleistungsfrist, die mit dem Zeitpunkt des Eintrittes des Mangels zu laufen begonnen habe, versäumt. Dem Kläger sei auch nicht der Nachweis eines schuldhaften und rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten gelungen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Der Beklagte als Vertragspartner des Klägers wäre auf Grund des Reparatur- und Garantievertrages grundsätzlich verpflichtet gewesen, den gewünschten und vereinbarten Reparaturerfolg herzustellen. Trete dieser vereinbarte und garantierte Erfolg nicht ein, müsse der Beklagte gemäß § 1298 ABGB beweisen, daß die Erfüllung des Vertrages ohne sein Verschulden verhindert worden sei. Dieser Beweis sei dem Beklagten aber nicht gelungen. Damit sei der Beklagte gemäß § 1298 ABGB für alle aus der Nichterfüllung des Reparatur- und Garantievertrages entstehenden Schäden dem Kläger schadenersatzpflichtig. Da der Kläger in Erfüllung des Reparaturvertrages die Kosten der Reparatur bezahlt habe, der vereinbarte Erfolg aber nicht eingetreten sei, habe der Kläger einen Schaden in der Höhe der bezahlten Kosten erlitten. Der Beklagte habe ihm diese Kosten aus dem Titel des Schadenersatzes zu ersetzen. Aber auch die Kosten für die Verzollung und die auf Grund der unsachgemäßen Reparatur notwendig gewordenen Kosten des Ölverbrauchs habe der Beklagte dem Kläger zu ersetzen. Diese Kosten stunden in unmittelbarem Zusammenhang mit der offenbar unnützen und erfolglosen Reparatur.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Zunächst sei hervorgehoben, daß- entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes nach herrschender Rechtsprechung (SZ 48/56 u. v.a.) die Rückzahlung des Werklohnes nicht ohne weiteres (vgl. dazu allerdings Welser, Gewährleistung und Schadenersatz, JBl. 1976, 127 ff., insbesondere 136 f.; Koziol - Welser[5] I, 225, 318) aus dem Titel des Schadenersatzes geltend machen kann, weil § 932 Abs. 1 ABGB unter dem "verschuldeten" Schaden nicht den Nachteil versteht, den der Erwerber schon durch das Vorhandensein des Mangels erleidet, sondern bloß die darüber hinausreichenden Nachteile, die Begleitschäden. Bei der Forderung auf Rückzahlung des Werklohnes für eine nutzlose Reparatur handelt es sich vielmehr um einen Gewährleistungsanspruch, der innerhalb der Fristen des § 933 ABGB geltend zu machen ist (SZ 49/60).
Der Beklagte wendete im Verfahren erster Instanz aber nicht ein, ein allfälliger Gewährleistungsanspruch des Klägers sei wegen verspäteter Geltendmachung erloschen. Auch in der Revision macht er dies nicht geltend. Es trifft zwar zu, daß die Fristen des § 933 ABGB Präklusivfristen sind (SZ 50/5; EvBl. 1967/305 u.a.), auf die von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist, wenn ihr Ablauf aus den Prozeßakten klar hervorgeht (SZ 50/5; HS 252; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 554; derselbe in Schuldrecht Allgemeiner Teil, 86; Koziol - Welser[5] I, 219, 160). Die Wahrung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von Amts wegen zu prüfen wird daher nur sehr eingeschränkt als berechtigt erachtet. Wurden die Gewährleistungsbestimmungen durch Parteienvereinbarungen geändert, so daß sich die Einzelheiten der sogenannten Garantie nach der Vereinbarung zwischen den Parteien richten, besteht kein Anlaß, von Amts wegen die Nichteinhaltung der vereinbarten Frist zur Klagserhebung wahrzunehmen, wenn der Beklagte selbst, der wissen muß, was zwischen den Parteien zu gelten hat, keine Einwendungen erhob und damit zu erkennen gab, nach der Vertragslage keinen Anspruch auf Erhebung einer Verfristungseinrede zu haben (SZ 50/5).
Besonders in Kauf- oder Werkverträgen kommen häufig sogenannte Garantiezusagen (unechte Garantieverträge) vor, worunter Gewährleistungsabreden verstanden werden, die Teile des Hauptvertrages sind; der Verkäufer oder Unternehmer sichert damit dem Käufer oder Besteller bestimmte Eigenschaften der Kaufsache oder des Werkes zu und wird dadurch verpflichtet, für alle Folgen ihres Fehlens einzustehen, auch wenn ihn kein Verschulden trifft. Es handelt sich gewöhnlich um eine Zusicherung vertragsgemäßer Leistung, für die das Recht des Hauptvertrages gilt, den sie durch die ausdrückliche Übernahme der an sich wirksamen Gewährleistungspflichten oder deren Erweiterung oder Verlängerung ausgestaltet (SZ 50/93; SZ 47/138; Koziol - Welser a.a.O.; Ohmeyer - Klang a.a.O.). Die vom Beklagten abgegebene Garantieerklärung muß dahin verstanden werden, daß während einer künftigen Fahrleistung von 10 000 km auf Grund der von ihm durchgeführten Reparatur der gleiche Mangel nicht wieder auftreten werde. Da erneut hoher Ölverlust auftrat, war es daher nicht Sache des Klägers, der das erneute Auftreten des Mangels dargetan hatte, auch noch nachzuweisen, daß dieser Mangel nicht auf andere Ursachen als auf die vom Kläger zu behebenden zurückzuführen war. Ist vielmehr ein Mangel dem Unternehmer auf Grund seiner Garantiezusage zuzuordnen, trifft ihn die Garantiepflicht auch dann, wenn die Ursache des Mangels ungeklärt bleibt (vgl. Soergel in Münchner Kommentar, § 633 BGB RdN 40). Es war Sache des Beklagten abzuwägen, ob er nach der Art der Reparatur eine Garantieerklärung abgeben konnte; tat er es, muß er grundsätzlich dafür einstehen. Die Einwendungen des Beklagten beschränkten sich nun aber darauf, der Kläger habe nicht beweisen können, daß der erhöhte Ölverbrauch auf die Unwirksamkeit der Reparatur zurückzuführen sei. Der Beklagte behauptete nicht einmal, welche konkrete, von ihm nicht zu vertretende Ursache den erhöhten Ölverbrauch erneut hervorgerufen haben könnte. Er kam daher der ihn treffenden Beweislast, er habe für den erneut aufgetretenen gleichen Mangel nicht einzustehen, nicht nach. Schon aus rechtlichen Erwägungen hat der Beklagte daher für den im Verfahren nicht bestrittenen Mangel einzustehen, ohne daß zu prüfen ist, in welchem Sinne das Erstgericht den unter Anführungszeichen gesetzten Ausdruck "Erfolg" der Reparatur verstanden hatte. Der Kläger hat also wegen des wesentlichen, zumindest nicht leicht behebbaren, wenn nicht unbehebbaren Mangels des Werkes auf Grund des gerichtlich geltend gemachten Wandlungsanspruches (EvBl. 1975/103 u. a.; Koziol - Welser a. a.O., 318) Anspruch auf Rückersatz des Werklohnes (vgl. SZ 49/60).
Bei der Geltendmachung des Rückersatzes für Zoll und Umsatzsteuer handelt es sich um einen Mangelfolgeschaden, zu dessen Ersatz der Beklagte nur bei Verschulden verpflichtet ist. Da aber davon auszugehen ist, daß der Schaden auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des Beklagten zurückzuführen ist, trat gemäß § 1298 ABGB in der Verschuldensfrage eine Umkehr der Beweislast ein (7 Ob 675/79; 8 Ob 251/75; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 172 f.; Koziol, Österr. Haftpflichtrecht[2] I, 330, 332; Welser, Vertretung ohne Vollmacht, 267; Raape, Die Beweislast bei positiver Vertragsverletzung in AcP, 147, 217 ff.); seiner Beweispflicht kam der Beklagte nicht nach.
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