OGH 6Ob200/63

OGH6Ob200/632.10.1963

SZ 36/125

Normen

ABGB §294
ABGB §294

 

Spruch:

Ein Konto bei einem Kreditinstitut kann nicht Zubehör einer Liegenschaft sein.

Entscheidung vom 2. Oktober 1963, 6 Ob 200/63.

I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Die Klägerin ist die eheliche Tochter und die beiden Beklagten sind die Nichten des am 7. November 1958 verstorbenen Baumeisters Hans N., der mit Testament vom 20. Mai 1958 die beiden Beklagten als Universalerben eingesetzt, die Klägerin aber übergangen und als erbunwürdig bezeichnet hat. Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach Hans N. wurde am 8. September 1960 zwischen den Streitteilen zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche, insbesondere auch der Pflichtteilsansprüche der Klägerin ein Nachlaßübereinkommen geschlossen, wonach die Beklagten unter anderem der Klägerin die in die Verlassenschaft fallende Eigentumshälfte der Liegenschaft EZ. 376 KG. K. (Haus K.-Straße 2/H.-Straße 3) samt allen am Todestag grundbücherlich eingetragenen Lasten überlassen. Ferner wurde laut Punkt 1. dieses Übereinkommens vereinbart, daß als Stichtag der Übergabe der 7. November 1958 gilt und daß bisher auf die vorerwähnten Lasten geleistete Zahlungen seitens der Beklagten nicht zurückgefordert werden können. Im übrigen wurden vollständig sämtliche Vermögenswerte aufgezählt, welche die Klägerin zwecks Abgeltung ihrer Ansprüche zu erhalten hat. Im Nachlaßinventar ist auch als Aktivpost ein Betrag von 7571 S 60 g enthalten und zwar als die Hälfte des Guthabens aus dem bei der Kärntner Landeshypothekenanstalt in Klagenfurt bestehenden Konto Nr. 12.565 "Ecke K.-H.-Straße Bundeswohnhauswiederaufbau, Baumeister Hans N., K., H.-Gasse." Im Zeitpunkt des Abschlusses des genannten Nachlaßübereinkommens war den Streitteilen der Bestand dieses Kontos bekannt, jedoch wurde darüber nicht gesprochen und es wurde auch nicht bei den Vermögenswerten angeführt, welche die Klägerin auf Grund dieses Übereinkommens zu erhalten hatte. Am 25. Jänner 1961 erging nun in dem genannten Verlassenschaftsverfahren der Beschluß, wonach unter anderem die Kärntner Landeshypothekenanstalt in Klagenfurt zu dem oben genannten Konto angewiesen wurde, das halbe Konto in der Höhe von 7571 S 60 g per 1. Juli 1958 auf ein PUR-Konto der Kärntner Sparkasse in Klagenfurt, lautend auf "Verlaßmasse Hans N." zu überweisen. Die nunmehrigen Streitteile wurden aufgefordert, hinsichtlich dieses PUR-Kontos einen gemeinsamen Erfolglassungsantrag oder einen Nachweis der Klagseinbringung vorzulegen, widrigens das Konto realisiert und das Realisat an die nunmehrigen Beklagten je zur Hälfte ausbezahlt werden würde. Mit Einantwortungsurkunde vom 25. Jänner 1961 wurde der Nachlaß nach Hans N. den beiden Beklagten auf Grund des Testamentes je zur Hälfte eingeantwortet.

Die andere Hälfte des auf dem Konto Nr. 12.565 bestehenden Guthabens wurde bereits an die Klägerin als die gesetzliche Alleinerbin nach ihrer nach Hans N. verstorbenen Mutter Eugenie N., welche die Miteigentümerin der anderen Hälfte der eingangs genannten Liegenschaft gewesen ist, ausbezahlt.

Die Klägerin begehrt mit der von ihr eingebrachten Klage, daß "die Hälfte des Kontos Nr. 12.565" Ecke H.-K.-Straße Bundeswohnhauswiederaufbau, Baumeister Hans N., K., H.gasse "bei der Kärntner Landeshypothekenanstalt Klagenfurt im Betrage von 7571 S 60 g, derzeit auf einem PUR-Konto bei der Kärntner Sparkasse, realisiert werde und daß das Realisat an die Klägerin binnen 14 Tagen bei Zwangsfolge zu bezahlen sei; in eventu sei die Kärntner Sparkasse zu verständigen, daß die Klägerin über die Hälfte des obbezeichneten Kontos verfügungsberechtigt sei", wobei die Klägerin in der Verhandlungstagsatzung vom 30. März 1962 erklärte, folgendes Klagebegehren zu stellen: "Die beiden Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, in die Realisierung des PUR-Kontos bei der Kärntner Sparkasse zugunsten der Klägerin einzuwilligen und das Realisat der Klägerin binnen 14 Tagen bei Zwangsfolge zu ersetzen," ohne aber zu erklären, daß sie das ursprünglich gestellte Klagebegehren zurücknehme. Sie begrundete ihre Begehren damit, daß es bei Abschluß des Nachlaßübereinkommens vom 8. September 1960 der Wille der Streitteile gewesen sei, daß das strittige Konto zur Gänze der Klägerin zufalle, wozu noch komme, daß dieses als Zubehör der Liegenschaft deren Schicksal teile.

Das Erstgericht hat mit seinem Urteil dem Klagebegehren eine andere Fassung gegeben und die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, in die Verfügungsberechtigung der Klägerin über das bei der Kärntner Sparkassa bestehende PUR-Konto einzuwilligen. Es erachtete zwar die Behauptung der Klägerin, es sei der Parteiwille auch auf Überlassung des Kontos bzw. des auf ihm liegenden Betrages an die Klägerin gerichtet gewesen, als widerlegt, vertrat aber die Rechtsauffassung, daß die Klägerin auch ohne eine diesbezügliche Einigung über das Konto verfügungsberechtigt sei, weil es schon auf Grund seiner Bezeichnung und weil es offensichtlich Wohnhauswiederaufbaugelder beinhalte, als Zubehör der Liegenschaft zu beurteilen sei, weshalb es das Schicksal der Hauptsache, nämlich der Liegenschaft EZ. 376 KG. K., teile, welche zur Gänze in das Eigentum der Klägerin übergegangen sei. Den von den beiden Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufungen wurde, nachdem die Berufung des Erstbeklagten, soweit mit ihr Nichtigkeit nach § 477 (1) Z. 9 ZPO. geltend gemacht wurde, verworfen worden war, Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abgeändert, wobei vom Berufungsgericht im Spruch sowohl das in der Klage gestellte Begehren als auch jenes, das in der Verhandlungstagsatzung vom 30. März 1962 gestellt worden war, angeführt wurden. Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich und vertrat die Auffassung, daß es begrifflich und rechtlich unmöglich sei, ein Konto als Zubehör einer Liegenschaft aufzufassen. Das Konto sei weder eine Sache noch ein Recht, sondern ein begrifflicher Behelf für die Abwicklung des Geldverkehrs. Als Sache, welche für eine Zubehöreigenschaft überhaupt in Betracht zu ziehen sei, könne nur das Geld, im vorliegenden Fall der Betrag von 7571 S 60 g, in Betracht kommen. Es sei aber abzulehnen, Geld als Liegenschaftszubehör anzusehen, weil Geld schon infolge der ihm inneliegenden Natur sich nicht als Sache betrachten lasse, die zur Hauptsache in dauernde Verbindung gesetzt werden könne. Bei Anerkennung der Zubehöreigenschaft des auf dem Konto befindlichen Geldes, welches nicht wirklich in Form von Banknoten oder Münzen erliege, sondern nur ein Guthaben gegen das Geldinstitut darstelle, müßte dieses Geld im Falle einer Zwangsversteigerung mitversteigert und sohin Geld um Geld erstanden werden. Dazu komme noch, daß mit dem Nachlaßübereinkommen wohl die Liegenschaftshälfte mit den darauf ruhenden Lasten der Klägerin zugewiesen wurde, jedoch mit der Nichtzuweisung des Kontos an die Klägerin eine etwa bestandene Verbindung zwischen der Liegenschaftshälfte und dem Konto von den beiden Beklagten als Erben gelöst worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revision kommt keine Berechtigung zu. Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit (in der Revision auch als "widersprechende tatsächliche Voraussetzungen" bezeichnet) stellen, soweit sie überhaupt verständlich sind, zum Teil eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung und zum Teil eine Bekämpfung der rechtlichen Beurteilung dar.

Die Rechtsrüge geht vor allem dahin, daß vom Berufungsgericht eine Zubehöreigenschaft des strittigen Kontos zu Unrecht verneint worden sei.

Nach § 294 ABGB. werden unter Zubehör die Nebensachen verstanden, ohne welche die Hauptsache nicht gebraucht werden kann oder die das Gesetz oder der Eigentümer zum fortdauernden Gebrauch der Hauptsache bestimmt hat. Es ist daher begrifflich ausgeschlossen, daß ein "Konto", d. h. das Guthaben bei einem Kreditinstitut, als Zubehör einer Liegenschaft angesehen werden kann. Es kann zwar das von dem Konto behobene Geld für Zwecke der Liegenschaft verbraucht werden, es kann aber nicht das Guthaben fortdauernd für die Liegenschaft gebraucht werden. Es fehlt hier auch die für den Zubehörbegriff wesentliche örtliche Beziehung zwischen der Haupt- und Nebensache (Klang in Klang Komm.[2] II S. 20; Ehrenzweig, Sachenrecht [2], S. 37).

Es ist aber auch dadurch, daß der Erblasser dem strittigen Konto die Bezeichnung gab "Ecke K.-H.-Straße, Bundeswohnhaus-Wiederaufbau, Baumeister Hans N., K., H.-Gasse" dieses nicht zum Zubehör der Liegenschaft geworden, denn es gibt kein gewillkürtes Zubehör in dem Sinn, daß der Eigentümer eine Sache zum Zubehör einer anderen Sache machen könnte, ohne daß das gewillkürte Zubehör in das für das Zubehör erforderliche Verhältnis zur Hauptsache gesetzt wird (Klang, a. a. O., Ehrenzweig, a. a. O. S. 36).

Es ist auch verfehlt, wenn in der Revision unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 3, 15, 19 (2, 24 und 25 WWG. ausgeführt wird, es sei "durch gesetzliche Deklaration" ein Zubehörbegriff hinsichtlich der aus dem Wohnhauswiederaufbaufonds den Hauseigentümern gewährten Darlehen geschaffen worden. Nach § 19 (4) WWG. kann über den Anspruch des Bauwerbers auf Fondshilfe weder durch Abtretung (abgesehen vom Fall des Abs. 4 letzter Satz), Anweisung oder Verpfändung, noch auf irgendeine andere Weise unter Lebenden verfügt werden und es kann dieser Anspruch nicht von Dritten in Exekution gezogen werden. Auch nach § 25 WWG. muß das für Wiederaufbauzwecke gegebene Geld diesem Zweck zugeführt werden. Das bedeutet aber nur, daß der Bauwerber ebensoviel Geld wie er für Wiederaufbauzwecke erhalten hat, auch für diesen Zweck verwenden muß, aber nicht etwa, daß das erhaltene Geld auf ein Konto seperato erlegt werden müsse, welches als Zubehör der Liegenschaft anzusehen sei.

Daraus ergibt sich, daß der Anspruch der Klägerin auf Ausfolgung der nunmehr auf einem PUR-Konto erliegenden Guthabenshälfte aus dem seinerzeitigen Konto Nr. 12.565 der Kärntner Landeshypothekenanstalt nur dann gegeben wäre, wenn zwischen den Streitteilen ausdrücklich vereinbart worden wäre, daß dieser Vermögenswert an die Klägerin übertragen wird. Da dies nicht geschehen ist, da in dem Nachlaßübereinkommen vom 8. September 1960 darüber nichts enthalten ist und über das aus dem Konto sich ergebende Guthaben zwischen den Parteien nicht gesprochen wurde, ist das Klagebegehren unbegrundet.

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