VwGH Ra 2024/01/0156

VwGHRa 2024/01/015613.6.2024

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofräte Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision der V P in W, vertreten durch Mag. Nevena Shotekova‑Zöchling, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Marc‑Aurel‑Straße 6/Top 14, gegen das am 29. Februar 2024 mündlich verkündete und am 13. März 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, Zl. VGW‑152/065/8158/2023‑57, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

ASVG §293
AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
StbG 1985 §10 Abs1 Z7
StbG 1985 §10 Abs5
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
ZPO §500

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024010156.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ in der Sache der Antrag der Revisionswerberin, einer russischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 5 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG für unzulässig erklärt.

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) soweit für das Revisionsverfahren relevant fest, die behaupteten Einkünfte des Stiefvaters der Revisionswerberin aus Vermietung und Verpachtung von Immobilien in Russland hätten „bei der Beurteilung hinreichender Unterhaltsmittel keine Berücksichtigung finden können.“

3 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die Angaben des als Zeugen vernommenen Stiefvaters seien (u.a.) nicht geeignet, „dessen behauptetes Einkommen in Höhe von € 200.000 bis 300.000 jährlich ([...]) in den Jahren bis 2016 bis 2021 zweifelsfrei zu belegen.“ „Weitere Unterlagen“ seien von der Revisionswerberin trotz entsprechender Nachfrage und Fristgewährung bzw. ‑verlängerung nicht vorgelegt worden.

4 In rechtlicher Hinsicht gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass die Summe des nachgewiesenen Nettoeinkommens kleiner als die Summe der zu erreichenden Richtsätze und der Lebensunterhalt als nicht gesichert anzusehen sei. Die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 7 StbG sei damit nicht erfüllt. Die belangte Behörde sei daher im Ergebnis im Recht, wenn sie mangels Erfüllung des in § 10 Abs. 1 Z 7 iVm. Abs. 5 StbG geforderten Nachweises eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes die Verleihungsvoraussetzungen als nicht erfüllt erachtet habe.

5 Dagegen erhob die Revisionswerberin die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 § 10 Abs. 1 Z 7 und Abs. 5 StbG müssen unter dem Blickwinkel des damit verfolgten Zwecks gesehen werden, nämlich die Staatsbürgerschaft nur an Fremde zu verleihen, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein. Nach dem klaren Wortlaut des § 10 Abs. 5 zweiter Satz StbG müssen die eigenen Einkünfte im geltend gemachten Zeitraum dem Fremden eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 ASVG der letzten drei Jahre entsprechen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 14.2.2024, Ra 2021/01/0261, mwN).

10 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 11.1.2023, Ra 2022/01/0355 bis 0358, mwN).

11 Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass dem Erfordernis der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, nicht entsprochen wird, wenn eine außerordentliche Revision die Ausführungen zur Begründetheit der Revision wortident auch als Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision enthält (vgl. für viele VwGH 8.4.2024, Ra 2023/01/0230, mwN).

12 Diesen Anforderungen entsprechen die in der vorliegenden außerordentlichen Revision unter der Überschrift „C. Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Verwaltungsgericht Wien von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist:“ enthaltenen Ausführungen nicht, die ihrem Inhalt nach sowohl Zulässigkeits‑ als auch Revisionsgründe darstellen und nicht gesondert ausgeführt werden.

13 Abgesehen davon, dass sich die Revision bereits deshalb als unzulässig erweist, sei auf Folgendes hingewiesen:

14 Soweit sich die Revision ausschließlich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zur Feststellung wendet, wonach das aus Vermietung und Verpachtung in Russland erzielte Einkommen des Stiefvaters der Revisionswerberin nicht berücksichtig werden könne, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP  16, denen zufolge sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll). Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 30.3.2022, Ra 2021/01/0281; neuerlich VwGH 11.1.2023, Ra 2022/01/0355 bis 0358, jeweils mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung der u.a. auf dem persönlichen Eindruck des vom Verwaltungsgericht als Zeugen einvernommenen Stiefvaters der Revisionswerberin beruhenden Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wird in der Revision nicht dargetan.

15 In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juni 2024

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