OGH 11Os111/81

OGH11Os111/8130.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 8. Jänner 1981, GZ 1 b Vr 929/79-32, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lackner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Knob zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18. Oktober 1932 geborene Inhaber eines 'Sex-Shop' Johann A des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG schuldg erkannt, begangen dadurch, daß er am 22. Juni 1979, am 16. August 1979 und am 6. November 1979 in Wien in gewinnsüchtiger Absicht zahlreiche Magazine, Bücher, Filme, Werbeprospekte, Kataloge sowie eine Videokassette, alle mit Inhalt unzüchtiger Darstellungen intensiven gleichgeschlechtlichen Unzuchtstreibens, vorrätig gehalten und anderen angeboten hatte. Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 9 lit a und 9 lit b sowie ohne sachliche Ausführung auch Z 10 des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß den von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Anträgen: '1./ festzustellen, daß die lesbischen Szenen teilweise nur nach mehrmaliger Prüfung gefunden worden seien und 2./ festzustellen, daß keiner der Filme und keines der Magazine ausschließlich lesbische Darstellungen enthalten, sondern diese nur in kurzen Passagen enthalten seien' (vgl S 309, 310), nicht entsprochen wurde. Er wurde jedoch hiedurch in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Denn abgesehen davon, daß der erste der wiedergegebenen Anträge wohl nur als solcher auf ergänzende Protokollierung der Vorgänge anläßlich der Besichtigung der Beweisgegenstände in der Hauptverhandlung aufgefaßt werden kann, hat das Erstgericht die begehrten Feststellungen ohnedies im Urteil getroffen, darin darauf hingewiesen, daß es bei einigen Exemplaren, in die nur wenige oder kleinere Bilder (gleichgeschlechtlicher) Unzucht eingestreut waren, einer genaueren Prüfung bedurfte (vgl S 357, 358), die unzüchtigen Darstellungen in jedem einzelnen Fall beschrieben und auch nicht übersehen, daß in den verschiedenen Druckwerken nicht ausschließlich gleichgeschlechtliche (sondern zum - allenfalls überwiegenden - Teil auch heterosexuelles) Unzuchtstreiben dargestellt ist (S 354).

Dem Beschwerdeführer kann daher auch nicht gefolgt werden, wenn er in Ausführung des weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO - der Sache nach damit allerdings Feststellungsmängel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend machend - behauptet, die (durchaus ausreichenden) Feststellungen des Erstgerichtes über die Tatgegenstände seien ungenau und zu pauschal. Mit dem Umstand, daß in verschiedenen Magazinen einzelne Seiten zusammengeklebt waren, hat sich das Erstgericht ohnedies ausführlich auseinandergesetzt, jedoch in freier Beweiswürdigung angenommen, daß der Angeklagte vorhersah, die Käufer würden die - leicht läsbare - Verklebung wieder aufreißen (vgl S 354, 356). Konstatierungen in der Richtung, welche der zahlreichen Magazine im einzelnen solche Verklebungen enthielten, waren demnach ebenso entbehrlich wie - vom Beschwerdeführer gleichfalls vermißte - Feststellungen darüber, ob die verschiedenen Tatgegenstände schon nach ihrer Aufmachung, vom äußeren Erscheinungsbild her, der 'harten Pornographie' zugeordnet werden mußten, zumal das Erstgericht im angefochtenen Urteil immerhin deutlich zum Ausdruck bringt, daß der (gleichgeschlechtlich) unzüchtige Inhalt in der überwiegenden Zahl der Fälle (teils allein durch äußere Besichtigung) schon bei einer bloß flüchtigen Prüfung erkennbar war, und im übrigen - der eigenen polizeilichen Verantwortung des Angeklagten folgend - von der Annahme ausgeht, dieser habe die Tatgegenstände durchgesehen und daher ihren Inhalt gekannt (S 357).

Nicht zielführend ist weiters der Beschwerdeeinwand, das Urteil stehe mit sich selbst im Widerspruch, weil es nicht einleuchtend abgrenze, warum die Darstellungen in den urteilsgegenständlichen Druckwerken als unzüchtig zu werten seien, ähnliche Darstellungen in anderen, beim Beschwerdeführer gleichfalls zunächst beschlagnahmten, dann aber wieder freigegebenen Magazinen, jedoch nicht. Denn abgesehen davon, daß es sich bei der Frage, ob Unzüchtigkeit im Sinn des § 1 PornG vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt und daß es im übrigen nur auf die Unzüchtigkeit der inkriminierten (und nicht anderer) Darstellungen ankommen kann, weist das Erstgericht im angefochtenen Urteil ohnedies darauf hin, daß in den freigegebenen Magazinen lesbische Beziehungen nur angedeutet, gleichgeschlechtliche Betätigungen zumindest aber nicht gn (zur Unzüchtigkeit) ausreichend intensiver Weise dargestellt werden (vgl S 357).

Der Beschwerdeführer geht aber auch fehl, wenn er meint, das bekämpfte Urteil leide an einer Unvollständigkeit, weil es insbesondere im Zusammenhang mit den Filmen 'Cunt Marbles', 'Porno Roulette' und 'Sexy Sisters' nur die (gleich-)geschlechtlichen Betätigungen der Frauen miteinander herausstelle, obwohl auch männliche Akteure vorkämen und es sich daher im Grunde um heterosexuellen Gruppensex handle. Hat doch das Erstgericht - wie der Beschwerdeführer selbst zugesteht - ohnedies auch das zeitweilige Vorkommen von männlichen Darstellern erwähnt, im übrigen aber der Frage des Anteils der jeweiligen Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzucht im Vergleich zum Gesamtumfang des betreffenden Druckwerks (Films) mit Recht keine Bedeutung beigemessen, weil es nicht auf die Quantität, sondern nur darauf ankommt, daß den - wenn auch nicht ausschließlich, sondern neben anderem Unzuchtstreiben (zB im Zug von Gruppensex) dargestellten - absolut unzüchtigen gleichgeschlechtlichen Betätigungen ein entsprechender Auffälligkeitswert zukommt (vgl ÖJZ-LSK 1979/284 = EvBl 1979/231; 10 Os 15/81), woran nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen vorliegend kein Zweifel bestehen kann. Unrichtig ist die Behauptung des Beschwerdeführers, im Urteil werde seine Verantwortung, aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen zu sein, alle Filme und Magazine genau zu prüfen, nicht erörtert. Vielmehr setzte sich das Erstgericht mit dieser Einlassung sogar sehr ausführlich auseinander, gelangte jedoch dabei in freier Beweiswürdigung zu der Überzeugung, daß der Angeklagte von dem zumeist schon bei einer flüchtigen Prüfung (auf Grund der Titel, der Inhaltsangaben, der Bilder auf der Verpackung etc) wahrnehmbaren absolut unzüchtigen Inhalt sehr wohl Kenntnis hatte (S 356, 357). Schließlich kommt auch dem Beschwerdeeinwand keine Berechtigung zu, das angefochtene Urteil leide deshalb an einem Begründungsmangel im Sinn des § 281 Abs 1 Z 5

StPO, weil die wiederholt (pauschal) getroffene Urteilsfeststellung, daß in verschiedenen Magazinen (so auch insbesondere in den Magazinen 'Explosion Nr 5', 'Pirate Nr l', 'Exciting Nr 5' und 'Exciting Nr 3') 'intensives lesbisches Unzuchtstreiben' dargestellt wird, durch den Inhalt dieser Magazine nicht gedeckt sei. Werden doch einerseits im Urteil die jeweils dargestellten (eine solche Beurteilung erlaubenden) gleichgeschlechtlichen Aktivitäten auch im einzelnen (insoweit unbestritten zutreffend) geschildert, wogegen es andererseits - wie bereits erwähnt - auf deren Anteil im Verhältnis zum Gesamtumfang des betreffenden Druckwerks nicht ankommt. Aus den mithin auf ausreichender Grundlage beruhenden, vom Erstgericht mängelfrei getroffenen Feststellungen konnte das Erstgericht rechtsrichtig ableiten, daß die den herrschenden Wertvorstellungen der Gesellschaft widersprechenden und solcherart das Zusammenleben grob störenden inkriminierten Abbildungen und Laufbilder als unzüchtig im Sinn des § 1 PornG zu beurteilen sind. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1977, AZ 13 Os 39/77 (EvBl 1977/186) klargestellt hat, ist eine solche Störung im Sinn der Einheit der Rechtsordnung jedenfalls überall dort anzunehmen, wo es sich - wie hier - um auf sich selbst reduzierte und von Zusammenhängen mit anderen Lebensäußerungen losgelöste, anreißerisch verzerrte Darstellungen von Unzuchtsakten handelt, die als solche ihrer Art nach verboten und (regelmäßig auch) strafbar sind (worunter sexuelle Gewalttätigkeiten, insbesondere sadistischer oder masochistischer Natur und Unzuchtsakte mit Unmündigen fallen), weiters aber auch bei pornographischen Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzucht oder Unzucht mit Tieren, welche Unzuchtsakte - wenn auch als Handlungen nicht oder nur beschränkt strafbar - nicht propagiert werden dürfen und im Sinn der heterosexuellen Orientierung der rechtlich geordneten Gesellschaft und ihres Schutzes generell als unzüchtig angesehen werden müssen.

Auf sich selbst reduzierte - das Obszäne betonende - Darstellungen von Unzuchtsakten mit Personen des gleichen Geschlechts sind daher - wie der Oberste Gerichtshof in der (weiteren) Entscheidung eines verstärkten Senats vom 24. November 1980, AZ 12 Os 111/80 (EvBl 1981/52) ausgesprochen hat - generell und ohne Rücksicht auf den angesprochenen Personenkreis unzüchtig. Eine propagandistische Wirkung solcher (entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht aber nicht auf beischlafsähnliche Akte zu beschränkender) Darstellungen ist dagegen nicht erforderlich;

wohl aber eine (nach objektiven Kriterien zu beurteilende) Werbekomponente, die jedoch bei Druckwerken und Laufbildern regelmäßig gegeben ist.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Beschwerdeführers kann demnach auch insoweit kein Erfolg beschieden sein, als darin unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO die Unzüchtigkeit (im Sinn des § 1 PornG) der inkriminierten Darstellungen bestritten und eine propagandistische Wirkung verlangt wird. Der Beschwerdeeinwand aber, daß zahlreichen anderen (pornographischen) Darstellungen, insbesondere in den Massenmedien, künstlerische Qualität zugebilligt würde und dies daher auch für die Tatgegenstände zu gelten habe, schlägt schon deshalb nicht durch, weil die urteilsgegenständlichen Magazine, Bücher, Filme und sonstigen Druckwerke mit ihrem rein pornographischen (anreißerisch verzerrten) Inhalt nach den Urteilsfeststellungen keinerlei künstlerischen (oder wissenschaftlichen) Anspruch erheben können.

Soweit der Beschwerdeführer des weiteren vermeint, das Erstgericht hätte ihm einen (nicht vorwerfbaren) Rechtsirrtum zubilligen müssen, und es mangle 'auch sonst am subjektiven Tatbestand', bringt er den geltend gemachten (materiellrechtlichen) Nichtigkeitsgrund, bei dessen Ausführung an den tatsächlichen Urteilsannahmen festgehalten werden muß, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn das Erstgericht hat einen die Frage der Unzüchtigkeit betreffenden Rechtsirrtum des Angeklagten ausdrücklich ausgeschlossen, festgestellt, daß diesem sehr wohl bewußt war, daß die Darstellung gleichgeschlechtlichen Unzuchtstreibens (absolute) Unzüchtigkeit im Sinn des § 1 PornG bedeutet, und angenommen, daß er (nicht nur eine entsprechende Prüfüung der Tatgegenstände unterließ, sondern) den unzüchtigen Inhalt der Tatgegenstände kannte (S 356, 357). Zu Unrecht erblickt der Beschwerdeführer schließlich einen Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO begründenden Umstand darin, daß die Bestimmung des § 42

StGB nicht angewendet wurde. Nach den Verfahrensergebnissen fehlt nämlich jedweder Anhaltspunkt dafür, daß im vorliegenden Fall von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Angeklagten hinter dem in der Strafdrohung des § 1 PornG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt, mithin von einer geringen Schuld (§ 42 Abs 1 Z 1

StGB) gesprochen werden könnte, zumal ja der Tatbestand in Ansehung zahlreicher Filme und Magazine verwirklicht wurde, wozu noch kommt, daß eine Bestrafung auch geboten ist, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen solcher Art abzuhalten (vgl 10 Os 15/81).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 1 Abs 2 PornG unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 90 Tagessätzen zu je 200 S.

Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die große Menge des pornographischen Gutes und die 'wenn auch nicht einschlägige, so doch auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende' Vorstrafe, als mildernd die Sicherstellung des pornographischen Materials. Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft die Erhöhung der Zahl der Tagessätze, der Angeklagte jedoch deren Reduzierung, die Herabsetzung der Höhe des Tagessatzes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht an.

Keine der Berufungen ist berechtigt.

Der Staatsanwaltschaft ist wohl beizupflichten, daß die Wiederholung der Straftat nach Kenntnis von der Einleitung dieses Strafverfahrens den Angeklagten zusätzlich belastet. Dafür hat aber die Wertung der (im übrigen schon längere Zeit zurückliegenden) nicht einschlägigen Vorstrafe als erschwerend zu entfallen. Im Ergebnis entspricht die Zahl der Tagessätze dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schuld des Angeklagten. Insoweit war daher eine Korrektur des Strafausspruches weder nach oben noch nach unten geboten.

Entgegen dem weiteren Berufungsvorbringen des Angeklagten kann jedoch die Bemessung des Tagessatzes mit 200 S keineswegs als überhöht bezeichnet werden. Eher schiene bei Berücksichtigung seiner vollen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eine Anhebung des Tagessatzes vertretbar, ein Vorgehen, das dem Obersten Gerichtshof aber schon deshalb verwehrt war, weil das Urteil in dieser Richtung von der Anklagebehörde nicht bekämpft wurde.

Schließlich konnte auch dem Begehren des Angeklagten nach Gewährung bedingter Strafnachsicht wegen seines getrübten Vorlebens und mit Rücksicht auf die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Geldstrafe nicht entsprochen werden.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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