Spruch:
Begriff des "gefährlichen Betriebes"
Der Inhaber eines Unternehmens, dessen Betriebsgegenstand das Abbrennen von Feuerwerken ist, haftet für die mit diesem "gefährlichen Betrieb" notwendig verbundene spezifische Betriebsgefahr ohne Rücksicht darauf, ob ihm selbst oder seinen Leuten im konkreten Fall der Vorwurf schuldhaften Handelns gemacht werden kann. Diese Haftung muß freilich dort ihre Grenze finden, wo der Schaden auf einem Selbstverschulden des Geschädigten, einem vom Unternehmer nicht zu vertretenden Verschulden Dritter oder auf höherer Gewalt beruht; die Beweislast für das Vorliegen solcher Umstände trifft den beklagten Unternehmer
Daß eine Schadenersatzklage nur auf ein Verschulden des Beklagten gegrundet worden ist, schließt die amtswegige Berücksichtigung der gesetzlichen Gefährdungshaftung des Beklagten - insbesondere als Inhaber eines "gefährlichen Betriebes" - durch das Gericht nicht aus
OGH 28. März 1973, 5 Ob 50/73 (OLG Linz 5 R 189/72; KG Wels 6 Cg 66/72)
Text
Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung von 107.065.56 S samt Anhang. Sie habe im Auftrag des Linzer Ausstellungsvereins im Frühjahr 1970 beim U-Markt Zelthallen zur Unterbringung von Ausstellungsgütern aufgestellt. Am 8. Mai 1970 habe der Beklagte von einem Donauschiff aus gegenüber dem Gelände des U-Marktes ein Feuerwerk abgebrannt. Dabei seien ein oder mehrere Feuerwerkskörper falsch ausgerichtet worden oder sie hätten sich unmittelbar vor der Zundung gesenkt; auch die damals herrschende nördliche Windströmung sei nicht entsprechend berücksichtigt worden. Infolgedessen seine Feuerwerkskörper nicht im Luftraum verglüht, sondern als Glühregen auf die Zeltdächer der Klägerin herabgefallen. Der dadurch entstandene Brandschaden an den Zeltdächern in der Höhe des eingeklagten Betrages sei vom Beklagten verschuldet worden.
Der Beklagte bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin, weil die Zelte zur angegebenen Zeit dem L-Ausstellungsverein vermietet gewesen seien; auch fehle ihm die passive Klagelegitimation, weil nicht er, sondern die Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des U-Jahrmarktes das Feuerwerk veranstaltet und die Haftung für alle Schäden übernommen habe. Im übrigen treffe den Beklagten keinerlei Verschulden, weil er den Schaden nicht verursacht habe und weil sowohl von ihm als auch von seinem Hilfspersonal alle nur erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen eingehalten worden seien. Der Beklagte bestritt die Klageforderung auch der Höhe nach.
Am Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 4. Juli 1972 brachte die Klägerin vor, daß sie ihr Begehren auf ein Verschulden des Beklagten und auf § 1318 ABGB stutze. Der Beklagte sprach sich sofort gegen eine Heranziehung der letztgenannten Gesetzesstelle aus, weil darin eine unzulassige Klageänderung liege. Vor Schluß derselben Tagsatzung brachte die Klägerin dann noch vor, daß sich der Beklagte bei der Durchführung des Feuerwerks untüchtiger Personen bedient und außerdem bei der Übernahme des Auftrages die Haftung für alle Schäden durch das Feuerwerk auf sich genommen habe, worauf die Klage gleichfalls gestützt werde; im übrigen habe zur Zeit des Feuerwerks starker Wind geherrscht, den der Beklagte fahrlässigerweise nicht berücksichtigt habe. Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen und sprach sich auch gegen die Zulassung aller weiteren Beweisanträge aus, "soweit darin eine Klageänderung zu erblicken" sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Seiner Entscheidung liegen folgende wesentliche Sachverhaltsdarstellungen zugrunde:
Am 8. Mai 1970 wurde zwischen 20 Uhr 30 und 21 Uhr anläßlich des U-Marktes in L von einem auf der Donau lavierenden Schleppschiff der DDSG ein Feuerwerk abgebrannt. Das Abbrennen besorgte ein Team des Beklagten, bestehend aus dem Sohn des Beklagten, Josef S - einem gelernten Pyrotechniker -, und den Hilfsarbeitern Josef H und Richard N. Vor dem Abbrennen wurde eine Signalrakete abgeschossen, um die Windrichtung festzustellen. Es gab dabei keinen Anstand, da nur mäßiger Wind mit einer Geschwindigkeit bis zu 15 km/h herrschte, wobei allerdings auch Böen bis maximal 30 km/h möglich waren. Das Feuerwerk wurde dann teils händisch, teils elektrisch abgefeuert.
Bei diesem U-Markt hatte die Klägerin Zelte aufgestellt, welche von ihr an den L-Ausstellungsverein vermietet worden waren. Dieser Ausstellungsverein ist ein eingetragener Verein mit eigenen Statuten sein Obmann war damals Dr. Hans M.
Da die Stadt L als Veranstalterin des U-Marktes verschiedene Veranstaltungen, die sich um diesen Markt ranken, aus gebührentechnischen Gründen nicht selbst durchführen kann, wird zur Veranstaltung des Marktes jeweils eine Arbeitsgemeinschaft gegrundet, welche nur während des Marktes besteht und sich dann wieder auflöst. Diese Arbeitsgemeinschaft besteht aus dem Marktamt der Stadt L, dem L-Ausstellungsverein, den Teilnehmern der Marktbeschicker, den Festwirten und den Schaustellern. Alle diese Gruppen zahlen Beiträge in eine gemeinsame Kasse und daraus wird dann - neben anderen Veranstaltungen - auch das jeweilige Feuerwerk finanziert. Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft ist Heinrich S, Oberamtsrat beim Magistrat der Landeshauptstadt L; er hatte diese ehrenamtliche Funktion auch schon zur Zeit des in Rede stehenden Feuerwerks im Frühjahr 1970 inne. Veraristalter des U-Marktes selbst ist das Markt- und Lebensmittelpolizeiamt der Landeshauptstadt L, welches dabei als Hoheitsträger auftritt. In dieser Eigenschaft vergibt das Amt mit Bescheid auch die Standplätze an alle Gruppen und Einzel- Personen. In gleicher Weise hatte auch der L-Ausstellungsverein seine Standplätze für die von der Klägerin angemieteten Zelte bekommen.
Wenn beim U-Markt ein Feuerwerk abgebrannt wurde, ergab sich dabei vorher immer folgender gleichbleibender Vorgang:
Der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der U-Märkte, Heinrich S nahm mit dem Beklagten, welcher bisher immer die Feuerwerke abgebrannt hatte, Verbindung auf und ließ sich von ihm die verbindliche Zusage geben, daß der Beklagte selbst für allfällige Schäden haftpflichtversichert sei und die volle Haftung übernehme. Nach dieser Zusage - welche immer erteilt wurde - brachte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft den erwähnten Sachverhalt dem Bürgermeister von L zur Kenntnis; dieser übernahm dann die Haftung der DDSG sowie auch dritten Personen gegenüber, von deren Schiften in den beiden letzten Jahren das Feuerwerk abgebrannt worden war. So war es auch schon im Jahre 1968 gewesen, und auch bis zum Feuerwerk des Jahres 1970 hatte sich an diesem immer gleichen Vorgang nichts geändert.
Nachdem sich die Arbeitsgemeinschaft in der angeführten Form abgesichert hatte, trat ihr Obmann mit dem Ansuchen um Genehmigung des Feuerwerks an den Magistrat der Landeshauptstadt L, Bezirksverwaltungsamt, heran. Es wurde sodann eine kommissionelle Erhebung an Ort und Stelle angeordnet, zu welcher die erforderlichen Ämter, Dienststellen und sonstigen beteiligten Personen geladen wurden. Über die Kommissionierung wurde im vorliegenden Fall - wie auch sonst immer - eine Verhandlungsniederschrift aufgenommen, und die Veranstaltung wurde hierauf genehmigt. Dabei heißt es in dieser Verhandlungsniederschrift unter anderem wörtlich.
"10. Für eingetretene Schäden haftet der Veranstalter. Dies gilt vor allem für Beschädigungen der Grünanlagen und Uferbauwerke. Sollten derartige Schäden entstehen, wird deren Behebung auf Kosten des Veranstalters durch den Geschädigten veranlaßt."
Als am 8. Mai 1970 das Feuerwerk von dem lavierenden Schiff der DDSG aus abgefeuert wurde, verließ eine Rakete ihre normale Bahn; sie flog direkt auf ein von der Klägerin an den L-Ausstellungsverein vermietetes Zelt zu und durchschlug das Zeltdach. Die Behebung des dadurch entstandenen Schadens - es waren ein großes Brandloch sowie mehrere kleinere Senglöcher entstanden - würde einen Aufwand von 6978 S erfordern.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin als auch die Passivlegitimation des
Beklagten. Die Klägerin habe ihre Zeltdächer an den L-Ausstellungsverein vermietet und könne nach den Grundsätzen des Schadenersatzrechtes Ersatzansprüche nur gegen ihren Vertragspartner geltend machen, dritten Personen gegenüber aber nur im Fall einer - hier nicht gegebenen - Arglist. Damit sei auch einer allfälligen Haftung des Beklagten nach § 1315 ABGB der Boden entzogen. Der Klageanspruch lasse sich schließlich auch nicht auf § 1318 ABGB stützen, weil diese Bestimmung nur bei solchen Schäden angewendet werden könne, die aus einer Wohnung oder vom Dach eines anderen, Bauwerks aus verursacht würden. Der von der Klägerin eingeschlagene Weg der unmittelbaren Klage gegen den Schädiger sei aus diesen rechtlichen Erwägungen unzulässig, weil der Veranstalter ausdrücklich die Haftung übernommen habe.
Infolge Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurück; gleichzeitig sprach es aus, daß das Verfahren vor dem Erstgericht erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Das Berufungsgericht bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin deshalb, weil diese ihr Zahlungsbegehren nicht auf eine von einem Dritten veranlaßte Vertragsverletzung gestützt, sondern vielmehr behauptet habe, daß der Beklagte die in ihrem Eigentum stehenden Zelte schuldhaft beschädigt habe; der durch Beschädigung einer vermieteten Sache entstandene Schaden sei nicht im Vermögen des Mieters, sondern im Vermögen des Eigentümers der vermieteten Sache eingetreten. Die passive Klagelegitimation des Beklagten sei deshalb gegeben, weil nach den Behauptungen der Klage und den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes der Schaden der Klägerin vom Beklagten verursacht worden sei. Von seiner gegenteiligen Rechtsansicht ausgehend, habe es das Erstgericht unterlassen, sich mit den Beweisergebnissen im Zusammenhang mit der von der Klägerin behaupteten Schadensursache auseinanderzusetzen und darüber entsprechende Feststellungen zu treffen; erst nach Behebung dieser Mängel werde verläßlich gesagt werden können, ob dem Beklagten oder seinen Gehilfen bei der Vorbereitung oder beim Abbrennen des Feuerwerks ein schuldhaftes Fehlverhalten unterlaufen ist. Ob in der Heranziehung des § 1318 ABGB eine Klageänderung liege und ob diese allenfalls trotz des Widerspruchs des Beklagten zuzulassensen, könne das Berufungsgericht noch nicht abschließend beurteilen, weil über einen solchen zusätzlich geltend gemachten Klagegrund im Fall des Widerspruchs des Prozeßgegners so lange nicht sachlich verhandelt werden dürfe, als das Erstgericht über seine Zulassung nicht mit Beschluß entschieden habe; das gleiche gelte auch für die von der Klägerin nachträglich behauptete ausdrückliche Haftungsübernahme durch den Beklagten. Zu diesen beiden Klagegrunden könne derzeit nur so viel gesagt werden, daß eine Haftung des Beklagten nach § 1318 ABGB schon wegen Fehlens des Tatbestandsmerkmals einer "Wohnung" nicht in Betracht kommen werde, falls sich im fortgesetzten Verfahren nicht ein anderer als der bisher festgestellte Sachverhalt ergeben sollte. Dagegen könnte in der dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft gegenüber abgegebenen Erklärung des Beklagten, er übernehme für alle durch das Feuerwerk etwa eintretenden Schäden die Haftung, ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 881 ABGB erblickt werden, auf Grund dessen die Klägerin als die durch das Versprechen begünstigte Dritte den Beklagten unmittelbar auf Schadenersatz in Anspruch nehmen könnte; dabei würde sich diese Haftung des Beklagten nach dem Wortlaut seiner Erklärung nicht nur auf den verschuldeten, sondern auch auf den unverschuldeten Schaden erstrecken. Für den Fall einer Bejahung der Schadenersatzpflicht des Beklagten werde das Erstgericht schließlich auch noch ergänzende Feststellungen über die Anzahl der beschadigten Zelte, das Ausmaß der Schäden usw. zu treffen haben, um die Höhe des Schadens der Klägerin - gegebenenfalls unter Anwendung des § 273 ZPO - festsetzen zu können.
Der Oberste Gerichtshof gab dem gegen diesen Aufhebungsbeschluß erhobenen Rekurs des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zur Frage der Aktivlegitimation der Klägerin hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, daß das hier zu beurteilende Ersatzbegehren nicht, wie dies das Erstgericht offenbar angenommen hat, auf eine unter Mitwirkung des Beklagten begangene Vertrags- Verletzung, sondern auf die schuldhafte Beschädigung der im Eigentum der Klägerin stehenden Zelte und damit auf ein zivilrechtliches Delikt des Beklagten gestützt wird. Die Berechtigung der Klägerin, den Ersatz des in ihrem Vermögen eingetretenen Schadens zu fordern, kann infolgedessen nicht bezweifelt werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Zelte zur fraglichen Zeit an den L-Ausstellungsverein vermietet waren, tritt doch der Schaden, der durch die Beschädigung einer vermieteten Sache entsteht, nicht im Vermögen des Mieters, sondern im Vermögen des Eigentümers der Sache sein (s. dazu MietSlg. 15.125). Den insoweit durchaus zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses ist nichts hinzuzufügen,zumal auch der Beklagte in seinem Rekurs zwar den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der Klägerin aufrechterhält, dabei aber nur "auf die Ausführungen im Ersturteil" verweist, ohne selbst neue Gesichtspunkte vorbringen zu können.
Mit Recht wendet sich der Beklagte aber gegen die vom Berufungsgericht für die Annahme seiner passiven Klagelegitimation gegebene Begründung, nach den Klagebehauptungen und , nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes" sei der Schaden "durch den Beklagten verursacht" worden; ohne Abbrennen des Feuerwerks "durch den Beklagten" wäre der Schaden an den Zelten der Klägerin nicht eingetreten. Der Beklagte verweist hier zutreffend darauf, daß nach den - im angefochtenen Beschluß richtig wiedergegebenen - Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes das Abbrennen des Feuerwerks von einem "Team des Beklagten, bestehend aus dem Sohn des Beklagten, Josef S, einem gelernten Pyrotechniker, und den Hilfsarbeitern Josef H und Richard N", besorgt wurde. Diese Feststellung steht im Einklang mit der Aussage des Zeugen Josef S, wonach sein Vater beim Abbrennen des Feuerwerks nicht dabei gewesen sei; auch der Beklagte selbst hatte das in seiner Parteienvernehmung ausdrücklich bestätigt. Eine Feststellung, daß sich auch der Beklagte selbst am Abend des 8. Mai 1970 in irgendeiner Weise am Abbrennen des Feuerwerks beteiligt und so den Schaden der Klägerin unmittelbar mitverusacht hätte, wurde vom Erstgericht jedenfalls nicht getroffen; die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichtes findet in den Sachverhaltsfeststellungen der ersten Instanz keine Deckung.
Auch die - in dieser Form vom Erstgericht gleichfalls nicht getroffene - Feststellung, daß der Beklagte zur fraglichen Zeit tatsächlich ortsabwesend war, könnte aber entgegen der Meinung des Beklagten noch nicht zur sofortigen Abweisung des Klagebegehrens wegen fehlender Kausalität führen, wäre doch auch in diesem Fall die Annahme eines Eigenverschuldens des Beklagten an dem der Klägerin entstandenen Schaden - etwa in der Form eines Auswahl- oder eines Überwachungsverschuldens - keinesfalls ausgeschlossen. Darauf näher einzugehen, erübrigt sich aber deshalb, weil nach Ansicht des OGH die Haftung des Beklagten für die Schadensfolgen eines von ihm oder von seinen Leuten abgebrannten Feuerwerks schon unter dem Gesichtspunkt der Haftung des Inhabers eines gefährlichen Betriebes für die spezifische Betriebsgefahr grundsätzlich zu bejahen ist:
Das österreichische Recht kennt zwar eine allgemeine Erfolgshaftung für die durch den Betrieb eines Unternehmens verursachten Schäden ebensowenig wie eine allgemeine Haftung des Unternehmens für seine Angestellten gegenüber jedermann (SZ 25/68 = EvBl. 1952/211; ZVR 1957/178 u. a.). Nach der Rechtsprechung ist aber die vom Gesetzgeber in einzelnen Fällen (RHG, EKHG, LuftVerkG usw.) besonders ausgesprochene erweiterte Haftung des Unternehmers für die spezifische Betriebsgefahr grundsätzlich analog auf alle gefährlichen Betriebe auszudehnen; wer ein solches Unternehmen betreibt, kann die Gefahr einer aus der Art des Betriebes entspringenden Verursachung von Schäden an Leib, Leben und Vermögen anderer nicht auf die Öffentlichkeit abwälzen, sondern er muß für sie auch dann aufkommen, wenn ihm oder seinen Betriebsgehilfen ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann (SZ 21/46 = JBl 1947, 493; SZ 22/110; SZ 26/75 = JBl. 1953, 487; SZ 31/26 = RZ 1958, 75 u. a.). Dabei darf freilich der Begriff des "gefährlichen Betriebes" nicht zu weit ausgelegt werden. Wie auch Ehrenzweig[2] II/1, 690 hervorhebt, liegt der Grund für die erweiterte Haftung des Unternehmens bei gefährlichen Betrieben darin, daß bei solchen Betrieben dem Unternehmer Handlungen gestattet werden, die verboten wären, wenn die Rechtsordnung nur die gefährdeten Interessen Dritter im Auge hätte. Der Unternehmer darf in derartigen Fällen "gewaltige Elementarkräfte entfesseln, schwere Massen mit ungeheurer Geschwindigkeit dahingleiten lassen, Zundstoffe erzeugen oder verwenden, den festen Boden untergraben oder den Luftraum unsicher machen" (so wörtlich auch SZ 39/69 = JBl. 1966, 568 = RZ 1966.184 = ZVR 1967/130). Es muß sich also um Betriebe handeln, bei denen nicht bloß infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern infolge ihrer allgemeinen Beschaffenheit die Interessen Dritter schon dadurch in einer das normale Maß der im modernen Leben stets bestehenden Gefährdung wesentlich übersteigenden Art gefährdet werden, daß der Betrieb zur Erreichung seines Zweckes überhaupt im Gang ist; Gleichheit des Rechtsgrundes und des Schutzbedürfnisses sind dabei
stets unerläßliche Voraussetzungen (SZ 34/111 = EvBl 1961/453; JBl.
1956, 527 = RZ 1956, 125; EvBl. 1962/419; EvBl. 1971/135 = JBl.
1971, 367; JBl. 1972, 539 u. a.). Die besondere Haftung des Betriebsinhabers tritt nicht schon dann ein, wenn ein an sich ungefährlicher Betrieb im Einzelfall unter gewissen Umständen zu einem gefährlichen wird; sie ist vielmehr erst dann zu bejahen, wenn eine solche Gefahr nach der Art des Betriebes regelmäßig und allgemein vorhanden ist (2 Ob 149, 150/71; 2 Ob 182/71).
Unter diesem Gesichtspunkt hat der OGH etwa folgenden Unternehmungen
die Eigenschaft eines gefährlichen Betriebes abgesprochen: dem
Betrieb der Landwirtschaft (ZVR 1957/178; EvBl. 1960/318), des
Plakatierungsgewerbes (SZ 25/68 = EvBl. 1952/211), einer Bäckerei (2
Ob 318/55), eines Bauunternehmens (SZ 37/92; EvBl. 1962/419; 6 Ob
163/67), einer Autoreparaturwerkstätte (JBl. 1956, 527 = RZ 1956,
125), einer Wasserleitungsanlage (SZ 41/84), eines
Installationsunternehmens (SZ 34/111 = EvBl. 1961/453), eines
Erdbewegungsunternehmens (2 Ob 182/71), eines Teerungsunternehmens
(6 Ob 24/68), eines Skischleppliftes (SZ 39/69 = JBl. 1966, 568 = RZ
1966, 184 = ZVR 1967/130), eines Zirkusunternehmens (SZ 33/5 = EvBl.
1960/83 = JBl. 1960, 300) oder einer Nachrichtenagentur (JBl. 1972,
312 = ÖBI 1971, 104 = RZ 1971, 121); das Gewerbe eines Holzfällers
(6 Ob 60/58) wurde ebensowenig als gefährlicher Betrieb anerkannt
wie der Betrieb eines Lastenaufzuges (SZ 25/84), einer Laderaupe (2
Ob 149, 150/71), einer Betonmischmaschine (7 Ob 163/69), eines
Caterpillars (JBl. 1972, 539) oder die Verwendung einer
Sodawasserflache (EvBl. 1971/135 = JBl. 1971, 367). Als gefährliche
Betriebe beurteilt hat der OGH dagegen neben einer Eisenbahn (SZ
22/110), einer Industriebahn (JBl. 1958, 550 = ZVR 1959/111) und
einem Sessellift (SZ 26/75 = JBl. 1953/487; EvBl. 1955/150) auch ein
schädliche Abgase verbreitendes Industriewerk (SZ 31/26 = RZ 1958,
75), herabhängende Drähte einer Hochspannungsleitung (SZ 21/46 =
JBl. 1947, 493), eine Munitionsfabrik oder eine Fabrik leichtentzundbarer Stoffe oder Gase (SZ 25/84).
Geht man aber von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung aus, wie sie in den angeführten Beispielen aus der höchstgerichtlichen Judikatur ihren Niederschlag gefunden haben, dann muß das Unternehmen eines Feuerwerks, wie es der Beklagte betreibt, gleichfalls als "gefährlicher Betrieb" im dargelegten Sinn bezeichnet werden. Ganz abgesehen davon, daß schon beim Zunden und beim Abfeuernder Raketen außergewöhnliche Zwischenfälle keinesfalls mit Sicherheit auszuschließen sind, können, wie gerade der hier zu beurteilende Fall zeigt, vor allem während des Fluges der Feuerwerkskörper die verschiedensten Umstände (etwa ein zu kurzer Flug der Raketen wegen eines Herstellungsfehlers oder wegen mangelhafter Einstellung, ein Verlassen der vorherberechneten Flugbahn infolge plötzlicher Windstöße oder einer Kollision zweier Raketen in der Luft und dergleichen mehr) zu unvorhersehbaren und im voraus niemals mit Sicherheit auszuschließenden Folgen und damit insbesondere zu einer Gefährdung von Personen oder Sachen führen; dabei steht naturgemäß zufolge der Verwendung von Bunt- und Schwarzpulversätzen zur Erzeugung von Licht-, Flammen- und Funkeneffekten die Möglichkeit des Auftretens von Brandverletzungen oder Brandschäden im Vordergrund. Diese Gefahr wird aber noch dadurch wesentlich erhöht, daß vor allem größere Feuerwerke in der Regel aus Anlaß von Festen, Jahrmärkten oder ähnlichen Veranstaltungen und daher so gut wie immer in unmittelbarer Nähe solcher Örtlichkeiten abgebrannt werden, an denen zu dieser Zeit größere Ansammlungen von Menschen vorhanden sind. Nicht zuletzt wegen dieser latenten, im vorhinein weder abzugrenzenden noch auch mit Sicherheit auszuschaltenden Gefahren ist auch das Abbrennen von Feuerwerken einschneidenden rechtlichen Beschränkungen unterworfen (vgl. dazu etwa die bis zum 10. Mai 1960 in Gerung gestandene (VfGH 9. 10. 1968 JBl. 1970, 1961 PolV vom 27. November 1939 RGBl. I 2345 über das Abbrennen von Feuerwerkskörpern oder ähnlichen Erzeugnissen i. d. F. der PolV vom 10. Mai 1940 RGBl. 1784, abgedruckt bei Ambrosis - Szirba, Das österreichische Polizeirecht (1965) 1483ff.,wonach das Abbrennen und Abfeuern von Feuerwerkskörpern, pyrotechnischen Artikeln und ähnlichen Erzeugnissen im Freien grundsätzlich verboten war, soweit nicht eine - allgemeine oder für den Einzelfall erteilte - Bewilligung der Verwaltungsbehörde vorlag). Auch in dem hier zu beurteilenden Fall mußte ein besonderes Verwaltungsverfahren vor dem Magistrat der Landeshauptstadt L Bezirksverwaltungsamt, durchgeführt und dabei vor allem eine kommissionelle Verhandlung an Ort und Stelle abgehalten werden, wobei die behördliche Bewilligung des Feuerwerks im Einvernehmen mit dem Amtssachverständigen und den Amtsvertretern - darunter bezeichnenderweise auch Vertretern der Feuerwehr, des Gesundheitsamtes und der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz - von der Erfüllung einer ganzen Reihe von Auflagen (Punkt 1 bis 14 der Verhandlungsniederschrift im angeschlossenen Verwaltungsakt) abhängig gemacht wurde. Alle diese Umstände lassen es gerechtfertigt erscheinen, auch den Inhaber eines Unternehmens, dessen Betriebsgegenstand das Abbrennen von Feuerwerken ist, für die mit diesem "gefährlichen Betrieb" naturnotwendig verbundene, spezifische Betriebsgefahr ohne Rücksicht darauf haften zu lassen, ob ihm selbst oder seinen Leuten im konkreten Fall der Vorwurf schuldhaften Handelns gemacht werden kann. Da der Inhaber eines solchen pyrotechnischen Betriebes gewerbsmäßig eine Tätigkeit ausübt, bei der schon nach ihrem Wesen und nach der Art der dabei verwendeten Stoffe (Pulversätze, Raketen usw.) eine Gefährdung der körperlichen Integrität oder des Eigentums dritter Personen immer im Bereich der Möglichkeit liegt, soll auch ein allenfalls entstehender Schaden nach Möglichkeit nicht auf die Geschädigten überwälzt, sondern vom Inhaber des Unternehmens und damit von demjenigen getragen werden, der mit solchen gefährlichen Gegenständen arbeitet, aus ihrer Verwendung Gewinn zieht und es überdies in der Hand hat, durch entsprechende Vorkehrungen eine Gefährdung anderer so weit als irgend möglich hintanzuhalten.
Die vom Beklagten bestrittene passive Klagelegitimation muß also, wie die angeführten Erwägungen zeigen, schon mit Rücksicht auf seine Eigenschaft als Inhaber eines gefährlichen Betriebes bejaht werden. Daß dieser Haftungsgrund im bisherigen Verfahren weder von den Parteien noch von den Untergerichten releviert worden ist, steht seiner Berücksichtigung durch den OGH nicht entgegen, schließt doch nach ständiger Rechtsprechung der Umstand, daß eine Schadenersatzklage nur auf ein Verschulden des Beklagten gegrundet wird, die amtswegige Berücksichtigung der gesetzlichen Gefährdungshaftung durch das Gericht nicht aus (vgl. ZVR 1966/283 u. a., zuletzt etwa 2 Ob 162/72). Die Klägerin verlangt hier vom Beklagten, dessen Eigenschaft als mit der Durchführung des Feuerwerks vom 8. Mai 1970 betrauter berufsmäßiger Feuerwerker unbestritten feststeht, den Ersatz des Schadens, der beim Abbrennen dieses Feuerwerks an ihrem Eigentum entstanden ist. Daß sie dabei primär ein Verschulden des Beklagten behauptet hat, berechtigt nicht zu der Annahme, sie hätte damit die auch ohne ein solches Verschulden gegebene Gefährdungshaftung des Beklagten als Inhabers eines gefährlichen Betriebes ausschließen wollen (vgl. SZ 29/30; ZVR 1966/158; ZVR 1968/90 u. a.).
Die demnach grundsätzlich und ohne Rücksicht auf ein allfälliges Verschulden seiner Hilfskräfte zu bejahende Haftung des Beklagten für die der Klägerin beim Abbrennen des Feuerwerks entstandenen Schäden muß freilich - ähnlich wie die Gefährdungshaftung nach den einzelnen Haftpflichtgesetzen - dort ihre Grenze finden, wo der Schaden auf einem Selbstverschulden des Geschädigten, einem vom Unternehmer nicht zu vertretenden Verschulden Dritter oder auf höherer Gewalt beruht (SZ 21/46 = JBl. 1947, 493; SZ 31/26 = RZ 1958, 75). Unter diesem Gesichtspunkt hat es daher bei dem vom Berufungsgericht ausgesprochenen Auftrag zur Verfahrensergänzung über die Schadensursache und die näheren Umstände der Entstehung des Schadens zu verbleiben, wird doch erst auf Grund entsprechender Feststellungen des Erstgerichtes verläßlich beurteilt werden können, ob dem Beklagten einer der genannten Entlastungsgrunde zugute kommt. Dabei wird das Erstgericht allerdings zu beachten haben, daß die Beweislast für das Vorliegen solcher besonderer, seine Haftung ausschließender Umstände nach den allgemeinen Grundsätzen der Gefährdungshaftung den Beklagten trifft, wobei vor allem jede nicht aufklärbare Ungewißheit über den Kausalzusammenhang sowie überhaupt über wesentliche Einzelheiten des Unfallsherganges gleichfalls immer zu Lasten des Beklagten gehen muß (vgl. ZVR 1968/1970/91; ZVR 1971/179; 2 Ob 162/72 u. a.). Wenn das Berufungsgericht[3] schließlich auch noch im Zusammenhang mit der Schadenshöhe ergänzende Feststellung des Erstgerichtes über die Anzahl der beschädigten Zelte, das Ausmaß der verursachten Beschädigungen usw. für notwendig gehalten hat, kann der OGH, welcher nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist, auch diesem Ergänzungsauftrag des Berufungsgerichtes nicht entgegentreten.
Zu den weiteren, von der Klägerin erst im Laufe des Verfahrens geltend gemachten Klagegrunden ist folgendes zu sagen:
Der Beklagte hat sich nicht nur sofort gegen die Heranziehung des § 1318 ABGB ausgesprochen, weil damit eine unzulässige Klagänderung vorgenommen werde, sondern er hat auch das Vorbringen der Klägerin in der Richtung des § 1315 ABGB und über die angebliche Haftungsübernahme durch ihn sogleich bestritten und sich gegen die Zulassung aller weiteren Beweisanträge ausgesprochen, "soweit darin eine Klageänderung zu erblicken" sei; auch diese Stellungnahme kann, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nur als Widerspruch gegen die Zulassung der beiden neuen Klagegrunde verstanden werden. Bei dieser Sachlage hätte aber das Erstgericht, soweit in der Heranziehung zusätzlicher Klagegrunde eine Klageänderung gelegen war, gemäß § 235 Abs. 3 ZPO über die Zulassung dieser neuen Klagegrunde mit einem - abgesonderten oder in die Urteilsausfertigung aufzunehmenden - Beschluß entscheiden müssen (vgl. Fasching III 123 § 235 ZPO Anm. II) um auf diese Weise dem in erster Instanz siegreichen Beklagten die Möglichkeit einer Anfechtung der Zulassung der Klageänderung zu geben. Vor einer solchen Entscheidung kann jedenfalls in eine Erörterung der neuen Klagegrunde nicht eingegangen werden (JBl. 1971, 256).
Werden aber die von der Klägerin erst nachträglich herangezogenen Rechtsgrunde unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, dann muß zunächst gesagt werden, daß die Bezugnahme auf § 1318 ABGB jedenfalls keine Klageänderung im Sinne des § 235 ZPO war, weil es sich dabei nur um eine andere rechtliche Qualifikation der schon der Klage zugrunde liegenden, auch jetzt unverändert bleibenden rechtserzeugenden Tatsachen handelt (SZ 19/122; 5 Ob 92/72; Fasching III 117). Dem Berufungsgericht ist aber beizustimmen, daß eine Heranziehung dieses Haftungstatbestandes im vorliegenden Fall nach den bisherigen Sachverhaltsfeststellungen schon daran scheitern muß, daß diese Bestimmung zwar über ihren Wortlaut hinaus auf Räume verschiedenster Art (Geschäftslokale, Waschküchen, Amtsräume, Theater usw.) ausgedehnt worden ist, immer aber das Vorhandensein eines Raumes voraussetzt und daher auf das Abbrennen eines Feuerwerks im Freien von einem Schiff aus auch nicht analog angewendet werden kann (vgl. ZVR 1965/117; 2 Ob 182/71; Ehrenzweig[2] II/1, 686).
Was aber die beiden anderen erst bei der Tagsatzung vom 4. Juli 1972 neu vorgebrachten Klagegrunde (§ 1315 ABGB; Haftungsübernahme durch den Beklagten) anlangt, so liegt hier, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, tatsächlich die Geltendmachung neuer "Rechtsgrunde" im Sinne des § 235 ZPO vor, weil jeder von ihnen aus neuen, im bisherigen Vorbringen der Klägerin noch nicht enthaltenen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet wird. Soweit die genannten Klagegrunde daher von der Klägerin im fortgesetzten Verfahren aufrechterhalten werden, wird das Erstgericht vorerst über ihre Zulassung zu beschließen haben, ehe es sich sachlich mit ihnen auseinandersetzen und durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen die Grundlage einer rechtlichen Beurteilung schaffen kann. Beim derzeitigen Stand des Verfahrens findet der OGH jedenfalls keinen Anlaß, zu den darauf bezüglichen, größtenteils hypothetischen Rechtsausführungen des angefochtenen Aufhebungsbeschlusses schon jetzt Stellung zu nehmen.
Aus den angeführten Erwägungen muß es im Ergebnis bei der Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht verbleiben.
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