European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00540.850.0918.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Ein Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens findet nicht statt.
Begründung:
Der Kläger begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 543.342,50 s.A. im wesentlichen mit der Begründung, er habe nach Übergang von Forderungen im Sinne des § 11 Abs. 1 IESG gegen die Ing. H***** KG vollstreckbare Forderungen in der Höhe des Klagsbetrages. Da die Beklagte persönlich haftender Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft sei, hafte sie für diese zur Gänze noch unberichtigt aushaftende Forderung.
Die Beklagte bestritt die Klagsforderung dem Grund und der Höhe nach.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht gab der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten keine Folge.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft sie ihrem gesamten Inhalt nach aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, insbesondere dem Inhalt der Sammelbeilage A, auf die in diesen Feststellungen ausdrücklich verwiesen wurde, setzt sich die Klagsforderung aus folgenden auf den Kläger im Sinne des § 11 Abs. 1 IESG übergegangenen einzelnen Ansprüchen gegen den Arbeitgeber für an einzelne Arbeitnehmer der Ing. H***** KG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes erbrachte Leistungen zusammen:
1) F***** S 38.322, ‑
2) F***** S 15.932, ‑
3) M***** S 17.658. ‑
4) R***** S 17.160. ‑
5) G***** S 16.686. ‑
6) K***** S 12.382. ‑
7) A***** S 26.862. ‑
8) F***** S 10.046. ‑
9) J***** S 18.334,50
10) L***** S 4.714. ‑
11) J***** S 20.099. ‑
12) J***** S 42.227. ‑
13) S***** S 4.275. ‑
14) E***** S 8.596. ‑
15) H***** S 26.622. ‑
16) E***** S 30.714. ‑
17) Ing. D***** S 24.353. ‑
18) W***** S 19.101. ‑
19) J***** S 29.669. ‑
20) R***** S 26.957. ‑
21) E***** S 30.831. ‑
22) V***** S 30.535. ‑
23) M***** S 29.539. ‑
24) A***** S 16.153. ‑
25) E***** S 25.575. ‑
Gemäß § 502 Abs. 2 Z 2 ZPO ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes ein weiterer Rechtszug unzulässig, soweit der Beschwerdegegenstand an Geld oder Geldeswert S 15.000.‑ nicht übersteigt; gemäß § 502 Abs. 3 ZPO ist gegen ein Urteil des Berufungsgerichtes, soweit es das angefochtene Urteil bestätigt, die Revision weiters unzulässig, wenn der davon betroffene Streitgegenstand oder Teil des Streitgegenstandes an Geld oder Geldeswert S 60.000.‑ nicht übersteigt.
Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind nach Lehre und ständiger Rechtsprechung mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche unter der Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 ZPO zusammenzurechnen, wenn sie also in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Fasching Kommentar IV 282 und Lehrbuch Rdz. 1831; Jud. 56 neu = SZ 24/335 uva.). Trifft dies nicht zu, dann muß die Revisionszulässigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Anspruches gesondert beurteilt werden. Dabei reicht nicht jede Verknüpfung zweier Sachverhaltsbilder schlechthin aus, um die Zusammenrechnung von Ansprüchen nach § 55 JN zu bewirken. Während der rechtliche Zusammenhang von Ansprüchen dann zu bejahen ist, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag oder einer einheitlichen Rechtsvorschrift abgeleitet werden, ist der tatsächliche Zusammenhang zu bejahen, wenn die Ansprüche zwar nach verschiedenen rechtlichen Kriterien, aber aus ein und demselben Sachverhalt ableitbar sind, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (siehe dazu Fasching Kommentar I 344 ff; 6 Ob 221/60; EvBl. 1969/163; 1 Ob 103/70; 1 Ob 554/81; 2 Ob 64/84 ua.). Nach ständiger Rechtsprechung sind Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis nicht zusammenzurechnen, weil es sich bei ihnen nur um formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO handelt (ZVR 1972/135; ZVR 1973/194 uva.). In gleicher Weise muß dies für die Entgeltansprüche verschiedener Arbeitnehmer gegen den gleichen Arbeitgeber gelten, weil auch diese nur als formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO angesehen werden können. Die Neufassung des § 11 Z 1 ZPO durch die ZVN 1983 hat daran nichts geändert. Auch wenn die Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis durch Zession auf einen Kläger übergehen, sind sie nicht zusammenzurechnen. Tritt ein Sozialversicherungsträger, der an mehrere bei einem Unfall verletzte Personen Leistungen erbracht hat und dafür mit einer einheitlichen Klage Ersatz begehrt, als Legalzessionar auf, so werden die von den einzelnen Versicherten auf ihn übergegangenen Ansprüche bei der Beurteilung der Revisionszulässigkeit nicht zusammengerechnet (zuletzt JBl. 1985, 111 mit weiteren Nachweisen). Das gleiche muß aber auch dann gelten, wenn der Insolvenz‑Ausfallgeld‑Fonds in einer Klage als Legalzessionar die im Sinne des § 11 Abs. 1 IESG auf ihn übergegangenen Ansprüche mehrerer Arbeitnehmer gegen den gemeinsamen Arbeitgeber geltend macht, weil sich auch hier durch die in dieser Bestimmung angeordnete Legalzession nichts daran ändert, daß es sich in Wahrheit nur um die Ansprüche mehrerer Personen handelt, die bei Geltendmachung ihrer Ansprüche in einer Klage nur als formelle, nicht aber als materielle Streitgenossen beurteilt werden könnten.
Es muß daher im vorliegenden Fall die Revisionszulässigkeit hinsichtlich eines jeden einzelnen oben zu 1) bis 25) angeführten Ansprüche gesondert beurteilt werden. Dies führt zu dem Ergebnis, daß die Revision hinsichtlich der zu 6), 8), 10), 13) und 14) angeführten Ansprüche schon nach § 502 Abs. 2 Z 2 ZPO unzulässig ist, im übrigen aber, da keiner der einzelnen Ansprüche S 60.000.- übersteigt, hinsichtlich jedes einzelnen Anspruches nach § 502 Abs. 3 ZPO.
Die Revision der Beklagten war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Beklagte hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen. Der Kläger hat im Sinne der §§ 41, 50 ZPO keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung, weil er den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht geltend gemacht hat.
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