VwGH Ra 2023/20/0555

VwGHRa 2023/20/055520.12.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann‑Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des A A, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. Juli 2023, L532 2259998‑1/11E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023200555.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Libanon, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 23. Dezember 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 26. Juli 2022 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Libanon zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 18. September 2023, E 2793/2023‑5, ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes und macht in diesem Zusammenhang Verfahrensmängel geltend.

9 Der Verwaltungsgerichtshof ist nach der ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 24.10.2023, Ra 2022/20/0359, mwN).

10 Entgegen den in der Revision enthaltenen Behauptungen hat sich das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung hinreichend mit dem Vorbringen des Revisionswerbers sowohl hinsichtlich seiner Fluchtgründe als auch zur Frage seiner existentiellen Absicherung bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auseinandergesetzt.

11 Es gelingt dem Revisionswerber mit seinen pauschal gehaltenen Ausführungen nicht darzulegen, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären.

12 Auf das sich auf die Prämisse der Richtigkeit der eigenen Angaben gründende Vorbringen zu weiteren Ermittlungsmängeln, das nicht von den Feststellungen ausgeht, war somit nicht weiter einzugehen (§ 41 VwGG), zumal es diesem an der Relevanz für den Verfahrensausgang fehlt (vgl. zu den Anforderungen einer Relevanzdarstellung bei Geltendmachung von Verfahrensmängeln VwGH 19.10.2023, Ra 2022/20/0406, mwN).

13 Der Revisionswerber beanstandet auch die vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorgenommene Interessenabwägung.

14 Dazu ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen ‑ wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde ‑ nicht revisibel ist (vgl. VwGH 14.9.2023, Ra 2023/20/0277, mwN).

15 Mit dem pauschalen Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht habe - ohne Gesamtabwägung - bloß einzelne „Integrationsgründe und Umstände“ herausgegriffen, um das Überwiegen des öffentlichen Interesses zu begründen, unterlässt es der Revisionswerber, konkret jene Umstände zu bezeichnen, die unberücksichtigt geblieben wären oder welchen zu viel Gewicht beigemessen worden wäre. Er vermag daher nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht seine Interessenabwägung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen hätte oder dass die Gewichtung der einbezogenen Umstände den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien widerspräche.

16 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 20. Dezember 2023

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