OGH 3Ob122/80

OGH3Ob122/8026.11.1980

SZ 53/159

Normen

EO §355 i, d. F, BGBl. 120/1980
EO §355 i, d. F, BGBl. 120/1980

 

Spruch:

Für die Erlassung eines Strafvollzugsbeschlusses nach § 355 Abs. 1 EO genügt ein einmaliges Zuwiderhandeln nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels. Die Erlassung eines solchen Beschlusses ist dem Exekutionsgericht vorbehalten

OGH 26. November 1980, 3 Ob 122/80 (OLG Wien 4 R 152/80; HG Wien 39 Cg 83/79)

Text

Das Erstgericht als Titelgericht bewilligte der betreibenden Partei die Exekution gegen die verpflichtete Partei nach § 355 EO zur Erwirkung der Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen unter gleichzeitiger Verhängung einer Beugestrafe von 50 000 S und der Androhung einer achttägigen Arreststrafe für den Wiederholungsfall.

Das Rekursgericht hob den nur im Ausspruch über die Verhängung der Geldstrafe sowie der Androhung von Haft angefochtenen Exekutionsbewilligungsbeschluß in diesem Umfange als nichtig auf und sprach aus, daß die Entscheidung über diese Anträge dem Exekutionsgericht vorbehalten bleibe. Zur Begründung verwies es auf die hier bereits maßgebliche Neufassung des § 355 Abs. 1 EO durch Art. II Z. 3 der UWG-Novelle 1980, BGBl. 120/1980, durch welche die bisherige "Sanktionsschwäche" der Exekutionsordnung dadurch behoben werde, daß der erste Vollzugsakt bei einer Exekution zur Erwirkung von Unterlassungen bereits aus Anlaß der Exekutionsbewilligung zu erfolgen habe, allerdings ausschließlich durch das Exekutionsgericht und nicht durch das von diesem verschiedene Bewilligungsgericht. Werde in einem derartigen Exekutionsverfahren der Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe mit dem beim Titelgericht gestellten Exekutionsantrag verbunden, wie es nach der jetzigen Gesetzeslage erforderlich sei, habe dieses die Entscheidung über den Vollzugsantrag dem Exekutionsgericht "vorzubehalten". Der dennoch hierüber vom unzuständigen Titelgericht gefaßte Beschluß sei gemäß §§ 51, 78 EO und § 477 Abs. 1 Z. 3 ZPO nichtig. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei, den er als zulässig ansah, weil es sich bei dem angefochtenen Beschluß nur formell um eine aufhebende, in Wahrheit jedoch um eine abändernde Rekursentscheidung bezüglich der Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über einen im Exekutionsantrag nach § 355 EO gestellten Strafvollzugsantrag handelt (SZ 41/180 u. a.), nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ansicht der betreibenden Partei, daß einer Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung der Rechtsmittelausschluß des § 45 JN entgegenstehe, ist unzutreffend. Die Unanfechtbarkeit der bejahenden Zuständigkeitsentscheidung eines Gerichtshofes nach § 45 Abs. 1 JN betrifft nach Lehre und Rechtsprechung lediglich Streitfälle über die gesetzliche Zuständigkeitsabgrenzung von Gerichtshof und Bezirksgericht (SZ 41/31; EvBl. 1957/338 u. a.), nicht jedoch Fälle der individuellen Zuständigkeit eines Gerichtes (Fasching I, 283; Petschek in Anm. zum ZBl. 1935/251; JBl. 1957, 321; JBl. 1958, 130 u. a.) oder auch der Abgrenzung zwischen ordentlicher und Arbeitsgerichtsbarkeit (SZ 31/2; SZ 33/88 u. a.). Eine solche individuelle Zuständigkeitsregelung enthält § 4 EO für die Exekutionsbewilligung hinsichtlich Titel- und Exekutionsgericht. Verstöße gegen diese überdies zwingende (§ 51 EO) Zuständigkeitsordnung unterliegen nicht dem Rechtsmittelausschluß des § 45 Ab. 1 JN (Heller - Berger - Stix, 609; ZBl. 1935/251; vgl. auch SZ 48/25; EvBl. 1976/144; a. M. allerdings SZ 12/245 und SZ 18/231).

Soweit die betreibende Partei gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes auf die mit der Gesetzesänderung des § 355 EO verfolgte Absicht des Gesetzgebers verweist, die bisherige "Sanktionsschwäche" der Exekutionsordnung (die ein zweimaliges Zuwiderhandeln gegen den Titel erforderte, bis es zu einer erstmaligen Strafverhängung kam) zu beheben, der es widersprechen würde, die Entscheidung über den nunmehr zugleich mit dem Exekutionsantrag zu stellenden ersten Vollzugsantrag zwei verschiedenen Gerichten zuzuweisen, übersieht sie, daß das Gesetz die Entscheidung über die anläßlich der Bewilligung der Exekution zu verhängende Geldstrafe ausdrücklich dem Exekutionsgericht zuweist (§ 355 Abs. 1 i.d.F. Art. II Z. 3 der UWG-Novelle 1980, BGBl. 120/1980). Damit hält der Gesetzgeber auch in diesem Falle an der systematischen Trennung zwischen Exekutionsbewilligung und Vollzug fest. Nur die Bewilligung der Exekution kann in bestimmten Fällen (§ 4 Abs. 1 Z. 1 bis 5 EO) durch ein vom Exekutionsgericht verschiedenes Gericht, das Titelgericht, erfolgen. Der Exekutionsvollzug, wozu bei der Exekution nach § 355 EO auch bereits der erste Strafvollzugsbeschluß gehört, obliegt immer dem Exekutionsgericht (weshalb eine dies nicht beachtende Entscheidung nichtig ist; vgl. SZ 48/25; EvBl. 1976/159 u. a.). Dies hat bei der nunmehr erfolgten Gesetzesänderung des § 355 Abs. 1 EO nur zur Folge, daß ein zwischen Exekutionsbewilligung und Erlassung des (ersten) Strafvollzugsbeschlusses gesetztes Zuwiderhandeln nicht zum Anlaß für einen weiteren Strafantrag genommen werden kann. Es genügt aber entgegen der bisherigen Rechtslage für den Strafvollzugsbeschluß ein einmaliges Zuwiderhandeln nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels. Hat also der Verpflichtete dem Exekutionstitel nach Eintritt seiner Vollstreckbarkeit einmal zuwidergehandelt, kann er seine Bestrafung auch nicht dadurch verhindern, daß er sich nach erfolgter Exekutionsbewilligung wohl verhält. Insofern stellt die Gesetzesänderung sehr wohl eine beachtliche Verbesserung zur Durchsetzung von Duldungs- und Unterlassungsansprüchen dar.

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