OGH 8Ob503/86

OGH8Ob503/8613.2.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** ÖTZ

reg. Genossenschaft m.b.H., 6433 Ötz, vertreten durch Dr. Manfred Opperer, Rechtsanwalt in 6410 Telfs, wider die beklagten Parteien

1.) Günther A***, Fotografenmeister und Kaufmann, 2.) Elisabeth A***, Pensionistin, beide Dorfstraße 5, 6433 Ötz, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen

S 1,180.726,63 s.A. infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 21. Oktober 1985, GZ 1 R 280/85-15a, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 25. Juni 1985, GZ 13 Cg 515/84-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Oberlandesgericht Innsbruck mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch die erforderlichen Aussprüche gemäß § 500 Abs.3 ZPO hinsichtlich der beiden in den Gründen näher umschriebenen Ansprüche zu ergänzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte vom Erstbeklagten als Kreditnehmer und von der Zweitbeklagten als Bürgin und Zahlerin die Bezahlung von S 1,180.726,63 s.A., wobei die Exekution gegenüber der Zweitbeklagten hinsichtlich des Betrages von S 804.362,50 s.A. auf die Pfandliegenschaften EZ 876 II und 932 II, beide Katastralgemeinde Ötz, eingeschränkt ist. Das Klagebegehren setze sich aus offenen Forderungen zweier mit gesonderten Verträgen eingeräumter Kontokorrentkredite in der Höhe von S 171.369,76 (Kontonummer 21345) und von S 204.994,37 (Kontonummer 22079) sowie eines Abstattungskredites von S 804.362,50 (Kontonummer 35048) zusammen (AS 50).

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kassenleiter der Klägerin habe ausdrücklich die Stundung der Kredite zugesichert. Die Zweitbeklagte sei nur hinsichtlich eines Teilbetrages passiv legitimiert. Die alten Kredite und Bürgschaften seien infolge der neu abgeschlossenen Verträge durch Novation und Akzessorietät des Pfandrechtes erloschen; die Vorgangsweise der Klägerin sei sittenwidrig und verstoße gegen § 14

Abs.2 Grundbuchsgesetz.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit der Einschränkung statt, daß die Exekution hinsichtlich der Zweitbeklagten auf den Höchstbetrag von S 1,200.000,-- eingeschränkt sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte das erstgerichtliche Urteil.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs.1 Z.2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Auf diese Rechtsmittel ist derzeit meritorisch noch nicht einzugehen, weil das Berufungsgericht vorerst aus nachstehenden Gründen seinen Urteilsspruch zu ergänzen hat:

Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind nach Lehre und ständiger Rechtsprechung mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche unter der Voraussetzung des § 55 Abs.1 Z 1 ZPO zusammenzurechnen, wenn sie also in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Fasching Kommentar IV 282 und Lehrbuch Rdz. 1831; Jud. 56 neu = SZ 24/335; 8 Ob540/85 uva.). Trifft dies nicht zu, dann muß die Revisionszulässigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Anspruches gesondert beurteilt werden. Dabei reicht nicht jede Verknüpfung zweier Sachverhaltsbilder schlechthin aus, um die Zusammenrechnung von Ansprüchen nach § 55 JN zu bewirken. Während der rechtliche Zusammenhang von Ansprüchen dann zu bejahen ist, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag oder einer einheitlichen Rechtsvorschrift abgeleitet werden, ist der tatsächliche Zusammenhang zu bejahen, wenn die Ansprüche zwar nach verschiedenen rechtlichen Kriterien, aber aus ein und demselben Sachverhalt ableitbar sind, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (siehe dazu Fasching Kommentar I 344 ff; 6 Ob 221/60; EvBl. 1969/163; 1 Ob 103/70; 1 Ob 554/81; 2 Ob 64/84; 8 Ob 540/85 ua).

Für den aus dem Abstattungskredit in Anspruch genommenen Betrag von S 804.362,50 (Kontonummer 35048) ist zwar die Zulässigkeit der Revision von vornherein gegeben (§ 502 Abs.4 Z.2 ZPO); hinsichtlich der beiden anderen Ansprüche auf Bezahlung von S 171.369,76 (Kontonummer 21345) und S 204.994,37 (Kontonummer 22079) ist dies aber nicht ohne weiteres der Fall. Sie stehen weder in einem rechtlichen Zusammenhang miteinander oder zum Abstattungskredit, weil sie aus voneinander unabhängigen Verträgen, wenn auch teilweise vom gleichen Datum, abgeleitet werden (vgl. Beilagen C, E und L) und auch nicht etwa auf einer einheitlichen Rechtsvorschrift beruhen, noch kann ein tatsächlicher Zusammenhang zueinander gefunden werden, weil es sich um eigenständige Kreditverträge handelte, die nach den Klagebehauptungen jeweils für sich abgerechnet sowie demgemäß auch mit verschiedenen Summen und demnach mit voneinander abweichendem Vorbringen ausständig erklärt wurden. Schließlich scheidet auch eine Zusammenrechnung aus dem Grunde des § 11 Z.1 ZPO aus (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Rdz 261).

Bei dieser Sachlage haben demnach gemäß § 500 Abs.3 ZPO gesonderte Aussprüche des Berufungsgerichtes dahin zu erfolgen, ob die Revision hinsichtlich des Anspruches auf Bezahlung von S 171.369,76 und jenes von S 204.994,37 nach § 502 Abs.4 Z.1 ZPO zulässig ist oder nicht. Da das Berufungsgericht die entsprechenden Aussprüche unterlassen hat, ist ihm ihre Nachholung durch Berichtigung (Ergänzung) des Spruches seiner Entscheidung und durch Nachtrag der erforderlichen Begründung aufzutragen (1 Ob 731/83, 8 Ob 505/84, 8 Ob 71/85, 8 Ob 540/85 ua).

Für den Fall als die Revision hinsichtlich der gesondert zu behandelnden Ansprüche nicht für zulässig erklärt werden sollte, wäre die Revision den Beklagten zur erforderlichen Ergänzung im Sinne des § 506 Abs.1 Z.5 ZPO zu übermitteln.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte