OGH 2Ob81/76

OGH2Ob81/761.7.1976

SZ 49/89

Normen

ABGB §1295
Binnenschiffahrtsgesetz §3
HGB §735
ABGB §1295
Binnenschiffahrtsgesetz §3
HGB §735

 

Spruch:

Mit der Vorschrift des § 3 BSchG wurde nicht eine selbständige Deliktsklage gegen den Schiffseigner geschaffen, die nur vor dem Nachweis eines Dienstverschuldens der Schiffsbesatzung abhinge. Der Gedanke des Gesetzes ist vielmehr nur, die Haftung des Schiffseigners zu begrunden, wenn dem geschädigten Dritten auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen ein Ersatzanspruch gegen die schuldige Person zusteht

OGH 1. Juli 1976, 2 Ob 81/76 (OLG als Schiffahrtsobergericht Linz 3 R 204/75; BG als Schiffahrtsgericht Gmunden 3 C 378/73)

Text

Der Kläger, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland, fuhr am 27. Juli 1972 in einem gemieteten, von seiner Ehegattin gelenkten Elektroboot auf dem Traunsee im Bereich von Gmunden. Rudolf H lenkte dort zur selben Zeit ein Motorboot der Beklagten (Republik Österreich). Er befand sich als Gendarmeriebeamter auf einer dienstlichen Überwachungsfahrt und war hiebei im Rahmen der Hoheitsverwaltung der Republik Österreich tätig. Das von Rudolf H gelenkte Boot rammte dabei das Boot, in dem der Kläger mitfuhr; dieser wurde hiebei erheblich verletzt. Rudolf H wurde wegen dieses Vorfalles nach § 335 StG rechtskräftig verurteilt. Der Kläger belangte die beklagte Partei und Rudolf H beim Bezirksgericht Gmunden als Binnenschiffahrtsgericht. Er führte hiezu aus, das Amtshaftungsgesetz sei wegen seiner ausländischen Staatsangehörigkeit im Hinblick auf die fehlende Gegenseitigkeit nicht anwendbar, doch hafte die beklagte Partei als Schiffseigner nach dem Binnenschiffahrtsgesetz, während sich die Haftung des Rudolf H, welchen das Alleinverschulden am Unfall treffe, als Schiffsführer ebenfalls aus dem Binnenschiffahrtsgesetz, daneben aber auch aus dem ABGB ergebe. Der Kläger stellt verschiedene Schadenersatzansprüche, begehrte Zahlung von 210 125.64 S samt Anhang und erhob auch ein Feststellungsbegehren. Die beklagte Partei sowie Rudolf H wendeten sachliche und örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein; Rudolf H erhob überdies die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges.

Das Erstgericht wies mit Beschluß vom 15. November 1973 die Klage gegen Rudolf H zurück, verpflichtete den Kläger zum Ersatz der diesem erwachsenen Verfahrenskosten und sprach aus, daß die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Unzuständigkeit abgewiesen werde (ON 5). Dieser Beschluß wurde nach teilweiser Abänderung durch das Schiffahrtsobergericht (ON 13) durch Beschluß des OGH (ON 16) wiederhergestellt.

Nunmehr stellte das Bezirksgericht Gmunden als Schiffahrtsgericht mit Teilurteil (ON 39) der beklagten Partei gegenüber fest, daß diese der klagenden Partei für alle künftigen, aus dem Unfall vom 27. Juli 1972 auf dem Traunsee in Gmunden (Zusammenstoß zwischen den Motorbooten C 458 und C 611) entstandenen Schäden mit dem Motorboot C 458 "Speedy" hafte. Ferner erkannte es die beklagte Partei schuldig, dem Kläger einen Betrag von 147 582.64 S samt Anhang zu bezahlen, während es das Mehrbegehren auf Zuspruch eines weiteren Betrages von 60 000 S samt Anhang abwies. Die Entscheidung über das Begehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von 300 DM über weiter begehrte 2534 S samt Anhang sowie über die Prozeßkosten behielt es dem Endurteil vor.

Das Erstgericht traf eingehende Feststellungen zu Art und Umfang der Ansprüche des Klägers, deren Wiedergabe für die vorliegende Entscheidung entbehrlich ist. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß die Beklagte dem Kläger nach dem Binnenschiffahrtsgesetz hafte. Mangels Gegenseitigkeit sei das Amtshaftungsgesetz nicht anzuwenden. Nach § 3 BSchG sei der Schiffseigner für den Schaden verantwortlich, welchen eine Person in Ausübung ihrer Dienstverpflichtungen zufüge. Sicherlich könne der Schiffseigner nur dann mit Erfolg belangt werden, wenn auch die betreffende Person der Schiffsbesatzung grundsätzlich haften würde. Nach den Intentionen des Gesetzgebers solle die Haftung des Schiffseigners neben die seines Bediensteten treten, um den Geschädigten zu helfen, ihre Ansprüche, leichter durchzusetzen. § 3 BSchG dürfe aber nicht so ausgelegt werden, daß die Haftung der Beklagten deshalb verneint werde, weil der eigentliche Schädiger auf Grund seiner Tätigkeit als Beamter nicht direkt belangt werden könne. Die beklagte Partei hafte sachlich - "cum viribus" und nicht "pro viribus" - mit dem Gendarmerieboot "Speedy", doch bleibe es ihr unbenommen, nach Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Urteiles die Ansprüche des Klägers ohne Exekution zu befriedigen.

Das Berufungsgericht verwarf mit Beschluß die von der Beklagten Partei erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges wies deren Berufung, soweit damit Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehrt wurde, das Begehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von 300 DM sowie eines Betrages von 2543 S samt Anhang abzuweisen, als unzulässig zurück. Des weiteren gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers nicht, dagegen der Berufung der beklagten Partei im übrigen Folge und änderte das erstgerichtliche Teilurteil unter Einbeziehung seines bestätigten Teiles dahin ab, daß es das Leistungs- und das Feststellungsbegehren des Klägers abwies, die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Endentscheidung vorbehielt und den Kläger zur Zahlung der Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtete.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die für die Behandlung der vorliegenden Revision wesentlichen Rechtsausführungen des angefochtenen berufungsgerichtlichen Teilurteiles lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Ob das Binnenschiffahrtsgesetz, ähnlich dem EKHG als Spezialnorm gegenüber dem AHG angesehen werden müsse, könne dahingestellt bleiben. Zweifelsfrei ergebe sich jedenfalls aus der von der Judikatur aufgezeigten Parallele zwischen EKHG und AHG, daß auch dann, wenn ein Mitglied der Schiffsbesatzung (§ 3 BSchG), welches gleichzeitig als Organ in Ausübung der Hoheitsverwaltung tätig war, ein Verschulden treffe, die Bestimmungen des AHG zumindest hinsichtlich der Frage des Gründes des Anspruches Anwendung finden. Die Auffassung der Beklagten, es sei dem Geschädigten untersagt, durch Bezugnahme auf das Binnenschiffahrtsgesetz das Amtshaftungsgesetz auszuschalten, sei daher grundsätzlich richtig. Im gegebenen Fall sei aber unbestritten, daß der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist und daß nach der das Gericht bindenden Auskunft des Bundeskanzleramtes die Gegenseitigkeit im Sinne des § 7 AHG im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland - den hier nicht in Betracht kommenden Anwendungsbereich des bilateralen Abkommens BGBl. 245/1957 ausgenommen - nicht verbürgt sei. Die fehlende Gegenseitigkeit im Sinne des § 7 AHG, nach dem Aufbau des AHG einer materiell-rechtlichen Bestimmung, lasse daher einen Amtshaftungsanspruch gegen die beklagte Partei gar nicht entstehen. Dies führe zum Ergebnis, daß das Amtshaftungsgesetz in seiner Gesamtheit - eingeschlossen die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 8 AHG - nicht Anwendung finde, so daß allein nach den Bestimmungen des Binnenschiffahrtsgesetzes zu erkennen sei, ob und in welchem Umfang und gegen wen dem Kläger ein Schadenersatzanspruch zustehe.

Das Binnenschiffahrtsgesetz (§ 3 BSchG) begrunde keine selbständige Klage gegen den Schiffseigner, vielmehr hafte dieser nur dann und insoweit, als dem Geschädigten auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen ein Ersatzanspruch gegen den am Unfall schuldigen Schiffsführer zustehe. Nach § 3 BSchG, der inhaltlich mit dem in Österreich ebenfalls geltenden § 485 HGB übereinstimme, hafte der Schiffseigner trotz etwaiger eigener Schuldlosigkeit für den Schaden, den eine Person der Schiffsbesatzung in Ausübung ihrer Dienstverrichtung durch ihr Verschulden einem Dritten zufügt. Diese Haftung setze jedoch nicht nur ein Verschulden des Besatzungsmitgliedes, sondern einen Anspruch gegen das Besatzungsmitglied voraus und trete zu dessen Haftung hinzu, sei also adjektizischer Natur, so daß beide - Schiffseigner und Besatzungsmitglied - als Gesamtschuldner haften und dem Schiffseigner auch der Rückgriff gegen das schuldige Besatzungsmitglied zustehe. Möge auch dem Gesetzeswortlaut des § 3 BSchG die adjektizische Natur der Haftung des Schiffseigners nicht ohne weiteres entnommen werden können, so ergebe sich diese jedenfalls eindeutig aus den Materialen des Gesetzes, insbesondere aus dem dort ausgesprochenen Zweck, die bereits nach früherem Recht bestehende subsidiäre Haftung des Schiffseigners in eine primäre zu verwandeln, wobei jedoch ersichtlich davon ausgegangen worden sei, daß die dem Schiffseigner aufzuerlegende Haftung inhaltlich keine andere als die regelmäßig keinen praktischen Wert besitzende Haftung der schuldigen Person selbst darstelle. Fehle es aber für den Kläger an einer Möglichkeit, den Schadenersatz gegen Rudolf H durchzusetzen, so führe der adjektizische Charakter des § 3 BSchG zum Ergebnis, daß auch die Beklagte als Schiffseigner nicht zur Haftung herangezogen werden könne.

An der Rechtsnatur des § 3 BSchG und der sich daraus ergebenden, lediglich adjektizischen Haftung habe auch das Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen (BGBl. 204/1966) nichts geändert. Es möge fraglich sein, ob dieses Übereinkommen dann - wenn - wie im gegebenen Fall - zwei Schiffe gleicher Nationalität, worunter auch Kleinfahrzeuge zu verstehen sind, zusammenstoßen, überhaupt Anwendung finde. Entscheidend sei jedenfalls, daß zufolge Art. 8 dieses Übereinkommens Beschränkungen allgemeiner Art hinsichtlich der Haftung des Eigentümers des Schiffes auf Grund des nationalen Rechtes unberührt bleiben. Daraus folge, daß § 3 BSchG weiterhin unbeschränkt Geltung habe.

Der Revisionswerber macht geltend, daß ungeachtet der adjektizischen Natur der Schiffseignerhaftung der Absicht des Gesetzgebers Rechnung zu tragen sei, dem Geschädigten einen "tauglichen Zahler" zu geben. Das sei auch Sinn der im § 1 AHG normierten Haftung des Rechtsträgers, weshalb die Haftung der beklagten Partei bejaht werden müsse, zumal ansonsten dem Kläger in verfassungswidriger Weise jeglicher Schadenersatz abgeschnitten sei, welches Ergebnis dem Grundsatz einer verfassungskonformen Gesetzesauslegung widerspreche. Überdies hafte die beklagte Partei dem Kläger nach dem Übereinkommen zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen (BGBl. 204/1966).

Die beklagte Partei vertritt in ihrer Revisionsbeantwortung die Ansicht, daß der Anspruch des Klägers nicht nur gegenüber Rudolf H, sondern auch gegenüber der allein noch beklagten Republik Österreich primär wegen mangelnder Gegenseitigkeit gemäß § 7 AHG und unbeschadet dessen sodann auch wegen der Adjektizität der Schiffseignerhaftung nach dem Binnenschiffahrtsgesetz nicht gerechtfertigt sei.

Vorweg ist der Meinung der beklagten Partei entgegenzutreten, daß auch das allein noch gegen die Republik Österreich (einen Rechtsträger im Sinne des § 1 AHG) gerichtete Klagebegehren zufolge des Mangels der Gegenseitigkeit nach § 7 AHG abzuweisen sei. Dies ist rechtsirrig, weil § 7 AHG lediglich besagt, daß Ausländern bei Fehlen der Gegenseitigkeit ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes (eben des Amtshaftungsgesetzes) nicht zustehe. Die Formulierung dieser Gesetzesstelle verbietet eine Schlußfolgerung in der Richtung, daß ein Ausländer eine juristische Person, der die Eigenschaft eines Rechtsträgers im Sinne des § 1 AHG zukommt, nicht nach anderen Bestimmungen der Rechtsordnung in Anspruch nehmen könnte, wenn solche Gesetzesvorschriften bestehen und der Rechtsträger nicht ausschließlich wegen des Verschuldens eines Organes in Anspruch genommen wird. Daher kann, wie der OGH wiederholt ausgesprochen hat, ein Rechtsträger in seiner Eigenschaft als Halter eines Kraftfahrzeuges nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz von Ausländern bei Fehlen der Gegenseitigkeit - aber auch von Inländern, sofern nur Erfolgshaftung geltend gemacht wird - in Anspruch genommen werden (ZVR 1966/125; ZVR 1969/149; 2 Ob 199/75; vgl. 2 Ob 260/74). Nicht anders liegen die Dinge dann, wenn ein Rechtsträger von einem Ausländer, dem nicht die Gegenseitigkeit im Sinne des § 7 AHG zugute kommt, in seiner Eigenschaft als Schiffseigner in Anspruch genommen wird.

Die Frage der Haftung der beklagten Partei als Schiffseigner ist allerdings zunächst an Hand der Bestimmungen des Übereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen (BGBl. 204/1966), das für die Republik Österreich am 13. September 1966 in Kraft getreten ist, zu prüfen. Die Vorschriften dieses Übereinkommens folgen weitgehend den Regelungen des in Österreich geltenden Binnenschiffahrtsgesetzes sowie des 4. Buches des Handelsgesetzbuches, weichen jedoch in einzelnen Belangen von ihnen ab und sind insoweit gesetzesändernd (siehe die Erläuternden Bemerkungen zu dem Übereinkommen, enthalten in Beilage 725 der stenographischen Protokolle des Nationalrates, IX. GP). Wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen ergibt, ist das Kriterium für die territoriale Anwendbarkeit des Übereinkommens der Umstand, daß der Zusammenstoß ... oder die Schadenszufügung ... in den Gewässern eines Vertragstaates stattgefunden hat; die Nationalität der beteiligten Schiffe und Personen wird nicht berücksichtigt (zu Art. 1). Das Übereinkommen hat daher grundsätzlich auf den gegenständlichen Fall Anwendung zufinden. Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens besteht eine Schadenersatzpflicht nur, wenn der Schaden durch Verschulden herbeigeführt worden ist, doch wird die Frage, welche Person für ihr eigenes oder das Verschulden anderer zur Haftung herangezogen werden kann, von der Vereinheitlichung durch das Übereinkommen ausgenommen und weiterhin dem nationalen Recht überlassen. Für den österreichischen Rechtsbereich kommen daher als ersatzpflichtige Personen diejenigen in Betracht, die durch ihr eigenes Verschulden den Schaden herbeigeführt haben (§ 1295 ABGB), sowie, wenn es sich um das Verschulden eines Besatzungsmitgliedes handelt, der Schiffseigner(§ 735 HGB i. d. F. des § 92 BSchG; siehe dazu die Erläuternden Bemerkungen zu Art. 2, 3 und 4).

Zutreffend haben deshalb das Schiffahrtsgericht - wenn auch mit unrichtigem Ergebnis - und das Schiffahrtsobergericht den klagsgegenständlichen Anspruch nach den materiellen Bestimmungen des Binnenschiffahrtsgesetzes beurteilt. Dessen eigentümliche Regelung einer bloß adjektizischen Haftung des Schiffseigners schließt jedoch im vorliegenden Fall eine Verpflichtung der beklagten Partei zum Schadenersatz aus. Mit der Vorschrift des § 3 BSchG wurde nämlich nicht eine selbständige Deliktsklage gegen den Schiffseigner geschaffen, die nur von dem Nachweis eines Dienstverschuldens der Schiffsbesatzung abhinge. Der Gedanke des Gesetzes ist vielmehr nur der, die Haftung des Schiffseigners zu begrunden, wenn dem geschädigten Dritten auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen ein Ersatzanspruch gegen die schuldige Person zusteht (Vortisch - Zschuke, Binnenschiffahrts- und Flößereirecht[3] 1953, 23, 30, 376; RG in JW 1901, 619 Nr. 8; RGZ 9, 162; 63, 308, 310). Diese Regelung entspricht völlig jener der akjektizischen Haftung des Reeders nach dem auch in Österreich geltenden § 735 HGB (vgl. Prüssmann, Seehandelsrecht, C. H. Beck 1968, 1019). Der OGH verkennt nicht, daß diese Regelung von der im modernen Verkehrsrecht üblichen weitgehenden Halterhaftung erheblich abweicht, was im Einzelfall zu unbillig scheinenden Ergebnissen führen kann. Daß die Regelung aber dem Willen des Gesetzgebers nicht entspräche, muß mit dem Hinweis auf die zitierten Erläuternden Bemerkungen zum Übereinkommen verneint werden. Dort wird - zu Art. 2 - nicht nur ausdrücklich auf § 735 HGB in der gemäß § 92 BSchG geltenden Fassung verwiesen, sondern auch ausdrücklich hervorgehoben, daß das Binnenschiffahrtsrecht in vielen Belangen von dem "konservativen" Seerecht beeinflußt sei. Dieses aber und ihm folgend das Binnenschiffahrtsrecht sehen lediglich die adjektizische Haftung des Schiffseigners vor, die darüber hinaus noch auf Schiff und Fracht beschränkt ist. Füglich besteht nach der geltenden Rechtsordnung keine Möglichkeit, eine selbständige Haftung des Schiffseigners - vergleichbar etwa der des Kraftfahrzeughalters - anzunehmen. Da ein Ersatzanspruch gegen den am Zusammenstoß der Boote schuldtragenden Gendarmeriebeamten Rudolf H auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen, wie in der zu 2 Ob 260/74 in der gegenständlichen Sache ergangenen Vorentscheidung des OGH ausgeführt wurde, nicht gegeben ist, fehlt es an der wesentlichen Voraussetzung für die - adjektizische - Haftung der beklagten Parteien nach dem Binnenschiffahrtsgesetz.

Die Tatsache, daß der Kläger seinen Schaden weder gegen den schuldigen Schiffsführer Rudolf H noch gegen die beklagte Partei, sei es als Rechtsträger im Sinne des Amtshaftungsgesetzes, sei es als Schiffseigner im Sinne des Binnenschiffahrtsgesetzes, mit Erfolg geltend machen kann, ist letztlich auf den Mangel der Gegenseitigkeit zurückzuführen, dem im Interesse seiner Staatsangehörigen abzuhelfen Sache des Heimatstaates des Klägers wäre. Eben wegen dieses Umstandes muß bei der gegebenen Rechtslage auch der nicht weiter substantiierte Vorwurf der Revision, das rechtliche Ergebnis stehe mit dem Grundsatz der "verfassungskonformen Gesetzesauslegung" in Widerspruch, ins Leere gehen.

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