OGH 11Os62/80

OGH11Os62/8028.5.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.Mai 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Rietdijk als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch als Beteiligter (§ 12 StGB) nach den §§ 127 Abs. 1, 128

Abs. 2, 129 Z 1, 130 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 31.Jänner 1980, GZ 4 Vr 2.985/79-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Höllerl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Knob zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung, soweit sie die Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher gemäß dem § 22 StGB begehrt, wird zurückgewiesen.

Im übrigen wird ihr dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter nunmehriger Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 11.Oktober 1979, GZ 12 E Vr 2.935/79-5, auf 22 (zweiundzwanzig) Monate herabgesetzt wird.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 6.Juli 1951 geborene, beschäftigungslose Helmut A des Verbrechens des gewerbsmäßigen (schweren) Diebstahls (durch Einbruch) als Beteiligter (§ 12 StGB) nach den §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 2, 129 Z 1, 130 StGB und des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 (2. Deliktsfall) SuchtgiftG schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB nach dem 2. Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten verurteilt.

Er bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung. Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten - auf die Anordnung einer Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher (§ 22 Abs. 1 StGB) abzielenden - Antrages auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Psychiatrie (S 274). Er wurde jedoch hiedurch in seinen Verteidigungsrechten schon deshalb nicht beeinträchtigt, weil er gar nicht legitimiert ist, das Unterbleiben einer Anstaltseinweisung nach dem § 22 Abs. 1 StGB zu bekämpfen (vgl. ÖJZ-LSK 1976/374, 1977/13; EvBl. 1977/117).

Rechtliche Beurteilung

In weiterer Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde wendet er sich der Sache nach ausschließlich gegen den wegen Diebstahls ergangenen Schuldspruch, mit dem ihm angelastet wurde, im Juli und August 1979 in Graz in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, den (gleichzeitig abgeurteilten) Bernhard B dazu bestimmt zu haben, fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert (teils durch Einbruch) mit Bereicherungsvorsatz im Sinn des § 127 Abs. 1 StGB wegzunehmen, und zwar im einzelnen: a) zu vier in der Zeit zwischen dem 23.Juli 1979 und dem 27.August 1979 verübten Fahrraddiebstählen (vgl. die Punkte 1 a bis d des Urteilssatzes);

b) zu einem vom insoweit nicht verfolgbaren Bernhard B Ende Juli, Anfang August 1979 in wiederholten Zugriffen zum Nachteil seiner Mutter verübten Diebstahl von Schmuckstücken und anderen Wertgegenständen im Gesamtwert von 11.300 S; c) zu einem am 16. August 1979 in zwei Angriffen zum Nachteil des Dr. Anton C und dessen Familienangehörigen mit einem Gesamtschadensbetrag von 158.045 S verübten Einbruchsdiebstahl (vgl. Punkt 1 e des Urteilssatzes).

Hiebei behauptet er unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zunächst, die Urteilsfeststellung, er habe Bernhard B zu den oben angeführten Fahrraddiebstählen aufgefordert, sei durch das Beweisverfahren nicht gedeckt. Da jedoch der Angeklagte B in der Hauptverhandlung Angaben machte (vgl. S 266, 267), die der bezüglichen - eben darauf gegründeten (vgl. S 285) - Feststellung entsprechen, entbehrt diese Beschwerdebehauptung jeder Grundlage.

Nicht zielführend ist auch jenes Vorbringen, mit dem sich der Beschwerdeführer sodann gegen die Urteilsannahme (vgl. S 287) wendet, daß er, nachdem er anläßlich eines Besuches bei Bernhard B festgestellt hatte, daß dessen Eltern in wirtschaftlich günstigen Verhältnissen leben, den Jugendlichen aufforderte, der Mutter den Schmuck zu stehlen. Denn die vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage herangezogene Darstellung des Bernhard B in der Hauptverhandlung umfaßt auch die mehrfach bestätigte - von Helmut A (der insoweit nur bestritt, B zum Schmuckdiebstahl gezwungen zu haben) in abgeschwächter Form sogar selbst zugegebene (vgl. S 270) -

Tatsache, vom Beschwerdeführer zu dem erwähnten Schmuckdiebstahl veranlaßt worden zu sein (vgl. S 266, 267, 269).

Die Frage aber, ob dies - wie übrigens den in der Beschwerde vernachlässigten Angaben des Bernhard B vor dem Untersuchungsrichter (S 115 c) zu entnehmen ist -

nach einem Besuch des Beschwerdeführers in der elterlichen Wohnung des Bernhard B geschah, betrifft keine entscheidende Tatsache. Weshalb schließlich das Urteil in dieser Beziehung - wie der Beschwerdeführer meint - auch mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO behaftet sein soll, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen, so daß dieser Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gelangte. Keine entscheidende Tatsache betrifft die vom Beschwerdeführer weiters bekämpfte Feststellung, daß er den Erlös der Diebsbeute zum Teil für seinen Lebensunterhalt verwendete, zumal eine solche Verwendung der erschlossenen Einnahmsquelle - ganz abgesehen davon, daß das Erstgericht die bezügliche Feststellung mit dem Hinweis auf die Beschäftigungslosigkeit des Beschwerdeführers und auf das Verhältnis der Erlöse zu den für den Erwerb von Suchtgiften benötigten Geldern ohnedies denkrichtig und daher mängelfrei begründete (vgl. S 292, 293) -

nicht einmal für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung erforderlich ist (vgl. ÖJZ-LSK 1977/37 u.a.).

Nicht entscheidungswesentlich ist zuletzt aber auch die nach Ansicht des Beschwerdeführers jeder Grundlage entbehrende Urteilsannahme, daß Bernhard B von ihm abhängig war (vgl. S 292), zu der das Erstgericht im übrigen ersichtlich gleichfalls auf Grund der Angaben des Bernhard B gelangte, wonach er die Ratschläge, Anweisungen und Aufforderungen des Beschwerdeführers - dessen besondere Einflußmöglichkeiten auch daraus hervorgehen, daß er Drogen beschaffen konnte - regelmäßig befolgte.

Sowohl den Nichtigkeitsgrund der Z 5 als auch jenen der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO macht der Beschwerdeführer in bezug auf die Urteilsannahme geltend, daß er Bernhard B (auch) zu dem Einbruchsdiebstahl in die Villa der Familie Dr. C (Punkt 1 e des Urteilssatzes) bestimmte.

Da sich aus den Angaben des Bernhard B ergebe, daß der bezügliche Diebstahlsplan allein von ihm stamme und daß er den Diebstahl auf alle Fälle ausgeführt hätte, könne keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer den Anstoß hiezu gegeben und Bernhard B zu dieser Tat aufgefordert und gedrängt habe. Sein (des Beschwerdeführers) Verhalten könne vielmehr (im Zusammenhang mit der Verwertung der Diebsbeute) nur nach dem § 164 StGB beurteilt werden. Auch diese Beschwerdeausführungen schlagen nicht durch. Zwar trifft es zu, daß Bernhard B in der Hauptverhandlung angab, die Idee zum Einbruch bei Dr. C sei von ihm ausgegangen (S 269), doch bestätigte der Jugendliche andererseits auch, daß der Beschwerdeführer ihn in seinem Plan bestärkte und ihm Ratschläge für die Tatausführung erteilte (vgl. S 267, 269). Der Beschwerdeführer selbst war geständig, B den Rat gegeben zu haben, beim Einbruch Handschuhe anzuziehen (vgl. S 270). Entsprechende - durch diese Angaben gedeckte und insoweit daher mängelfreie - Feststellungen enthält auch das angefochtene Urteil (vgl. S 288).

Dies bedeutet aber in rechtlicher Beziehung, daß der Beschwerdeführer selbst dann, wenn man annehmen wollte, er habe Bernhard B nicht zum Einbruch bei Dr. C veranlaßt, weil B zur konkreten Tatausführung schon vorher fest entschlossen war und es daher keiner solchen Beeinflussung bedurfte, durch psychische Unterstützung zumindest einen sonstigen Tatbeitrag im Sinn des 3. Falls des § 12 StGB geleistet hätte, weswegen der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider die Bestimmung des § 164 StGB keinesfalls zum Zug kommen kann.

Wie oben dargelegt, trifft die - gleichfalls bekämpfte - erstgerichtliche Annahme, daß der Beschwerdeführer als Bestimmer im Sinn des 2. Falls des § 12 StGB den Anstoß zur jeweiligen Tatausführung gab (vgl. S 291), in bezug auf die anderen von Bernhard B verübten Taten (Fahrraddiebstähle und Schmuckdiebstahl zum Nachteil seiner Mutter) den insoweit mängelfreien erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen zufolge jedenfalls zu. Ob aber im Fall des Einbruchs bei Dr. C anstatt des 2. der 3. Fall des § 12 StGB anzunehmen gewesen wäre, ist infolge der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB ohne Bedeutung und konnte daher jedenfalls keine Nichtigkeit bewirken (vgl. ÖJZ-LSK 1979/116, EvBl. 1978/89 u.a.).

Ebenso vermag der Beschwerdeführer eine Nichtigkeit im Sinn der Z 5 oder 10 des § 281 Abs. 1 StPO auch nicht mit der Behauptung aufzuzeigen, das Urteil enthalte keine ihn betreffenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite und setze sich insbes. nicht damit auseinander, inwieweit der Wert der gestohlenen Sachen von seinem Vorsatz umfaßt gewesen sei. Denn das Erstgericht läßt keinen Zweifel daran, daß der Beschwerdeführer den Bernhard B wegen des immer größer werdenden Geldbedarfs (S 287) vorsätzlich veranlaßte bzw. in dem Vorhaben bestärkte, die oben erwähnten Diebstähle mit einem insgesamt 100.000 S weit übersteigenden Schaden zu verüben. Hiebei ging es ersichtlich von der Erfahrungstatsache aus, daß ein Täter, der 'immer mehr Geld benötigt' und diesen Mangel durch Diebstähle zu beseitigen trachtet, durch die beabsichtigten Taten den größtmöglichen Vorteil erzielen will und daher - falls er vom Wert des in Frage kommenden Diebsgutes keine bestimmte Vorstellung hat - in der Regel jeden (auch höheren und die Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB übersteigenden) Wert zumindest bedingt vorsätzlich ins Auge faßt (vgl. 13 Os 93/79). Damit wären aber Ausführungen zur Frage, ob der Beschwerdeführer bei genauer Kenntnis des Wertes der Diebsbeute eine Beteiligung überhaupt unterlassen oder sich (durch Bestimmung oder sonstigen Tatbeitrag) bloß an Diebstählen wertmäßig geringeren Umfanges beteiligt hätte, nur dann erforderlich gewesen, wenn Verfahrensergebnisse in diese Richtung gewiesen hätten. Davon kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Es bleibt daher der letzte, auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützte Beschwerdeeinwand zu prüfen, mit dem die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung bekämpft wird. Die Behauptung, es habe nicht nur das Beweisverfahren keine Hinweise für gewerbsmäßiges Handeln ergeben, sondern es seien in dieser Beziehung auch keine die subjektive Tatseite betreffenden Festststellungen getroffen worden, geht allerdings an jenen Konstatierungen des Urteils vorbei, die - in schlüssiger Ableitung aus dem Gesamtverhalten des einschlägig vorbestraften, drogensüchtigen und arbeitsscheuen Beschwerdeführers, der keiner geregelten Beschäftigung nachging, Bernhard B innerhalb kurzer Zeit zur Begehung mehrerer, teils schwerer Diebstähle veranlaßte und Geld zur Bestreitung seines Unterhalts und zur Finanzierung von Drogenkäufen benötigte -

ohnedies in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck bringen, daß er mit der Absicht handelte, durch wiederholte Tatbegehung eine für längere Zeit wirksame (nicht nur gelegentliche und fallweise, sondern fortlaufende) Einnahmsquelle zu erschließen. Da das angefochtene Urteil mithin auch im Zusammenhang mit der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung weder mit einem Feststellungsnoch mit einem Begründungsmangel behaftet ist, war die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut A zu verwerfen.

Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die Wiederholung der Eigentumsdelikte, die den Betrag von 100.000 S weit übersteigende Schadenshöhe, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei (gemeint wohl: einem) Vergehen, die einschlägigen Vorstrafen und die Verführung eines Minderjährigen zu Eigentumsdelikten, als mildernd das Geständnis, die Schadensgutmachung und die Suchtgiftabhängigkeit.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafherabsetzung und seine Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher an.

Das letztgenannte Begehren war - wie schon bei Behandlung der Nichtigkeitsbeschwerde dargelegt - als nicht zu Gunsten des Angeklagten erhoben zurückzuweisen.

Im übrigen kommt aber der Berufung Berechtigung zu. Zwar übersah das Erstgericht die mehrfache Qualifikation des Diebstahls mit Anwendbarkeit des höheren Strafrahmens aus zwei Qualifikationsnormen (§§ 128 Abs. 2 und 130 StGB) als erschwerend zu berücksichtigen, wozu noch kommt, daß eine als strafmildernd ins Gewicht fallende Schadensgutmachung den Akten nicht zu entnehmen ist, doch wurden anderseits auch Erschwerungsgründe, nämlich die Wiederholung des Eigentumsdeliktes und der hohe Schadensbetrag, im Hinblick auf die herangezogene Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit bzw. mangels einer vielfachen Überschreitung der Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB zu Unrecht herangezogen.

Überdies wäre, wie die vom Obersten Gerichtshof neu eingeholte Strafregisterauskunft hervorbrachte, die Strafe richtig (nur) als Zusatzstrafe zu dem im Spruch zitierten Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zu bemessen gewesen, womit der Angeklagte des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB (Schaden 150 S) schuldig erkannt wurde.

Unter diesen neuen Gesichtspunkten erweist sich eine Ermäßigung der Freiheitsstrafe auf die Dauer von zweiundzwanzig Monaten, was einer Strafsumme (§ 40 StGB) von zwei Jahren entspricht, als gerechtfertigt.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden. Der Kostenausspruch findet in der zitierten Gesetzesstelle seine Begründung.

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