OGH 3Ob824/53

OGH3Ob824/537.1.1954

SZ 27/1

Normen

ABGB §287
ABGB §§1451 ff
ABGB §287
ABGB §§1451 ff

 

Spruch:

Ein öffentlicher Weg kann nicht nur durch Widmung (Öffentlicherklärung), sondern auch durch Ersitzung infolge Gemeingebrauches entstehen.

Ob ein bestehender Gemeingebrauch auch zum Fahren mit Lastkraftwagen berechtigt, ist eine von der Verwaltungsbehörde zu lösende Frage.

Entscheidung vom 7. Jänner 1954, 3 Ob 824/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Ferlach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Die Klägerin begehrte die Feststellung, daß den Beklagten nicht das Recht zustehe, den über ihre Bauparzelle Nr. 2 verlaufenden Weg mit Lastkraftwagen zu befahren.

Der Erstrichter stellte den Beklagten gegenüber fest, daß ihnen das Recht auf Benützung des auf der Baufläche 21 befindlichen und durch den Hof der Klägerin führenden Weges mittels Lastkraftwagen zustehe. Dieses Urteil wurde von der Klägerin mit Berufung und der Zurückweisungsbeschluß mit Rekurs angefochten.

Das Zweitgericht hob auf Anlaß der Berufung das angefochtene Urteil als nichtig auf, erklärte das gesamte in dieser Rechtssache durchgeführte Verfahren für nichtig und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Beschluß des Berufungsgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das Erstgericht dadurch, daß es den Beklagten gegenüber aus Anlaß der von der Klägerin erhobenen Negatorienklage festgestellt hat, daß ihnen das Recht auf Benützung des über die Bauparzelle 21 führenden Weges zustehe, also gewissermaßen aus der Negatorienklage der Klägerin ein konfessorisches Begehren der Beklagten gemacht hat, gegen die Vorschrift des § 405 ZPO. verstoßen hat.

Aber auch das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes nach § 477 Abs. 1 Z. 6 ZPO. wurde vom Berufungsgericht zutreffend angenommen.

Nach herrschender Lehre kann ein öffentlicher Weg nicht nur durch Widmung (Öffentlicherklärung), sondern auch durch Ersitzung infolge Gemeingebrauches entstehen.

Selbst wenn man aber diese Auffassung ablehnen und aus den Bestimmungen des Kärntner Landesgesetz, LGBl. Nr. 17/1890, ableiten wollte, daß die Öffentlichkeit eines Weges einen Beschluß des Gemeindeausschusses voraussetzt, so wäre nichtsdestoweniger der Standpunkt des Berufungsgerichtes begrundet. Denn es ist festgestellt, daß an dem fraglichen Wegstück, das allerdings unbestritten im Privateigentum der Klägerin steht, seit unvordenklichen Zeiten Gemeingebrauch besteht. Wie das Berufungsgericht aber im Anschluß an die in dieser Sache bereits ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 201/53, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, ausgeführt hat, berührt die Frage nach den Grenzen des Gemeingebrauches das öffentliche Recht und gehört daher in die Kompetenz der Verwaltungsbehörde. Die durch die Klage aufgeworfene Frage, ob - im Rahmen des Gemeingebrauches - das fragliche Wegstück auch mit Lastkraftwagen befahren werden darf, ist daher von der Verwaltungsbehörde zu lösen.

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Stichworte