OGH 3Ob71/86

OGH3Ob71/8619.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred K***, Gastwirt, Koligweg 5, 9100 Völkermarkt, vertreten durch Dr. Dietrich Clementschitsch und Dr. Wolfgang Flucher, Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagte Partei Ingeborg T***, geb. am 24. Dezember 1960, Gastwirtin, Haimburgerstraße 7, 9100 Völkermarkt, vertreten durch Dr. Siegfried Rack und Dr. Franz Grauf, Rechtsanwälte in Völkermarkt, wegen Erhebung von Einwendungen gegen den Räumungsanspruch (Streitwert S 144.000,--) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 17. April 1986, GZ. 2 R 141/86-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 12. Dezember 1985, GZ. 2 C 108/84-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei Alfred K*** ist schuldig, der beklagten Partei Ingeborg T*** die mit S 7.185,45 (darin S 565,95 Umsatzsteuer und S 960,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Schuhmachermeister Wilhelm T*** war unter anderem Eigentümer der Liegenschaft EZ 433 KG Völkermarkt mit dem Wohn- und Geschäftshaus Herzog-Bernhard-Platz 8 im Stadtzentrum von Völkermarkt. Er starb am 13.11.1976. In seinem Testament hatte er seine Ehefrau Ingeborg T***, geboren am 3.3.1938, und seine beiden ehelichen Kinder Ingeborg T***, geboren am 24.12.1960, und Wilhelm T***, geboren am 8.8.1962, zu je einem Drittel als Erben eingesetzt. Er bestimmte, daß seine Witwe das Recht habe, die Verwaltung der Häuser zu führen, solange sie allein bleibe, und daß "das Gericht bis zum 25.Lebensjahr die Aufsicht übernehmen" müsse, wenn die Witwe einen Lebensgefährten habe oder wieder heirate. Mit Beschluß vom 17.11.1976 bestellte das Bezirksgericht Völkermarkt für die damals noch minderjährigen Kinder die Mutter zum Vormund und einen Wilhelm T*** für die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens zum Sondersachwalter (Kollisionskurator). Am 4.4.1977 vermietete die Verlassenschaft nach Wilhelm T***, vertreten durch die Witwe und den Sondersachwalter, an den Kläger in diesem Rechtsstreit Alfred K*** Geschäftsräume im Erdgeschoß des Hauses Herzog-Bernhard-Platz 8 in 9100 Völkermarkt samt Nebenräumlichkeiten auf unbestimmte Zeit um den wertgesicherten Mietzins von S 7.000,-- monatlich zum Betrieb eines Espressos. Das Verlassenschaftsgericht nahm mit Beschluß vom 13.9.1977, GZ A 180/76-17, die bedingte Erbserklärung der Witwe und der Kinder aus dem Berufungsgrund des Testamentes an und genehmigte unter anderem den mit dem Kläger am 4.4.1977 abgeschlossenen Mietvertrag abhandlungs- und pflegschaftsgerichtlich. Am selben Tag erließ das Bezirksgericht Völkermarkt als Verlassenschaftsgericht die Einantwortungsurkunde. Am 3.4.1979 ordnete das Gericht mit dem Beschluß GZ A 180/76-24 unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Witwe und die beiden Kinder zu je einem Drittel der Liegenschaft EZ 433 KG Völkermarkt mit den Beschränkungen durch ein dem Wunsch des Erblassers im Testament entsprechend vereinbartes wechselseitiges Veräußerungs- und Belastungsverbot und ein wechselseitiges Vorkaufsrecht an. Die bücherliche Eintragung wurde am 5.4.1979 vollzogen.

Am 30.3.1982 erhoben die drei Dritteleigentümer der Liegenschaft EZ 433 KG Völkermarkt gegen den Mieter Alfred K*** zu 2 C 259/82 des Bezirksgerichtes Völkermarkt die Räumungsklage. Die Vermieter hätten im Mietvertrag auf Kündigung für die Dauer von fünf Jahren verzichtet. Die erstmals zum 31.3.1982 mögliche Kündigung sei erfolgt, der Mieter habe sich auch schon am 4.4.1977 verpflichtet, die in Bestand genommenen Geschäfts- und Nebenräumlichkeiten zum 31.3.1982 den Vermietern geräumt zu übergeben. Der Mieter beantragte, das Räumungsbegehren abzuweisen. Seine am 4.4.1977 in einem Notariatsakt eingegangene Verpflichtung zur Räumung am 31.3.1982 sei als Umgehung der Kündigungsschutzvorschriften des Mietengesetzes unwirksam. Die Witwe Ingeborg T*** gab am 22.9.1982 in dem Räumungsprozeß AZ 2 C 259/82 des Bezirksgerichtes Völkermarkt als Partei vernommen an, sie habe ein Ansinnen des Mieters abgelehnt, die Vertragsdauer zu verlängern, weil ihre Tochter Ingeborg T*** die Hotelfachschule besucht habe und beabsichtigt sei, den Gastgewerbebetrieb im Haus selbst zu führen. Ingeborg T*** jun. hatte mit ihrer Mutter und ihrem Bruder abgesprochen, daß ihr nach Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Kläger die Espressoräumlichkeiten zur Führung eines Betriebes zur Verfügung stünden. Ingeborg T*** hatte schon die Vorbereitungen für die Übernahme des Geschäftslokals getroffen. Sie eröffnete, weil der Kläger nicht räumte, in Räumen des Hauses, in denen ihr Bruder eine Imbißstube geführt hatte, am 4.7.1982 ein Espresso, wo sie im wesentlichen gleichartige Getränke und Speisen anbietet, wie der Kläger, dessen Geschäftseingang 25 Meter entfernt um die Ecke des Hauses liegt.

Mit dem Urteil vom 31.1.1983, GZ 2 C 259/82-8, gab das Erstgericht dem Räumungsbegehren statt. Das Berufungsgericht (LG Klagenfurt 14.7.1983, GZ 2 R 271/83-14) und der Oberste Gerichtshof (9.11.1983, GZ 1 Ob 760/83-18) bestätigten. Das Urteil des Obersten Gerichtshofes wurde an die Prozeßbevollmächtigten der Parteien am 14.12.1983 zugestellt. Es war die Beantwortung der Frage, ob die gleichzeitig mit Abschluß des Mietvertrages eingegangene Räumungsverpflichtung wegen des Bestehens einer Drucksituation unwirksam war, für entbehrlich gehalten worden, weil der Mieter in der durch seinen Rechtsvertreter am 19.8.1981 abgegebenen Erklärung, den Räumungstermin 31.3.1982 einzuhalten, den Räumungsanspruch ohne Druck und wirksam konstitutiv anerkannt habe (MietSlg 35.343). Am 29.8.1983 leitete das Bezirksgericht Völkermarkt auf Grund von Mitteilungen der Tochter Ingeborg T*** jun. das Verfahren über eine Entmündigung der Witwe Ingeborg T*** sen. ein. Am 12.12.1983 bekräftigte der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten, daß bei Ingeborg T*** sen. ein manisch depressives Kranksein bestehe und die seit Wochen vorhandene höhergradige manische Verstimmung durch therapeutische Maßnahmen im Abklingen sei. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 12.12.1983, GZ L 26/83-12, wurde Ingeborg T*** sen. wegen Geisteskrankheit beschränkt entmündigt. Der Entmündigungsbeschluß wurde dem Rechtsvertreter der Entmündigten am 2.1.1984 und dieser selbst erst am 20.2.1984 zugestellt. Nach ihrer Entlassung aus dem stationären Aufenthalt an der psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses in Klagenfurt am 20.12.1983 erklärte Ingeborg T*** sen. dem Kläger, sie sei bereit, den Mietvertrag mit ihm zu verlängern, obwohl das Räumungsurteil nun rechtskräftig war. Sie sprach mit ihrem Sohn und ihrem Lebensgefährten Philipp R*** über die Verlängerung (Erneuerung) des Mietvertrages mit dem Kläger, der alle Personen am 21.12.1983 zum Rechtsanwalt Dr. Bernt A*** nach Wolfsberg in Kärnten brachte. Ingeborg T*** sen. übergab dem Rechtsanwalt die Mietvertragsurkunde vom 4.4.1977 und erklärte, dieser Vertrag solle verlängert werden. Der Kläger, Ingeborg T*** sen. und ihr Sohn Wilhelm T*** waren über die Höhe des Mietzinses und die Dauer der Vermietung einig. Der Rechtsanwalt verfaßte nach dem Muster des Mietvertrages vom 4.4.1977 den neuen Mietvertrag, wonach mit Wirksamkeit vom 21.12.1983 mit dem Kläger ein neues Mietverhältnis begründet werde, die Vermieterin Ingeborg T*** sen. auch für ihre Kinder "als mit Beschluß des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 17.11.1976 bestellte Sondersachwalterin" auftrete und berechtigt sei, namens der beiden Kinder abzuschließen, weil die Verwaltung erst mit der Erreichung des 25.Lebensjahres der Kinder ende, das neue Mietverhältnis unkündbar bis 31.7.1987 abgeschlossen werde und, sollte nicht 6 Monate vor Beendigung der Bestandzeit gekündigt werden, eine Verlängerung um jeweils ein Jahr eintrete, der Mietzins nun S 12.000,-- monatlich wertgesichert betrage und davon der Teilbetrag von S 4.000,-- an den Sohn Wilhelm T*** bezahlt werde. Diese Mietvertragsurkunde unterschrieben der Kläger, Ingeborg T*** sen. und Wilhelm T***. Dem Vertragsverfasser war nicht bekannt, daß beim Bezirksgericht Völkermarkt ein Verfahren über eine Entmündigung der Ingeborg T*** sen. anhängig war. Ingeborg T*** sen. war bei der Errichtung des Vertrages geschäftsfähig, sie war örtlich und zeitlich voll orientiert. Daß sie unter Zwang stand, steht nicht fest.

Ihre Tochter Ingeborg T*** jun. erfuhr erst im Jänner 1984 von dem Vertragsabschluß am 21.12.1983.

Schon am 5.1.1984 beantragten die Miteigentümer der Liegenschaft Ingeborg T*** sen., Ingeborg T*** jun. und Wilhelm T***, alle vertreten durch den am 1.4.1982 von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. Manfred H***, ihnen auf Grund des vollstreckbaren Urteils des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 31.3.1983, GZ 2 C 259/82-8, die Exekution durch zwangsweise Räumung der vom Kläger benützten Geschäfts- und Nebenräumlichkeiten im Zubau des Hauses Herzog Bernhard-Platz 8 in 9100 Völkermarkt zu bewilligen. Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution am 12.1.1984 und setzte den Räumungstermin für den 7.3.1984 fest. Am 8.2.1984 erhob der Kläger mittels Klage nach § 35 EO seine Einwendungen gegen den Räumungsanspruch, zu dessen Durchsetzung die Exekution bewilligt wurde. Da er am 21.12.1983 die Geschäftsräumlichkeiten neu bis zum 31.7.1987 von der Mehrheit der Miteigentümer der Liegenschaft gemietet habe, sei der Anspruch auf Räumung erloschen. Die erstbeklagte Ingeborg T*** sen. und der drittbeklagte Wilhelm T*** beteiligten sich an dem Rechtsstreit nicht. Die zweitbeklagte Ingeborg T*** jun. trat dem Oppositionsbegehren entgegen. Der Mietvertrag vom 21.12.1983 sei nicht wirksam zustande gekommen. Der entmündigten Ingeborg T*** habe die Geschäftsfähigkeit gefehlt, der Vertrag sei ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen geschlossen worden, könne wegen der Verletzung ihrer Interessen nicht der ordentlichen Verwaltung zugeordnet werden und sei für sie nicht verpflichtend. Sie habe auch nie schlüssig den Vertrag genehmigt, sondern die weiteren Zahlungen des Klägers nur als Benützungsentgelt entgegengenommen. Gegen den Entmündigungsbeschluß hat Ingeborg T*** sen. am 17.1.1984 Rekurs erhoben. Im April 1984 beging Ingeborg T*** Selbstmord. Am 21.5.1984 gab das Landesgericht Klagenfurt ihrem Rekurs Folge und hob den Entmündigungsbeschluß auf. Noch vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz in diesem Oppositionsprozeß am 30.10.1985 war der Nachlaß nach Ingeborg T*** sen. ihren Kindern Ingeborg T*** jun. und Wilhelm T*** je zur Hälfte eingeantwortet worden. Der Kläger stellte daher zufolge der damit eingetretenen Gesamtrechtsnachfolge die Bezeichnung der Beklagten dahin richtig, daß sich seine Klage nun nur mehr gegen Ingeborg T*** jun. und Wilhelm T*** richte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erklärte den Anspruch der Beklagten auf Räumung für erloschen. Es führte in der rechtlichen Beurteilung aus, die behauptete Geschäftsunfähigkeit der Ingeborg T*** sen. am 21.12.1983 sei nicht erwiesen. Die Vermietung von Räumen einer Liegenschaft an Dritte auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen zähle zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft, wobei die Mehrheit der Stimmen der Miteigentümer entscheide. Der Mietvertrag mit dem Kläger auf dreieinhalb Jahre und zu einem Monatsmietzins von S 12.000,-- entspreche diesen Voraussetzungen. Mehrheitsbeschlüsse der Miteigentümer könnten auch ohne Verständigung der Minderheit zustandekommen. Ingeborg T*** sen. und Wilhelm T*** seien als je zu einem Drittel Eigentümer der Liegenschaft als Mehrheit zur Vermietung berechtigt gewesen. Selbst wenn aber der Vertragsabschluß als wichtige Veränderung nach § 834 ABGB angesehen würde, sei der Mietvertrag bindend. Die Mehrheit habe dann die Minderheit überstimmt. Die Minderheitseigentümerin könne nur Sicherstellung für künftigen Schaden verlangen oder aus der Gemeinschaft austreten, nicht aber den von der Mehrheit der Eigentümer mit dem Dritten geschlossenen Vertrag deshalb anfechten, weil ihr keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde.

Das Berufungsgericht gab der nur von Ingeborg T*** jun. erhobenen Berufung Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das gegen die Berufungswerberin erhobene Oppositionsbegehren abwies, und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.

Das Berufungsgericht kam auf Grund der durch Parteienvernehmung vorgenommenen Ergänzung des Beweisverfahrens noch zu der Feststellung, daß Ingeborg T*** jun. mit den Miteigentümern verabredet und weiter die Absicht hat, die vom Kläger benützten Räumlichkeiten in ihren Erpressogeschäftsbetrieb durch Entfernung einer Faserplattenzwischenwand einzubeziehen und daß der Prozeß wegen Räumung der Liegenschaft, in welchem der Exekutionstitel geschaffen wurde, von den Miteigentümern geführt wurde, damit das Konkurrenzverhältnis zwischen den gastgewerblichen Betrieben vermieden und ausgeschaltet werde, wie dies schon vor dem 21.12.1983 zwischen ihnen vereinbart worden war. Daraus schloß das Gericht zweiter Instanz, die Neuvermietung an den Kläger nach dem Obsiegen im Räumungsprozeß gehe, weil sie nicht den Interessen aller Miteigentümer diente, über den Bereich der ordentlichen Verwaltung nach § 833 ABGB hinaus und stelle eine wichtige Veränderung dar, weil sie in nicht unerheblichem Maß die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der an der Vermietung nicht beteiligten Eigentümerin eines Drittelanteils verletzte. Das in Mißachtung ihrer Interessen von den Mehrheitseigentümern geschlossene Bestandverhältnis falle überdies unter den Kündigungsschutz des Mietrechtsgesetzes, so daß der Abschluß den errungenen Prozeßerfolg zunichte mache und das mit den Miteigentümern abgesprochene Vorhaben, die beiden Geschäftsräumlichkeiten zu vereinen und die Konkurrenz auszuschalten, auf unabsehbare Zeit vereitle. An den nur mit der Mehrheit geschlossenen, der außerordentlichen Verwaltung nach § 834 ABGB zuzuordnenden Mietvertrag sei der bei der Willensbildung übergangene Miteigentümer nicht gebunden. Sein Räumungsanspruch wegen titelloser Benützung bleibe durchsetzbar. Daß Ingeborg T*** sen. auch noch am 21.12.1983 ihre Kinder bei der Verwaltung des Hauses wirksam vertreten konnte, sei nicht erwiesen. Ingeborg T*** jun. habe den Mietvertragsabschluß nicht nachträglich genehmigt. Auch der zur Räumung verpflichtete titellose Benützer habe ein angemessenes Benützungsentgelt zu bezahlen. Die Beklagte Ingeborg T*** jun. habe bald nach Eintritt der Vollstreckbarkeit zur Durchsetzung ihres Räumungsanspruches die Exekution beantragt und diesen Räumungsanspruch stets verfolgt. Das Erstgericht habe den Vollzug der Räumungsexekution "sistiert" (Aufschiebungsbeschluß vom 17.5.1984, GZ 2 C 108/84-4). Die Aufrechterhaltung ihres Exekutionsantrages stehe der Annahme entgegen, Ingeborg T*** jun. habe durch Annahme der weiteren Mietzinszahlungen des Klägers den neuen Mietvertrag gebilligt. Der Anspruch der Ingeborg T*** jun., zu dessen Durchsetzung die Räumungsexekution bewilligt worden sei, sei aufrecht.

Das Urteil des Berufungsgerichtes bekämpft der Kläger mit der nach dem § 502 Abs 4 Z 2 ZPO zulässigen Revision aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Wiederherstellung des stattgebenden Urteils des Erstgerichtes ist ein Aufhebungsantrag beigefügt. Die Beklagte beantragt, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionswerber meint zunächst, von einer wichtigen Veränderung und einem eigenmächtigen Eingriff der Mehrheit in die Anteilsrechte der Beklagten könne schon deshalb keine Rede sein, weil eine Änderung des schon seit dem 1.4.1977 bestehenden Zustandes nie erfolgt sei. Mit dem Vertrag vom 21.12.1983 sei nur das Bestandverhältnis des Klägers fortgesetzt worden. Die festgestellte Absprache der Miteigentümer, daß die vom Kläger gemieteten Geschäftsräume zur Erweiterung des Gastgewerbebetriebes der Beklagten dieser zur Benützung zufallen sollten, sei wirkungslos, weil die dem Kläger vermieteten Räume nicht verfügbar und daher einer Benützungsregelung nicht zugänglich waren. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation vor allem, daß das mit ihm bestandene Mietverhältnis an den Geschäftsräumlichkeiten nach dem die Parteien bindenden Ergebnis in dem zwischen ihnen abgeführten Prozeß AZ 2 C 259/82 des Bezirksgerichtes Völkermarkt mit dem 31.3.1982 beendet war und er den Bestandgegenstand daher seither ohne Rechtstitel benützte und deshalb auch über Klage der drei Dritteleigentümer zur Räumung verurteilt wurde. Es stimmt also nicht, daß einer Vereinbarung der Miteigentümer ein aufrecht gebliebenes Bestandverhältnis mit dem Kläger entgegengestanden wäre. Es kam vielmehr gerade zu der Zeit, als dieser Räumungsanspruch eines jeden der Miteigentümer wegen titelloser Benützung mittels Exekution durchsetzbar wurde, zu dem allein mit Ingeborg T*** sen. abgeschlossenen und von Wilhelm T*** gebilligten Mietvertrag, mit welchem im Geltungsbereich des MRG mangels der Voraussetzungen nach § 29 Abs 3 lit a MRG ein der Erneuerung nach § 29 Abs 3 MRG (siehe hiezu Derbolav in Korinek-Krejci, HBzMRG, 438) unterworfenes Bestandverhältnis neu begründet werden sollte. Es war bei dieser vertraglichen Einigung den daran Beteiligten bewußt, daß eine Zustimmung der Miteigentümerin Ingeborg T*** jun. nicht zu erlangen sei, so daß sie bewußt ausgeschaltet wurde. Anders ist die Berufung der Ingeborg T*** sen. auf ihre Bestellung zum Sondersachwalter im Abhandlungsverfahren und ein daraus abgeleitetes Vertretungsrecht auch für die Tochter Ingeborg T*** jun. nicht zu erklären. Am 27.11.1976 war mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Völkermarkt GZ P 109/76-4 wohl die Mutter zum Vormund der damals noch minderjährigen Kinder bestellt worden; die dann durch das KindG BGBl 1977/403 an die Stelle der Vertretung durch den Vormund eingetretene gesetzliche Vertretung durch die Mutter endete aber mit dem Eintritt der Volljährigkeit der Kinder (§ 172 ABGB). Eine darüber hinausgehende Vertretungsmacht der Mutter für die Tochter wurde nicht dargetan. Es mußte daher auch dem Kläger bewußt sein, daß das Abschließen mit nur zwei der drei Miteigentümer deshalb erfolgte, um den der Beklagten durch ihr Obsiegen im Titelprozeß entstandenen Anspruch zu vereiteln, endlich die Räumung der titellos vom Kläger benützten und nach der Abrede der Miteigentümer in den vom Kläger konkurrenzierten Gastgewerbebetrieb der Ingeborg T*** jun. einzubeziehenden Räume des Hauses durchzusetzen. Es entspricht zwar der Lehre und Rechtsprerchung, daß zu den Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache betreffen und in welchem die nach dem Verhältnis der Anteile der Teilnehmer gezählte Mehrheit der Stimmen entscheidet, der Abschluß von Miet- und Pachtverträgen mit Dritten zählt, die auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen abgeschlossen werden (Klang in Klang 2 III, 1110; Ehrenzweig, Sachenrecht 2 I/2, 153; Koziol-Welser 7 II, 47; Gamerith in Rummel, Rz 5 zu § 833; MietSlg 33.071; MietSlg 29.076 ua.). Ebenso ist aber unbestritten, daß zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung jene Maßnahmen zur Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes gezählt werden, die sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, den Interessen aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten verursachen (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 833; Koziol-Welser 7 II, 47; SZ 51/56; SZ 51/115 ua.). Wenn nach den Umständen des konkreten Falles der Kreis der von der ordentlichen Verwaltung erfaßten Geschäfte durch den gegen die bekannten Interessen eines Minderheitseigentümers und gegen die zwischen den Teilhabern getroffenen Vereinbarungen verstoßende Neuvermietung an den Kläger überschritten wurde, ist dies vor allem darauf zurückzuführen, daß die ordentliche Verwaltung durch die Mehrheit auch die wohlverstandenen Interessen der überstimmten Minderheit einzubeziehen hat. Welche Folgen auf die Wirksamkeit des allein von der Mehrheit abgeschlossenen Geschäftes der Umstand hat, daß die Teilhaberin Ingeborg T*** jun. gänzlich übergangen wurde und nicht einmal Gelegenheit hatte, zu der beabsichtigten Maßnahme Stellung zu nehmen (vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 833; MietSlg 33.069/9), bedarf nicht der Erörterung. Als gegen die nicht nur den Mitteilhabern sondern auch dem daher nicht schutzwürdigen Kläger bekannten Interessen verstoßend handelt es sich bei dem Vertragsabschluß vom 21.12.1983 um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, die nur einstimmig oder mit rechtsgestaltender Entscheidung des Außerstreitrichters wirksam zustande kommt. Wohl gilt der Mehrheitsgrundsatz auch für wichtige Veränderungen, doch bindet der Mehrheitsbeschluß nicht unbedingt, sondern erst nach der Erwirkung der Zustimmung des Richters im Verfahren außer Streitsachen. Gegenstand seiner Entscheidung nach Anrufung durch die Mehrheit der Teilhaber, deren Mehrheitsbeschluß durch den Widerspruch des nicht einverstandenen Teilhabers sistiert wurde (vgl. MietSlg 30.086/10, MietSlg 33.071), ist dann die Frage, ob die wichtige Veränderung ohne Einschränkung oder unter Bedingungen (Sicherstellung) bewilligt oder aber abgelehnt wird. Zu der Frage, wie diese das Innenverhältnis zwischen den Teilhabern an der gemeinsamen Sache regelnden Vorschriften der §§ 833, 834 und 835 ABGB auf den mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrag wirken, war die Rechtsprechung nicht einheitlich. Es wurde einerseits die Ansicht vertreten, daß die Nichtbeiziehung der Minderheit zu dem von der Mehrheit mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrag das Geschäft nicht ungültig und unwirksam macht, auch wenn eine wichtige Änderung nach § 834 ABGB erfolgt (MietSlg 18.057; EvBl 1958/361 = RZ 1958, 168 = MietSlg 6205; Klang in Klang 2 III 1116; vgl. Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 834). Andererseits wurde aber betont, daß die Gültigkeit des von der Mehrheit gegen den Willen der Minderheit abgeschlossenen Vertrages über eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB von der Einhaltung der Vorschrift des § 835 ABGB abhängt. Allein diese Auslegung überzeugt. Die Minderheit darf nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Würde nach außen der ohne Anhörung der Minderheit oder gegen deren Einspruch vor Einholung der Entscheidung des Außerstreitrichters geschlossene Vertrag wirken, würde der durch die §§ 834 und 835 ABGB beabsichtigte Schutz der Minderheit auf bloße Schadenersatzansprüche beschränkt und damit weitgehend ausgehöhlt (EvBl 1967/110; MietSlg 22.050). Die Vertretungsbefugnis der Mehrheit erstreckt sich nur auf die Fälle der ordentlichen Verwaltung, nicht aber auf infolge Widerspruchs der überstimmten Minderheit oder deren Übergehung nicht unbedingt wirksamen wichtigen Veränderungen (SZ 23/351). Der überstimmte Minderheitseigentümer kann, solange die Maßnahme nicht vom Außerstreitrichter bewilligt ist, gegen den Bestandnehmer mit Räumungsklage vorgehen (vgl. SZ 45/49). Ihm gegenüber benützt der Bestandnehmer, der sich nur auf den mit der Mehrheit geschlossenen, aber noch nicht vom Richter genehmigten Vertrag über die wichtige Änderung stützt, die gemeinsame Sache titellos (vgl. Jensik, Miteigentum-Wohnungseigentum, 27; SZ 49/52; MietSlg 33.071). Der Kläger kann sich, weil die Beklagte gegen ihn mangels Wirksamkeit des Mietvertrages vom 21.12.1983 auch als Minderheitseigentümerin einen Anspruch auf Räumung des titellos benützten Bestandgegenstandes hatte, nicht darauf berufen, daß der ihr rechtskräftig zuerkannte Räumungsanspruch, zu dessen Durchsetzung ihr die wenn auch irrtümlich nicht im Exekutionsverfahren sondern in diesem Rechtsstreit aufgeschobene (vgl. Heller-Berger-Stix 556) Exekution bewilligt wurde, mit Abschluß des Mietvertrages vom 21.12.1983 erloschen ist. Daß die Beklagte, der die Tatsache des Vertragsabschlusses erst im Jänner 1984 bekannt wurde, jemals diesem Vertrag beitrat und damit das Erfordernis der Einstimmigkeit der Teilhaber an der im Miteigentum gestandenen Liegenschaft herstellte, wird nicht einmal behauptet. Aus der Tatsache, daß die zunächst zum Teil an Wilhelm T*** und zum anderen Teil an Ingeborg T*** sen. geleisteten monatlichen Mietzinszahlungen nach dem Ableben der Ingeborg T*** sen. von der Beklagten nicht zurückgewiesen wurden, läßt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, eine stillschweigende Genehmigung des neuen Mietvertrages nicht ableiten. Der titellose Benützer einer fremden Sache hat ein angemessenes Benützungsentgelt zu leisten, für dessen Höhe der früher zu entrichtende Bestandzins Anhaltspunkte liefert (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 15 zu § 1041; MietSlg 36.103 uva.). Aus der Annahme von Zahlungen allein kann daher nicht die stillschweigende Erklärung des Willens (§ 863 ABGB) erschlossen werden, die Beklagte habe den Kläger als Mieter anerkannt. Der Kläger konnte auf keinen Fall annehmen, die Beklagte genehmige den hinter ihrem Rücken geschlossenen Vertrag, wenn sie in diesem Prozeß stets seinen Einwendungen entgegentrat. Damit scheidet auch ein Verlust des Räumungsanspruches durch Einwilligung in die Neuvermietung aus.

Das Berufungsgericht hat die Oppositionsklage ohne Rechtsirrtum abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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