OGH 8Ob544/86

OGH8Ob544/8610.7.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Juliana S***, Landwirtin, Mariatrosterstraße 455, 8044 Graz, vertreten durch Dr. Richard Benda, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Johann S***, Arbeiter, Mariatrosterstraße 455, 8044 Graz, vertreten durch Dr. Teja H.Kapsch, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses beider Streitteile gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 24. Jänner 1986, GZ 1 R 290/85-24, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 25. Juni 1985, GZ 31 F 52/84-20, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird dem Revisionsrekurs des Antragsgegners Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die insoweit als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleiben, als das Sparbuch der Raiffeisenkasse Graz-Mariatrost Nr. 30062947 samt Einlage dem Antragsgegner in dessen Alleineigentum überwiesen wurde (Punkt 4 des Beschlusses des Erstgerichtes), werden im übrigen dahin abgeändert, daß der Antrag der Antragstellerin, ihr das alleinige Benützungsrecht an dem links vom Eingang des Hauses Mariatrosterstraße 455 gelegenen Zimmer unter Aufhebung des mit Notariatsakt vom 28.3.1980 dem Antragsgegner eingeräumten Wohnrechtes unter Einräumung einer Räumungsfrist von 3 Monaten zuzusprechen, abgewiesen wird.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit S 3.850,-- bestimmten Kosten des Verfahrens in erster Instanz (darin Umsatzsteuer von S 350,--, keine Barauslagen), die mit S 1.630,-- bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin Barauslagen von S 120,-- und Umsatzsteuer von S 137,28) und die mit S 1.933,-- bestimmten Kosten des Verfahrens über die Revisionsrekurse (darin Barauslagen von S 120,-- und Umsatzsteuer von S 164,80) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile waren zweimal miteinander verheiratet. Ihrer ersten Ehe, die am 20.6.1969 geschlossen und am 27.8.1970 geschieden wurde, entstammt der am 6.5.1970 geborene Sohn Johann. Ihrer zweiten Ehe, die am 26.4.1980 geschlossen und am 7.11.1984 gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden wurde, wobei das Scheidungsurteil den Ausspruch enthält, daß das Verschulden beide Ehegatten zu gleichen Teilen trifft (rechtskräftiges Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 7.11.1984, 24 Cg 333/84-12), entstammt der am 22.6.1981 geborene Sohn Anton. Beide Kinder sind nicht selbsterhaltungsfähig und befinden sich in Pflege und Erziehung der Antragstellerin. Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 41 KG Graz-Stadt-Fölling, zu der das Haus Mariatrosterstraße 455 gehört. Mit Notariatsakt vom 28.3.1980 räumte sie dem Antragsgegner unentgeltlich ein Wohnungsrecht an dem links vom Eingang befindlichen Zimmer ein.

Punkt VII des Notariatsaktes vom 28.3.1980 hat folgenden Wortlaut:

"Um dem Ehegatten der Geschenknehmerin, Herrn Johann S***, eine Sicherstellung dafür zu geben, daß er in dem auf dem Grundstück 460 Acker errichteten Haus Graz, Mariatrosterstraße 455, auf Lebensdauer und vollkommen unentgeltlich wohnen kann, räumt ihm die Geschenknehmerin ein Wohnungsrecht in diesem Hause ein. Frau Juliana S*** verpflichtet sich demnach für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft EZ 41 KG Graz-Stadt-Fölling, ihrem Ehemann, Herrn Johann S***, auf dessen Lebensdauer und vollkommen unentgeltlich das alleinige Wohnrecht in dem ebenerdig gelegenen ersten links vom Eingang befindlichen Zimmer, der Jahreszeit entsprechend beheizt und beleuchtet sowie die Mitbenützung des Vorhauses, der Küche sowie des Bades und WC zu gewähren......." Im vorliegenden Verfahren begehrte die Antragstellerin mit ihrem am 21.12.1984 eingebrachten Antrag, die ehelichen Ersparnisse, nämlich einen auf einem im Besitz des Antragsgegners befindlichen Sparbuch der Raiffeisenkasse Mariatrost erliegenden Betrag von S 10.000,--, in der Weise aufzuteilen, daß dem Antragsgegner aufgetragen werde, ihr S 5.000,-- "samt bankmäßigen Zinsen für Spareinlagen" zu bezahlen. Ferner stellte die Antragstellerin das Begehren, ihr das alleinige Benützungsrecht an dem vom Eingang links des Hauses Mariatrosterstraße 455 gelegenen Zimmer unter Aufhebung des mit Notariatsakt vom 28.3.1980 dem Antragsgegner eingeräumten Wohnrechtes unter Einräumung einer Räumungsfrist von 3 Monaten zuzusprechen. Letzteres Begehren begründete die Antragstellerin im wesentlichen damit, daß das Zimmer, an dem dem Antragsgegner das Wohnrecht eingeräumt worden sei, als Ehewohnung benützt worden sei; die Antragstellerin benötige diesen Raum dringend für sich und die beiden Kinder.

Der Antragsgegner wendete im wesentlichen ein, daß ihm das Wohnrecht an dem von der Antragstellerin in Anspruch genommenen Raum bereits vor der Eheschließung eingeräumt worden sei und daher der Aufteilung nicht unterliege. Im übrigen stehe der Antragstellerin genügend Wohnfläche zur Verfügung, sodaß sie den vom Antragsgegner bewohnten Raum nicht benötige. Sollte dieser Raum der Antragstellerin zugewiesen werden, sei ihr eine entsprechende Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Im übrigen sei der Antragstellerin von den ehelichen Ersparnissen, die den am Sparbuch erliegenden Betrag von S 10.000,-- weit überstiegen hätten, soviel zugekommen, daß sie keinen Ausgleichsanspruch mehr habe.

Das Erstgericht entschied, daß das im Punkt VII des Notariatsaktes vom 28.3.1980 dem Antragsgegner gewährte Wohnrecht "an die Antragstellerin zurückübertragen wird" (Punkt 1 der Entscheidung). Es erkannte die Antragstellerin schuldig, dem Antragsgegner binnen 14 Tagen nach Rechtskraft der Entscheidung eine Ausgleichszahlung von S 7.400,-- zu leisten (Punkt 2 der Entscheidung). Den Antragsgegner erkannte es schuldig, das von ihm aufgrund des ihm eingeräumten Wohnrechtes bewohnte Zimmer im Haus der Antragstellerin bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft der Entscheidung zu räumen und der Antragstellerin geräumt zu übergeben (Punkt 3 der Entscheidung). Das Sparbuch Nr. 30062947 samt Einlage bei der Raiffeisenkasse Graz-Mariatrost wies es dem Antragsgegner ins Alleineigentum zu (Punkt 4 der Entscheidung).

Das Erstgericht stellte - abgesehen von dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt - im wesentlichen folgendes fest:

Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Landwirtschaft Mariatrosterstraße 455 (EZ 41 KG Graz-Stadt-Fölling), die ein Ausmaß von 6,3 ha hat. Ihr Einheitswert beträgt S 40.000,--. Mit notariellem Übergabsvertrag vom 2.9.1961 wurde der Antragstellerin von ihrer Mutter Juliana H*** ein Hälfteanteil an dieser Liegenschaft übertragen. In diesem Übergabsvertrag wurde der Übergeberin die Reallast des Auszuges, die auch das Wohnrecht an dem links vom Hofeingang gelegenen Zimmer umfaßt, eingeräumt. Der zweite Hälfteanteil an dieser Liegenschaft wurde der Antragstellerin mit Notariatsakt vom 28.3.1980 von ihrer Schwester Maria H*** schenkungsweise übertragen.

Unter Punkt VII dieses Notariatsaktes räumte die Antragstellerin dem Antragsgegner, mit dem sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder verheiratet war, das eingangs beschriebene Wohnrecht ein. Dieser Punkt wurde im Hinblick auf die geplante neuerliche Eheschließung über Verlangen des Antragsgegners ohne Gegenleistung in den Vertrag aufgenommen. Die Antragstellerin war damit einverstanden, da solche Vereinbarungen im landwirtschaftlichen Bereich üblich sind. Die Liegenschaft der Antragstellerin ist bücherlich belastet durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Juliana H***, durch die Reallast des Auszuges zugunsten der Juliana H*** und durch das Wohnungsrecht für den Antragsgegner.

Die Liegenschaft mit dem Wohnhaus befindet sich ca. 9 km vom Stadtzentrum in Richtung Weiz. Das Wohnhaus ist über eine kurze Zufahrt von der Bundesstraße Graz-Weiz aus zu erreichen und kann von zwei Seiten betreten werden, nämlich von der Hofseite her und von der Bundesstraße her über eine Stiege, die in die Küche führt. Das Wohnhaus besteht aus einem Vorhaus, einer Küche, einem Wirtschaftsraum, einem als Schweineküche bezeichneten unverputzten Raum und aus den zwei Zimmern. Es existiert kein Bad. Das WC befindet sich außerhalb des Hauses. Das Dach ist nicht ausgebaut; es besteht lediglich aus einer Dachhaut.

Das links vom Hofeingang gelegene Zimmer I, also das Zimmer der Auszüglerin, ist mit elektrischem Licht ausgestattet und mit einem Doppelbett und einem Gitterbett nebst diversen Einrichtungsgegenständen eingerichtet.

Das rechts vom Hofeingang gelegene Zimmer II, also das Zimmer des Antragsgegners, ist einfenstrig und mit Holzboden, Elektroradiator, elektrischem Licht und zwei transportablen Elektroplatten ausgestattet, vollständig möbliert und hat ein Ausmaß von 5 x 2,7 m = 13,5 m 2 . Neben diesem Zimmer befindet sich der Wirtschaftsraum im Ausmaß von 5 x 5 m, in dem neben einer Tiefkühltruhe auch ein Kinderbett steht. In diesem Raum schläft der ältere Sohn Johann. Die Küche ist einerseits von innen, vom Vorhaus aus, andererseits über eine Stiege und einen Balkon von außen her zu erreichen. Sie hat ein Ausmaß von 4,3 x 4,4 m = etwa 19 m 2 .

Nach der zweiten Eheschließung haben die Streitteile im Zimmer I gewohnt, während die Auszüglerin das Zimmer II benützte. Im August 1981 zog die Antragstellerin aus diesem Zimmer I in das Zimmer II, wobei sie nun mit ihren Kindern bei der Mutter im Raum II wohnte. Der Antragsgegner blieb im Raum I. Da die Mutter der Antragstellerin bald verlangte, in das ihr zustehende Zimmer I ziehen zu können, kam es im Sommer 1982 zum Zimmertausch. Nunmehr wohnt die Antragstellerin mit ihrer Mutter und mit ihrem Sohn Anton im Raum I. Der Sohn Johann schläft im Wirtschaftsraum, während der Antragsgegner allein in dem ihm zustehenden Raum II wohnt. Der Antragsgegner verwendet nur den hofseitigen Hauseingang; für den Vordereingang (über die Küche) hat er keinen Schlüssel. In die Küche geht er praktisch nicht. Zum Waschen holt er sich das Wasser vom Brunnen, das er in Gefäßen in sein Zimmer bringt.

Der Antragsgegner hat, wenn er zu Hause war, zunächst in der Landwirtschaft mitgeholfen und dabei die schweren Arbeiten gemacht. Seit der Aufhebung der Lebensgemeinschaft im August 1981 arbeitet der Antragsgegner in der Landwirtschaft nicht mehr mit. Während aufrechter Lebensgemeinschaft gab der Antragsgegner der Antragstellerin kein Geld für den Lebensunterhalt, bezahlte aber fallweise verschiedene Einkäufe für die Landwirtschaft aus eigener Tasche.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung verlegte der Antragsgegner als Arbeiter bei der Firma P*** Terrazzoböden; er verdiente monatlich S 8.000,-- bis S 9.000,-- netto. Seit August 1981 war er arbeitslos, später krank. Seit 1983 arbeitet er beim Ö*** W***, wo er im März 1984 ca. S 7.000,-- netto verdiente.

Durch Beschluß vom 27.2.1984 (17 P 264/76-15) ist der Antragsgegner zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für beide Kinder von insgesamt S 2.500,-- verpflichtet. Die Familienbeihilfe in der Höhe von S 2.300,-- bezieht die Antragstellerin.

Die Antragstellerin hatte 1980/81 6 Kühe; nunmehr besitzt sie 3 Kühe, 3 Kälber und 2 Schweine, die für den eigenen Gebrauch bestimmt sind. Die Antragstellerin betreibt nur Milchwirtschaft und erzielt ein Jahreseinkommen von S 20.000,--, wovon sie noch Steuern bezahlen muß. Den Haushalt führte die Antragstellerin während aufrechter Ehe immer allein; sie versorgte auch beide Kinder. Sie besitzt kein sonstiges Vermögen. Sie hat keinen PKW, nur einen Traktor Steyr 16 PS Baujahr 1960.

Der Antragsgegner benützt seit zwei Jahren einen PKW, der seiner Mutter gehört, aber auf seinen Namen angemeldet ist. Der Mietwert seines Wohnrechtes beträgt S 31.000,--. Im Jahr 1980 übergab der Antragsgegner sein Urlaubsgeld der Antragstellerin, die es am 10.7.1980 auf das Sparbuch der Raiffeisenkasse Graz-Mariatrost mit der Nr. 30062947 einlegte. Die Antragstellerin hatte dieses Sparbuch bis September 1981 in Händen; damals betrug die Einlage noch S 10.000,--. Zum Zeitpunkt der Ehescheidung betrug das Guthaben S 24.387,49. Die Differenz zum Einlagenstand im September 1981 wurde vom Antragsgegner eingezahlt. Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, das einen Monat vor der Eheschließung zugunsten des Antragsgegners begründete Wohnungsrecht sei aufteilungsfähig, weil das Zimmer II mit der Eheschließung zu einem Teil der Ehewohnung geworden sei und die Antragstellerin als Landwirtin und Mutter zweier Kinder nicht nur auf die Weiterbenützung der gesamten Ehewohnung, sondern vor allem auch auf die Benützung des Zimmers II angewiesen sei. Es liege der Tatbestand des § 82 Abs 2 EheG vor. Daß die beiden Streitteile nie gemeinsam in dem umstrittenen Zimmer wohnten, spiele keine Rolle. Sie hätten jedenfalls darüber verfügt, indem sie mit der Auszüglerin das Zimmer getauscht hätten. Die Aufhebung des Wohnrechtes des Antragsgegners entspreche auch der Vorschrift des § 84 EheG.

Da die Antragstellerin die Liegenschaft mit in die Ehe gebracht habe, sie immer bewirtschaftet habe, den Haushalt geführt und die Kinder versorgt habe und das Benützungsrecht auf Verlangen des Antragsgegners begründet worden sei, ohne daß dieser eine Gegenleistung erbracht habe, der Antragsgegner nur im ersten Ehejahr mitgearbeitet habe, ab Sommer 1981 sich um die Landwirtschaft überhaupt nicht mehr gekümmert und der Antragstellerin auch keinen Unterhalt geleistet habe und auch sonst kein weiterer Beitrag des Antragsgegners ersichtlich sei, erscheine die Beibehaltung der Regelung des Notariatsaktes als unbillig. Dem Gericht sei nach § 90 EheG die Möglichkeit eingeräumt, auch ein dingliches Recht von einem Ehegatten auf den anderen zu übertragen; dies führe im vorliegenden Fall zur Aufhebung des Punktes VII des Notariatsaktes vom 28.3.1980. Es sei auch nicht unbillig, den Antragsgegner auf die Beschaffung einer anderen Unterkunft zu verweisen, zumal er ein eigenes Einkommen beziehe und eine Ausgleichszahlung für sein Wohnrecht erhalte und auch seine Beitragsleistung während aufrechter Ehe gering gewesen sei.

Der Beitrag der Antragstellerin zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens sei mit 60 % zu bewerten, der Beitrag des Antragsgegners mit 40 %. Die HÖhe der der Antragstellerin auferlegten Ausgleichszahlung entspreche etwa 40 % des Mietwertes des Wohnrechtes. Der Antragstellerin stehe der ihrer Beitragsleistung entsprechende Anteil an den zum Zeitpunkt der Trennung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhandenen Ersparnissen in der Höhe von etwa S 10.000,-- zu. Die angeordnete Räumungsfrist von 3 Monaten lasse dem Antragsgegner genügend Zeit, eine entsprechende Wohnmöglichkeit zu finden, zumal ihm vorher die Abschlagszahlung zuzukommen habe.

Diese Entscheidung blieb in ihrem Punkt 4 (Zuweisung des Sparbuches samt Einlage in das Alleineigentum des Antragsgegners) unangefochten und wurde im übrigen vom Antragsgegner mit Rekurs bekämpft. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht diesem Rechtsmittel teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes in ihren Punkten 1 und 3 und änderte sie in ihrem Punkt 2 dahin ab, daß es die Antragstellerin schuldig erkannte, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von S 25.000,-- binnen 2 Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung zu leisten. Das Rekursgericht erkannte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, das in Rede stehende Wohnungsrecht, das der Antragsgegner in die Ehe eingebracht habe, unterliege der Aufteilung, weil die Räumlichkeiten, an denen ihm ein ausschließliches (Zimmer II) oder ein Mitbenützungsrecht (Vorhaus, Küche, WC) eingeräumt worden sei, Teil der Ehewohnung und damit auch eheliches Gebrauchsvermögen gewesen seien. Deshalb habe auch nicht auf den Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens im voraus rechtswirksam verzichtet werden können.

Das Erstgericht habe daher die Aufhebung des eingeräumten Wohnungsrechtes und dessen Rückübertragung an die Antragstellerin im Sinne der §§ 86 bis 90 EheG anordnen dürfen, zumal die dort aufgezählten gerichtlichen Anordnungen nur beispielsweise angeführt seien.

Die Aufteilung solle so erfolgen, daß sich danach die Bereiche der früheren Ehegatten möglichst wenig berührten, insbesondere hinsichtlich der Ehewohnung, wobei dies der Anordnung des § 90 Abs 1 EheG vorgehe. Das Wohl der beiden minderjährigen Kinder verlange bei der Beengtheit der Räumlichkeiten ebenfalls die Aufhebung des Wohnungsrechtes des Antragsgegners. Diesem sei bei seiner Unabhängigkeit vom landwirtschaftlichen Betrieb der Antragstellerin und seiner durch den Besitz eines PKW gegebenen Mobilität auch zumutbar, sich anderswo eine Wohnmöglichkeit zu suchen.

Allerdings sei ihm hiefür eine Starthilfe in Form einer Ausgleichszahlung zu gewähren, wobei bei deren Bestimmung von dem ermittelten Mietwert des Wohnungsrechtes von S 31.000,-- ausgegangen und die Ansicht vertreten werde, daß der Antragstellerin bei Berücksichtgung ihrer wirtschaftlichen Grundlage eine höhere Ausgleichszahlung nicht zumutbar sei. Die Höhe der Ausgleichszahlung sei nach billigem Ermessen festzusetzen, wobei insbesondere auf die wirtschaftliche Grundlage der früheren Ehegatten und darauf Bedacht zu nehmen sei, ihnen den Beginn eines neuen Lebensabschnittes tunlichst zu erleichtern. Bei jährlichen Bruttoeinkünften von S 20.000,-- nebst dem Bezug der Familienbeihilfe sei der Antragstellerin zur Erbringung der Ausgleichszahlung auch die Aufnahme eines Kredites zumutbar. Die für die Aufbringung der Ausgleichszahlung einzuräumende Frist von 2 Monaten müsse als ausreichend angesehen werden. Es verbleibe nach Leistung dieser Ausgleichszahlung dem Antragsgegner dann noch eine weitere Zeitspanne von einem Monat zur Beschaffung einer Ersatzwohnung. Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse der Antragstellerin und des Antragsgegners. Die Antragstellerin bekämpft in ihrem Rechtsmittel nur die Höhe der ihr vom Rekursgericht auferlegten Ausgleichszahlung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes in ihrem Punkt 2 abzuändern. Der Antragsgegner bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, "daß der Antrag auf Aufhebung des mit Notariatsakt vom 28.3.1980 dem Antragsgegner auf Lebensdauer und vollkommen unentgeltlich gewährten dinglichen Rechtes der Wohnung in dem ebenerdig gelegenen ersten links vom Eingang befindlichen Zimmer samt Beheizung und Mitbenützung des Vorhauses, Küche, Bad und WC abgewiesen wird, demzufolge Punkt 2 und Punkt 3 zu entfallen hat"; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag bzw. beantragt er, die Antragstellerin zur Leistung einer Augleichszahlung von S 120.000,-- binnen 14 Tagen nach Rechtskraft der Entscheidung zu verhalten.

Rekursbeantwortungen wurden von beiden Streitteilen nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Antragsgegners ist berechtigt, nicht jedoch jener der Antragstellerin.

Gemäß § 82 Abs 1 EheG unterliegen unter anderem Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat, nicht der Aufteilung nach den Vorschriften der §§ 81 ff EheG. Nach der Vorschrift des § 82 Abs 2 EheG sind allerdings die Ehewohnung und Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist, in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat.

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner sein Wohnrecht an dem in Frage stehenden Zimmer II vor der (zweiten) Eheschließung mit der Antragstellerin erworben und daher in die Ehe eingebracht. Es könnte daher nach den zitierten gesetzlichen Bestimmungen nur dann der Aufteilung nach den Vorschriften der §§ 81 ff EheG unterliegen, wenn es sich bei diesem Raum um die (bzw. um einen Teil der) Ehewohnung gehandelt hätte.

Ehewohnung im Sinne des § 81 Abs 2 EheG ist zunächst grundsätzlich jene Wohnung, in der die Ehegatten bei Wirksamwerden der Scheidung im gemeinsamen Haushalt leben oder zuletzt gelebt haben (SZ 54/114 mit weiteren Nachweisen). Andererseits mangelt einer Wohnung nicht schon deshalb die rechtliche Eigenschaft einer Ehewohnung, weil sie tatsächlich noch nicht oder nicht mehr von beiden Ehegatten gemeinsam benützt wird. Es ist auch nicht jede von einem Ehegatten während der Ehe in Benützung genommene Wohnung die Ehewohnung. Es ist denkbar, daß für ein Ehepaar mehrere Wohnungen Ehewohnungen sind, es ist aber auch denkbar, daß ein Ehepaar noch keine oder keine Ehewohnung mehr hat. Entscheidend ist die Widmung der Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zur Stätte des den Eheleuten gemäß § 90 ABGB grundsätzlich obliegenden gemeinsamen Wohnens (SZ 53/48;

SZ 54/126 ua.).

Gerade an dieser Widmung des hier in Frage stehenden Zimmers II zur Ehewohnung durch den darüber verfügungsberechtigten Antragsgegner fehlt es aber im vorliegenden Fall. Denn dieser Raum wurde, solange die eheliche Gemeinschaft der Streitteile aufrecht war, nach den getroffenen Feststellungen nicht als Teil der Ehewohnung verwendet, sondern (offenbar im Einverständnis aller Beteiligten) zur Unterbringung der Mutter der Antragstellerin im Rahmen des ihr zustehenden Ausgedinges. Nach der Aufgabe der häuslichen Gemeinschaft der Streitteile im August 1981 bewohnte zunächst die Antragstellerin mit ihrer Mutter das Zimmer II, seit dem Sommer 1982 bewohnt es, da die Mutter der Antragstellerin darauf bestand, in das ihr zustehende Zimmer I zu ziehen, der Antragsgegner allein. Daraus ergibt sich ganz eindeutig, daß das Zimmer II niemals von den Streitteilen gemeinsam bewohnt wurde und auch niemals zur Stätte des gemeinsamen Wohnens der Ehegatten gewidmet war.

Nach den dargestellten rechtlichen Grundsätzen kann das Wohnrecht des Antragsgegners an diesem Raum nicht in die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens im Sinne der §§ 81 ff EheG einbezogen werden. Der Antrag der Antragstellerin war daher, soweit er die Begründung von Rechten an diesem Raum bzw. den Entzug von Rechten des Antragsgegners an diesem Raum zum Gegenstand hat, abzuweisen. Damit erübrigen sich alle weiteren Erörterungen über eine dem Antragsgegner wegen Verlustes seiner Rechte an diesem Raum zu leistende Ausgleichszahlung, auf die sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin allein bezieht.

Es war unter diesen Umständen dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben und in Stattgebung des Revisionsrekurses des Antragsgegners wie im Spruch zu entscheiden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

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