OGH 7Ob695/85

OGH7Ob695/8516.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr. Petrasch und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin, Hermengilde S***, Pensionistin, Graz, Körösistraße 198, vertreten durch Dr. Michael Nierhaus, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Ing. Herbert S***, Landesbeamter in Ruhe, Graz, Mandellstraße 6, vertreten durch Dr. Hannes Priebsch und DDr.Sven D. Fenz, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 30. Oktober 1985, GZ. 1 R 169/85-40, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29. März 1985, GZ. 31 F 4/84-35, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"1.) Die Antragstellerin erhält ein Wahlrecht auf die ehemalige Ehewohnung in Graz, Körösistraße 198/III/7 gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von 300.000 S bis 30. September 1986 oder auf eine Ausgleichszahlung durch den Antragsgegner in gleicher Höhe unter Belassung der Wohnung im Eigentum des Antragsgegners.

2.) Leistet die Antragstellerin den vorgenannten Betrag bis zu dem genannten Termin an den Antragsgegner, so ist ihr Eigentumsrecht, ob den dem Antragsgegner derzeit zugeschriebenen 38/362-Anteilen der EZ 1952 KG Geidorf verbunden mit dem Eigentum an der Wohnung Nr. 7 in Graz, Körösistraße 198 einzuverleiben. In diesem Fall hat sie die auf die Wohnung entfallenden Annuitäten zu leisten und die ob den Liegenschaftsanteilen einverleibten Lasten zur Rückzahlung zu übernehmen. Der Antragstellerin verbleibt außerdem der eheliche Hausrat im Sinne des erstgerichtlichen Beschlusses mit Ausnahme folgender Gegenstände:

eine Waschmaschine Philips W 203 und ein Geschirrspüler Bauknecht von der Badezimmereinrichtung, ein Transistorradio Kobra 112 und eine Küchenuhr Blessing Quarz aus der Küche, ein Wohnzimmerschrank 190 cm breit, 159 cm hoch und 50 cm tief, eine Partie Wäsche, gebraucht (im Schrank) und ein Schrank viertürig, 180 cm breit, 150 cm hoch und 43 cm tief aus dem Zimmer neben der Küche, ein Teppich 2,40 m x 1,80 m sehr gebraucht vom Balkon, eine Polsterliege mit Umbau und zwei Kissen aus dem Schlafzimmer, ein schwarz-weiß-Fernsehapparat vom Dachboden, ein schwarz-weiß-Fernsehapparat, ein Fernsehtischerl und ein Bett mit Joka-Matratzen vom Keller.

3.) Zahlt die Antragstellerin nicht 300.000 S bis 30. September 1986 an den Antragsgegner oder erklärt sie bereits vor diesem Termin, die Wohnung nicht übernehmen zu wollen, so verbleibt die Wohnung samt dem Eigentum an den 38/362-Anteilen an der Liegenschaft EZ 1952 KG Geidorf dem Antragsgegner, der diesfalls die auf die Liegenschaft entfallenden Annuitäten zu leisten und die oben erwähnten Lasten zu übernehmen hat.

In diesem Fall hat der Antragsgegner der Antragstellerin binnen 4 Wochen nach deren vorerwähnter Erklärung oder mangels einer solchen Erklärung bis 31. Oktober 1986 300.000 S samt 4 % Zinsen ab 1. November 1986 oder ab der doch eine frühere Erklärung der Antragstellerin bewirkten Fälligkeit dieses Betrages an die Antragstellerin zu zahlen.

Die Antragstellerin hat hingegen die Pkt 1.) genannte Wohnung samt Kellerabteil und Dachboden binnen 4 Wochen nach Zahlung der 300.000 S zu räumen.

Verbleibt die Wohnung dem Antragsgegner, so erfolgt die Zuweisung des Hausrates nach der im Punkt 4 des erstgerichtlichen Beschlusses ergangenen Entscheidung.

4.) Der Antragsgegner bleibt über seine Lebensversicherung und die Münzensammlung verfügungsberechtigt."

5.) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

II. Die Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die zwischen den Streitteilen am 2. April 1955 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 6. Dezember 1983, 11 Cg 196/81, rechtskräftig aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist seit 14. Juni 1982 aufgehoben. Der Ehe entstammt der im Jahr 1959 geborene Sohn Gerald.

Während der Ehe waren beide Teile berufstätig, wobei der Antragsgegner im allgemeinen ein etwa doppelt so hohes Einkommen wie die Antragstellerin erzielte. Die Antragstellerin wurde 1970 pensioniert, der Antragsgegner Ende 1983. Die monatliche Pension des Antragsgegners beträgt durchschnittlich 13.000 S bis 14.000 S, die Pension der Antragstellerin rund 9.000 S.

Während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft hat die Antragstellerin vorwiegend den Haushalt geführt und den ehelichen Sohn großgezogen. Während der Ehe traten bei ihr allerdings relativ häufig Krankenstände auf, weshalb der Antragsgegner während dieser Zeiten den Haushalt führen und den Sohn betreuen mußte. Während der Ehe erhielt die Antragstellerin vom Antragsgegner ein ausreichendes Wirtschaftsgeld. Erst gegen Ende der Ehe reduzierte der Antragsgegner seine Zahlungen, weshalb ein Unterhaltsbetrag für die Antragstellerin im Vergleichswege bestimmt werden mußte. Bis Dezember 1984 bezahlte der Antragsgegner für den Sohn einen monatlichen Unterhalt von 2.800 S. Nunmehr besteht eine solche Unterhaltspflicht nicht mehr.

In den letzten Ehejahren sprach der Antragsgegner immer mehr dem Alkohol zu und ging auch tätlich gegen die Antragstellerin vor, was schließlich zu der Ehescheidung und zu einer einstweiligen Verfügung im Ehescheidungsverfahren dahin führte, daß dem Antragsgegner das Betreten der Ehewohnung verboten wurde.

Bei der nunmehrigen Ehewohnung handelt es sich um eine Eigentumswohnung bestehend aus drei Zimmern samt Nebenräumen. In diese Wohnung zogen die Streitteile im Jahre 1960, nachdem sie ihre frühere Mietwohnung aufgegeben hatten. Derzeit bewohnt die Antragstellerin mit dem Sohn die Ehewohnung, während der Antragsgegner ein möbliertes Untermietzimmer in Graz, Mandellstraße 35, bewohnt. Keiner der Streitteile verfügt über eine weitere Wohnmöglichkeit. Die Antragstellerin hat kein Sparguthaben. Eigentümer der 38/362-Anteile der Liegenschaft EZ 1952 KG Geidorf, mit denen das Wohnungseigentum an der im dritten Stock des Hauses Graz, Körösistraße 198 gelegenen Wohnung Nr. 7 verbunden ist, ist der Antragsgegner. Der Verkehrswert dieser ca. 75 m 2 großen Wohnung betrug Ende 1984 618.000 S. Die Wohnung ist mit einem Darlehen der Steiermärkischen Sparkasse belastet, das am 1. Jänner 1985 noch mit 13.000 S aushaftete. Mit geringen Ausnahmen wurden die Einrichtungsgegenstände während der Ehe angeschafft. Sie haben im Hinblick auf ihren gebrauchten Zustand einen Wert von

44.150 S, wobei allerdings Gegenstände im Wert von 6.750 S dem Sohn der Streitteile gehören.

Eine Münzensammlung im Wert von rund 25.000 S war von den Streitteilen gemeinsam angelegt worden. Im Jahre 1977 hat der Antragsgegner eine Lebensversicherung mit einer Vertragssumme von 80.000 S und einer Laufzeit von 18 Jahren abgeschlossen. Er leistet eine jährliche Prämie von 4.500 S. Die Lebensversicherung ist mit etwa 36.000 S zu bewerten (das Rekursgericht kam aus rechtlichen Erwägungen zu einer Bewertung von 50.000 S, dies wird nicht bekämpft).

Im Jahre 1974 kaufte die Antragstellerin um 143.600 S eine Liegenschaft, die sie im Jahre 1980 um rund 220.000 S verkaufte. Von dem Geld lieh sie 120.000 S ihrer Schwester, mit dem Rest deckte sie Schulden aus dem Liegenschaftskauf ab. Das von ihrer Schwester zurückgezahlte Darlehen verwendete sie zur Bezahlung von Anwaltskosten.

Im Jahre 1978 erwarb die Antragstellerin eine weitere Liegenschaft um 330.900 S, die sie am 24. Juni 1981 ihrem Sohn übertrug. Der Verkehrswert dieser Liegenschaft beträgt 496.000 S. Am 24. Juni 1981 hafteten ob dieser Liegenschaft Darlehen mit 204.000 S aus. Seit Mai 1983 deckt der Sohn der Streitteile die Rückzahlungsraten für diese Darlehen selbst ab, während dies vorher der mütterliche Großvater tat. Dieser hatte der Antragstellerin vor seinem Tod insgesamt 225.000 S geschenkt. Zum Ankauf der letzterwähnten Liegenschaft hat die Antragstellerin hievon 100.000 S verwendet, während die restlichen 120.000 S für den Ankauf der erstgenannten Liegenschaft aufgewendet wurden.

Die Vorinstanzen haben die Eigentumswohnung (Ehewohnung) dem Antragsgegner zugewiesen und den ehelichen Hausrat auf die aus dem erstgerichtlichen Beschluß (S 158-161 d A) ersichtliche Art aufgeteilt. Die Münzensammlung und die Lebensversicherung haben die Untergerichte dem Antragsgegner zugewiesen. Dieser wurde verpflichtet, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung zu leisten, wogegen die Antragstellerin binnen 4 Wochen ab Erhalt dieser Ausgleichszahlung die Wohnung zu räumen hat. Während das Erstgericht die Ausgleichszahlung mit 230.000 S festsetzte, änderte das Rekursgericht diesen Betrag auf 250.000 S ab. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die Vorinstanzen vertraten den Standpunkt, im Hinblick auf das beiderseitige Einkommen und die Haushaltsführung durch die Antragstellerin sei der beiderseitige Beitrag der ehemaligen Ehegatten als ungefähr gleich zu werten, weshalb eine Aufteilung im Verhältnis 1:1 gerechtfertigt sei. Der Aufteilung sei die Ehewohnung (Wert 605.000 S), der Wert der später dem Sohn geschenkten Liegenschaft abzüglich der Schenkungen des Vaters der Antragstellerin (187.000 S), der Wert des Hausrates (37.500 S), der Wert der Lebensversicherung (in der vom Rekursgericht angenommenen Höhe von 50.000 S) und der Wert der Münzensammlung (25.000 S), insgesamt sohin ein Betrag von ca 905.000 S zugrundezulegen. Zu berücksichtigen sei, daß die Antragstellerin im Hinblick auf ihre geringe Pension nicht in der Lage wäre, eine Ausgleichszahlung zu leisten. Aus diesem Grunde entspreche es der Billigkeit, die Wohnung dem Antragsgegner zuzuweisen, weil dieser der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung in jener Höhe leisten könne, die der Antragstellerin die Beschaffung einer anderen Wohnung ermöglichen würde. Außerdem sei nach Möglichkeit in bestehende Eigentumsverhältnisse nicht einzugreifen. Demnach habe der Antragsgegner eine Ausgleichszahlung zu leisten, der ein Betrag von 697.500 S zugrundegelegt werden müsse (die oben erwähnten Werte abzüglich des Betrages von 187.000 S). Von diesem Betrag sei der dem Antragsgegner gebührende Aufteilungswert von 452.500 S abzuziehen, woraus sich ein Differenzbetrag von 245.000 S ergebe. Im Hinblick auf einige von der Antragstellerin eingebrachte Ersparnisse und Einrichtungsgegenstände und im Hinblick auf das höhere Einkommen des Antragsgegners entspreche die Festsetzung der Ausgleichszahlung mit 250.000 S der Billigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zum Teil gerechtfertigt. Was die Ausführungen des Revisionsrekurses zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens und bezüglich einzelner Bewertungen anlangt, so ist darauf zu verweisen, daß nach § 232 Abs. 2 AußStrG im Aufteilungsverfahren ein Rekurs nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhoben werden kann. Demnach ist der Oberste Gerichtshof an die Feststellungen des Rekursgerichtes über den Wert des aufzuteilenden Vermögens gebunden. Ein Verfahrensmangel an sich könnte überhaupt nicht geltend gemacht werden. Lediglich Feststellungsmängel, die eine unrichtige rechtliche Beurteilung begründen, wären zu berücksichtigen. Solche Feststellungsmängel sind aber im vorliegenden Fall deshalb nicht gegeben, weil die Vorinstanzen ohnedies festgestellt haben, daß der Sohn der Streitteile seit Mai 1983 Darlehensrückzahlungen bezüglich der ihm geschenkten Liegenschaft aus eigenem geleistet hat. Welchen Einfluß dieser Umstand auf die Entscheidung haben soll, ist außerdem unerfindlich, weil die Vorinstanzen nur von dem nicht durch Schenkungen des Vaters der Antragstellerin gedeckten Restwert der Liegenschaft ausgegangen sind, wobei sie die Belastungen der Liegenschaft abgezogen haben. Die Rückzahlungen durch den Sohn betrafen also Vermögensteile, die in das Aufteilungsverfahren nicht einbezogen wurden.

Die Vorinstanzen haben die Rechtslage im allgemeinen richtig erkannt. Allerdings kann der im § 90 Abs. 1 EheG aufgestellte Grundsatz, daß jedem vormaligen Ehegatten sein Eigentum an Grund und Boden nach Möglichkeit erhalten bleiben soll, keine entscheidende Grundlage für die Zuweisung der Ehewohnung sein. Gerade bezüglich der Ehewohnung und des Hausrates, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist, stellt § 82 Abs. 2 EheG besondere Grundsätze auf. Die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung spricht den dort erwähnten Grundsatz nicht schlechthin für die Ehewohnung aus. Bezüglich der Ehewohnung haben aber Billigkeitserwägungen unter Zugrundelegung anderer Umstände, wie beispielsweise des Bedarfes, der Möglichkeit, sich einen Ersatz zu beschaffen und ähnliche, den Vorrang vor den tatsächlich bestehenden Eigentumsverhältnissen, wobei noch zu berücksichtigen ist, daß seinerzeit Eigentumswohnungen nur im Eigentum einer Person stehen konnten und daher die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten eines der beiden Ehegatten rein zufällig war. Eine derartige Eigentumseinverleibung kann daher bei der Zuweisen der Ehewohnung im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG kein entscheidendes Kriterium sein.

Daß der Wunsch des Sohnes der Streitteile, weiterhin mit seiner Mutter zusammenzuwohnen, im vorliegenden Fall kein entscheidendes Zuweisungskriterium sein kann, haben die Vorinstanzen richtig erkannt, weil der Sohn bereits selbsterhaltungsfähig ist und daher keinerlei rechtliche Verpflichtung der Antragstellerin zur Wohnversorgung des Sohnes besteht. Der bloße Wunsch eines ehemaligen Ehegatten, mit bereits großjährigen und selbsterhaltungsfähigen Kindern weiterhin zusammenzuwohnen, ist in die Billigkeitserwägungen solange nicht einzubeziehen, als ein solches Zusammenwohnen nicht im Hinblick auf besondere Umstände (etwa Pflegebedürftigkeit einer der beteiligten Personen) notwendig ist.

Das Verschulden an der Auflösung der Ehe ist nur dann ein Kriterium für die Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinn bedeutsam war, z.B. Verschwendungssucht, eine kostenverursachende Vernachlässigung der Kindererziehung oder der Haushaltsführung oder Setzung von Scheidungsgründen in der Absicht, bei der Aufteilung gerade jetzt besonders gut abzuschneiden (7 Ob 515/84, 7 Ob 536/85 u.a.). Derartige Eheverfehlungen haben im vorliegenden Fall nicht zur Ehescheidung geführt.

Inwieweit dem an der Ehescheidung schuldlosen Teil bis zu einem gewissen Grad ein Wahlrecht bezüglich der Ehewohnung eingeräumt wird, muß hier nicht abschließend erörtert werden, weil, unabhängig vom Verschuldensausspruch im Ehescheidungsverfahren, im vorliegenden Fall Billigkeitserwägungen für die Einräumung eines solchen Wahlrechtes zugunsten der Antragstellerin sprechen. Die Antragstellerin ist die wirtschaftlich wesentlich schlechter Gestellte beider Parteien. Die Notwendigkeit der Beschaffung einer neuen Wohnung würde sie daher wesentlich härter treffen als den Antragsgegner. Dazu kommt, daß der Antragsgegner bereits seit Jahren über eine andere Wohnmöglichkeit verfügt, ihm demnach die notwendige Umstellung bereits geglückt ist, während die Antragstellerin im Falle der Zuweisung der Ehewohnung an den Antragsgegner auch die Umstellungsschwierigkeiten in Kauf nehmen müßte. Die gesonderte Wohnungsnahme des Antragsgegners ist auf sein eigenes Verhalten zurückzuführen, weil ihm im Ehescheidungsverfahren mittels einstweiliger Verfügung das Betreten der Ehewohnung verboten worden ist. Ob die einstweilige Verfügung nach einem weiteren Verfahrensschritt (Erhebung eines Rechtsmittels) Bestand gehabt hätte, kann hier nicht geprüft werden, weil sie in Rechtskraft erwachsen ist, weshalb der Oberste Gerichtshof an diese in einem anderen Verfahren ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidung gebunden ist. Der Umstand, daß der Antragsgegner vor Jahren aus Gründen, die bei ihm liegen, bereits eine andere Wohnung genommen hat, spricht daher ebenfalls dafür, daß der Antragstellerin ein Wahlrecht bezüglich der Wohnung zugebilligt wird.

Richtig ist allerdings, daß die Aufteilung nach Billigkeit vorzunehmen ist. Dies schließt aber aus, daß einem der Teile praktisch das ganze Vermögen zugewiesen wird und der andere sich mit einem verhältnismäßig geringen Teil desselben zufrieden geben muß. Aus diesem Grund sieht § 94 Abs. 1 Eheg auch die Leistung einer Ausgleichszahlung an denjenigen vor, der andernfalls bei der Aufteilung erheblich zu kurz gekommen wäre. Die Folgen der Ehescheidung sollen nämlich in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Ehegatten möglichst ausgeglichenen Weise geregelt werden (1 Ob 547/85, 8 Ob 586/85). Es würde daher der Billigkeit gröblich widersprechen, würde man den Großteil des ehemaligen ehelichen Gebrauchsvermögens, darunter auch die Ehewohnung, jenem ehemaligen Ehepartner zuweisen, der auf keinen Fall in der Lage wäre, eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten. Dies würde nämlich praktisch zu einer Enteignung des anderen Teiles führen. Im vorliegenden Fall ist es nun richtig, daß die Antragstellerin nach ihrem festgestellten Einkommen schwerlich in der Lage wäre, sofort eine entsprechende Ausgleichszahlung zu leisten. Ausgeschlossen kann dies jedoch nicht werden. Da, wie bereits ausgeführt wurde, die Billigkeitserwägungen dafür sprechen, daß der Antragstellerin ein Wahlrecht bezüglich der Ehewohnung eingeräumt wird, muß ihr auch die Möglichkeit geboten werden, dieses Wahlrecht in ihrem Sinne auszuüben. Um aber zu verhindern, daß sich die Antragstellerin ihre Entscheidung während einer für den Antragsgegner unzumutbar langen Zeit überlegt, war die Ausübung des Wahlrechtes zeitlich zu begrenzen. Eine Frist bis 30. September 1986 erscheint ausreichend, weil dieser Zeitraum von mehr als 8 Monaten genügen muß, ein allfällig notwendiges Darlehen zur Leistung der Ausgleichszahlung zu erlangen, falls die Erlangung eines solchen Darlehens überhaupt möglich ist. Sollte sich herausstellen, daß die Antragstellerin nicht in der Lage ist, eine angemessene Ausgleichszahlung zu leisten, oder sollte die Antragstellerin zur Überzeugung gelangen, daß für sie der Erhalt einer Ausgleichszahlung günstiger wäre, als die Überlassung der Ehewohnung, so gebietet es die Billigkeit, die Wohnung dem Antragsgegner zuzuweisen und diesen zur Leistung einer entsprechenden Ausgleichszahlung zu verpflichten. Bei der Zuweisung der einzelnen Hausratsgegenstände war zu berücksichtigen, daß es sich hiebei weitgehend um Gegenstände handelt, die für eine bestimmte Wohnung angeschafft worden sind und deren Transferierung aus dieser Wohnung wenig sinnvoll oder mit erheblichem Wertverlust verbunden wäre. Dies gilt für den Großteil der im erstgerichtlichen Beschluß dem Antragsgegner zugewiesenen Gegenstände. Da die Antragstellerin jedoch das Wahlrecht bezüglich der Ehewohnung hat, erschien es sinnvoll, jenen Teil der dem Antragsgegner vom Erstgericht zugewiesenen Gegenstände, die den oben aufgezeigten Kriterien entsprechen, dann der Antragstellerin zuzuweisen, wenn diese das Wahlrecht an der Wohnung zu ihren Gunsten ausübt. Lediglich jene Gegenstände, bezüglich der ein sinnvoller Zusammenhang mit der Wohnung nicht offensichtlich ist, wären in einem solchen Fall dem Antragsgegner zuzuweisen. Bezüglich der vom Erstgericht der Antragstellerin zugewiesenen Gegenstände wurde vom Antragsgegner nie ein Einwand erhoben, so daß es hier auf jeden Fall bei der erstgerichtlichen Entscheidung zu verbleiben hat. Käme es aber letztlich zu einem Verbleib der Ehewohnung beim Antragsgegner, so erscheint die erstgerichtliche Entscheidung bezüglich sämtlicher Hausratsgegenstände zweckmäßig, weshalb es diesfalls bei der erstgerichtlichen Entscheidung in diesem Punkt zu verbleiben hätte. Selbstverständlich würde die vom Obersten Gerichtshof für den Fall der Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin vorgenommene Aufteilung des Hausrates zu einer Wertverschiebung zugunsten der Antragstellerin führen, weil die dann dem Antragsgegner verbleibenden Hausratsgegenstände nicht, wie nach dem erstgerichtlichen Beschluß, einen Wert von 17.490 S, sondern nur mehr einen Wert von 11.300 S hätten. Diese Wertdifferenz würde aber durch die Ausgleichszahlung ausgeglichen werden.

Was die Ausgleichszahlung anlangt, so schreibt das Gesetz auch bei gleichen Beiträgen der Ehegatten zur Vermögensbildung nicht zwingend eine Aufteilung im Verhältnis 1:1 vor. Vielmehr sind auch hier Billigkeitserwägungen maßgebend. Berücksichtigt man im vorliegenden Fall den erheblichen Unterschied zwischen den beiderseitigen Pensionen, so erscheint es billig, die Ausgleichszahlung so festzusetzen, daß die Antragstellerin etwas begünstigt wird, weil so ein billiger Ausgleich erzielt werden kann. Allerdings besteht kein Anlaß, die Aufteilung, wie es die Antragstellerin wünscht, in einem Verhältnis 2:1 zu ihren Gunsten vorzunehmen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint eine Ausgleichszahlung von 300.000 S für den Fall der Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin sowie auch dann, wenn die Ehewohnung dem Antragsgegner verbleiben sollte, angemessen. Daß in die Aufteilung auch die oben erwähnten 187.000 S einzubeziehen sind, ergibt sich aus § 91 Abs. 1 EheG, weil die Antragstellerin dem Sohn die von ihr gekaufte Liegenschaft ohne Zustimmung des Antragsgegners geschenkt hat. Wurde das der Aufteilung unterliegende Gebrauchsvermögen verringert, so ist der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen (SZ 55/192, JBl. 181, 429 u.a.). Die Behauptung, die Liegenschaft habe in Wahrheit nie der Antragstellerin gehört, sondern sei dem Sohn der Streitteile direkt von seinem Großvater geschenkt worden, entbehrt entsprechender Feststellungsgrundlagen.

Die Rekursbeantwortung wurde verspätet erstattet, weil die in § 231 Abs. 2 AußStrG. festgesetzte 14-tägige Frist durch die Zivilverfahrensnovelle 1983 nicht geändert worden ist. Die Rekursbeantwortung wird daher zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG. Für das Verfahren erster Instanz wurden Kosten nicht verzeichnet. Im Rechtsmittelverfahren erscheint eine Kostenaufhebung billig, weil ein eindeutiger Rechtsmittelerfolg eines der Streitteile nicht vorliegt und es im übrigen wenig sinnvoll wäre, die Zahlungsverpflichtungen einer der Parteien über die Ausgleichszahlung hinaus zu erhöhen.

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