Normen
ABGB §1311
Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Gesetz §26 Abs1
Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Gesetz §41
Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Gesetz §78
ABGB §1311
Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Gesetz §26 Abs1
Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Gesetz §41
Gesellschaft mit beschränkter Haftung - Gesetz §78
Spruch:
§ 78 Abs. 1 GmbHG ist eine Schutznorm zugunsten der Gesellschaft; ihre Anwendung ist auf jene Fälle beschränkt, in denen die Gesellschaft tatsächlich ein Anteilbuch im Sinne des § 26 Abs. 1 GmbHG führt Ein Gesellschafter, der gegen einen Beschluß der Generalversammlung gestimmt und seinen Widerspruch zu Protokoll gegeben hat, ist jedenfalls berechtigt, die Nichtigerklärung dieses Beschlusses mit Klage nach § 41 GmbHG zu verlangen
OGH 11. September 1979, 4 Ob 536/79 (OLG Wien 1 R 201/78; HG Wien 18 Cg 23/78)
Text
In der Generalversammlung der beklagten GmbH vom 17. Jänner 1978 wurden mit den Stimmen der beiden Gesellschafter Fritz H und Helga R gegen die Stimme der Klägerin Michaela E, welche Widerspruch zu Protokoll gab, u. a. folgende zwei Beschlüsse gefaßt:
a) "Im Sinne einer Gleichstellung aller Gesellschafter und zur Vermeidung einer Konkurrenzierung durch den Ehegatten der Frau Michaela E wird die nunmehrige Gesellschafterin Frau Michaela E aufgefordert, binnen 14 Tagen ab Datum dieses Beschlusses die persönliche Haftung gegenüber der A-Bank in gleichem Ausmaß wie die übrigen Gesellschafter zu übernehmen. Sollte Frau Michaela E dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden die Geschäftsführer beauftragt, alle zur Wahrung der gesellschaftlichen Interessen möglichen Maßnahmen zu überprüfen und einzuleiten."
b) "1. Alle Gesellschafter werden aufgefordert, zur Wahrung der wirtschaftlichen Gesundung und der Betriebsweiterführung der Gesellschaft ein oder mehrere auf ein Jahr unkundbare Darlehen in Höhe von je 100 000 S (Schilling einhunderttausend) zu gewähren, welche unverzinslich, jedoch auf Basis des Preisindex 1977 wertgesichert sind. Zur Gewährung der Darlehen werden die Gesellschafter ausdrücklich ermächtigt und werden sie aufgefordert, binnen acht Tagen ab Datum dieses Beschlusses Darlehen einzuzahlen oder an Stelle von Bargeld ein Dreimonatsakzept zu geben.
2. Sollte einer der Gesellschafter der Aufforderung zur Darlehensgewährung nicht nachkommen wollen, wodurch der Gesellschaft ein Schaden entsteht, so werden die Geschäftsführer beauftragt, zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft und zur Beseitigung der Schäden gerichtliche Schritte einzuleiten."
Mit der am 17. Feber 1978 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung dieser beiden Beschlüsse - die Entscheidung des Erstgerichtes über den weiteren Klagsantrag ist in Rechtskraft erwachsen - gemäß § 41 GmbHG mit der Begründung, daß sie gegen zwingende Bestimmungen des Gesetzes und des Gesellschaftsvertrages sowie gegen die guten Sitten verstießen. Hiezu wird ausgeführt: Die Klägerin sowie Fritz H und Helga R seien Gesellschafter der beklagten Partei mit Stammeinlagen von je 100 000 S. Durch die Bezahlung der Stammeinlage habe die Klägerin ihre finanziellen Verpflichtungen als Gesellschafterin voll erfüllt und könne mangels diesbezüglicher Vertragsabrede nicht zu weiteren Leistungen verpflichtet werden. Mit den beiden angefochtenen Beschlüssen würden ihr aber solche abverlangt. Die Aufnahme von Darlehen in der Höhe von über 100 000 S bedürfe überdies nach § 9 Z. 3 lit. c des Gesellschaftsvertrages einer Dreiviertel-Mehrheit der Gesellschafterstimmen.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und brachte vor: Der Klägerin mangle es an der aktiven Klagelegitimation. Es sei ihr zwar durch Notariatsakt vom 24. Juni 1977 der Geschäftsanteil der Gesellschafterin Wilhelmine E übertragen worden, doch habe sie in einer Gesellschafterbesprechung am 4. Juli 1977 erklärt, über diesen Geschäftsanteil nicht verfügungsberechtigt zu sein und erst Rücksprache halten zu müssen. Hieraus folge aber, daß die Übertragung des Stammanteiles "in Wirklichkeit nicht durchgeführt wurde und es sich hiebei um ein Scheingeschäft handle" mit dem Zweck, ein Konkurrenzunternehmen aufzubauen und dadurch Einfluß auf die Geschäftsführung der beklagten Partei nehmen zu können. In der Folge sei zwar die Generalversammlung vom 17. Jänner 1978 durchgeführt worden, doch habe der Klägerin damals wegen des Scheingeschäftes die Gesellschaftereigenschaft gefehlt, so daß auch ihre Widersprüche gegen die gefaßten Beschlüsse unbeachtlich seien. Schließlich entsprächen die angefochtenen Beschlüsse formell und materiell dem Gesetz und dem Gesellschaftsvertrag, ihr Inhalt verstoße auch nicht gegen die guten Sitten. Durch die in ihnen enthaltenen Aufforderungen an die Klägerin seien dieser keine Verpflichtungen auferlegt, sondern sei nur den Geschäftsführern die Möglichkeit eingeräumt worden, für den Fall der Weigerung der Klägerin zu untersuchen, ob zur Wahrung der gesellschaftlichen Interessen irgendwelche Schritte einzuleiten und vorzunehmen seien. Die Aufnahme mehrerer Darlehensverbindlichkeiten von je 100 000 S bedürfe im übrigen weder nach dem Gesetz noch nach dem Gesellschaftsvertrag einer Dreiviertel-Mehrheit. Letztlich liege auch ein Mißbrauch des Widerspruchsrechtes der Klägerin vor.
Die vom Erstgericht gestellte Frage nach der Eintragung der Klägerin in das Anteilbuch der beklagten Partei hat diese dahin beantwortet, daß ein solches Anteilbuch bei ihr niemals geführt und die Klägerin somit auch nicht eingetragen worden sei. Die Klägerin behauptete hiezu, im Anteilbuch der beklagten Partei eingetragen zu sein; sollte von dieser tatsächlich jedoch kein Anteilbuch geführt werden, dann treffe das Verschulden hieran die beklagte Partei bzw. deren Geschäftsführer, die es unterlassen hätten, ein solches anzulegen, obwohl die Klägerin anläßlich des Erwerbes ihres Geschäftsanteiles die beklagte Partei zur Vornahme ihrer Eintragung aufgefordert habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der beiden angefochtenen Beschlüsse statt; es traf nachfolgende Feststellungen:
Die beklagte Partei wurde mit dem Gesellschaftsvertrag vom 10. Feber 1972 gegrundet. Laut § 4 des Vertrages beträgt das Stammkapital der Gesellschaft 300 000 S, woran Helga R, Wilhelmine E und Fritz H mit Stammeinlagen von je 100 000 S beteiligt sind. Laut § 5 Z. 1 des Vertrages bedarf die Veräußerung von Geschäftsanteilen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung; diese ist laut § 5 Z. 3 nicht erforderlich, sofern die Veräußerung an einen Ehegatten, leiblichen ehelichen Nachkommen, Schwiegersohn oder Schwiegertochter des veräußernden Gesellschafters erfolgt. Nach § 9 Z. 3 unterliegt die Eingehung von Darlehensverbindlichkeiten, die im Einzelfall 100 000 S überschreiten, der vorherigen Beschlußfassung der Gesellschafterversammlung, wobei es zur Annahme einer Dreiviertel-Mehrheit bedarf. Mit Notariatsakt vom 10. Juni 1977 wurde ein Abtretungsvertrag beurkundet, mit welchem Wilhelmine E ihren Geschäftsanteil an der beklagten Partei um einen Abtretungspreis von 100 000 S an ihre Schwiegertochter, die Klägerin, abtrat, und die Klägerin die Annahme dieses Geschäftsanteils erklärte. Mit Schreiben vom 13. Juni 1977 an die Gesellschafter Helga R und Fritz H sowie an die Geschäftsführerin der beklagten Partei, Helga H, machte Dr. Peter H namens der Wilhelmine E Mitteilung von dieser Abtretung des Geschäftsanteiles an die Klägerin und ersuchte, die entsprechenden Eintragungen im Anteilbuch der beklagten Partei vollziehen zu lassen. Am 17. Jänner 1978 fand in der Kanzlei des öffentlichen Notars Dr. Karl P eine Generalversammlung der beklagten Partei statt. An dieser nahmen Dr. Werner N als Vertreter der Gesellschafter Fritz H und Helga R sowie Dr. Peter O als Vertreter der Klägerin teil. Bei dieser Generalversammlung wurden u. a. die beiden klagsgegenständlichen Beschlüsse gefaßt. Der Antrag zu dem erstgenannten Beschluß war damit begrundet worden, daß seinerzeit alle Gesellschafter die persönliche Haftung für einen der Firma gewährten Kredit übernommen hätten, aus welcher Haftung sich Wilhelmine E durch Übertragung des Geschäftsanteiles und Aufkündigung des Kredites entzogen habe, so daß ein neuer Kredit habe aufgenommen werden müssen, für welchen nunmehr die Gesellschafter Fritz H und Helga R persönlich hafteten, während die Klägerin keine persönliche Haftung treffe. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht die aktive Klagelegitimation der Klägerin und beurteilte die in den beiden Beschlüssen an die Klägerin gerichteten Aufforderungen als Verpflichtungen, die eine Vermehrung ihrer Leistungen darstellten und somit im Sinne des § 50 Abs. 4 GmbHG der Zustimmung der Klägerin bedurft hätten. Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Urteil nicht Folge gegeben; es sprach aus, daß der Wert jedes der beiden vom Berufungsverfahren erfaßten Klageansprüche 60 000 S übersteige. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, daß die in der Frage der Aktivlegitimation von der beklagten Partei aufgestellten Behauptungen selbst im Fall ihrer Erweislichkeit nicht dazu ausreichten, das Übertragungsgeschäft als Scheingeschäft in dem Sinne zu beurteilen, daß eine Übertragung des Geschäftsanteiles an die Klägerin überhaupt nicht beabsichtigt gewesen sei und es daher bei der Gesellschaftszugehörigkeit der Wilhelmine E zu verbleiben habe. Die behaupteten Erklärungen der Klägerin über ihre mangelnde Verfügungsberechtigung betreffend den Geschäftsanteil könnten nämlich - wie bereits das Erstgericht meinte - ihren Grund auch in einer treuhändigen Übertragung an sie gehabt haben, in welchem Fall sie aber nach außen hin über den Anteil verfügungsberechtigt wäre. Der aus diesen behaupteten Erklärungen von der beklagten Partei gezogene rechtliche Schluß auf ein Scheingeschäft sei daher unzutreffend; auch aus den übrigen Behauptungen der beklagten Partei ergebe sich diese Rechtsfolge nicht. Somit sei von einer vollen oder aber zumindest einer treuhändigen Übertragung auszugehen, in welch letzterem Fall die Klägerin auch unter diesem Gesichtspunkt Gesellschafterin der beklagten Partei wäre. Die Klagelegitimation der Klägerin könne aber auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 78 GmbHG nicht verneint werden. Die beklagte Partei habe zwar den Gesetzeswortlaut für sich, weil nach § 78 Abs. 1 GmbHG im Verhältnis zu der Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter gelte, der als solcher im Anteilbuch verzeichnet sei. Das Berufungsgericht schließe sich jedoch gleich dem Erstgericht der Meinung Gellis' (Kom. z. GmbHG, 239 f.) zumindest insoweit an, als die wörtliche Auslegung dieser Bestimmung in jenen Fällen, in denen ein Anteilbuch tatsächlich nicht geführt werde, zu dem absurden Ergebnis führen würde, daß eine Gesellschaft ohne Gesellschafter bestunde. Werde ein Anteilbuch überhaupt nicht geführt, dann könne die Verzeichnung des Gesellschafters in jenem Buch daher keine Voraussetzung dafür bilden, gegenüber der Gesellschaft Rechte geltend zu machen. In einem solchen Fall bedürfe es auch keiner Klage auf Eintragung in das Anteilbuch, weil diese nur zielführend sein könne, wenn ein Anteilbuch tatsächlich bestehe. Die Führung des Anteilbuches selbst sei aber nicht mit Klage erzwingbar, weil diese Führung gemäß § 26 Abs. 1 GmbHG zur Pflicht der Geschäftsführer gehöre, eine Klage mit Eingriffen in die Geschäftsführung dem Gesellschafter aber nicht zustehe. In der Frage der Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse könne der Meinung der beklagten Partei, daß es sich bei den Aufforderungen an die Klägerin um solche zu freiwilligen Leistungen handle und es ihr freistehe, diesen Aufforderungen nachzukommen, nicht gefolgt werden. Der Wortlaut der Beschlüsse sei jedenfalls dahin zu verstehen, daß hiemit Pflichten zur Erbringung zusätzlicher Leistungen begrundet werden sollten. Für eine gültige Beschlußfassung wäre daher gemäß § 50 Abs. 4 GmbHG die Zustimmung der Klägerin erforderlich gewesen. Ihre Klageführung sei auch als notwendig anzusehen, da die grundsätzlich eine Verpflichtung darstellenden Beschlüsse im Sinne der Entscheidung RZ 1958, 46 ohne Anfechtung wirksam und für die Klägerin bindend geworden wären. Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Ob die, wie die Revisionswerberin meint, von der beklagten Partei erhobene Einwendung eines Scheingeschäftes entgegen der Rechtsansicht der Unterinstanzen auf ein ausreichendes Vorbringen gestützt ist, kann dahingestellt bleiben. Durch ihr den Erklärungen der Klägerin vom 4. Juli 1977, welche die Grundlage der erhobenen Einwendung bilden, nachfolgendes eindeutiges Verhalten hat die beklagte Partei nämlich auf eine solche Einwendung eines Scheingeschäftes gemäß § 863 ABGB von vornherein verzichtet. Nach dem Inhalt des Protokolles über die Generalversammlung der beklagten Partei vom 17. Jänner 1978 und der in dieser Versammlung als ihrem Gesellschaftsorgan gefaßten Beschlüsse wurde die Klägerin vorbehaltlos als anwesende und stimmberechtigte Gesellschafterin behandelt und als solche bezeichnet. Es wurden ihr als Gesellschafterin verschiedene Aufträge erteilt, und es wurde mit Beschluß zu Punkt 1 der Tagesordnung gerade im Hinblick auf die Übertragung des Geschäftsanteiles von Wilhelmine E an die Klägerin ein früherer Gesellschafterbeschluß, der nach Ansicht der übrigen Gesellschafter die Gesellschaftereigenschaft der Wilhelmine E zur Voraussetzung hatte, ausdrücklich behoben. Dieses Gesamtverhalten des Vertretungsorganes der beklagten Partei läßt mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig, daß die beklagte Partei den Willen hatte, aus den mehr als ein halbes Jahr vorher in einer Gesellschafterbesprechung angeblich abgegebenen Erklärungen der Klägerin keinesfalls eine bloße Scheinübertragung des Geschäftsanteiles abzuleiten und der Klägerin einen solchen Einwand dann entgegenzuhalten, wenn diese sich gegen die ihr erteilten Aufträge wegen Verletzung gesetzlicher Vorschriften wehrt. Die Handlungen der beklagten Partei sind somit nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche als Verzicht auf eine diesbezügliche Einwendung zu beurteilen.
Der Revisionswerberin kann aber auch hinsichtlich ihrer auf § 78 Abs. 1 GmbHG gegrundeten weiteren Ausführungen zur Klagelegitimation der Klägerin nicht gefolgt werden.
Nach der vorgenannten Bestimmung gilt der Gesellschaft gegenüber nur derjenige als Gesellschafter, der als solcher im Anteilbuch verzeichnet ist. Soweit ersichtlich, kamen in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung in diesem Zusammenhang bisher nur Fälle zur Entscheidung, in denen von der Gesellschaft ein Anteilbuch tatsächlich geführt worden war. Der OGH vertrat hier ausnahmslos den Standpunkt, daß nach dem klaren Wortlaut des § 78 Abs. 1 GmbHG die Eintragung im Anteilbuch (§ 26 Abs. 1 GmbHG) unabdingbare Voraussetzung für die Gesellschaftereigenschaft gegenüber der Gesellschaft und damit auch für die Legitimation zur Einbringung einer Klage nach § 41 GmbHG ist (JBl. 1977, 267 = EvBl. 1976/247; 6 Ob 812, 813/77; HS 2186; HS 2216/61; JBl. 1957, 217; SZ 32/117; SZ 34/11;). Dabei bezog er sich auch auf die überwiegend diese Meinung vertretende Lehre (Grünhut, Die GmbH[2], 21, 58; Graschopf, Die GmbH 132; Kastner, Grundriß[2], 249; Kostner, Die GmbH[2], 104). Die gegenteilige Ansicht Gellis' (Komm. z. GmbHG, 146, 240) hat der OGH im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 78 Abs. 1 GmbHG abgelehnt (6 Ob 812, 813/77).
Vorliegendenfalls ist nun davon auszugehen, daß bei der beklagten Partei überhaupt kein Anteilbuch geführt wird. Die Anwendung der vom Wortlaut des § 78 Abs. 1 GmbHG ausgehenden vorgenannten Rechtsprechung und überwiegenden Lehrmeinungen hätte hier somit das von Gellis (a. a. O., 239 f.) als absurd bezeichnete Ergebnis, daß gesellschaftsintern eine Gesellschaft ohne Gesellschafter bestunde, somit niemand stimmberechtigt wäre und daher auch keinerlei Gesellschafterbeschlüsse gefaßt werden könnten. Die Meinung Gellis (a. a. O., 240), daß "bei mehr als 95%s der Gesellschaften das Anteilbuch unbekannt sei", vertritt ähnlich auch Kastner (JBl. 1977, 173) durch den Hinweis, daß "in der Praxis die Führung der Anteilbücher oft vernachlässigt wird". Auf die aus der unterlassenen Führung des Anteilbuches sich ergebenden obgenannten gesellschaftsrechtlichen Probleme hat auch Ostheim in einer Entscheidungsbesprechung (JBl. 1977, 269) ohne weitere Ausführungen Bezug genommen.
Zur Beantwortung der Frage, ob die Bestimmung des § 78 Abs. 1 GmbHG trotz ihres stets betonten klaren Wortlautes und daher entgegen grammatikalischer Auslegung dennoch nach der Absicht des Gesetzgebers auf Fälle der unterlassenen Führung des Anteilbuches nicht angewendet werden soll, muß vor allem der Regelungszweck dieser Anordnung herangezogen werden. Wie der OGH bereits in seiner Entscheidung 1 Ob 752/54 aussprach, handelt es sich bei dieser Bestimmung um eine Schutzvorschrift zugunsten der Gesellschaft, die eines äußeren Merkmales bedarf, um sicher zu wissen, wer ihr gegenüber als Gesellschafter und als zur Ausübung der damit verbundenen Rechte Berechtigter gilt. Auch Gellis' (a. a. O.) verweist darauf, daß Leitmotiv für die Eintragung die Legitimation gegenüber der Gesellschaft, vorwiegend zu ihrem Schutze, sei; er führt von seinem Standpunkt aus weiter an, daß die Gesellschaft, wenn ihr die Übertragung unbekannt bleibe, solcherart geschützt sei und den ihr bekannten Veräußerer als Gesellschafter behandeln könne.
Geht man von dieser offenkundigen Absicht des Gesetzgebers, durch die genannte Norm die Gesellschaft zu schützen aus, dann ist zwingend zu unterstellen, daß dieser Schutz nur gewährt werden kann, wenn er gesetzmäßig beansprucht wird und die Gesellschaft die von ihr geforderte Mitwirkung leistet. Zu diesen Voraussetzungen gehört insbesondere, daß sie das in § 78 Abs. 1 GmbHG genannte Anteilbuch überhaupt führt und die Anordnungen des § 26 GmbHG, wonach die Geschäftsführer als ihre Vertretungsorgane die Pflicht zur Führung des Anteilbuches haben, befolgt hat. Nach Anlegung dieses Buches wird ja die in § 78 Abs. 1 GmbHG vorausgesetzte Verzeichnung des Gesellschafters im Anteilbuch überhaupt erst möglich. An die Verzeichnung knüpft sich sodann die Folge, daß der Verzeichnete der Gesellschaft gegenüber als Gesellschafter gilt. Die Gesellschaft ist also erst zufolge dieser Verzeichnung dagegen geschützt, daß ihr gegenüber allenfalls jemand unberechtigt als Gesellschafter auftritt. Unterläßt daher die Gesellschaft gesetzwidrigerweise die Anlegung des Anteilbuches, so hat sie damit die Verzeichnung der Träger ihrer Geschäftsanteile selbst vereitelt und sich damit der vom Gesetz gebotenen Möglichkeit begeben, ihre Gesellschafter auf einfache Weise zu identifizieren.
Aus all dem folgt, daß die Führung eines Anteilbuches nach dem Sinn und Zweck der Schutzvorschrift des § 78 Abs. 1 GmbHG selbstverständlich vorausgesetzt und mitumfaßt wird und daß die Anwendung dieser Schutznorm daher auf Fälle beschränkt ist, in denen die Gesellschaft ein Anteilbuch tatsächlich führt. Diese vom Zweck des Gesetzes her erfolgte Beurteilung zeigt somit entgegen dem Wortlaut des Gesetzes den wahren Norminhalt in dieser Richtung erst auf: Bei der unterlassenen Anlegung eines Anteilbuches handelt es sich um einen Fall, der nach dem erkennbaren Sinn und Zweck des Gesetzes von der Norm nicht erfaßt werden sollte; diese setzt vielmehr, wenngleich nicht durch ausdrückliche wörtliche Regelung, das Vorhandensein eines Anteilbuches jedenfalls voraus. Die Regel des § 78 Abs. 1 GmbHG ist somit gemäß der immanenten Teleologie des Gesetzes mit dieser Einschränkung aufzufassen (s. zur einschränkenden Auslegung und teleologischen Reduktion: Larenz, Methodenlehre[3], 377/f. Koziol - Welser, Grundriß[4] I, 25; I,25; vgl. Wolff in Klang[2] I/1, 103; vgl. JBl. 1965, 273 und ZVR 1975, 271). Für eine solche Einschränkung dieser Schutznorm sprechen im übrigen gleicherweise die den Intentionen des Gesetzgebers hinsichtlich eines rechtlich funktionierenden internen Gesellschaftswesens widersteitenden Folgen einer streng grammatikalischen Auslegung, wozu auf die obenstehenden, auf die Ausführungen Gellis' gestützten Begründungen der Unterinstanzen verwiesen werden kann.
Der Klägerin, welche den Geschäftsanteil unbestrittenermaßen formgerecht und entsprechend der Bestimmung des § 5 Z. 3 des Gesellschaftsvertrages erworben und die beklagte Partei ausdrücklich um Eintragung im Anteilbuch ersucht hat, kommt hier somit trotz der unterbliebenen Verzeichnung in einem Anteilbuch der beklagten Partei die Klagslegitimation zu. Auf die Ausführungen der Revision über die Möglichkeiten einer Klage auf Eintragung im Anteilbuch ist daher anläßlich dieser Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nicht einzugehen.
Schließlich kann auch der Ansicht, die beiden als nichtig angefochtenen Beschlüsse widersprächen nicht der Bestimmung des § 50 Abs. 4 GmbHG, weil sie keine Verpflichtungen der Klägerin, sondern nur an sie gerichtete Aufforderungen zu freiwilligen Leistungen enthielten, nicht gefolgt werden. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, tragen die in den Beschlüssen enthaltenen Aufforderungen auf Grund ihres Wortlautes, insbesondere auch im Hinblick auf die für den Fall der Nichtbefolgung an die Geschäftsführung erteilten Aufträge, eindeutig Verpflichtungscharakter. Nur von der Annahme einer solchen Verpflichtung zur Erbringung dieser zusätzlichen Leistungen her erlangen die angedrohten Sanktionen ja überhaupt erst ihren Sinn. Daß es sich hiebei jeweils um zusätzliche, durch den Gesellschaftsvertrag nicht gedeckte Leistungen und somit grundsätzlich um eine Vermehrung der vertraglichen Leistungen handelt, ergibt sich aus dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages und wird von der Revisionswerberin auch gar nicht bestritten. Nach § 50 Abs. 4 GmbHG kann eine Vernehmung der den Gesellschaftern nach dem Vertrag obliegenden Leistungen aber nur unter Zustimmung sämtlicher von der Vermehrung betroffenen Gesellschafter beschlossen werden. Die Klägerin hat hier beiden Beschlüssen als hievon betroffene Gesellschafterin die Zustimmung versagt und Wiederspruch zu Protokoll gegeben. Mangels ihrer Zustimmung verstoßen somit beide Beschlüsse gegen die vorgenannte zwingende Gesetzesbestimmung.
Ein Gesellschafter, der gegen den Beschluß gestimmt und seinen Widerspruch zu Protokoll gegeben hat, ist nun jedenfalls berechtigt, die Nichtigerklärung eines gesetz- oder statutenwidrigen Beschlusses der Generalversammlung durch Klage nach § 41 GmbHG zu verlangen. Er kann dabei im eigenen Interesse und im Interesse der Gesellschaft über die Einhaltung des Gesellschaftsvertrages und des Gesetzes wachen und als außerordentliches Organ der Gesellschaft einschreiten, wenn das ordentliche Organ, die Generalversammlung, einen rechtswidrigen Beschluß gefaßt hat (Skerlj, GmbHG[2], 58; Grünhut, Die GmbH[2], 36; Gellis, Komm., 146; Baumbach - Hueck, GmbHG[13], 247 f.; vgl. JBl. 1977, 267). Auf die in der Lehre teilweise vertretene Rechtsansicht, wonach ein Beschluß, der ohne Zustimmung eines Gesellschafters gefaßt wurde, obwohl dieser als betroffener Gesellschafter, wie im Falle des § 50 Abs. 4 GmbHG, zustimmen hätte müssen, ihm gegenüber, somit relativ, unwirksam sei und es daher einer Anfechtung durch ihn gar nicht bedürfe (vgl. Hachenburg, Komm. z. GmbH[6] II, Anm. 15, 16 zu 53; Sudhoff, Der Gesellschaftsvertrag der GmbH[4], 264; Baumbach - Hueck, GmbHG[13], 244 f.; Kastner, Grundriß[2], 247,; Gellis a. a. O., 144; dagegen jedoch die Entscheidungen RZ 1958, 46 und 3 Ob 62/58; vgl. auch Schönherr in JBl. 1960, 39 ff.), ist hier nicht einzugehen, weil im Sinne obiger Ausführungen jeder Gesellschafter jedenfalls berechtigt ist, gesetzwidrige Beschlüsse anzufechten. Insgesamt erweist sich daher, daß die beiden angefochtenen Beschlüsse der zwingenden Anordnung des § 50 Abs. 4 GmbHG widersprechen und somit von den Unterinstanzen zu Recht im Sinne des § 41 Abs. 1 Z. 1 und 2 GmbHG für nichtig erklärt wurden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)