OGH 4Ob347/74

OGH4Ob347/7410.12.1974

SZ 47/145

Normen

UrhG §42 Abs1
UrhG §42 Abs3
UrhG §42 Abs1
UrhG §42 Abs3

 

Spruch:

Die entgeltliche Herstellung von Fotokopien in einem gewerblichen Kopierunternehmen ist nicht nach § 42 Abs. 1, sondern nach § 42 Abs. 3 UrhG zu beurteilen

Ziel der Urteilsveröffentlichung nach § 85 Abs. 1 UrhG ist allein die Aufklärung der Öffentlichkeit über einen bestimmten Gesetzesverstoß, dessen Publizität auch in Zukunft noch nachteilige Folgen befürchten läßt. Maßgebend ist also nur, ob die Möglichkeit künftiger nachteiliger Auswirkungen der konkreten, dem stattgebenden Unterlassungs- oder Beseitigungsurteil zugrunde liegenden Urheberrechtsverletzung des Beklagten eine solche Aufklärung des Publikums als angebracht und notwendig erscheinen läßt; zur bloßen Abschreckung anderer Personen vor möglichen gleichartigen Gesetzesverstößen ist die Einrichtung der Urteilsveröffentlichung hingegen nicht bestimmt

OGH 10. Dezember 1974, 4 Ob 347/74 (OLG Wien 3 R 15/74; LGZ Wien 26 Cg 128/73)

Text

Gegenstand des Unternehmens der klagenden GmbH ist es u. a. folgende, den Urhebern geschützter Werke, ihren Rechtsnachfolgern und den Werknutzungsberechtigten zustehende Rechte wahrzunehmen:

a) das Recht, Sprachwerke ... ganz oder teilweise auf Ton-, Bild- oder Bildtonträgern jedweder Art (z. B. Tonbändern, Schallplatten, Bildtonstreifen u. dgl.) festzuhalten und diese zu vervielfältigen und zu verbreiten ...

b) das Recht, Sprachwerke auf photochemischem Wege (z. B. Mikrophotographie u. dgl.) zu vervielfältigen.

Die Gesellschaft ist berechtigt und verpflichtet, diese Rechte zu verwalten und durch Erteilung von Werknutzungsbewilligungen an dritte Personen nutzbar zu machen. Sie läßt sich von den Inhabern solcher Rechte vertraglich mit deren Wahrnehmung betrauen. Mit Wahrnehmungserklärung vom 13. Juni 1973 hat der S-Verlag die Klägerin mit der ausschließlichen Wahrnehmung u. a seines Rechtes, Sprachwerke auf photochemischem Wege (z. B. Mikrophotographie u. dgl.) zu vervielfältigen, betraut. Die Klägerin hat diese Erklärung am 15. Juni 1973 angenommen.

Der Beklagte betreibt ein Unternehmen für Text- und Planverarbeitung unter der protokollierten Firma "Kopierdienst Kurt K". Er befaßt sich mit der Herstellung von Photokopien, wobei er für die Herstellung einer Kopie 4.70 S, für zwei Kopien 7.50 S verlangt. Zwischen dem 19. Juni und dem 2. Juli 1973 ließen sich drei Personen im Geschäftslokal des Beklagten je einen Aufsatz aus den im S-Verlag erschienenen damals im Handel frei erhaltlichen Zeitschriften "Monatshefte für Chemie", "Juristische Blätter" und "Österreichische Ingenieurzeitschrift" (jeweils Jahrgang 1973) photokopieren; hiefür hatten sie insgesamt 126.63 S zu zahlen. Diese drei Personen sind dem Geschäftsführer der Klägerin, Dr. Helmut St., persönlich bekannt. Er hatte ihnen zwar nicht den Auftrag gegeben, bestimmte Photokopien herstellen zu lassen, hatte sie aber gebeten, ihm gegebenenfalls die Rechnungen zur Verfügung zu stellen

Auf Grund dieses Sachverhalts begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen,

a) ihr 25.26 S binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen; b) die Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Sprachwerke des Werkebestandes der Klägerin durch Photokopien, Xerokopien, Mikrokopien und auf ähnliche Weise zu unterlassen, soweit hiezu die Zustimmung des Urheberberechtigten erforderlich ist.

Außerdem beantragt sie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten des Beklagten im Textteil der Tageszeitung "Die Presse ".

Der Beklagte habe - so führt die Klägerin aus - durch die Vervielfältigung der in der Klage angeführten wissenschaftlichen Artikel sowie dadurch, daß er mit Hilfe technischer Geräte für jedermann Vervielfältigungen geschützter Sprachwerke herstelle, das Vervielfältigungsrecht der Urheber wissenschaftlicher und belletristischer Sprachwerke nach § 15 Abs. 1 UrhG verletzt. Da er aus dieser fortlaufenden Rechtsverletzung ein Gewerbe gemacht und darauf seine Existenz aufgebaut habe, müsse auch die Wiederholungsgefahr bejaht werden. Der Beklagte habe aber nicht nur im Sinne des § 81 UrhG künftige Gesetzesverstöße zu unterlassen, sondern der Klägerin auch gemäß § 86 Abs. 1 Z 1 UrhG ein angemessenes Entgelt zu zahlen; hiefür erscheine ein Betrag von 20% des gezahlten Entgeltes, somit 25.26 S, angemessen. Mit Rücksicht darauf, daß der Beklagte keineswegs der einzige sei, der geschützte Sprachwerke gegen Entgelt durch Photokopien, Xerokopien, Mikrokopien u. dgl. vervielfältige, und es daher notwendig erscheine, auch diesen Kreisen und darüber hinaus der breiten Öffentlichkeit das Unzulässige einer solchen Vorgangsweise klar zu machen werde gemäß § 85 UrhG auch die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten des Beklagten begehrt.

Der Beklagte hat das Zahlungsbegehren der Höhe nach außer Streit gestellt, im übrigen aber die Abweisung des Klagebegehrens beantragt und im wesentlichen folgendes eingewendet: Es sei unrichtig, daß er in das Urheberrecht eines Dritten eingreife, wenn sich seine Kunden auf seinen Kopiergeraten Einzelkopien herstellten. Die Entscheidung darüber werde allein von den Kunden selbst getroffen, während der Hersteller der Kopiermaschinen, deren Mieter oder das zur Bedienung dieser Hochleistungsmaschinen erforderliche Personal keine Möglichkeit einer Kontrolle oder einer Beeinflussung hätten. Die Kopiermaschinen des Beklagten könnten nur nach einer gewissen Einschulung bedient werden; um Fehlbedienungen und als deren Folge allfällige Störungen oder sogar Schäden zu verhindern und um den Kunden ihre Kopien zu sichern, sei die Beistellung des Bedienungspersonals notwendig. Rechtlich müsse der Vorgang des Photokopierens aber als Miete der Maschine und des zu ihrer Bedienung erforderlichen Personals durch den Kunden qualifiziert werden. Der Kopiervorgang selbst vollziehe sich im jeweiligen Machtbereich des einzelnen Kunden; dieser allein hafte für allfällige Urheberrechtseingriffe, während das Bedienungspersonal keinen Einfluß auf die Auswahl des Kopiergutes habe. Es dürfe aber auch nicht mit zweierlei Maß gemessen werden: Jedermann könne sich heute ohne jede Kontrolle selbst Photokopien herstellen, wobei es nur von der technischen Einrichtung des jeweiligen Gerätes abhänge, ob eine besondere Betriebsanleitung oder Einschulung notwendig sei oder nicht. Seit einiger Zeit gebe es in Wien und an anderen Orten Straßen-Kopierautomaten, mit denen sich jeder Passant nach Einwurf eines Geldstückes jede beliebige Photokopie herstellen könne; das gleiche gelte für die - meist gemieteten - Kopiermaschinen, die heutzutage in vielen Büros oder Geschäften stunden. Wenn aber in diesen Fällen mangels einer rechtlichen Kontrollmöglichkeit keine Urheberrechtsverletzung begangen werden könne, dann müsse das gleiche auch für die Geräte des Beklagten gelten, bei welchen das Bedienungspersonal ausschließlich dazu da sei, um die Maschine in Gang zu halten und für ihre Funktionstüchtigkeit zu sorgen. Eine rechtlich verschiedene Beurteilung dieser gleichartigen Kopiervorgänge wäre wirklichkeitsfremd und würde den tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr gerecht. Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Anders als bei einer mit der Hand oder mit der Schreibmaschine hergestellten Verfielfältigung, wo die manuelle Tätigkeit im Vordergrund stehe, beschränke sich bei den heute verwendeten Photokopierapparaten die Manipulation auf wenige Handgriffe, während der eigentliche Kopiervorgang durch hochentwickelte technische Vorrichtungen automatisch vor sich gehe, ohne daß ihn die Bedienungsperson weiter beeinflussen könne. Die Aufstellung und Wartung moderner Kopiergeräte könne aber nicht anders beurteilt werden als etwa die Einrichtung einer Druckerei, in welcher Nachdrucke hergestellt werden sollen; da ein dort angefertigter Nachdruck jedenfalls als Vervielfältigung auf Bestellung im Sinne des § 42 Abs. 3 UrhG beurteilt werden müsse, sei nicht einzusehen, warum die Benützung eines Photokopiergerätes - bei gleichem Ergebnis und gleicher wirtschaftlicher Interessenlage - rechtlich anders beurteilt werden sollte. Die Verträge des Beklagten mit seinen Kunden seien nicht Mietverträge, sondern Werkverträge, weil nicht die zur Herstellung einer Kopie notwendige Zeit, sondern dieses Werk in Form der Kopie selbst im Vordergrund stehe und auch die Bezahlung nicht nach der Zeit, sondern nach der Anzahl der hergestellten Kopien erfolge. Durch das entgeltliche Herstellen von Kopien urheberrechtlich geschützter Werke auf seinen Kopierapparaten für dritte Personen habe der Beklagte somit gegen § 42 Abs. 3 UrhG verstoßen. Das der Klägerin gemäß § 86 Abs. 1 Z 1 UrhG gebührende angemessene Entgelt sei der Höhe nach nicht bestritten. Der Klägerin müsse aber auch ein berechtigtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung im Sinne des § 85 UrhG zuerkannt werden, weil durch eine solche Maßnahme in Hinkunft die Zahl gleichartiger Urheberrechtseingriffe zumindest verringert, jedenfalls aber weitere Rechtsstreitigkeiten dieser Art vermieden werden könnten.

Die Berufung des Beklagten hatte insofern Erfolg, als das Berufungsgericht in teilweiser Abänderung des Ersturteils das Veröffentlichungsbegehren der Klägerin abwies; im übrigen, also hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 25.26 S und zur Unterlassung weiterer Urheberrechtseingriffe, wurde das Urteil der ersten Instanz bestätigt. Von den Sachverhaltsfeststellungen der angefochtenen Entscheidung ausgehend, billigte das Berufungsgericht auch die rechtlichen Erwägungen, aus denen das Erstgericht dem Zahlungs- und dem Unterlassungsbegehren der Klägerin stattgegeben hatte. Hinsichtlich des Veroffentlichungsbegehrens sei die Berufung des Beklagten aber begrundet: Das berechtigte Interesse der Klägerin an einer solchen Maßnahme könne nicht deshalb bejaht werden, weil neben dem Beklagten noch andere Unternehmer gleichartige Gesetzesverletzungen begangen hätten oder begingen und weil es der Klägerin zweckmäßig erscheine, diesen Personenkreis auf die Unzulässigkeit eines solchen Verhaltens aufmerksam zu machen. Die Rechtsverletzungen des Beklagten, auf welche es gemäß § 85 UrhG allein ankomme, seien aber nach Zahl und Auswirkungen zu geringfügig, um eine besondere Aufklärung der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Da auch die Abwägung der beiderseitigen Interessen eindeutig zugunsten des Beklagten ausfalle, komme eine Urteilsveröffentlichung auf seine Kosten hier nicht in Betracht.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der von der teilweisen Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes 1000 S übersteigt, wird von beiden Parteien mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Die Klägerin wendet sich gegen die Abweisung ihres Veröffentlichungsbegehrens und beantragt, das Urteil des Erstgerichtes im vollen Umfang wiederherzustellen; der Beklagte bekämpft den bestätigenden Teil der Berufungsentscheidung und stellt den Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Der Oberste Gerichtshof gab keiner der beiden Revisionen Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Zur Revision des Beklagten:

Gemäß § 15 Abs. 1 UrhG hat der Urheber eines Werkes der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste oder der Filmkunst (§ 1 Abs. 1 UrhG) das ausschließliche Recht, das Werk - gleichviel in welchem Verfahren und in welcher Menge - zu vervielfältigen. Auf welchem Wege die Vervielfältigungsstücke hergestellt werden, ist also gleichgültig (EB zu § 15 UrhG, abgedruckt bei Peter, Das österreichische Urheberrecht, 505); das Vervielfältigungsrecht des Urhebers umfaßt nicht nur die manuelle (etwa durch Handschrift, Abzeichnen, Abpausen, Malen u. dgl. vorgenommene), sondern auch die mechanische, chemische oder photochemische Vervielfältigung durch Druck, Photographie, Festhalten auf einem Film usw. (Peter, 62, § 15 UrhG, Anm. 4). Daraus folgt, daß auch das Herstellen von Photokopien, Xerokopien, Mikrokopien oder ähnlicher Vervielfältigungsstücke eines Sprachwerkes (§ 2 Z. 1 UrhG) gemäß § 15 Abs. 1 UrhG allein dem Urheber des Werkes vorbehalten ist.

Eine gesetzliche Beschränkung dieses Ausschließungsrechtes des Urhebers enthält der unter die "freien Werknutzungen" (§§ 41 ff. UrhG) eingereihte § 42 UrhG für den Fall der sogenannten "Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch". Nach dem ersten Absatz dieser Bestimmung darf jedermann von einem Werk der Literatur, der Tonkunst oder der bildenden Künste einzelne Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch herstellen. Abs. 3 Satz 1 erweitert dieses Recht dahin, daß auf Bestellung einzelne Vervielfältigungsstücke auch zum eigenen Gebrauch eines anderen hergestellt werden dürfen; die entgeltliche Vervielfältigung eines Werkes der Literatur oder der Tonkunst zum eigenen Gebrauch des Bestellers ist aber nach Abs. 3 Satz auf andere Art als mit Handschrift oder auf der Schreibmaschine nur zulässig, wenn sie bloß kleine Teile eines Werkes oder ein nicht erschienenes oder vergriffenes Werk betrifft. Das Gesetz unterscheidet hier also sehr deutlich zwischen der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch des Vervielfältigen den selbst (Abs. 1) und der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch eines anderen, also einer vom Vervielfältigenden verschiedenen Person (Abs. 3; vgl. dazu auch die EB zu § 42 UrhG bei Peter, 559): Während das Herstellen einzelner Vervielfältigungsstücke im ersten Fall gemäß § 42 Abs. 1 UrhG keinen weiteren Beschränkungen unterworfen ist, ist das Vervielfältigen zum eigenen Gebrauch eines anderen grundsätzlich nur "auf Bestellung" - also nicht im voraus "auf Lager" (EB zu § 42 UrhG bei Peter, 559) - und darüber hinaus bei entgeltlicher Vervielfältigung von Werken der Literatur oder der Tonkunst nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 42 Abs. 3 UrhG (Hand- oder Maschinschrift, sofern nicht bloß kleine Teile eines Werkes oder ein nicht erschienenes oder bereits vergriffenes Werk vervielfältigt werden) zulässig (vgl. dazu auch Peter, 121, § 42 UrhG Anm. 1 und 10; Dittrich, Das österreichische Verlagsrecht, 136).

Im vorliegenden Fall besteht kein Streit darüber, daß es sich bei den beanstandeten Vervielfältigungen um die entgeltliche Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke zum eigenen Gebrauch der Kunden des Beklagten handelte; ebenso ist es unbestritten, daß in allen drei Fällen ganze wissenschaftliche Zeitschriftenaufsätze, sohin nicht bloß "kleine Teile eines Werkes", photokopiert wurden und daß die betreffenden Zeitschriften im Zeitpunkt der Vervielfältigung frei erhältlich, also nicht vergriffen waren. Die Entscheidung über das Zahlungs- und das Unterlassungsbegehren der Klägerin hängt somit allein davon ab, ob man im Sinne der Rechtsausführungen der Klägerin davon ausgeht, daß die beanstandeten Vervielfältigungen nach den Umständen des vorliegenden Falles vom Beklagten (bzw. dessen Angestellten) auf Bestellung der Kunden hergestellt wurden - in welchem Fall die Tätigkeit des Beklagten durch § 42 UrhG nicht gedeckt wäre -, oder ob man sich der Auffassung des Beklagten anschließt und eine ausschließlich nach § 42 Abs. 1 UrhG zu beurteilende Vervielfältigung durch die Kunden selbst, wenn auch unter Benützung der vom Beklagten zu diesem Zweck vermieteten Maschinen und mit Hilfe des gleichfalls von ihm beigestellten Bedienungspersonals, annimmt. Beide Untergerichte haben diese Frage im Sinne der Klägerin beantwortet und eine Verletzung des von ihr wahrgenommenen Vervielfältigungsrechtes der Urheber durch den Beklagten als gegeben angenommen. Dieser Auffassung ist aus nachstehenden Erwägungen beizutreten:

Nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten wurden die beanstandeten Photokopien in seinem Geschäft hergestellt. Die dort aufgestellten Kopiermaschinen werden nicht von den Kunden selbst, sondern ausschließlich vom Bedienungspersonal in Betrieb genommen. Diese Angestellten des Beklagten nehmen die Kopiervorlagen von den Kunden entgegen, legen sie auf die hiefür vorgesehene Unterlage und betätigen sodann den Auslösemechanismus; sie haben die Apparate mit Kopierpapier zu versorgen, die Maschinen zu kontrollieren und vor allem auch das - nach der Anzahl der herzustellenden Kopien berechnete - Entgelt zu kassieren. Bei einer solchen - auch im vorliegenden Fall eingehaltenen - Vorgangsweise kann aber nicht davon gesprochen werden, daß die betreffenden Photokopien von den einzelnen Kunden, wenn auch mit Hilfe der vom Beklagten für diesen Zweck gegen Entgelt zur Verfügung gestellten Kopiermaschinen, im Sinne des § 42 Abs. 1 UrhG selbst hergestellt worden wären: Wer, wie es hier der Fall war, ein gewerbliches Kopierunternehmen aufsucht, um ein oder mehrere bestimmte Schriftstücke "photokopieren zu lassen", ist nicht daran interessiert, eine der dort aufgestellten Maschinen für eine gewisse Zeit zu mieten, um während dieser Zeitspanne nach eigenem Gutdünken Kopien selbst anfertigen zu können; es geht ihm vielmehr ausschließlich um eine vom Inhaber des Unternehmens - persönlich oder durch seine Angestellten - zu erbringende Leistung, nämlich die Herstellung der gewünschten Photokopien. Der Unternehmer, der einen solchen Kopierauftrag entgegennimmt, verpflichtet sich nicht zur zeitweiligen Überlassung der Benützung einer solchen Maschine an den Kunden - wie es dem Wesen eines Mietvertrages entspräche -; er übernimmt vielmehr die eigenverantwortliche Herbeiführung des vom Kunden gewünschten Arbeitserfolges, nämlich der Herstellung der Photokopie, und damit die (entgeltliche) Herstellung eines "Werkes" im Sinne des § 1151 Abs. 1, zweiter Halbsatz, ABGB. Daß dies auch für den Betrieb des Beklagten und damit für die hier zu beurteilenden Einzelfälle uneingeschränkt zutrifft, die Untergerichte, also das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und den "Bestellern" der beanstandeten Photokopien völlig richtig als Werkvertrag qualifiziert haben, zeigt im übrigen auch die Tatsache, daß das vom Beklagten geforderte Entgelt nicht etwa nach der Zeit der Inanspruchnahme der Maschinen, sondern nur nach der Anzahl der hergestellten Photokopien und damit nach dem Arbeitserfolg bemessen wurde.

Die in der Revision gegen diese rechtliche Beurteilung ins Treffen geführten Argumente vermögen nicht zu überzeugen: Die - offenbar vom urheberrechtlichen Werkbegriff des § 1 Abs. 1 UrhG beeinflußte - Meinung des Beklagten, daß ein "Werk" im Sinne des § 1151 ABGB nur bei einem "gewissen Mindestmaß an schöpferischer Gestaltung, unternehmerischer Tätigkeit und unternehmerischem Können" anzunehmen sei, ist im Gesetz überhaupt nicht begrundet. Der Begriff des Werkes ist vielmehr im weitesten Sinn zu verstehen (Adler - Höller in Klang[2] V, 167, 373),; er umfaßt körperliche wie unkörperliche Erzeugnisse und Arbeitserfolge aller Art (Adler - Höller, 373; Ehrenzweig[2] II/1, 516; Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, 89; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[3]l, 272), ohne daß es dabei im Sinne der Ausführungen des Beklagten auf die Erfüllung irgendwelcher "Mindesterfordernisse" ankäme. Auch die Herstellung einer Photokopie im Auftrag eines anderen ist ein "Werk" im Sinne des § 1151 ABGB, mag sich die dabei vom Unternehmer zu entfaltende manuelle Tätigkeit infolge der Verwendung moderner vollautomatischer Maschinen in der Regel auch auf einige wenige Handgriffe beschränken. Nicht darauf, ob und welcher technischer Hilfsmittel sich der Unternehmer bei der Herstellung des Werkes bedient, kann es nämlich bei der Abgrenzung zwischen einem Mietvertrag und einem Werkvertrag ankommen, sondern nur darauf, ob diese technischen Hilfsmittel im Einzelfall dem Kunden für eine bestimmte Zeit gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen (Mietvertrag) oder aber vom Unternehmer selbst zur eigenverantwortlichen Herbeiführung des vom Besteller gewünschten Arbeitserfolges verwendet werden (Werkvertrag).

Geht man aber im Sinne dieser Rechtsausführungen davon aus, daß die beanstandeten Photokopien vom Beklagten auf Bestellung seiner Kunden hergestellt worden sind, dann kann sich der Beklagte nicht auf eine freie Werknutzung nach § 42 Abs. 3 UrhG berufen; er hat sich vielmehr durch sein Verhalten einer Verletzung des - von der Klägerin wahrgenommenen - Vervielfältigungsrechtes der Urheber der photokopierten Werke schuldig gemacht. Von der Haftung für diese Gesetzesverstöße kann sich der Beklagte auch nicht unter Berufung darauf befreien, daß ihm und seinem Personal eine entsprechende Kontrolle des Kopiergutes tatsächlich und rechtlich unzumutbar, wenn nicht sogar unmöglich sei, zumal er ja seine Maschinen nicht von Urheberrechtsspezialisten bedienen lassen könne. Wer, wie der Beklagte, das Herstellen von Photokopien für andere zu seinem Geschäftsbetrieb gemacht hat, hat auch dafür zu sorgen, daß bei dieser Tätigkeit Eingriffe in die durch das Urheberrechtsgesetz gewährleisteten Ausschließungsrechte Dritter vermieden werden. Ob dieses Ziel allein durch eine entsprechende Schulung des Bedienungspersonals zu erreichen ist oder ob es dazu noch weitergehender Maßnahmen bedürfte - welche unter Umständen bis zur gänzlichen Ablehnung des Photokopierens aus Büchern, Zeitschriften u. dgl., deren Inhalt möglicherweise urheberrechtlich geschützt ist, gehen könnten -, muß ebenso der Beurteilung des Beklagten überlassen bleiben wie die Entscheidung darüber, ob er nicht, soweit ihm dies möglich ist, durch den Erwerb der notwendigen Werknutzungsbewilligungenkünftigen Urheberrechtsverletzungen von vornherein vorbeugen will. Die ihm - wie jedem gewerbsmäßigen Vervielfältigungsunternehmer - nach dem Gesetz auferlegte Verpflichtung zur Wahrung der an dem Kopiergut allenfalls bestehenden Ausschließungsrechte Dritter kann der Beklagte jedenfalls nicht unter Berufung auf die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit geeigneter Gegenmaßnahmen auf seine Kunden überwälzen.

In diesem Zusammenhang ist auch aus dem in der Revision abermals wiederholten Hinweis auf die sogenannten "Münzkopierautomaten" für den Beklagten nichts zu gewinnen, dies schon deshalb, weil solche Apparate den Benützer ja gerade in die Lage versetzen sollen, die von ihm benötigten Vervielfältigungsstücke selbst herzustellen (§ 42 Abs. 1 UrhG), ohne hiefür die Dienste eines anderen - insbesondere eines gewerblichen Kopierunternehmens - in Anspruch nehmen zu müssen. Auch Dittrich kommt in seinem vom Beklagten mehrfach zitierten Aufsatz (Zur urheberrechtlichen Beurteilung von Münzkopierautomaten nach österreichischem Recht, GRURInt. 1973 H 6/7 (Ulmer-FS), 257) zu Herstellung von Vervielfaltigungsstücken für einen Dritten im dem Ergebnis, daß die Benützung eines Münzkopiergerätes nicht der Sinne des § 42 Abs. 3 UrhG gleichzustellen ist (260), wobei er freilich im Gegensatz zu Steinmetz (Gedanken zur photomechanischen Vervielfältigung, ÖBl. 1972, 53) die Auffassung vertritt, daß es in diesem Fall auch nicht auf das Eigentum (den Besitz) an dem betreffenden Kopiergerät ankomme.

Daß schließlich auch der wiederholte Hinweis auf die seit der

Erlassung des Urheberrechtsgesetzes eingetretenen Fortschritte der

Technik dem Rechtsstandpunkt des Beklagten nicht zum Erfolg

verhelfen kann, haben bereits die Untergerichte zutreffend

dargelegt: Dem Gesetzgeber des Jahres 1936 war, wie die EB zu § 42

UrhG (bei Peter, 560) zeigen, die Möglichkeit der photomechanischen

Vervielfältigung (also der sogenannten "Photokopie") sehr wohl

bekannt; auf der Suche nach einem sachgerechten Ausgleich zwischen

den Interessen der Urheber und der Verleger auf der einen und der

Allgemeinheit auf der anderen Seite hat sich das Urheberrechtsgesetz

für die in § 42 Abs. 3 festgelegte, zwischen beiden Standpunkten

vermittelnde Regelung entschieden. Nur dieses geltende Gesetz haben

aber die Gerichte anzuwenden; eine "Rechtsfortbildung" im

Widerspruch zum objektiven Sinn des gehörig kundgemachten Gesetzes

ist ihnen verwehrt. Die Gerichte sind insbesondere auch unter dem

Gesichtspunkt der vom Beklagten wiederholt zitierten "Praxisnähe"

keinesfalls berechtigt, den technischen Fortschritt zum Anlaß zu

nehmen, um im Wege der Auslegung rein rechtspolitische Aspekte zu

berücksichtigen und dabei Gedanken in das Gesetz hineinzutragen, die

bisher in ihm (noch) nicht enthalten sind (SZ 40/154 = EvBl.

1968/237 = ÖBl. 1968, 44; ähnlich auch EvBl. 1972/159 =JBl. 1972,

538; EvBl. 1973/29; JBl. 1974, 99 = RZ 1973, 15 u. a.).

Da auch gegen die Bejahung der Wiederholungsgefahr durch die Untergerichte schon im Hinblick auf das Verhalten des Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit keine Bedenken bestehen - der Beklagte ist in der Revision darauf nicht mehr zurückgekommen - entspricht seine Verurteilung zur Unterlassung künftiger Urheberrechtseingriffe dem Gesetz (§ 81 Abs. 1 UrhG). Daraus folgt aber gemäß § 86 Abs. 1 Z. 1 UrhG in Verbindung mit § 88 Abs. 1 UrhG auch die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung eines - der Höhe nach unbestrittenen - angemessenen Entgelts von 25.26 S.

Die Revision des Beklagten mußte daher erfolglos bleiben.

II. Zur Revision der Klägerin:

Die Klägerin hat zur Begründung ihres Veröffentlichungsbegehrens in erster Instanz ausschließlich darauf verwiesen, daß der Beklagte keineswegs der einzige sei, der Vervielfältigungen geschützter Sprachwerke durch Photokopien, Xerokopien, Mikrokopien u. dgl. gegen Entgelt vornehme; es sei daher erforderlich, der breiten Öffentlichkeit und vor allem auch denjenigen Kreisen, die das Urheberrecht in der gleichen Weise verletzen wie der Beklagte, das Unzulässige dieser Vorgangsweise klar zu machen. Diese Umstände vermögen aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, im konkreten Fall eine Urteilsveröffentlichung auf Kosten des Beklagten nicht zu rechtfertigen:

Gemäß § 85 Abs. 1 UrhG setzt der Zuspruch der Befugnis zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten des unterlegenen Prozeßgegners ein berechtigtes Interesse der obsiegenden Partei an dieser Maßnahme voraus. Ein solches Interesse des siegreichen Unterlassungsklägers wird insbesondere dann angenommen werden können, wenn die Veröffentlichung des Urteils ein geeignetes Mittel ist, um diejenigen Nachteile zu beseitigen oder künftig hintanzuhalten, die eine Urheberrechtsverletzung für die Kläger schon mit sich gebracht hat oder noch mit sich bringen könnte (EB zu § § 81 bis 85 UrhG bei Peter, 630; SZ 26/131 = ÖBl. 1953, 67; SZ 44/104 = ÖBl. 1972, 47). Ebenso wie im Bereich des Wettbewerbsrechtes (§ 25 Abs. 4 UWG), hat daher auch die Urteilsveröffentlichung gemäß § 85 Abs. 1 UrhG nicht den Charakter einer Strafe; Ziel dieser Maßnahme ist vielmehr allein die Aufklärung der Öffentlichkeit über einen bestimmten Gesetzesverstoß, dessen Publizität auch noch in Zukunft nachteilige durch das an den Beklagten gerichtete Unterlassungsgebot allein nicht hintanzuhaltende Folgen befürchten läßt. Maßgebend ist also nur, ob die Möglichkeit künftiger nachteiliger Auswirkungen der konkreten, dem stattgebenden Unterlassungs- oder Beseitigungsurteil (§§ 81 bis 84 UrhG) zugrunde liegenden Urheberrechtsverletzung des Beklagten eine solche Aufklärung des Publikums als angebracht und notwendig erscheinen läßt; zur bloßen Abschreckung anderer Personen vor möglichen gleichartigen Gesetzesverstößen ist die Einrichtung der Urteilsveröffentlichung nach § 85 Abs. 1 UrhG hingegen nicht bestimmt.

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung muß aber im vorliegenden Fall im Einklang mit der Auffassung des angefochtenen Urteils ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Urteilsveröffentlichung schon deshalb verneint werden, weil die Klägerin nicht einmal behauptet hat, daß die drei den Gegenstand dieses Rechtsstreites bildenden Urheberrechtsverletzungen - und nur auf sie kommt es nach dem oben Gesagten an - über die darin unmittelbar beteiligten Personen hinaus in irgendeiner Weise in die Öffentlichkeit gedrungen wären. Hat aber die Klägerin mangels jeglicher Publizität auch in Zukunft keinerlei nachteilige Auswirkungen dieser konkreten Gesetzesverstöße des Beklagten zu erwarten, dann fehlt es schon deshalb an einem zureichenden Grund für eine Aufklärung des Publikums durch Veröffentlichung des Unterlassungsurteils (vgl. - zu § 25 Abs. 4 UWG - SZ 25/100 = ÖBl. 1953, 5; ÖBl. 1972, 152 u. a.).

Daß die Tatsache des Bestehens einer Wiederholungsgefahr für sich allein eine Maßnahme nach § 85 Abs. 1 UrhG noch nicht zu rechtfertigen vermag, muß die Klägerin selbst einräumen (vgl. dazu SZ 33/45 = ÖBl. 1960, 118); damit ist aber allen Ausführungen der Revision, wonach die begehrte Urteilsveröffentlichung schon deshalb geboten sei, weil weitere Urheberrechtsverletzungen im Betrieb des Beklagten von diesem selbst zugegeben worden und überdies mit Rücksicht auf seinen Prozeßstandpunkt mit Sicherheit zu erwarten seien, von vornherein der Boden entzogen. Daß schließlich auch die in allen Fällen dieser Art gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen hier in Anbetracht der dem konkreten Unterlassungsgebot zugrunde liegenden, nach Zahl und Auswirkungen geringfügigen Gesetzesverstöße des Beklagten das Veröffentlichungsbegehren der Klägerin keinesfalls rechtfertigen könnte, hat ebenfalls schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Der Klägerin ist ohne weiteres zu glauben, daß sie an einer nachhaltigen Aufklärung der Öffentlichkeit und insbesondere der übrigen Kopierunternehmen interessiert ist, um den vom Beklagten ausgegangenen "negativen Beispielswirkungen" zu begegnen und sich künftige Prozesse zu ersparen; es bleibt ihr auch unbenommen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten auf eigene Kosten für eine solche Aufklärung in der ihr geeignet erscheinenden Weise zu sorgen. § 85 Abs. 1 UrhG bietet aber keine Handhabe, die Auslagen für eine solche, mit dem Gegenstand des konkreten Rechtsstreites nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehende Aktion auf den Beklagten zu überwälzen. Auch der Revision der Klägerin mußte aus diesen Erwägungen ein Erfolg versagt bleiben.

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