OGH 13Os72/83

OGH13Os72/8319.5.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Mai 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schneller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karin A wegen des Vergehens des Betrugs nach §§ 146

f.

StGB. über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 9.März 1983, GZ. 3 a Vr 2066/82-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Tschulik, und der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Strommer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (u.a.) die am 22.September 1967 geborene Schülerin Karin A von der - in der Hauptverhandlung modifizierten (S. 83) - Anklage des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB., wonach sie am 3.November 1982 in Wien eine Angestellte der Lederboutique 'X' durch übergabe eines von ihr über einen Betrag von 3.000 S gefälschten, auf das Konto ihrer Mutter Brigitte A bei der C lautenden Schecks zur Ausfolgung von Waren im Wert von 500 S und der restlichen 2.500 S Bargeld verleitet habe, gemäß § 259 Z. 1 StPO.

(sachlich abgestellt auf § 259 Z. 3 Ende StPO. - siehe LSK. 1976/134) freigesprochen. Das Schöffengericht vertrat die Auffassung, daß der von Karin A beabsichtigte Vermögensschaden bei ihrer Mutter eingetreten und ihre Tat daher als ein im Familienkreis begangener Betrug (§ 166 Abs. 1 StGB.) zu werten sei, der nur mit Ermächtigung (richtig: bei Vorliegen eines an den Staatsanwalt gerichteten Antrags gemäß § 43 Abs. 1 JGG.: siehe LSK. 1978/176) der geschädigten Mutter verfolgt werden könnte.

Diesen Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z. 5, 9 lit. a und c (richtig: lit. b) des § 281 Abs. 1 StPO. (siehe abermals LSK. 1976/134) gestützten Nichtigkeitsbeschwerde: Durch das festgestellte Verhalten seien primär die Verfügungsberechtigten der Lederboutique 'X' und erst in weiterer Folge die C und Brigitte A an ihrem Vermögen verkürzt worden, weshalb der Tatbestand des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 StGB.

verwirklicht worden sei.

Den Urteilsfeststellungen zufolge trifft dies jedoch nicht zu. Darnach wurde nämlich der Scheck nach seiner Präsentierung von dem bezogenen Geldinstitut anstandslos eingelöst und der Betrag von 3.000 S vom Konto der Brigitte A abgebucht, ohne daß diese in der Folge Schadenersatzansprüche geltend gemacht hätte (S. 89). Dies ergibt sich zwar nicht, wie die Anklagebehörde in ihrer Mängelrüge zutreffend vorbringt, aus der Zeugenaussage der Brigitte A, die sich der Aussage entschlagen hatte (S. 82), wohl aber aus derjenigen des informierten Vertreters der C (S. 83). Angesichts der Scheckeinlösung durch das Geldinstitut waren auch die von der Beschwerde vermißten Konstatierungen betreffend die Deckung des Schecks durch ein Guthaben auf dem Konto aus rechtlichen Gründen entbehrlich:

Der (inhaltlich § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. relevierenden)

Rechtsrüge zuwider ist, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt

ausgesprochen hat, im Strafrecht eine wirtschaftliche

Betrachtungsweise in bezug auf den Begriff Vermögen geboten, welche

zeigt, daß bei der Einlösung falscher oder verfälschter Schecks die

damit verbundene effektive Einbuße an Vermögenssubstanz nach dem

normalen Verlauf der Dinge jedenfalls zunächst (und nach Maßgabe der

Allgemeinen Geschäftsbedingungen zumeist auch auf Dauer) den

Kontoinhaber trifft; denn dessen Vermögen (an Buchgeld) wird durch

die grundsätzlich prompte Abbuchung der betreffenden Passivpost in

ökonomisch sogleich wirksamer Weise (zumindest - bei möglicher

Schadensüberwälzung - vorübergehend) um den betrügerisch

herausgelockten Betrag geschmälert (vgl. dazu Art. 67 Abs. 1

ScheckG.). Unbeschadet der formaljuristischen Eigentumsverhältnisse

und der privatrechtlichen Haftungsregelungen ist es daher der

Kontoinhaber, der, solcherart für einen wirtschaftlich nicht ganz

bedeutungslosen Zeitraum um die Verfügungsmacht über einen Teil

seines effektiv vorhanden gewesenen Vermögens gebracht, den Schaden

(§ 146 StGB.) erleidet (13 Os 11/81 =

EvBl. 1981/224 = JBl. 1981, 551; vgl. 11 Os 76/81 =

EvBl. 1981/193, 10 Os 150/81 = RZ. 1982/34).

Ob der Scheck durch ein Kontoguthaben oder durch die bloße Einlösungsbereitschaft des bezogenen Kreditinstituts (Bankiers: Art. 3 und54 ScheckG.; vgl. 13 Os 30/83) gedeckt ist, ist irrelevant. Der Kontoinhaber kann nämlich auch bei einem bereits zu seinen Lasten bestehenden Passivsaldo dank der ihm regelmäßig eingeräumten überziehungsmöglichkeit in deren Rahmen Verfügungen treffen, die ihm durch die der Einlösung eines falschen oder verfälschten Schecks folgende prompte Abbuchung, also durch eine die Erhöhung der Passiva bewirkende Vermögensminderung, entzogen sind. Da (dem Tatplan entsprechend: S. 21 ff., 81) der Schaden sohin primär (und hier auch definitiv) im Vermögen der Mutter der Angeklagten eintrat, wurde die Tat vom Schöffengericht zu Recht als ein im Familienkreis begangener Betrug (§ 166 Abs. 1 StGB.) beurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

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