OGH 11Os87/81

OGH11Os87/8130.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführer in der Strafsache gegen Dkfm. Roland A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147

Abs 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. Jänner 1981, GZ. 7 b Vr 2.595/80-47, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Haszler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Knob zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Zusatzfreiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.November 1923 geborene Unternehmensberater Dkfm. Roland A des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB als Beteiligter nach dem

3. Fall des § 12 StGB schuldig erkannt. Danach trug er am 19.April 1977 in Wien dadurch, daß er dem gesondert verfolgten Friedrich B eine unterfertigte Einkommens- und Arbeitsbestätigung für die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien übergab, welche mit seinem Wissen wahrheitswidrig dahin vervollständigt wurde, daß ein Dr. Friedrich C seit 1.August 1974 bei der Firma D Roland A KG als Berater-Aquisiteur beschäftigt sei und ein monatliches Nettoeinkommen von 16.896 S beziehe, zur Ausführung der von den gesondert verfolgten Friedrich B, Dr. Friedrich E, Engelbert F und Kurt G verübten strafbaren Handlung bei, welche Personen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, am 26. April 1977 in Wien Angestellte der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien unter Vorlage der unrichtigen Gehalts- und Arbeitsbestätigung, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zur Auszahlung eines Kredites von 140.658 S verleiteten, wodurch das genannte Kreditinstitut um diesen Betrag geschädigt wurde.

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9

lit a bzw. 10 (sachlich nur 9 lit a) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt er in der Ablehnung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einvernahme seiner Ehegattin zum Beweis dafür, 'daß diese ein Telefongespräch mitgehört hat, zwischen dem Angeklagten und B, über die Bestätigung, die der Angeklagte unterschrieben hat und daß dieser darüber sehr empört war' (vgl. S 173/II).

Rechtliche Beurteilung

Er wurde jedoch durch die Abweisung dieses Beweisantrages (vgl. S 173, 188/II) in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt:

Selbst wenn die beantragte Zeugin eine allfällige Empörung des Angeklagten anläßlich eines Telefongespräches über die von ihm dem Zeugen B übergebene Bestätigung wahrgenommen haben sollte, ließe sich hieraus noch nichts Entscheidungswesentliches für die vorliegende Strafsache ableiten. Denn eine solche Empörung, die vielerlei Ursachen haben könnte, würde das angenommene betrügerische Zusammenspiel zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen B keineswegs ausschließen. Inwieweit ein solches - schon vor und allenfalls auch nach diesem Telefongespräch - tatsächlich gegeben war, konnte vielmehr, wie das Erstgericht zutreffend ausführt, nach Lage des Falles nur durch die Einvernahme des Zeugen B selbst (bzw. durch die Einvernahme des Angeklagten) geklärt werden.

Unter Anrufung des weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO behauptet der Beschwerdeführer, das angefochtene Urteil sei unvollständig und offenbar unzureichend begründet und leide auch an einem inneren Widerspruch. Formale Begründungsmängel, wie sie zur Herstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlich wären, vermag er jedoch nicht aufzuzeigen:

Die Feststellung, daß die Schädigung der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien in einem 100.000 S übersteigenden Betrag vom (bedingten) Vorsatz des Angeklagten umfaßt war, wurde vom Erstgericht mit dem Hinweis auf die eigenen Angaben des Angeklagten vor der Polizei (S 91 - 93/I) und auf die Aussage des Zeugen Friedrich B in der Hauptverhandlung (S 161 - 163/II) ohnedies ausreichend begründet, wobei auch eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung stattfand (S 183 ff/II). Daß vorerst versucht worden wäre, auf den Namen des Dr. E einen Kredit aufzunehmen, ist der Aussage des Zeugen B in der Hauptverhandlung nicht zu entnehmen und wäre im übrigen deshalb bedeutungslos, weil nie die Absicht bestand, Dr. E tatsächlich beim Angeklagten zu beschäftigen (vgl. S 162, 172/II). Ebenso ist es nicht entscheidungswesentlich, ob andere Personen von den Abmachungen zwischen dem Angeklagten und Friedrich B Kenntnis hatten. Genug daran, daß Friedrich B bestätigte, den Angeklagten über den Plan informiert zu haben, mit Hilfe der erwähnten (falschen) Lohnbestätigung einen Kredit für sich (B) selbst aufnehmen zu wollen, obwohl er nicht mehr kreditwürdig war (vgl. S 163/II).

Die diese Lohnbestätigung betreffenden Urteilsfeststellungen sind auch nicht - wie der Beschwerdeführer vermeint - widersprechend. Denn wenn das Erstgericht (im Zuge der Beweiswürdigung) auch einmal von einer gefälschten Lohnbestätigung spricht (S 189/II), so ist doch sowohl aus den vorangegangenen (vgl. insbesondere S 181/II) als auch aus den nachfolgenden Ausführungen klar ersichtlich, daß damit eben jene Blankobestätigung gemeint war, die später zu einer inhaltlich falschen Urkunde ergänzt wurde.

Mängelfrei sind schließlich auch jene Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte vorerst nicht bereit war, auf den in Rede stehenden Kredit irgendwelche Rückzahlungen zu leisten. Daß deshalb ein Zivilprozeß gegen ihn angestrengt wurde, kann der Beschwerdeführer selbst nicht bestreiten. Sein Einwand (mit dem er gleichzeitig behauptete, er habe die Rückzahlung des Darlehens lediglich deshalb abgelehnt, weil die 'Z' ihrer Überprüfungspflicht nicht nachgekommen sei) zielt vielmehr auf die vom Erstgericht (unter anderem) aus der mangelnden Rückzahlung auf seinen Schädigungsvorsatz (denkrichtig) gezogene Schlußfolgerung, die jedoch als Akt freier Beweiswürdigung im schöffengerichtlichen Verfahren einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde auch dann entzogen ist, wenn es möglich gewesen wäre, aus den gegebenen Prämissen andere (für ihn günstigere) Schlüsse zu ziehen.

Die Mängelrüge hält daher nach keiner Richtung hin einer Überprüfung stand.

Es geht aber auch die (der Sache nach lediglich den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend machende) Rechtsrüge fehl, in deren Rahmen der Beschwerdeführer zunächst das Wesen einer Beteiligung im Sinn des 3. Falls des § 12 StGB verkennt, die nicht auch die - im 2. Fall des § 12 StGB typisierte - Bestimmungstäterschaft umfaßt. Nach dem - vorliegend vom Erstgericht angenommenen - 3. Fall des § 12 StGB trägt (sonst) zur Ausführung einer strafbaren Handlung bei, wer auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft oder durch Bestimmung eines anderen einen ursächlichen Beitrag zur Ausführung der strafbaren Handlung leistet, also die Ausführung der Tat durch einen anderen in irgendeiner Weise fördert. Da es hiebei nur auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Förderung und der Tat, so wie sie sich abgespielt hat, ankommt und jede, auch die geringste Hilfe, welche die Tat fördert und bis zur Vollendung wirksam bleibt, ein ausreichender kausaler Tatbeitrag ist (sh. die bei Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 39 zu § 12

StGB zitierte Judikatur), kann vorliegend keine Rede davon sein, daß mangels Kausalzusammenhanges Strafbarkeit nicht gegeben und die Übergabe der Blankolohnbestätigung an Friedrich B nur als straflose Vorbereitungshandlung zu werten wäre; denn die (mit Wissen des Angeklagten verwendete) Lohnbestätigung war sogar eine wesentliche Voraussetzung für die betrügerische Krediterlangung. Gleichfalls nicht zielführend ist der Hinweis des Beschwerdeführers darauf, daß es bei einer Rückfrage des Kreditinstitutes angeblich zu keinem Schadenseintritt gekommen wäre. Abgesehen davon, daß der Angeklagte im Fall eines Rückrufs nach den Urteilsannahmen die falschen Angaben in der (inzwischen ausgefüllten) Lohnbestätigung ersichtlich bestätigen sollte (vgl. S 182/II), schließt nämlich eine Nachlässigkeit des Getäuschten, durch welche die Irreführung erleichtert wird, die Tatbildmäßigkeit des Betruges in keiner Weise aus.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31 und 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25.Oktober 1978, GZ 1 b E Vr 9.093/73-211, (bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten) eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, die es unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren gemäß dem § 43 Abs 1 StGB bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht den hohen Schadensbetrag, der die 100.000 S-Grenze wesentlich übersteige, als erschwerend, den bisherigen untadeligen Lebenswandel, das Tatsachengeständnis vor der Polizei, das zur Wahrheitsfindung beitrug, sowie die teilweise Schadensgutmachung als mildernd. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Strafherabsetzung an. Die Berufung ist berechtigt.

Zu Unrecht lastete das Erstgericht dem Angeklagten die Höhe des Schadensbetrages (140.658 S) als (besonderen) Erschwerungsumstand an. Eine solche Wertung findet ihre Rechtfertigung erst in Fällen, bei denen der Schaden die strafsatzändernde Wertgrenze (von 100.000 S) um ein Vielfaches übersteigt. Hingegen wurden die Milderungsgründe richtig festgestellt.

Da es sich vorliegend um eine nachträgliche Verurteilung handelt, war auf dieser Grundlage zu prüfen, welche Strafe über den Angeklagten bei gemeinsamer Aburteilung zu verhängen gewesen wäre (§ 40 StGB). Diese Prüfung ergab, daß eine einjährige Freiheitsstrafe ausreicht, den Unrechtsund Schuldgehalt aller in den Strafbemessungsvorgang einzubeziehenden Verfehlungen voll zu erfassen. Demnach war die hier auszusprechende Zusatzfreiheitsstrafe in Stattgebung der Berufung auf vier Monate zu verkürzen. Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

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