OGH 8Ob20/85

OGH8Ob20/8519.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Roland K*, 2.) Udo K*, 3.) Fa. R*, GesmbH, *, alle vertreten durch Dr. Dietmar Ritzberger, Rechtsanwalt in Schwaz, wider die beklagten Parteien 1.) Franz G*, 2.) Alfred S*, 3.) G*-AG, *, alle vertreten durch Dr. Anton Schiessling, Rechtsanwalt in Rattenberg, wegen S 20.366,88 s.A., infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 31. Oktober 1984, GZ. 2a R 470/84‑18, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 10. Mai 1984, GZ. C 131/83‑13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00020.85.0619.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten die mit S 3.194,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen S 240,‑‑, die USt. S 268,60) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 9. 6. 1982 ereignete sich im Gemeindegebiet B* ein Verkehrsunfall, an welchem der vom Zweitkläger gelenkte PKW mit dem pol. Kennzeichen T * und der vom Zweitbeklagten gelenkte PKW mit dem pol. Kennzeichen T *, dessen Halter der Erstbeklagte und dessen Haftpflichtversicherer die Drittbeklagte war, beteiligt waren. Der vom Zweitkläger gelenkte PKW erlitt einen Totalschaden. Der Zweitbeklagte verantwortet das Alleinverschulden am Unfall. Die Drittbeklagte bezahlte den Klägern den vom Sachverständigen errechneten Totalschaden von S 69.500,‑‑ sowie die An- und Abmeldekosten, insgesamt somit S 70.500,‑‑. Der der Höhe nach außer Streit gestellte Betrag von S 20.366,88 s.A. ist „die Differenz zwischen dem am PKW der Kläger bzw. der M* eingetretenem Sachschaden und den den Klägern aus dem Leasingvertrag mit Schadenseintritt fällig gewordenen Verpflichtungen“.

Die Kläger begehrten von den Beklagten zunächst die Bezahlung von S 20.731,09 als Schadenersatz. Sie hätten für ihren PKW, den sie von der Firma M* GesmbH geleast hätten, infolge des Unfalles insgesamt S 91.231,09 in Rechnung gestellt bekommen; diese Forderung sei auch zu 8 Cg 796/82 des Landesgerichtes Innsbruck eingeklagt worden. Abzüglich des von den Beklagten erhaltenen Betrages von S 70.500,‑‑ stelle die Summe von S 20.731,09 (bzw. von der Höhe nach außer Streit gestellten S 20.366,88) den noch offenen Klagebetrag dar.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Drittbeklagte habe den Klägern den wirklichen Schaden von S 70.500,‑‑ ersetzt. Das darüber hinaus gestellte Mehrbegehren der Kläger sei unberechtigt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 20.366,88 s.A. statt und wies ein Mehrbegehren von S 364,21 s.A. samt einem Zinsenmehrbegehren ab. Es traf nachstehende Feststellungen:

Der PKW mit dem pol. Kennzeichen T * war von den drei Klägern von der M* GesmbH geleast worden. Der Restwert des Wracks betrug nach dem Unfall mit Totalschaden noch ca. S 5.000,‑‑. Die Leasingfirma verkaufte das Fahrzeug am 30. 7. 1982 an das Autohaus H* um S 3.000,‑‑. Nach Punkt 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des zwischen den Klägern und der M* GesmbH abgeschlossenen Leasingvertrages endet im Falle der Vernichtung des Mietobjektes der Leasingvertrag am Tage des Eintrittes dieser Ereignisse. Nach diesen Vertragsbestimmungen hatten für diesen Fall die Kläger als Leasingnehmer sofort alle, auch noch nicht fälligen Beträge der Leasinggeberin zu bezahlen, die diese auf Grund des Leasingvertrages für die restliche vereinbarte Dauer des Vertragsverhältnisses noch zu fordern gehabt hätte, wobei das Leasingobjekt, soweit vorhanden, herauszugeben war. Gemäß Punkt 13 der Geschäftsbedingungen des Leasingvertrages vermindern sich die Zahlungsverpflichtungen des Leasingnehmers um 80 % der aus dem Verkauf des Leasingobjektes erzielten Einnahmen, wenn der Leasinggeber das Objekt an sich genommen und anderweitig verkauft hat. Für den Verzug waren vom Tage der Fälligkeit bis zum Zahlungseingang 1,5 % Zinsen pro Monat, kontokorrentmäßig gerechnet, als Verzugszinsen zu bezahlen. Gegen diese Zahlungsverpflichtungen der Kläger aus dem Leasingvertrag sollten nach der Vereinbarung Versicherungsentschädigungen, soweit sie der Leasingfirma zufließen und ein Diskont in Höhe der jeweiligen Bankrate für die Beträge, die bei normalem Verlauf des Leasingverhältnisses zum Zeitpunkt der Zahlung noch nicht fällig gewesen waren, verrechnet werden können.

Der Leasingvertrag zwischen den Klägern und der Firma M* GesmbH wurde hinsichtlich des genannten PKW's Horizon GLS, Automatic, für den Zeitraum von 54 Monaten abgeschlossen; die monatliche Leasingrate war mit Umsatzsteuer mit S 2.870,44 (ohne Umsatzsteuer daher S 2.432,58) vereinbart. Der Leasingvertrag wurde am 2. 4. 1980 abgeschlossen, die Übergabe des Fahrzeuges an die Kläger erfolgte am 23. 4. 1980. Die erste Leasingrate war nach der Vereinbarung der Kläger mit der Leasingfirma am Tage des Beginnes des Leasingverhältnisses zur Zahlung fällig, die weiteren monatlichen Leasingbeträge jeweils am gleichen Tag der folgenden Monate. Der Mietzins war nach Punkt 4 der Vertragsbedingungen wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976 mit dem Monat als Ausgangsbasis, in welchem der Leasingvertrag begann, vereinbart. Schwankungen der Indexzahl bis 10 % sollten dabei unberücksichtigt bleiben.

Am 25. 11. 1982 stellte die M* GesmbH S 101.661,42 an Mietrestschuld aus dem Leasingvertrag den Beklagten in Rechnung. Diesen Betrag schlüsselte sie mit offenen Restmieten von S 69.685,40 abzüglich Zinsenvergütung S 2.533,36 zuzüglich Verzugszinsen für die Zeit vom 1. 1. 1981 bis 10. 8. 1982 S 2.370,51 zuzüglich 30 % USt., zuzüglich offene Buchforderung von S 13.926,21, abzüglich Wrackerlös S 3.000,‑‑ auf. Die vorgenannte offene Buchforderung betrifft auch die verlangten Leasingraten für Juni und Juli 1982 von je S 3.484,27. Tatsächlich macht die auf Grund der eingetretenen Indexsteigerung um 10 % erhöhte Leasingrate mit 30 % USt. jedoch nur S 3.478,59 aus.

Am 30. 11. 1982 schrieb die Leasingfirma den Klägern den Erlös für das Wrack in Höhe von S 3.000,‑‑ gut. Am 25. 1. 1983 zahlten die Kläger einen Betrag von S 3.500,‑‑, am 18. 3. 1983 einen solchen von S 2.000,‑‑ an die Leasingfirma. Am 11. 2. 1983 langten bei der Firma M* GesmbH zu Handen deren Vertreter, Rechtsanwalt Dr. G*, S 70.500,‑‑ ein, welche zuvor die Drittbeklagte an diesen Vertreter der Leasingfirma, welche ihre Ansprüche aus dem Leasingvertrag ihrerseits von den Klägern zu 8 Cg 578/83 des Landesgerichtes Innsbruck mit restlich S 30.241,51 einklagt, überwiesen hatte.

Die M* GesmbH ging bei der Berechnung der Zinsenvergütung hinsichtlich der noch aushaftenden Leasingraten von einem Satz von 5,75 % aus und schrieb den Klägern einen Betrag von S 2.533,36 gut, wobei in diesem Betrag auch der Abzug eines Betrages von S 708,50 berücksichtigt ist, den die Leasingfirma an den Vertragshändler entrichtet hatte, wobei jedoch eine Vertragsbestimmung für die Berechtigung eines solchen Abzuges durch die Leasingfirma zwischen den Klägern und der Firma M* GesmbH fehlt.

Die Kläger mahnten ihren Anspruch am 11. 1. 1983 ein und wiesen dabei auf die Verzugszinsen von 1,5 % pro Monat hin, weiters darauf, daß die Kläger auch selbst Fremdkapital in Anspruch nehmen. Tatsächlich nimmt der Erstkläger seit 1. 1. 1982 Kredite über S 100.000,‑‑ in Anspruch, welche er mit 12,25 % zu verzinsen hat.

Rechtlich bejahte das Erstgericht die Verpflichtung der Beklagten zur Tragung des den Klägern entstandenen gesamten Schadens. Der Zweitbeklagte habe als Schädiger das von den Klägern benützte Leasingobjekt zerstört. Dadurch habe er in die Interessensphäre der Kläger eingegriffen und Zahlungspflichten gegenüber der Leasingfirma ausgelöst, welche das Vermögen der Kläger unmittelbar gemindert hätten. Durch den Schädiger und die solidarisch mit diesen haftenden Personen seien die Kläger so zu stellen, wie sie ohne Beschädigung gestellt gewesen wären. Durch die Zufügung des Totalschadens am Leasingfahrzeug sei gemäß Punkt 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Leasingsvertrages dieser Vertrag aufgehoben und die Kläger mit Zahlungspflichten belastet worden; dies stelle einen unmittelbaren Vermögensnachteil dar.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das noch offene Klagebegehren von S 20.366,88 s.A. abwies. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist. Es verwies weiters darauf, daß nunmehr die Höhe der den Klägern aus dem Leasingvertrag mit dem Schadenseintritt fälligen Verpflichtungen samt der Zinsenbelastung mit dem Betrag von S 20.366,88 s.A. im Berufungsverfahren außer Streit gestellt wurde. Das Leasing stelle eine neue Form der Investitionsfinanzierung dar, wobei an die Stelle des bisher üblichen Eigentumserwerbs an längerlebigen Wirtschaftsgütern die bloße Gebrauchsüberlassung tritt. Die Gefahr des (zufälligen) Unterganges der geleasten Sache habe vereinbarungsgemäß der Leasingnehmer zu tragen. Bejaht man, daß dem Leasingnehmer als Gefahrtragendem ein Anspruch auf Ersatz des Schadens aus dem Verkehrsunfall zusteht, so könne sich dieser Schade nur auf den entstandenen und unstreitig bereits liquidierten Sachschaden am PKW, der von den Klägern geleast wurde, beziehen. Die über den Sachschaden von insgesamt S 70.500,‑‑ hinausgehenden Mehrbelastungen der Kläger aus dem Leasingvertrag ergäben sich aus der von den Klägern gewählten Finanzierungsart und seien damit von den Beklagten ebensowenig zu ersetzen, wie etwa im Falle eines Kaufes eines PKW's mit einer Kreditfinanzierung, die über den Kaufpreis und damit über dem Verkehrswert des PKW's liegt. Der Schädiger habe eine Sache im Wert von S 69.500,-- bzw. unter Berücksichtigung der Kosten für An- und Abmeldung von S 70.500,‑‑ beschädigt. Der darüber hinausgehende Schade in Höhe des vom Erstgericht zugesprochenen Betrages sei von den geschädigten Klägern selbst zu tragen, weil dieser Schade dem allgemeinen Lebensrisiko der Geschädigten zugerechnet werden müsse. Die Adäquanz des Handelns des Zweitbeklagten für diesen atypischen Schaden sei damit nicht gegeben. Damit fehle es am Zusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten und dem eingetretenen, noch Gegenstand des Berufungsverfahrens bildenden Schaden der Kläger, den diese damit selber zu tragen hätten.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Kläger aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Kläger machen in ihrem Rechtsmittel geltend, daß sie ‑ von dem bereits liquidierten Sachschaden abgesehen ‑ einen darüber hinausgehenden Schaden an ihrem Vermögen dadurch erlitten hätten, daß sie sich wegen der Totalbeschädigung des geleasten Fahrzeuges auf Grund des Leasingvertrages weitergehenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Leasinggeber gegenüber sehen und insbesondere auch weitere auf das Leasingobjekt entfallende Raten zu bezahlen hätten, ohne dafür das äquivalent der Benützung des geleasten Fahrzeuges zu haben. Dieser Schade sei ihnen von den Beklagten als ein solcher „am unmittelbaren Schutzobjekt des verletzten Rechtes“ ebenfalls zu ersetzen. Ihrer Argumentation kann jedoch nicht gefolgt werden:

§ 1331 ABGB spricht zwar von Beschädigung am Vermögen, doch kommt dem „Vermögen“ einer Person an sich kein absoluter Schutz zu. Nach der Lehre vom Schutzzweck der Norm steht vielmehr nur dem unmittelbar Geschädigten ein Ersatzanspruch zu. Die Verursachung eines Vermögensschadens macht daher nur dann ersatzpflichtig, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung etwa aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten läßt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 19). Im vorliegenden Fall beruhte das Recht der Kläger auf Benutzung des beschädigten PKWs auf einem obligatorischen Vertragsverhältnis und genießt daher keinen absoluten Schutz (Koziol aaO 25). Ein solcher kommt nur dem Eigentümer des PKWs zu, wogegen Vermögensnachteile des Klägers als nicht ersatzfähiger Drittschaden (mittelbarer Schaden) zu werten sind. Ein Bestandrecht ist kein „quasi‑dingliches“ Recht (SZ 23/191). Eine Heranziehung der zum Eigentumsvorbehalt entwickelten Grundsätze (7 Ob 768/78; Bydlinski in Klang 2 IV 607 f; Koziol aaO 26 ff) ist nicht möglich, weil dem Leasingnehmer auch kein „absolutes Anwartschaftsrecht“ auf Eigentumserwerb zusteht (vgl. SZ 52/93, 8 Ob 78/83 ua). Die Kläger können sich daher gegenüber den Beklagten weder auf eine Verletzung vertraglicher Pflichten, noch auf eine Verletzung eines absoluten Rechtes berufen. Entgegen der Auffassung der Revision umfaßt der Schutzzweck der Verkehrsvorschriften auch nicht die Vermeidung eines bei einem Dritten, der die beschädigte Sache nur auf Grund eines obligatorischen Vertragsverhältnisses benützt, eingetretenen Folgeschadens. Ein solcher ist vielmehr infolge einer Seitenwirkung in einer Interessenssphäre eingetreten, die nicht durch das Verbot des Angriffs geschützt ist (vgl. SZ 34/112 ua), und daher mittelbarer Schaden. Im vorliegenden Fall kann aber auch entgegen der Auffassung der Revision von einer Schadensverlagerung vom Leasinggeber auf die Kläger keine Rede sein, weil die Kläger nicht etwa einen typischerweise beim Leasinggeber eingetretenen Schaden wirtschaftlich zu tragen hatten, sondern einen zusätzlichen Folgeschaden erlitten haben (vgl. hiezu Koziol, Haftpflichtrecht I2, 281), der, wie oben dargelegt, als mittelbarer Schaden nicht zu ersetzen ist (8 Ob 78/83). Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten abgelehnt.

Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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