OGH 11Os116/82

OGH11Os116/8220.10.1982

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 1982

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Krausam als Schriftführer in der Strafsache gegen Hubert A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129

Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Hubert A sowie die Berufung des Angeklagten Friedrich B gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 16. April 1982, GZ 28 Vr 25/82-40, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Schöberl und Dr. Schubert und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Erster Generalanwalt Dr. Nurscher zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 12. August 1961 geborene beschäftigungslose Hubert A und der am 21. Juli 1960 geborene, gleichfalls beschäftigungslose Friedrich B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 129 Z 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB und des Vergehens (in den Abschriften des Urteils, nicht aber in dessen Urschrift, unrichtig: Verbrechens) nach dem § 36 Abs 1 lit a WaffenG, Hubert A darüber hinaus auch noch des (von ihm allein begangenen) Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 1

und Abs 3 StGB schuldig erkannt. Ihnen liegt zur Last, I./ in Linz fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert anderen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch Zueignung dieser Sachen unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. Hubert A und Friedrich B am 29. Dezember 1981 in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12

StGB) dem Rudolf C 11 Stück Faustfeuerwaffen verschiedener Marken im Gesamtwert von 73.545 S durch Einbruch in ein Gebäude;

2. Friedrich B allein am 20. Dezember 1981 dem Peter D einen Schmuckkoffer mit Silbertrachtenschmuck im Gesamtwert von 214.475 S, eine Lederumhängetasche im Wert von 450 S, vier Stück Tresorschlüssel im Gesamtwert von ca 1.000 S, sowie eine Ledergeldbörse im Wert von 300 S mit einem Bargeldbetrag von 900 S, durch Eindringen in ein Transportmittel, nämlich in den PKW Kennzeichen O-116.946 mit einem nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug;

3. Hubert A allein am 13. November 1981 dem Walter E 7 Stück zum Großteil vergoldete Dupont-Feuerzeuge im Gesamtwert von 31.410 S durch Einbruch in ein Gebäude.

II./ Hubert A und Friedrich B am 4. Jänner 1982 eine fremde Sache, nämlich den PKW Marke Mercedes 450, mit dem Kennzeichen L 43.050, durch Einschlagen des linken Vorderfensters beschädigt zu haben. III./ Hubert A am 5. Jänner 1982 den Friedrich B als Täter einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der zu Pkt I 2 bezeichneten Tat dabei unterstützt zu haben, die Diebsbeute zu verheimlichen, indem er den von Friedrich B übergebenen Schlüssel zum Schließfach, in dem die Diebsbeute verwahrt wurde, an sich nahm und bei sich verwahrte, wobei der Wert der verhehlten Sachen 100.000 S überstieg und ihm der die (höhere) Strafdrohung begründende Umstand bekannt war. IV./ Hubert A und Friedrich B in der Zeit vom 29.12.1981 bis 6.1.1982 unbefugt 11 Faustfeuerwaffen besessen und geführt zu haben (S 447-449).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Hubert A im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch - ebenso wie der Erstangeklagte Friedrich B - mit Berufung.

Einen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO vermeint der Beschwerdeführer A darin erblicken zu können, daß weder für die Annahme des Wertes der gestohlenen 11 Faustfeuerwaffen Gründe angegeben seien, noch auch begründet werde, daß der Vorsatz des Täters diesen Wert umfaßt hätte. Auch zum Schuldspruch wegen Verbrechens der Hehlerei fehle es an einer tragfähigen Begründung für die Annahme, der Vorsatz des Beschwerdeführers habe sich auf die Verhehlung von Schmuck im Wert von über 100.000 S erstreckt.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge versagt jedoch.

Den im Spruch des Urteils mit 73.545 S bezifferten Wert der gestohlenen Faustfeuerwaffen konnte das Gericht auf Grund der von ihm erkennbar für unbedenklich erachteten Aussage des Bestohlenen Rudolf C (S 83, 86, 429), die von den Angeklagten unwidersprochen blieb, für erwiesen annehmen. Der Beschwerdeführer hat sich überdies zu diesem Faktum ausdrücklich und ohne jede Einschränkung schuldig bekannt (S 420).

Aber auch die Annahme des Erstgerichtes, der Beschwerdeführer habe den 100.000 S übersteigenden Wert des Schmuckes, den der Angeklagte B stahl und der Beschwerdeführer verhehlte, zumindest ernstlich erwogen und billigend in Kauf genommen, ist hinreichend begründet. Das Erstgericht ging davon aus, daß der Beschwerdeführer nicht nur den Schmuck sah, sondern auch aus der Zeitung über den Einbruch informiert war (S 454). Die Annahme, der Beschwerdeführer habe unter diesen Umständen den auch 100.000 S übersteigenden Wert des Schmuckes erkannt oder ihn zumindest ernstlich erwogen und billigend in Kauf genommen, liegt so nahe, daß diese erkennbar angestellte überlegung des Erstgerichtes als Begründung für die bekämpfte Feststellung ausreicht.

Unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO bekämpft der Beschwerdeführer den Schuldspruch wegen Diebstahls (Punkt I 1 und 3 des Urteils) mit der Behauptung, sein Vorsatz sei nicht auf die Aneignung von Gegenständen im Wert von mehr als 100.000 S gerichtet gewesen; er habe es weder ernstlich für möglich gehalten noch sich damit abgefunden, daß der Wert der Faustfeuerwaffen und der Feuerzeuge (zusammen) 100.000 S übersteige, weshalb ihm die Qualifikation nach dem § 128 Abs 2 StGB nicht angelastet werden könne. öhnliches gelte auch für den Schuldspruch wegen Verbrechens der Hehlerei, weil er an einen so hohen Wert des Schmuckes nicht gedacht habe. Den Schlüssel zum Schließfach, in dem die Tasche mit dem von B gestohlenen Trachtenschmuck verwahrt wurde, habe er aber nur aus Gefälligkeit deshalb zur Aufbewahrung übernommen, weil B in den Taschen seiner engen Hose keinen Platz für den Schlüssel gehabt hätte; das bloß in einem derartigen Freundschaftsdienst (der Schlüsselverwahrung) allenfalls liegende Unrecht sei aber weder für den Angeklagten noch für jedermann leicht erkennbar gewesen (§ 9 Abs 1 und 2 StGB).

Mit diesen Ausführungen wird der angerufene Nichtigkeitsgrund jedoch nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Beschwerdeführer nicht von den Feststellungen des Schöffengerichtes ausgeht, sie nicht mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleicht, sondern seine Verantwortung zugrunde legt und hierauf rechtliche Schlußfolgerungen aufbaut. Das Erstgericht stellte nämlich nicht nur fest, daß dem Angeklagten der Wert der Diebsbeute bekannt war, sondern daß er auch gemeinsam mit B die Tasche, die, wie er wußte, Diebsgut enthielt, zum Bahnhof trug, sie dort in einem Schließfach verstaute und (erst dann und überdies) den Schlüssel an sich nahm und aufbewahrte (S 454, 461).

Der dem Beschwerdeführer zu Pkt IV angelastete Tatbestand nach dem § 36 Abs 1 lit a WaffenG wurde in der Urteilsausfertigung gemäß dem § 270 StPO = Urteilsurschrift (vgl Foregger-Serini, StPO3, Erl I zu § 270) rechtsrichtig als Vergehen bezeichnet (S 450); lediglich in den Urteilsabschriften (§ 285 Abs 1 StPO) wird zu diesem Faktum - ersichtlich durch einen Abschreibfehler - das Wort Verbrechen verwendet. Da aber für die Prüfung des Urteils im Rechtsmittelverfahren ausschließlich dessen Urschrift maßgebend ist (ÖJZ-LSK 1975/129 zu § 281 Abs 1 Z 3 StPO), die vorliegend insoweit keinen Mangel aufweist, geht das gegen den Fehler in den Urteilsabschriften gerichtete Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Bedeutung überhaupt nur unter dem Aspekt einer Urteilsnichtigkeit nach der Z 3

des § 281 Abs 1 StPO zugebilligt werden könnte (EvBl 1977/ 22), ins Leere.

Der Angeklagte A bringt weiters, gestützt auf den § 281 Abs 1 Z 11 StPO, vor, er sei durch die Ausmessung der Strafe nach dem § 128 Abs 2 StGB gesetzwidrig benachteiligt worden. Die überschreitung der Wertgrenze von 100.000 S könne ihm, da sie nur durch die Addition der Beute aus zwei Diebstählen zustandegekommen sei, nicht vorgeworfen werden. Bei getrennter Führung der Verfahren wäre nur vom geringeren Strafrahmen des § 129 auszugehen gewesen. Der vom Gericht angewendete § 28 StGB sehe eine Addition der strafbestimmenden Wertbeträge nicht vor. Selbst bei Anwendung des § 29 StGB wäre aber nur der doppelte Strafrahmen des § 128 Abs 1 StGB in Frage gekommen, weil der Zusammenrechnungsgrundsatz teleologisch zu interpretieren sei, damit der Täter bei gemeinsamer Erledigung mehrerer (im Sinn des § 29 StGB zu addierender) gleichartiger Vermögensstrafsachen nicht schlechter gestellt werde, als bei deren getrennter Führung.

Auch hierin kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Zunächst ist das Erstgericht, wie sich aus dem gesamten Urteil ergibt, richtig von dem im § 29 StGB normierten Additionsprinzip ausgegangen, mag diese Gesetzesstelle auch im Urteil nicht zitiert worden sein. Die Erwähnung des § 28

StGB im Urteil erfolgte deshalb, weil dem Angeklagten nicht bloß gleichartige und zusammenzurechnende Vermögensdelikte, sondern Straftaten verschiedener Art zur Last liegen.

Zufolge der Bestimmung des § 29 StGB sind ua in einem Verfahren demselben Täter angelastete Diebstähle, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei ihrer rechtlichen Beurteilung zu einer Einheit zusammenzufassen (ÖJZ-LSK 1978/58 zu § 29 StGB). Nach diesem Zusammenrechnungsprinzip, das die Selbständigkeit der einzelnen Straftaten nicht berührt, bestimmt sich die Strafdrohung für die Taten (ÖJZ-LSK 1976/377 zu § 29 StGB), sodaß die genannte Bestimmung eine Strafvorschrift für den Bereich gleichartiger Realkonkurrenz wert- oder schadensqualifizierter Delikte darstellt (ÖJZ-LSK 1978/56 zu § 29 StGB). Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß eine qualifikationsbegründende Zusammenrechnung nur innerhalb eines und desselben Urteils stattfinden darf (ÖJZ-LSK 1977/259 zu § 29 StGB). Im Hinblick auf den klaren Wortlaut des Gesetzes und die einheitliche Judikatur ist somit das Schöffengericht keinem Rechtsirrtum unterlegen, wenn es die Werte aus den beiden zu verschiedenen Zeiten vom Beschwerdeführer begangenen Diebstählen zusammenrechnete, so auf einen Schadensbetrag von über 100.000 S kam und deshalb den Strafsatz des § 128 Abs 2 StGB anwendete. Die in der Nichtigkeitsbeschwerde geforderte 'teleologische Reduktion des § 29 StGB' (vgl Wegscheider in ÖJZ 1980 S 629 f) ist eine bloß theoretische Forderung, die eindeutig dem Wortlaut des Gesetzes widerspricht.

Wenn schließlich (und 'am Rande') der Beschwerdeführer sachlich damit zugunsten des Mitangeklagten Friedrich B den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend machend, einwendet, diesem sei zu Unrecht der Diebstahl einer Lederumhängetasche, von vier Stück Tresorschlüsseln und einer Ledergeldbörse im Gesamtwert von 1.750 S vorgeworfen worden, weil B diese Sachen in den Pleschingersee geworfen habe, weshalb Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz gefehlt hätten und die Tat nur als dauernde Sachentziehung hätte gewertet werden dürfen, so ist ihm entgegenzuhalten, daß er zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde für den Mitangeklagten Friedrich B nicht berechtigt ist (§ 282 Abs 1 StPO). Im übrigen ist jedoch die hier vom Erstgericht erkennbar angestellte überlegung zugrundezulegen, daß der Dieb die Sachen zunächst mit globalem Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz an sich nahm und erst später bei Durchsicht der Beute die für ihn unbrauchbaren oder wertlosen Gegenstände aussonderte und wegwarf, sodaß die Gesamtbeurteilung der Tat als Diebstahl gerechtfertigt ist (ÖJZ-LSK 1976/12 zu § 127 StGB).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über die beiden Angeklagten jeweils nach dem § 128 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB Freiheitsstrafen, und zwar über Hubert A im Ausmaß von zweieinhalb Jahren und über Friedrich B im Ausmaß von eineinhalb Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei beiden Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen, die Wiederholung der deliktischen Angriffe, die mehrfache Qualifikation und den hohen Schaden, überdies bei A den raschen Rückfall und bei B die Anstiftung und zog als mildernd bei beiden Angeklagten deren Alter unter 21 Jahren, das Teilgeständnis, die teilweise Schadensgutmachung und die Benennung der Personen, an die die gestohlenen Waffen verkauft wurden, in Betracht.

Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagte eine Strafherabsetzung, der Angeklagte B überdies die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.

Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig angeführt. Verfehlt war lediglich die Berücksichtigung eines hohen Schadens (beim Diebstahl) als erschwerend, weil die strafsatzerhöhende Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB vorliegendenfalls nicht um ein Vielfaches (siehe 11 Os 62/80, 11 Os 87/81 ua) überschritten wurde. Auch ist den Berufungswerbern zuzubilligen, daß sie weitgehend geständig waren und auch der Schaden zum Großteil (allerdings nur in Form der Zustandebringung der Beute) gutgemacht wurde.

Dennoch erweist sich das vom Schöffengericht gefundene Strafmaß insbesondere im Hinblick auf die einschlägige Vorbelastung der Angeklagten und den bedeutenden Unrechtsgehalt der Verbrechenstaten bei keinem der Berufungswerber als überhöht. Zu einer Strafermäßigung besteht daher kein Anlaß.

Desgleichen konnte auch dem Begehren des Angeklagten B auf Anwendung des § 43 StGB nicht entsprochen werden, weil es schon im Hinblick auf sein getrübtes Vorleben an den (qualifizierten) Voraussetzungen des Abs 2 dieser Gesetzesbestimmung mangelt.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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