European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022200359.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte im November 2011 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Ihm wurde letztlich im Instanzenzug vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 2. Dezember 2014 der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
2 Der Revisionswerber wurde später im Bundesgebiet straffällig und mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. November 2021 wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt.
3 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25. April 2022 wurde dem Revisionswerber der ihm früher zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) sowie ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VII.) erlassen und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Unter einem wurde allerdings festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan unzulässig sei (Spruchpunkt V.).
4 Mit Erkenntnis vom 26. September 2022 wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Spruchpunkte I. bis III. dieses Bescheides als unbegründet ab, wobei die Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gestützt wurde [Spruchpunkt A) I.]. Mit Beschluss vom selben Tag wurde das Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Spruchpunkte IV. bis VII. des Bescheides bis zum Ergehen des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C‑663/21 über das vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. Oktober 2021, EU 2021/0007 (Ra 2021/20/0246), eingereichte Vorabentscheidungsersuchen in Bezug auf die darin enthaltene Frage 2. ausgesetzt [Spruchpunkt A) II.]. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
5 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 13. Juni 2023, E 654/2023‑5, abgelehnt und über nachträglich gestellten Antrag mit Beschluss vom 20. Juli 2023, E 654/2023‑7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben, die sich gegen das genannte Erkenntnis [Spruchpunkt A) I. in der gemeinsamen Ausfertigung des Erkenntnisses und des Beschlusses je vom 26. September 2022] wendet.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach seinem Vorbringen zu einer zwischenzeitig erfolgten Hinwendung zum Christentum aus innerer Überzeugung kein Glauben geschenkt wurde. Weiters macht er geltend, dass er als Angehöriger der Volksgruppe der Hazara einen erhöhten Schutzbedarf aufweise.
10 Der Verwaltungsgerichtshof ist nach der ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 12.9.2023, Ra 2022/20/0405, mwN).
11 Es gelingt dem Revisionswerber mit seinen Ausführungen nicht darzulegen, dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären.
12 Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung wird in der Revision auch geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht sei seiner Manuduktionspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen, weil es den nicht anwaltlich vertretenen Revisionswerber nicht zur Präzisierung des Vorbringens und auch nicht zur Namhaftmachung von Zeugen angeleitet habe.
13 Dieses Vorbringen verfängt schon deswegen nicht, weil der Revisionswerber im Beschwerdeverfahren nicht unvertreten war. Er hatte der BBU GmbH Vollmacht erteilt. Bei jeder Tagsatzung zur Verhandlung war auch ein Rechtsberater, somit eine für die Vertretung im Bereich des Asyl‑ und Fremdenrechts spezialisierte Person (siehe zum Anforderungsprofil für die Tätigkeit als Rechtsberater § 13 BBU‑Errichtungsgesetz), anwesend, der nach den diesbezüglichen Verhandlungsprotollen für den Revisionswerber Vertretungshandlungen gesetzt hat.
14 Im Übrigen wird in der Revision zudem nicht dargestellt, was die darin genannten Zeuginnen im Falle ihrer Vernehmung konkret hätten aussagen können, welche Feststellungen aufgrund dessen zu treffen gewesen wären und weshalb diese zu einem anderen Ergebnis hätten führen können. Damit fehlt es an der zur Geltendmachung einer Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung geforderten Darlegung der Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels (vgl. VwGH 21.6.2023, Ra 2023/20/0229, mwN).
15 Sofern der Revisionswerber bloß kursorisch darauf verweist, er habe im Hinblick auf die Machtübernahme in Afghanistan durch die Taliban als Angehöriger der Hazara einen erhöhten Schutzbedarf, zeigt er mit seinem pauschal gehaltenen Vorbringen nicht auf, dass die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, auf Basis der im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Entscheidung (Ende September 2022) vorhandenen Berichtslage sei nicht zum Schluss zu gelangen, dass Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan einer Gruppenverfolgung unterlägen, mit einem vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehler behaftet wäre. Auf die gegenteiligen Behauptungen des Revisionswerbers, in denen er sich auf einen Bericht vom 1. Februar 2023 beruft, war zudem angesichts des im Revisionsverfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 VwGG) nicht weiter einzugehen.
16 Vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 34 Abs. 1a VwGG stellen sich zudem jene ausschließlich in den Revisionsgründen enthaltenen Ausführungen für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision als unbeachtlich dar, die sich auf die Entscheidung zum subsidiären Schutz beziehen. Lediglich der Vollständigkeit halber sei aber erwähnt, dass es nicht zutrifft, dass das Bundesverwaltungsgericht zu diesem Prozessgegenstand das Verfahren ausgesetzt hätte. Vielmehr hat es über die Frage der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten inhaltlich entschieden, indem es mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides vom 25. April 2022 abgewiesen hat.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2023
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