Spruch:
Auch im Grundbuch nicht angemerkte Mietzinsvorauszahlungen muß der Käufer der Liegenschaft gegen sich gelten lassen, wenn er bei Vertragsabschluß von diesen Zahlungen Kenntnis hatte oder haben mußte
OGH 14. 1. 1971, 1 Ob 264/70 (OLG Wien 4 R 100/70; LGZ Wien 16 Cg 183/69)
Text
Mit der seit 10. 6. 1969 anhängigen Klage behauptet die Klägerin, die Beklagte habe mit Kaufvertrag vom 16. 8. 1968 von Berta Sch die Liegenschaft EZ 1423 KG O mit einem darauf errichteten Haus käuflich erworben. Dieses Haus habe die Klägerin auf Grund eines Mietvertrages vom 12. 4. 1967 ab 1. 5. 1967 als Dienstwohnung (gemeint zur Verwendung als Dienstwohnung eines ihrer Angestellten) innegehabt; als Vermieter und außerbücherliche Eigentümer seien bei Abschluß des Mietvertrages Margarete und Ernst H aufgetreten. Zur Fertigstellung des Hauses habe die Klägerin eine Mietzinsvorauszahlung von S 200.000.- geleistet, die durch Aufrechnung mit dem Monatszins von S 5300.- und ab Vertragsauflösung durch Zahlung monatlicher Beträge in gleicher Höhe samt 8% Zinsen zurückzuzahlen gewesen wäre. Der Liegenschaftsverkauf an die Beklagte sei im Einvernehmen der Vermieter H und der Voreigentümerin Berta Sch erfolgt; die Beklagte habe dabei die Verpflichtungen der Vermieter aus dem Bestandvertrag und insbesondere die Verpflichtung zur vertragsgemäßen Rückerstattung der Mietzinsvorauszahlung übernommen. Im Oktober 1968 habe die Beklagte den das Haus bewohnenden Dienstnehmer der Klägerin bewogen, auszuziehen und die Schlüssel dem Vertreter der Beklagten, R, zu übergeben. In der Folge habe die Beklagte die Rückgabe des Bestandobjektes an die Klägerin verweigert. Nach vergeblichen Versuchen einer gütlichen Bereinigung habe die Klägerin am 26. 3. 1969 den Bestandvertrag wegen Erfüllungsverweigerung für beendet erklärt. Die Klägerin begehrte daher unter Vorbehalt weiterer Ansprüche die Rückzahlung des Mietzinses für die Monate November 1968 bis März 1969, während welcher Zeit sie durch die Beklagte verhindert worden sei ihr Bestandrecht auszuüben, sowie die seit April 1969 infolge Auflösung des Bestandvertrages fällig gewordenen drei Raten.
Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Die Begründung seiner Entscheidung läßt sich wie folgt zusammenfassen: Die Klägerin hat am 12. 4. 1967 das streitgegenständliche Mietobjekt für ihren Angestellten OberIng O gemietet und dafür eine Mietzinsvorauszahlung von S 200.000.- geleistet, die vertragsgemäß durch Aufrechnung mit dem Monatszins von S 5300.- abzutragen war. Der Mietvertrag wurde zwischen der Klägerin als Mieterin und Ernst und Margarethe H als Vermieter, vertreten durch Baumeister Gustav P, abgeschlossen. Im Mietvertrag wurde die Mietzinsvorauszahlung als "verzinsliches Darlehen" bezeichnet.
Ernst und Margarethe H wollten die gegenständliche Liegenschaft ursprünglich käuflich erwerben. Zu diesem Zweck war am 19. 9. 1966 bereits ein Kaufvertrag errichtet worden, den die Verkäuferin Berta P (später Berta Sch) auch unterschrieben hatte, während die Unterschriften der Käufer noch ausständig waren. Es kam aber in der Folge nicht zum Erwerb der Liegenschaft durch Ernst und Margarethe H, weshalb der oben genannte Mietvertrag von ihnen als "außerbücherliche Eigentümer" abgeschlossen wurde, doch war die Eigentümerin der Liegenschaft Berta P (Berta Sch) mit dieser Vermietung einverstanden und erteilte Ernst und Margarethe H auch die Zustimmung zur Vermietung. Diese standen außerdem für ein Darlehen von S 250.000.- gut, das Amtsrat R dem Baumeister P gewährt hatte. Im Zuge betrügerischer Handlungen des Baumeisters P waren die bei den H zur Ausgleichsanmeldung gezwungen und trachteten nun, von Amtsrat R aus der Haftung entlassen zu werden. Es erschien ihnen daher günstig, die gegenständliche Liegenschaft an R unter gleichzeitiger Entlassung aus der Haftung durch diesen zu verkaufen. Für R war dieser Kauf aber nur dann interessant, wenn das Haus nicht vermietet gewesen wäre. OberIng O, der im Sommer 1968 seine Stellung bei der Klägerin aufgab, war im August 1968 bereit, gegen Rückvergütung seiner Investitionen von S 38.000.- aus dem Haus auszuziehen, worauf sich R entschloß, die Liegenschaft zu erwerben. Tatsächlich erwarb die Beklagte, eine Cousine R's, mit Kaufvertrag vom 16. 8. 1968 die Liegenschaft. Im Oktober 1968 verließ OberIng O das Haus und übergab R die Schlüssel, R hat wohl den Mietvertrag mit der Klägerin von Berta P (Sch) im Herbst 1967 erhalten. In diesem Vertrag ist auch festgehalten, daß das Bestandobjekt von der Klägerin für Wohnzwecke ihres Angestellten O gemietet wurde und eine anderweitige Verwendung des Mietobjektes der schriftlichen Zustimmung der Vermieter bedürfe. Dieser Mietvertrag ist demnach R, dem Bevollmächtigten der Beklagten, bekannt gewesen und wurde auch von Rechtsanwalt Dr S im Juni 1968 R gegenüber erwähnt, als diesem der Rat gegeben wurde, die Liegenschaft selbst zu erwerben. Dies wurde ihm deshalb geraten, weil R - wie bereits erwähnt - im Jahre 1966 Baumeister P zur Ausstattung des Hauses ein Darlehen von S 250.000.- gewährt hatte, wofür nicht nur P, der derzeit in Konkurs ist, sondern auch Ernst und Margarethe H, die derzeit in Ausgleich sind, als Schuldner auftraten. R überlegte sich den Kauf der Liegenschaft zunächst, da er nicht nur den Kredit, den er selbst in Höhe von S 250.000.- gewährt hatte, bei der Kaufsumme berücksichtigen mußte, sondern auch einen hypothekarisch sichergestellten Kredit in Höhe von zirka S 700.000.-, gegeben von der Creditanstalt-Bankverein. Außerdem wußte R, daß OberIng O in der Liegenschaft weiterhin wohnen könne und bis zum "Abwohnen" der Kreditsumme kein Mietzins eingehe.
R trat dann mit O in Verbindung. Als ihm derselbe im August 1968 mitteilte, daß er das Haus räumen wolle, wurde der Hauskauf für R interessanter, O begehrte allerdings S 38.000.- für von ihm investierte Aufwendungen, die ihm R versprach, zu ersetzen. R erwähnte O gegenüber, daß ein Kredit noch offen sei, da dieser Kredit noch nicht zur Gänze abgewohnt sei, O hat hierauf R unter Vorweis eines Gutachtens eines Rechtskonsulenten erklärt, daß die Klägerin auf die Rückforderung dieses Kredites verzichte, da die Hereinbringung desselben aussichtslos sei. Dies hat O auch Ernst H gegenüber erwähnt, wobei er noch erklärte, daß auch von Ernst und Margarethe H nichts hereinkommen könne, weil diese in Ausgleich seien. Daß O für die Klägerin bindende Erklärungen abgeben könne, mußte R annehmen, da das Haus für O, als Oberingenieur der Klägerin, gemietet wurde und sich O auch auf den Generaldirektor der Klägerin berief.
In dem Mietvertrag vom 12. 4. 1967 zwischen der Klägerin und Ernst und Margarethe H wurde für die Bezahlung der S 200.000.- durch die Klägerin die Bezeichnung "Kredit" deshalb gewählt, weil dies für die Klägerin steuerlich günstiger war und außerdem eine Verbücherung nicht möglich war, zumal damals weiterhin Eigentümerin noch Berta Sch gewesen ist. Die Vermieter wurden deshalb auch als "außerbücherliche Eigentümer" angeführt. Als R seiner Cousine, der Beklagten, nahelegte, die Liegenschaft zu erwerben, erwähnte er ihr gegenüber alle Umstände des Kaufes. Abschließend kam der Erstrichter zum Ergebnis, R habe keine Kenntnis davon gehabt, daß der Betrag von S 200.000.- als "Mietzinsvorauszahlung" gegeben wurde. Bei dem Kauf der Liegenschaft durch die Beklagte wurde der "Kredit" von S 200.000.- auch nicht als Belastung der Liegenschaft angesehen.
Diesen Sachverhalt würdigte der Erstrichter in rechtlicher Beziehung dahin, daß die Klägerin den Klagsbetrag nicht fordern könne, weil die von ihr geleistete Mietzinsvorauszahlung im Grundbuch nicht eingetragen worden sei und weder die Beklagte noch deren Bevollmächtigter R gewußt hätten, daß der im Mietvertrag erwähnte "Kredit" eine Mietzinsvorauszahlung darstellt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sei nicht hervorgekommen, daß die Vermieter ihre Verpflichtung aus dem Bestandvertrag vom 12. 4. 1967 anläßlich des Verkaufes der Liegenschaft an die Beklagte auf diese wirksam überbunden hätten, wenngleich aus dem Bestandvertrag selbst hervorgehe, daß es sich bei dem "Kredit" um eine Mietzinsvorauszahlung handelte und davon ausgegangen werden müsse, daß die Beklagte von der geleisteten Mietzinsvorauszahlung Kenntnis gehabt hatte, weil R den Inhalt des Bestandvertrages vom 12. 4. 1967 vor Abschluß des Kaufvertrages vom 16. 8. 1968 gekannt habe. Der Schaden könnte aber auch darin bestehen, daß sie von demjenigen, die Beklagte die Ausübung der Bestandrechte schuldhaft entzogen hat, könnte zunächst darin bestehen, daß die Klägerin für die Unterbringung ihres Dienstnehmers anderswo dieselben oder größere Auslagen gehabt hat, was von ihr aber nicht behauptet wurde. Der Schaden, den die Klägerin dadurch erlitten haben könnte, daß ihr dem sie die Mietzinsvorauszahlung geleistet hat, die noch nicht verbrauchte Mietzinsvorauszahlung in der Höhe des eingeklagten Betrages nicht mehr einbringlich machen könne. Aber auch in dieser Richtung habe die Klägerin keine Prozeßbehauptungen aufgestellt. Schließlich könne die Klägerin ihr Klagebegehren auch nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 1102 ABGB stützen, weil diese nur den Fall regle, wann ein Bestandnehmer, der mehr als eine Fristzahlung vorausgeleistet hat, dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder einem neuen Eigentümer entgegensetzen kann, nicht aber jenen Fall, unter welchen Voraussetzungen ein Bestandnehmer, der eine Vorauszahlung des Bestandzinses geleistet hat, vom neuen Eigentümer den vorausgezahlten Mietzins zurückfordern kann, wenn er von diesem schuldhaft gehindert wird, das Bestandobjekt zu benützen. Daß die Beklagte Kenntnis von der Mietzinsvorauszahlung gehabt habe, habe nach § 1102 ABGB nur zur Folge, daß sie von der Klägerin keinen Mietzins fordern könne, solange die Mietzinsvorauszahlung noch nicht verbraucht sei. Hinsichtlich der Frage, von wem der Bestandnehmer den vorausbezahlten Mietzins zurückfordern kann, wenn er durch den neuen Eigentümer schuldhaft daran gehindert wird, den Bestandgegenstand zu nützen, kämen die Bestimmungen der §§ 1120, 1295 ff und 1435 ABGB in Betracht. Die Beklagte sei zwar gemäß § 1120 ABGB in den Mietvertrag eingetreten; wenn sie die Klägerin schuldhaft gehindert hat, den Bestandgegenstand zu benützen, dann sei sie gemäß §§ 1295 ff ABGB schadenersatzpflichtig. Den Nachweis dieses Schadens in der Höhe von monatlich S 5300.- habe die Klägerin aber nicht erbracht. Da die Klägerin den Bestandvertrag als aufgelöst erklärt habe, bevor die Mietzinsvorauszahlung "abgewohnt" war, sei zwar ein entsprechender Teil des vorausbezahlten Mietzinses zurückzustellen, doch müsse sich die Klägerin gemäß § 1435 ABGB deswegen an den Empfänger dieser Mietzinsvorauszahlung wenden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und gab dem Klagebegehren in Abänderung der untergerichtlichen Urteile statt.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Es ist davon auszugehen, daß nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (Klang in Klang[2] V 130 und die dort unter FN 29 zitierte weitere Literatur, SZ 31/20, SZ 32/89, MietSlg 8680, 8681, 16.169, 17.227 bis 17.230, 19.161, 20.191, 20.193, 21.237, 21.238, zuletzt etwa 7 Ob 54/70) der Erwerber eines Hauses in alle Bestimmungen der bestehenden Mietverträge, mit Ausnahme jener über die Dauer der Mietverhältnisse und längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen, eintritt, auch wenn er einzelne Abreden nicht kannte. Zur Übernahme auch der hienach ausgenommenen Klauseln wäre eine besondere (ausdrückliche oder konkludente) Vereinbarung nötig (MietSlg 3735, 7939 ua).
Dieser Grundsatz erfährt eine weitere Einschränkung durch die Bestimmung des § 1102 ABGB, wonach der Bestandnehmer, der mehr als eine Fristzahlung vorausgeleistet hat, dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder einem neuen Eigentümer "nur" dann entgegensetzen kann, wenn sie in dem öffentlichen Buch ersichtlich gemacht ist, was zunächst die Verbücherung des Bestandvertrages als solchen voraussetzen würde (vgl dazu Klang in Klang[2] V 76). Zweck dieser Eintragung, für die wohl die Form einer Anmerkung (§ 20 lit b GBG) in Betracht käme, ist nicht die Erwerbung eines dinglichen Rechtes, sondern wie im Fall des § 42 Abs 2 MietG, für den die Bestimmung des § 1102 ABGB Vorbild war (vgl Bartsch, GBG[7] 536 f), die Ersichtlichmachung, daß bei dem betreffenden Haus für eine gewisse Zeit bestimmte Zinseingänge, mit denen ein Dritter sonst rechnen könnte, nicht zu erwarten sind. Eine derartige Eintragung hat also nur die Wirkung, daß sich ein Dritter auf die Unkenntnis dieser Tatsache nicht berufen kann. Wer die Diskrepanz zwischen Grundbuchsstand und wahrer Rechtslage kennt oder kennen mußte, kann sich auf das Prinzip des Vertrauens auf ersteren auch sonst nicht berufen (vgl zB SZ 28/64 und 256). Es ist nicht zu sehen, warum dies nicht auch für den Fall des § 1102 ABGB gelten sollte. Zu prüfen ist daher zunächst, ob der Erwerber der Liegenschaft von der Vorauszahlung des Mieters vor Vertragsabschluß etwa geradezu gewußt hat. Die Entscheidung SZ 28/225, die diese Auffassung unter Hinweis auf den Wortlaut des § 1102 ABGB, der auf die Ersichtlichmachung im Grundbuch abstellt, noch ablehnte, muß jedenfalls als überholt angesehen werden, weil der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 17. 11. 1966, SZ 39/197 = MietSlg 18.191, für den Fall, daß der Erwerber der Liegenschaft von der (im Grundbuch nicht ersichtlich gemachten) Mietzinsvorauszahlung Kenntnis hatte, ausgesprochen hat, daß er diese gegen sich gelten lassen müsse. Dazu ist festzuhalten, daß auch schon die Entscheidung SZ 28/225 die in SZ 39/197 ausgeprägte Richtung eingeschlagen hat. Der Oberste Gerichtshof vertrat nämlich schon in SZ 28/225 die Auffassung, es würde den guten Sitten widersprechen, wenn der neue Erwerber unter Berücksichtigung der im Grundbuch nicht ersichtlichen, ihm aber bekannten Mietzinsvorauszahlung die Liegenschaft um einen besonders niedrigen Betrag erstanden hat und trotzdem die nochmalige Bezahlung des Bestandzinses von den Mietern begehren würde, weil dies zu einer ungerechtfertigten Bereicherung führen würde. Die Ersichtlichmachung der Mietzinsvorauszahlung im Grundbuch hat zur Folge, daß jeder Kaufinteressent sein Kaufanbot entsprechend kalkulieren kann. In eben dieser Lage ist aber auch jener Kaufinteressent, der von der Mietzinsvorauszahlung außerbücherlich Kenntnis erlangt hat. Wenn der Oberste Gerichtshof in seiner (in einem Prozeß des Mieters gegen den ursprünglichen Vermieter ergangenen) Entscheidung vom 22. 4. 1970, 7 Ob 54/70, ausgesprochen hat, nach § 1102 ABGB brauche der Erwerber - abgesehen von der ersten Fristzahlung - eine ihm nicht bekannte und nicht verbücherte Vereinbarung über eine Schmälerung der Zinszahlungspflicht nicht gegen sich gelten lassen, so lag dies auf der gleichen Linie. Der noch in SZ 39/197 - ohne nähere Begründung - zum Ausdruck gebrachten Auffassung, der Fall des Kennenmüssens sei hier dem der tatsächlichen Kenntnis nicht gleichzuhalten, kann jedoch in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden. Gewiß kann dem Kaufinteressenten keine Pflicht zu weitwendigen Erhebungen, ob nicht etwa schon im voraus über den Mietzins verfügt wurde (JBl 1957, 561 = Miet-Slg 5606), auferlegt werden. Wenn aber der dem Liegenschaftskäufer bekannt gewordenen Sachverhalt - ohne daß noch solche Erhebungen nötig wären - keinen Zweifel daran aufkommen ließ, daß eine Zinsvorauszahlung erfolgt war, besteht kein Grund, hier einen anderen Maßstab anzulegen. Auch eine Ersichtlichmachung der Vorauszahlung im Grundbuch hat ja nicht schlechthin zur Folge, daß der Liegenschaftserwerber tatsächlich von ihr Kenntnis hat, sondern nur, daß er sie unschwer haben konnte; dies wieder rechtfertigt auch die Beurteilung, daß er sie haben mußte.
Der Erstrichter stellte nun in diesem Zusammenhang fest, daß Amtsrat R, der als Bevollmächtigter der Beklagten die Kaufverhandlungen führte, den Mietvertrag im Herbst 1967 von der Voreigentümerin erhalten hat und daß ihm der Inhalt dieses Vertrages bekannt war. Er stellte ferner fest, R habe gewußt, daß Ing O in dem Haus weiterhin wohnen könne und daß bis zum "Abwohnen" der "Kreditsumme" kein Mietzins eingehe. Er erwähnte Ing O gegenüber erwiesenermaßen sogar selbst, daß ein Kredit noch offen sei, da dieser noch nicht zur Gänze "abgewohnt" sei. Dessenungeachtet kam der Erstrichter zum Ergebnis, R habe keine Kenntnis davon gehabt, daß der von der Klägerin geleistete Betrag von S 200.000.- als Mietzinsvorauszahlung gegeben wurde; er vertrat vielmehr - unter Mitberücksichtigung der Aussage R's - die Ansicht, R habe nicht annehmen können, daß dieser Betrag keinen Kredit darstelle.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung, also nur im Rahmen der rechtlichen Beurteilung, seinerseits zum Ergebnis kommen konnte, R habe doch von der Mietzinsvorauszahlung Kenntnis gehabt, denn bei dem vom Erstrichter festgestellten Sachverhalt konnte, zumal R sogar der Mietvertrag der Klägerin ausgefolgt worden war, bei gehöriger und daher auch zu fordernder Aufmerksamkeit, ohne daß es noch irgendwelcher weitwendiger Erhebungen bedurfte, für R kein Zweifel aufkommen, daß es sich bei dem "Kredit" um eine Mietzinsvorauszahlung handelte. In Anbetracht der Feststellung, daß R der Beklagten gegenüber alle Umstände des Kaufes erwähnte, als er ihr den Erwerb der Liegenschaft nahelegte, muß dies wohl auch für die Beklagte selbst gelten. Die Beklagte muß aber jedenfalls gegen sich gelten lassen, daß ihr Bevollmächtigter, R, von der Mietzinsvorauszahlung zumindest Kenntnis haben mußte. In diesem Belang handelt es sich jedenfalls ausschließlich um eine Frage der rechtlichen Beurteilung.
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die Mietzinsvorauszahlung, wenngleich sie diesmal in der Höhe des Kaufpreises keine unmittelbare Berücksichtigung gefunden hatte, bei den Überlegungen und Kalkulationen R's vor dem Vertragsabschluß nach den Feststellungen des Erstrichters doch eine bedeutende Rolle spielte. Daß R und auch die Beklagte letzten Endes rechtsirrig meinten, sie stelle keine "Belastung" des Hauses dar, ist für sich allein nicht entscheidend.
Wenn der Erstrichter in diesem Zusammenhang darauf hinwies, R habe Ing O Glauben schenken können, daß die Klägerin den noch nicht abgewohnten "Kredit" nicht einbringlich machen werde, wobei sich Ing O auf ein Rechtsgutachten und den Generaldirektor der Klägerin berufen habe, geht dies fehl, denn im Vertrauen auf den äußeren Tatbestand rechtlich relevanter Umstände ist jemand nur zu schützen, wenn der rechtfertigende Tatbestand mit Zutun desjenigen zustandegekommen ist, dem der Schutz zum Nachteil gereicht (vgl MGA ABGB[28] § 1029/1); das wäre hier die Klägerin gewesen. Die Beklagte selbst hat nicht einmal eingewendet, daß die Klägerin an die Äußerungen Ing O's gebunden sei, geschweige denn, daß sie konkrete Behauptungen bezüglich eines Zutuns der Klägerin zum Entstehen eines äußeren Tatbestandes aufgestellt hätte, auf den R bzw die Beklagte hätten vertrauen dürfen.
Geht man also davon aus, daß R als Bevollmächtigter der Beklagten von der Mietzinsvorauszahlung im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbes zumindest Kenntnis gehabt haben mußte und die Klägerin mit Ende März 1969 den Bestandvertrag ohne Widerspruch der Beklagten zur Auflösung gebracht hat, dann sind gemäß P VI des Bestandvertrages ab April 1969 die eingeklagten drei Rückzahlungsraten a S 5300.- samt Zinsen tatsächlich - und zwar jeweils am Monatsersten - fällig geworden.
Es kommt aber auch dem Klagebegehren auf Rückzahlung des Mietzinses für die Monate November 1968 bis März 1969 Berechtigung zu. Unbestritten ist, daß die Beklagte der Klägerin in dieser Zeit die Ausübung des Bestandrechtes verweigert hat. Der Hinweis auf P V Abs 1 des Mietvertrages, wonach eine andere Verwendung des Mietobjektes als für Wohnzwecke des Angestellten der Klägerin, Ing O der schriftlichen Zustimmung der Vermieter bedurft hätte, und eine solche Zustimmung von der Beklagten nicht erteilt worden wäre, ist nicht durchschlagend. Aus dem Inhalt des Vertrages ergibt sich, daß das Bestandobjekt von der Klägerin zur Verwendung als Dienstwohnung eines ihrer Angestellten gemietet wurde. Es würde den guten Sitten widersprechen, bzw schikanös sein, wollte die Beklagte die Benützung des Bestandobjektes durch die Klägerin für gleiche Zwecke wie bisher nur mit der Begründung verweigern, daß Ing O die Liegenschaft geräumt hat, wenn ein von der Klägerin namhaft gemachter neuer Benützer der Liegenschaft dieselbe im gleichen Sinn und gleichen Ausmaß wie Ing O in Verwendung genommen hätte. Es hätte der Klägerin wohl auch nicht verwehrt werden können, zB in Wien weilende Geschäftsfreunde im Bestandobjekt zeitweilig unterzubringen. Behauptungen in der Richtung, daß die Klägerin nach dem Auszug des Ing O von dem Bestandobjekt einen erheblich nachteiligen Gebrauch machen oder zu anderen als Wohnzwecken verwenden wollte, wurden weder aufgestellt noch ist derartiges hervorgekommen. Der Mietvertrag war jedenfalls auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden, auch hatten die Vermieter auf eine Kündigung für das bei Inkrafttreten des Vertrages laufende Jahr und die anschließenden sechs Kalenderjahre verzichtet (P II des Mietvertrages); von einem automatischen Erlöschen des Vertrages konnte keine Rede sein.
Es muß daher bei Auslegung des Vertrages von dessen wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung ausgegangen werden. Diese Auslegung kann nur dazu führen, daß die Beklagte die weitere Benützung des Bestandobjektes, solange es für Wohnzwecke von Angestellten der Klägerin Verwendung finden sollte, auch nicht unter Berufung auf P V des Bestandvertrages verweigern hätte können. Dessenungeachtet hat es die Beklagte abgelehnt, den ihr bzw R von Ing O ausgefolgten Schlüssel zum Bestandobjekt auszuhändigen, wodurch der Klägerin die Benützung, aber auch die Betreuung des Mietgegenstandes unmöglich gemacht wurde. Nun spricht § 1105 ABGB von einer Entziehung des "Gebrauches" eines Mietobjektes und diese liegt eben dann vor, wenn die ausdrücklich bedungene oder aus der Natur der Sache hervorgehende Art der Benützung des Mietgegenstandes ganz bzw teilweise unmöglich gemacht wird. Die Bestimmung des § 1105 ABGB gilt aber - wie der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung vom 25. 1. 1910, GlUNF 4915 ausgesprochen hat - auch bei der Vereitelung des vertragsmäßigen Gebrauches durch den Vermieter. Die Rechtslage ist im Fall des § 1104 ABGB nicht anders, nur ist hier überhaupt kein Mietzins zu entrichten.
Da die Beklagte sohin durch ihre Weigerung, den Schlüssel zum Mietobjekt der Klägerin auszufolgen, dieser den Gebrauch des Mietobjektes entzogen hat, ist die Klägerin auch nicht verhalten, für die Zeit von November 1968 (Auszug des Ing O) bis zum März 1969 (Auflösung des Bestandvertrages) Mietzins zu leisten. Sie ist daher berechtigt, auch für diese Zeit die bereits erbrachte Mietzinszahlung zurückzufordern, zumal nach Vertragsauflösung keine sonstige Verrechnungsmöglichkeit besteht.
Was den Einwand anlangt, der Mietvertrag sei überhaupt nicht gültig zustandegekommen, weil die Vermieter Margarethe und Ernst H nicht Eigentümer der Liegenschaft waren, ist auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen, daß auch eine fremde Sache in Bestand gegeben werden kann und überdies die bücherliche Voreigentümerin mit der gegenständlichen Vermietung einverstanden war.
Es war daher in Stattgebung der Revision spruchgemäß zu entscheiden.
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