OGH 7Ob59/77

OGH7Ob59/773.11.1977

SZ 50/136

Normen

ABGB §1293
ABGB §1295
Versicherungsverbotsgesetz §23
Versicherungsverbotsgesetz §25
ZPO §14
ZPO §471
ABGB §1293
ABGB §1295
Versicherungsverbotsgesetz §23
Versicherungsverbotsgesetz §25
ZPO §14
ZPO §471

 

Spruch:

Ein nach Verfahrensergänzung gefälltes Urteil darf keinen Zweifel darüber offen lassen, welche Tatsachen das Gericht nun als insgesamt festgestellt seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legt

So wie das Klagsvorbringen müssen auch die Einwendungen des Beklagten nur die rechtserheblichen Tatsachen enthalten. Daher genügt, wenn sich die Leistungsfreiheit des Versicherers bei einem bestimmten Sachverhalt aus dem Gesetz selbst ergibt, ein solches Sachvorbringen. Bei vereinbarter Leistungsfreiheit muß hingegen auch diese Vereinbarung behauptet werden

Die Garagierung eines Kraftfahrzeuges an einem besonders gefährlichen Ort kann eine Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 und 25 VersVG darstellen

Auch außerhalb des Schadenersatzrechtes muß der Beweispflichtige das Entstehen des Schadens durch den Gegner nur als überwiegend wahrscheinlich erweisen. Daher muß der Versicherungsnehmer beweisen, daß das ihm vom Versicherer nachgewiesene feuergefährliche Verhalten den entstandenen Brand nicht verursacht haben kann oder eine andere Brandursache im gleichen Maß wahrscheinlich ist

Grobe Fahrlässigkeit wird nicht dadurch gemildert, daß Arbeiten in gleich hoch gefährlicher Weise üblich sind

Dem einfachen Nebenintervenienten steht nur die Rechtsmittelfrist der Hauptpartei offen

OGH 3. November 1977, 7 Ob 59/77 (OLG Wien 1 R 105/77; KG St. Pölten 5 Cg 4/77)

Text

Der Kläger begehrt die Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten aus 1 der Kasko-Vollversicherung zweier LKW, die noch fast neu am 28. Dezember 1974 beim Brand eines zur Abstellung der Fahrzeuge verwendeten Schuppens in der Schottergrube des Klägers zerstört wurden. Die Beklagte wendete Leistungsfreiheit wegen grober Fahrlässigkeit ein, weil die Fahrzeuge in einer zur Garagierung ungeeigneten Holzbaracke verwahrt worden seien und der Brand auf Schweißarbeiten zurückzuführen sei, die der Kläger dort einige Stunden vorher ohne genügende Absicherung vorgenommen habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang (neuerlich) statt. Nach den aus seinen zwei Urteilen kombinierten Feststellungen (hiezu ist noch Stellung zu nehmen) handelte es sich bei dem durch Brand zerstörten Objekt um ein in Holz errichtetes Bauwerk, das eine Grundfläche von 160 m2 umfaßte und als Mehrzweckraum verwendet wurde. Es diente einerseits als Werkstättenbüro und Lagerraum und anderseits zur Einstellung von Kraftfahrzeugen. Eine baubehördliche Bewilligung lag nicht vor, doch war dem Kläger vom Bürgermeister das Aufstellen einer Bauhütte gestattet worden; darunter versteht man üblicherweise nur ein Objekt, in dem Arbeiter in Ruhezeiten Mahlzeiten einnehmen, sich aufhalten und gegebenenfalls Werkzeug lagern können. Um eine Bewilligung, in dieser Bauhütte Fahrzeuge abzustellen, hatte der Kläger nie ersucht. Am 28. Dezember 1974 unternahm der Kläger - nach dem Vorbringen der Parteien etwa in der Mittagszeit - den Versuch, in dem beschriebenen Schuppen einen Steinbrecher zu schweißen. Er legte diesen Gegenstand auf eine am Asphaltboden der Baracke liegende starke Metallplatte und hielt die Flamme des Schweißbrenners in Richtung zum Erdboden. Der Arbeitsplatz war etwa 1 1/2 bis 2 m von einer Holzwand entfernt, die durch eiserne Schottergitter und Blechplatten teilweise abgedeckt war. Infolge einer Fehlfunktion des Schweißbrenners kam es zum mehrmaligen Erlöschen der Flamme. Der Schweißvorgang wurde deshalb nach höchstens fünf Minuten abgebrochen, ohne daß das Werkstück noch zu glühen begonnen hatte. Es kam lediglich zu einer nicht sehr starken Funkenbildung, wobei Gasfunken höchstens 50 cm weit wegspritzten, nach wenigen Augenblicken in der Luft erloschen und keinesfalls brandgefährlich waren. Die nähere Umgebung der Schweißstelle war von Papier und ähnlich leichtbrennbaren Gegenständen gereinigt. Der Arbeiter H hatte auftragsgemäß darauf zu achten, daß keine glühenden Teile wegspritzten und leicht entzundbare Stoffe nicht entzundet werden könnten. Erst Stunden nach dieser Arbeit, nämlich gegen 22 Uhr, geriet der Schuppen in Brand. Die Brandursache war nicht mit Sicherheit zu klären. Der Erstrichter gibt in diesem Zusammenhang einerseits die Feststellung seines ersten Urteiles wieder, wonach von der technischen Seite her gesehen die vorgenommene Schweißarbeit vermutlich die wahrscheinlichste Zundursache darstelle, weil autogenes Schweißen eine extrem gefährliche technologische Verrichtung sei und möglichst nur im Freien durchgeführt werden müsse; ein eventuell weggeschleuderter flüssiger Metalltropfen hätte allerdings in dem zweifellos vorhandenen Staub oder am Bitumenboden dank seines Wärmeinhaltes zumindest zu einer lokalen Entzundung führen müssen, die nicht übersehen hätte werden können. Auf Grund des ergänzenden Beweisverfahrens traf der Erstrichter andererseits die Feststellung, daß - im Falle des Abschmelzens von Eisenteilchen ein Bereich von 4 bis 5 m gefährdet gewesen wäre, daß es aber in der kurzen Zeit des unmittelbaren Schweißversuches von 3 bis 5 Minuten zu keinem Schmelzvorgang gekommen sei, glühende Eisenteilchen keineswegs wegspritzten und deshalb die Holzwand nicht gefährdet worden sei, vor der überdies der Kläger mit dem Rücken zur Wand gestanden sei. "Irgendwelche verläßliche Anhaltspunkte" dafür, daß glühende Metallteilchen weggespritzt seien, die dann später zum Brandausbruch geführt haben könnten, habe das Beweisverfahren nicht erbracht.

Nach der Rechtsansicht des Erstrichters fehle es mangels einer tatsächlichen Durchführung der beabsichtigten Schweißarbeit schon am erwiesenen Kausalzusammenhang. Selbst bei Durchführung der Schweißarbeit wäre eine gröbliche Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht zu verneinen, weil solche Arbeiten unter nicht größeren Sicherheitsvorkehrungen branchenüblich seien.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters als unbedenkliches Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und trat der rechtlichen Beurteilung des fehlenden Kausalzusammenhangs bei. Das Ausreichen der Sicherheitsvorkehrungen sei dann nicht mehr zu prüfen. Das Abstellen der Fahrzeuge in einem brennbaren Schuppen sei für sich allein im Sinne des ersten Aufhebungsbeschlusses nicht als grob fahrlässig anzusehen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin ist verspätet. Da es sich um eine einfache Nebenintervention handelt (kein Fall des § 20 ZPO), stand dieser Revisionsgegnerin keine andere als die der Hauptpartei offenstehende Frist zur Verfügung (Fasching II, 225 und III, 788; SpR 216; SZ 17/99 mit weiteren Zitaten, JBl. 1975, 489 u. a.). Die erst am 15. Tag nach der Zustellung der Revision an den Kläger eingebrachte Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin war daher zurückzuweisen.

In ihrer Rechtsrüge macht die Revisionswerberin geltend, daß das Gesamtverhalten des Klägers, beginnend schon mit der Garagierung der beiden neuen Lastkraftwagen in einer hiezu keineswegs geeigneten Bretterhütte, mindestens als grob fahrlässige Gefahrerhöhung anzusehen sei, die auch eine Mitursache des Schadens darstelle.

Damit bringt die Revisionswerberin erstmals ausdrücklich den Gesichtspunkt einer zur Leistungsfreiheit führenden Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 und 25 VersVG ins Spiel. Ob dies zur allseitigen rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Urteiles zulässig ist oder eine unerlaubte Neuerung darstellt, hängt davon ab, welche Anforderungen an die Behauptungen des Versicherers gestellt werden. Dabei bedarf es jedoch im vorliegenden Fall nicht einer abschließenden Prüfung der in der Lehre umstrittenen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Leistungsfreiheit von selbst eintritt und von Amts wegen wahrgenommen werden kann oder aber vom Versicherer geltend gemacht werden muß (vgl. hiezu BGH in VersR 1974, 689, aber auch die unterschiedliche gesetzliche Formulierung etwa in § 6 Abs. 2 und § 25 Abs. 2 VersVG). Keinesfalls ist nämlich mehr erforderlich als die Ablehnung des Versicherungsschutzes unter Berufung auf die Leistungsfreiheit. Ob dies geltend gemacht wurde, ist nach Prozeßrecht zu beurteilen (Ehrenzweig, Versicherungsvertragsrecht, 174 Anm. 8). Ergibt sich die Leistungsfreiheit bei einem bestimmten Sachverhalt aus dem Gesetze selbst, so muß nur dieser Sachverhalt behauptet und der Anspruch bestritten werden. Bei vereinbarter Leistungsfreiheit träfe den Versicherer allerdings die Behauptungs- und Beweislast auch für die getroffene Vereinbarung. In diesem Sinne schadet es der Beklagten nicht, daß sie sich in erster Instanz nicht ausdrücklich auf die Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung im Sinne der §§ 23 und 25 VersVG berufen und sogar umgekehrt bei der Wiedergabe ihres vorprozessualen Standpunktes den § 61 VersVG ziffernmäßig bezogen hat. So wie das Klagsvorbringen müssen auch die Einwendungen des Beklagten nur die behaupteten rechtserheblichen Tatsachen enthalten, ohne daß sich die Partei auf einen bestimmten Rechtsgrund festlegen müßte. Der behauptete und sodann festgestellte Sachverhalt ist vom Gericht nach allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (vgl. auch VersR 1973, 879). Eine ausdrückliche Beschränkung (siehe SZ 42/40; SZ 44/21 u. a.) auf den Rechtsgrund des groben Verschuldens im Sinne des § 61 VersVG ist hier nicht erfolgt. Es reichte dann aber aus, daß die Revisionswerberin in ihrer Klagebeantwortung einen Sachverhalt vorgetragen hat, der unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung rechtserheblich sein kann, indem sie die Verwendung des abgebrannten Holzschuppens zur Garagierung der mitverbrannten LKW, obwohl dieses Bauwerk insbesondere in feuerpolizeilicher Hinsicht den Garagenvorschriften nicht entsprach und darin größere Mengen von brennbaren Stoffen wie Heizöl und Nitrolack aufbewahrt wurden, behauptete. Dieses Vorbringen ist somit auf seine Schlüssigkeit zu prüfen.

Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 VersVG ist jede objektive, nach Abschluß des Vertrages eintretende erhebliche Änderung der Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalles wahrscheinlicher macht und den Versicherer deshalb vernünftigerweise veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämie fortzusetzen. Dies gilt auch in der Kaskoversicherung, so daß die regelmäßige Garagierung eines Kraftfahrzeugs an einem besonders gefährlichen Einstellungsort zur Leistungsfreiheit führen kann. Der OGH hat dies im Fall der Einstellung in einer zur Demolierung bestimmten Bombenruine bejaht (SZ 23/297).

Ob der vorliegende Fall vergleichbar ist, kann mangels näherer Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, ist aber nach dem Vorbringen der Beklagten nicht auszuschließen. Jede Gefahrerhöhung setzt zunächst einen Zustand von gewisser Dauer voraus, so daß sich daraus die Möglichkeit des Beginnes eines neuen Gefahrenverlaufes ergibt (SZ 43/54 u. a.). Eine derartige Behauptung ist mit hinreichender Schlüssigkeit in dem Vorbringen der Klagebeantwortung enthalten, daß der Kläger die Holzbaracke dazu benützt habe, verschiedene Fahrzeuge, darunter auch die beiden zu Schaden gekommenen LKW aufzubewahren, obwohl diese Baracke zur Garagierung von Fahrzeugen ungeeignet gewesen und der Kläger sogar mehrfach aufgefordert worden sei, sie zu entfernen und darin keine Fahrzeuge abzustellen. In der materiell-rechtlichen Frage der Erheblichkeit einer durch eine solche Garagierung hervorgerufenen Gefahrerhöhung ist davon auszugehen, daß der Versicherungsvertrag allerdings keine bestimmte Unterbringung des versicherten Fahrzeuges verlangt (eine besondere gegenteilige Vereinbarung wurde hier nicht behauptet). Es wird auch nicht jede Abweichung eines zur Garagierung verwendeten Bauwerks von den öffentlich-rechtlichen Vorschriften das oben bezeichnete Maß an Erheblichkeit erreichen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gefährliche Unterbringung des Fahrzeuges als Gefahrerhöhung anzusehen ist, kann deshalb nur nach den Umständen des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei kann aber davon ausgegangen werden, daß nur das normales Risiko versichert werden soll. Eine Gefahrerhöhung liegt dann darin, daß der Versicherungsnehmer das versicherte Kraftfahrzeug in einer feuergefährlichen Garage unterstellt und so einen gefahrerhöhenden Dauerzustand schafft (Stiefel - Wussow - Hofmann, AKB[10], 123 f.; weiters die im Ergebnis zustimmende Besprechung von Ehrenzweig zu SZ 23/297 in JBl. 1953, 66 f. und sinngemäß Bruck - Möller - Johannson, VVG[8] I, 380 sowie Prölß - Martin, VVG[20], 183).

In diesem Sinne kann den bisher ungeprüften Behauptungen der Revisionswerberin entscheidende Bedeutung zukommen, daß der Kläger nicht nur eine den Verwaltungsvorschriften nicht entsprechende und völlig ungeeignete Holzbaracke zur Garagierung verwendete, sondern dort auch größere Mengen von Heizöl, Nitrolack und Dieseltreibstoff aufbewahrte. Würde sich diese Behauptung erweisen lassen, so wäre die Beurteilung eines solchen Verhaltens nach den §§ 23 Abs. 1 und 25 Abs. 1 VersVG gerechtfertigt, weil die ständige Abstellung und Verwahrung besonders wertvoller Fahrzeuge unter den behaupteten verbotenen und latent gefährlichen Verhältnissen tatsächlich als eine Handlung anzusehen wäre, die den Eintritt des Versicherungsfalles objektiv wahrscheinlicher machen mußte. Auch am Verschulden des Klägers an einer solchen Gefahrerhöhung (§ 25 Abs. 2 VersVG) bestunden nach der bisherigen Aktenlage ebensowenig Zweifel wie an ihrem Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und den Umfang der Leistung des Versicherers (§ 25 Abs. 3 VersVG), weil die Fahrzeuge infolge ihrer Einstellung in den Schuppen von dem Brand desselben betroffen wurden.

Aber auch die Frage eines groben Verschuldens des Klägers am Eintritt des Versicherungsfalles durch Herbeiführung des Brandes des Schuppens als Folge seiner Schweißarbeit kann noch nicht abschließend beurteilt werden:

Ausgehend von undeutlichen Tatsachenfeststellungen läßt sich nicht mit Sicherheit erkennen, ob die Vorinstanzen in diesem Punkte von einer richtigen Beweislastverteilung ausgegangen sind. Wie schon oben angedeutet, hat der Erstrichter in seinem zweiten Urteil Feststellungen aus seinem ersten, vom Berufungsgericht aufgehobenen Urteil einfach wiedergegeben ("Das Erstgericht entschied mit Urteil ... mit folgender Begründung:"), ohne klar auszusprechen, welche von diesen Tatsachenfeststellungen er aufrecht hielt. Für einen Teil dieser Feststellungen mag das auf der Hand liegen, weil sich keine neuen Gesichtspunkte ergaben, so etwa in Bezug auf die Örtlichkeit der abgebrannten Baracke und des Platzes der Schweißarbeit. Das nach Verfahrensergänzung gefällte neue Urteil darf aber keinen Zweifel darüber offen lassen, welche Tatsachen das Gericht nun als insgesamt festgestellt seiner rechtlichen Beurteilung zugrundelegt (vgl. § 417 Abs. 2 ZPO). Derartige Zweifel ergeben sich hier mindestens in dem Punkt, ob (wie es im ersten Urteil festgestellt und im zweiten Urteil bloß als Inhalt des ersten wiedergegeben wurde), von der technischen Seite her gesehen, die vorgenommene Schweißarbeit (immer noch) die vermutlich wahrscheinlichste Zundursache blieb, zumal (daran hat sich nichts geändert) autogenes Schweißen eine extrem gefährliche technologische Arbeitsverrichtung ist, die möglichst nur im Freien durchgeführt werden sollte. Der Frage, ob weiterhin eine andere Brandursache so gut wie ausscheidet, käme aber zur Lösung der weiteren Frage der Beweislastverteilung für die Kausalität wesentliche Bedeutung zu. Nach ständiger und auch außerhalb des Schadenersatzrechtes gültiger (VersR 1970, 680) Rechtsprechung würde es nämlich genügen, daß der Geschädigte (hier der Versicherer) das Entstehen des Schadens durch den Gegner als überwiegend wahrscheinlich erweist. Es wäre dann dessen Sache nachzuweisen, daß (zumindest ebenso wahrscheinlich) nicht sein Verhalten, sondern eine andere Ursache den Schaden ausgelöst hat (JBl. 1972, 569 u. v. a.). In diesem Fall würde es nicht der vom Erstrichter vermißten "verläßlichen Anhaltspunkte" dafür bedürfen, daß bei dem Schweißversuch glühende Metallteilchen weggespritzt sind, die dann später zum Brandausbruch geführt haben. Das Entstehen des Schadens durch die begonnene Schweißarbeit, bei der Funken wegsprühten, wäre vielmehr schon nach der Art der Arbeit so lange als überwiegend wahrscheinlich anzusehen, als der Kläger nicht eine andere Ursache des Schadens als mindestens ebenfalls wahrscheinlich dargetan oder selbst bewiesen hätte, daß die abstrakte Gefährlichkeit im konkreten Fall nicht zum Tragen gekommen ist. Die Beweislast trifft also den Kläger dafür, daß sein an sich gefährliches Verhalten den Brand nicht verursacht haben kann oder daß wenigstens eine andere bestimmte Brandursache im gleichen Maß wahrscheinlich ist. Ob die Vorinstanzen auch unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht über die Beweislastverteilung zum gleichen Ergebnis gekommen wären, ist ihren Entscheidungen nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Es ist daher nötig, in einem fortgesetzten Verfahren klar festzustellen, ob dem Kläger im dargestellten Sinne der ihm obliegende Beweis mangelnder Kausalität seines an sich feuergefährlichen Verhaltens gelungen ist.

Sollte dem Kläger dieser Kausalitätsgegenbeweis nicht gelingen, so wäre entgegen seiner Meinung und der Ansicht des Erstrichters die Verursachung des Brandes als grobes Verschulden zu werten. Eine derart feuergefährliche Arbeit bot in dem Holzschuppen von vornherein große Gefahr. Der eigentliche Schweißvorgang hätte infolge des dann unvermeidbaren Wegspritzens von glühenden Metallteilen leicht zur Bildung eines Glutnestes und späteren Herbeiführung des Brandes führen können. Die Durchführung einer solchen Arbeit müßte als grobes Verschulden auch dann beurteilt werden, wenn der Asphaltfußboden von leicht brennbarem Material gesäubert war, dem Arbeitsstück eine Blechplatte unterlegt und die Flamme gegen den Boden gerichtet wurde. Beim Abschmelzen von Eisenteilen wäre ja nach den Feststellungen des Erstrichters ein Bereich von 4 bis 5 m gefährdet gewesen, innerhalb dessen erster Hälfte bereits die durch Schottergitter nur teilweise verdeckte Holzwand lag. Weder die Beiziehung eines Beobachters nur für den Arbeitsvorgang (siehe hiezu das Sachverständigengutachten, S. 41) noch die Stellung des Klägers mit dem Rücken zur Bretterwand konnten dann Sicherheit vor einem zunächst versteckten Glimmbrand bieten. Schon gar nicht kann sich der Kläger darauf berufen, daß solche Arbeiten unter gleichartigen Umständen üblich seien; denn die grobe Mißachtung einer Gefahr wird nicht schon durch die Zahl derer gemildert, die ebenso handeln.

Schon der Beginn der auf das eigentliche Schweißen ausgerichteten Arbeit war in diesem Sinne grob fahrlässig, weil der Grad der Gefährlichkeit innerhalb weniger Minuten progressiv wuchs und spätestens mit dem Beginn des Funkenflugs in seiner fortschreitenden Intensität nicht mehr mit Sicherheit überblickbar war. Deshalb ändert sich an diesem Verschuldensgrad auch dadurch nichts, daß die Arbeit wegen aufgetretener Schwierigkeiten vorzeitig beendet wurde. Entgegen der Meinung der Vorinstanzen ist der Verschuldensgrad der einheitlich fortschreitenden und im Wortsinn auf einen einzigen "brandgefährlichen" Erfolg ausgerichteten Arbeit nicht teilbar, so daß auch schon in der Schweißarbeit bis zu dem festgestellten Stadium eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers erblickt werden muß.

Nur wenn der Kläger im oben dargestellten Sinn den Beweis fehlender Kausalität seiner gefährlichen Arbeit erbringt und überdies eine Gefahrerhöhung durch Einstellung der Kraftfahrzeuge in der Holzbaracke verneint werden kann, wird dem Klagebegehren stattzugeben sein.

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